Die Verbannten
William Stuart Longs mitreißende Australien-Saga: Die 15-jährige Jenny findet sich auf einem alten Frachter wieder. Er soll die Verbannten nach Australien bringen. Eine unangenehme Überfahrt steht ihr bevor. Und auch von...
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William Stuart Longs mitreißende Australien-Saga: Die 15-jährige Jenny findet sich auf einem alten Frachter wieder. Er soll die Verbannten nach Australien bringen. Eine unangenehme Überfahrt steht ihr bevor. Und auch von Schicksalsschlägen bleibt die mutige Jenny nicht verschont.
DieVerbannten - 1 von WilliamStuart Long
LESEPROBE
Der Morgen des 29. September 1781 stieg grau undbedeckt herauf. Nebelschwaden zogen über die flache Landschaft um denMarktflecken Milton Overblow. Aber als die Sonneaufging und den Nebel golden färbte, belebten sich bald alle Straßen, auf denendie Landbevölkerung auf Fuhrwerken, zu Pferd oder zu Fuß der Stadt zustrebte.Heute war Michaelsmesse, auf der nur Pferde undSchafe verkauft wurden.
Auf der Straße von Overdaleging es nur langsam voran. Aber die Farmer und Kleinbauern freuten sich dasganze Jahr über auf die Michaelsmesse. Festtäglichherausgeputzt, zügelten sie ihre Ungeduld, da sie wußten,daß die Marktbuden und die Schenken offen bleibenwürden, bis alle Besucher ihr Geld ausgegeben hätten.
Die Reiter aber, die vom Rittergut Overdale herüberkamen, waren nicht bereit, sich aufhaltenzu lassen. Angeführt vom Rittergutsbesitzer Lord Braxton preschten sie imGalopp in eine Schafherde hinein und scheuchten sie und zwei dahinziehende Familien mit Verachtung in die Büsche abseitsder Straße.
Der Lord war alles andere als beliebt bei derBevölkerung. Zum einen stammte er nicht aus dieser Gegend. Zum anderen warensein Besitz und sein Titel vergleichsweise jungen Datums - ein Verdienst seinerMarinezeit in Nordamerika, wo er sich mehr darum gekümmert hatte, Reichtümeranzuhäufen, als für sein Land Schlachten gegen die französischen undamerikanischen Einwanderer zu führen.
Dennoch hatte er sich unter Admiral Rodney genugAuszeichnungen erworben, um in den Adelsstand erhoben zu werden. Und jetzt, imRuhestand, hatte Lord Baxton das Rittergut Overdale gekauft und es irgendwie bewerkstelligt, zumVorsitzenden des Gerichts berufen zu werden.
Wäre das alles gewesen, so hätte die Bevölkerungdas sicher hingenommen, so wie sie andere Widrigkeiten des Lebens wie harteWinter und ständig ansteigende Steuern geduldig ertrug. Auch die strengenUrteile, die Braxton über kleine Missetäter fällte und selbst die Arroganz, mitder er sozial Schlechtergestellte bedachte, hättennichts weiter als ihre unausgesprochene Ablehnung hervorgerufen.
Aber der Mann war überaus geizig und hattekürzlich unter Berufung auf das Bodenrecht Räumungsklagen gegen mehrere seinerPächter erhoben. Mit Hilfe eines alten Gesetzes aus der Tudor-Zeit, das nieaufgehoben worden war, pochte er auf eine gewisse Wirtschaftsführung seinerPächter und kassierte bei geringen Übertretungen deren privaten kleinenLandbesitz.
Der Haß gegen denneuen Lord wuchs. Ein paar junge Hitzköpfe erwogen, die Zäune abzureißen, dieer hatte errichten lassen, und einige dachten sogar daran, dem verhaßten Gutsbesitzer Gewalt anzutun. Doch der alte PastorSimeon Akeroyd hatte sein möglichstes getan, um siedavon abzuhalten und ihnen die unvermeidlichen Konsequenzen vor Augen zuführen, aber die meisten jungen Männer waren zu wütend, um auf ihn zu hören.Erst vor einer Woche hatten sie tatsächlich zwei Zäune um Lord Baxtons Besitz eingerissen und das Holz gestohlen.
Der alte Pastor seufzte. Da er tätlicheAuseinandersetzungen befürchtete, war er im Morgengrauen zum Rittergut hinübergeritten und hatte sich der Gruppe des Lordsangeschlossen, um entstehende Streitigkeiten mit den empörten Kleinpächternschlichten zu können.
Lord Braxton hatte ihn nicht einmal eines Grußesgewürdigt. Er hatte außer seinem Rechtsanwalt Thomas Slaterseinen rauhbeinigen Gutsverwalter NedWalte und seinen Reitknecht Gunner O'Keefe bei sich,ohne den er nur selten die schützenden Mauern seines Anwesens verließ. DerGutsverwalter deutete nach vorn.
»Der Kerl da, Mylord«,sagte er, »das is Taggart.Der lebt westlich vom Kirby Ödland. «
Auf dem Fuhrwerk, das von zwei buntgeschmückten kräftigen Pferden gezogen wurde, saßen einMann und eine Frau, die ein Kind zwischen sich auf dem Kutschbock hatten. Dreijunge angehalfterte Arbeitspferde, die offenbar aufder Messe verkauft werden sollten, liefen hinter dem Fuhrwerk her.
Lord Braxton fragte: »Züchtet er Pferde, dieser Taggart?«
»Ja, gute Pferde sogar«, meinte derRechtsanwalt. »Und er verkauft sie auch zu guten Preisen.«
Ned Walte warf mit bösartigemUnterton in seiner rauhen Stimme ein: »Er läßt se auf'm Ödland grasen, Mylord.«
Das Kirby-Ödlandgrenzte westlich an die Ländereien des Rittergutes an. Es war gutes Grasland,auf das seit altersher alle Bewohner von Kirby ihr Vieh zum Weiden trieben. Und es war auch derletzte Streitapfel zwischen Braxton und seinen Pächtern. Dort waren seine neuaufgerichteten Zäune über Nacht verschwunden.
»Sie nehmen doch nicht an, Mylord«,schaltete sich der Pastor als hochgeachtetes Hauptseiner Gemeinde ein, »daß Angus Taggartetwas mit der unglücklichen Geschichte zu tun hat?«
»Das nennen Sie eine unglückliche Geschichte,Pastor? Es war blanker Diebstahl, weiter nichts! Ich habe das verdammte Recht,das Viehzeug der Kleinpächter von meinem Weideland fernzuhalten, außer siezahlen was dafür. Stimmt's, Slater?«
Der Rechtsanwalt stimmte eilfertig zu. LordBraxton unterbrach ihn unwirsch und wandte sich an den Pastor.
»Warum sind Sie so sicher, daßdieser Taggart nichts damit zu tun hat? Er brauchtdoch Weideland für seine Pferde, oder? Und zwar mehr als andere, da er dochzüchtet!«
Das stimmt, dachte Pastor Simeon Akeroyd traurig. Er stammelte vor Aufregung: »Aber Angus Taggart ist ein rechtschaffener Mann, Mylord,er bricht keine Gesetze. Er würde nichts hinter Ihrem Rücken tun. Er hat seinenStolz, wie jeder gute Schotte.«
»Wir werden ja sehen, wie stolz er ist, wenn erseinem Ankläger gegenübersteht. Was meinst du, Walte?«
»Ja, Mylord. Ich hab'ihn erkannt. Ich könnt's glatt beschwören. «
»Dann halt ihn an!«befahl sein Dienstherr. »Ich will mit ihm reden. Aber provozier ihn nicht. Undkeine Drohungen!
»Sehr wohl, Mylord.«
Der Pastor beobachtete, wie NedWaite den Wunsch seines Herrn für seine Verhältnissefreundlich ausrichtete, denn Angus Taggart brachtesein Pferdefuhrwerk gleich am Straßenrand zum Stehen, übergab seiner Frau dieZügel und ging den Reitern entgegen.
Er war ein hochgewachsener,kräftiger Mann Mitte dreißig, mit einem wettergegerbten Gesicht undfreundlichen, blauen Augen. Er trug eine braune, handgewebte Jacke undReithosen. Sein rotes Haar war hinten zu einem ordentlichen Zopf geflochten.Auf einen Wink seines Herrn hin kam Ned Walte, derbeim Fuhrwerk stehengeblieben war, mitten durch eineblökende Schafherde zu ihm zurück.
»Sie wünschen mich zu sprechen, Mylord?« fragte Taggart. Er sprach ruhig wie ein Mann, der ein reinesGewissen hat und der eine offensichtlich unerwarteteVorladung nicht zu fürchten braucht. Als er den alten Pastor erkannte, grüßteer ihn freundlich.
»Sie heißen Taggart,ist das richtig?« fuhr ihn Lord Braxton barsch an.
»Jawohl. Ich bin einer von Ihrer Lordschaft Pächtern.«
»Das ist mir klar..,auch die Tatsache, daß Sie Pferde züchten, die Sieauf meinem Land grasen lassen. Ist das richtig?«
Angus Taggart starrteden Frager an, seine Augen wirkten zuerst alarmiert und dann vorsichtig. »Ichlasse meine Tiere auf dem Ödland grasen, Sir, das von altersherjedermann zur Verfügung steht
Lord Braxton unterbrach ihn. »Außer, wenn dasWeideland ordentlich eingezäunt ist. Dann nämlich verfällt dieses Recht. Stimmt's, Rechtsanwalt Slater?
Bevor dieser die Rechtslage bekräftigen konnte,fuhr Braxton hitzig fort: »Und ich habe alles getan, was das Gesetz erfordert.Ich habe Zäune aufrichten lassen, die über Nacht von feigen Lumpen eingerissenwurden.«
»Ich hab' davon gehört. Aber die Bauernbenötigen das Weideland dringend. Ohne das Ödland wären viele ruiniert!
»Und Sie auch, stimmt's?« fragte Lord Braxton listig.
»Jawohl«, gab Taggartohne Zögern zu. »Mein Pachtland ist zum großen Teil moorig. Mein Ackerlandbringt gerade so viel Getreide ein, um die Zuchttiere durch den Winter zu bringen.« Er deutete auf seine drei jungen Pferde. »Für die reichtdas Futter nicht. Deshalb verkauf ich sie auf der Messe.«
Braxton lachte auf. »Mein Verwalter Walte sagt, daß Sie meine Zäune abgerissen haben. Stimmt's,Walte?
Der Gutsverwalter nickte mit seinem kurzgeschorenen Kopf. »Jawoll, Mylord, wir ham ihn gesehn, O'Keefe und ich. Wie er die Zaunpfosten ausgegrabenund sie auf sein Wagen geladen hat.«
Taggart schaute sie entsetztan. »Ihr könnt mich nicht gesehn haben - ich war janicht dabei! Du lügst, Gunner - das weißt du selbst.« Er wandte sich verzweifelt an den Pastor. »Sir, wollenSie sich nicht für mich verbürgen?«
Der alte Pastor tat sein Bestes und wiederholtedie Vorzüge von Taggarts Charakter. Gleichzeitigbrach Walte in einen Schwall von Anschuldigungen aus. Daßsie an den Haaren herbeigezogen waren, begriff jeder, der O'Keefe grinsen sah,und Taggart unterbrach den Gutsverwalter schließlichmit fester Stimme und sagte: »Sie haben keine Beweise, Mylord.Ihr Wort steht gegen meines. Ich hab' erst hinterher von der ganzen Sacheerfahren. Ich war sogar dagegen, als der Plan aufkam und -« Er unterbrach sich,aber es war zu spät. Er hatte mehr verraten, als er beabsichtigt hatte.
»Dann kennen Sie die Missetäter?« fragte Braxton kalt.
© Weltbild Buchverlag
Deutsch von Katrine von Hutten
- Autor: William Stuart Long
- 2005, 1, 398 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Kartoniert (TB)
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3898972666
- ISBN-13: 9783898972666
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