Claras Bewährung
Spannender Historienroman!
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Spannender Historienroman!
Glückstadt 1634: Eine so gebildete und warmherzige Hebamme wie Clara hatte Glückstadt noch nie. Aber der Pastor sieht es gar nicht gern, dass sich Clara auch um die schwangeren Dirnen kümmert. Da kommt ihr eine Einladung nach Hamburg zu ihrer Freundin Johanna ganz recht. Als sie dort bei einem Notfall ein Kind mit der Geburtszange holt, droht ihr Schlimmes: Den Hebammen ist jeglicher Einsatz geburtshelferischer Instrumente untersagt. Und ausgerechnet jetzt bricht in Glückstadt eine geheimnisvolle Krankheit aus.
Ein faszinierender historischer Frauenroman
Die Hebammevon Glückstadt - Claras Bewährung von Edith Beleites
LESEPROBE
GLÜCKSTADT, Ende Mai 1934
DieWochenbettbesuche in den nächsten Tagen machte Clara allein oder mit Amaliezusammen. Zu einigen Besuchen hatte sich Amalie überwinden können. Doch alleinging sie nicht in das Haus am Hafenrand, obwohl schon bald zu sehen war, dassdie Putzmädchen ihre Arbeit gut machten. Mutter und Kind waren wohlauf undfanden in den anderen jungen Dirnen und der resoluten Wirtin ein, wie Clarafand, erstaunliches Maß an Unterstützung. Dennoch war Clara mit vielem nichteinverstanden, was die Frauen Mutter und Kind angedeihen ließen.
Gleich beiihrem ersten Besuch konnte sie nur noch in letzter Sekunde verhindern, dass demKind Rhabarbersaft eingeflößt wurde, denn es herrschte große Aufregung um denersten Stuhl, das Kindspech, das nicht kommen wollte und nach Meinung derFrauen überfällig war. Clara kam gerade ins Haus, als lautstark darübergestritten wurde, ob man dem Kind Honig, alten Wein oder eben Rhabarbersaftgeben sollte. Als Clara in die Kammer eilte, stieß sie fast mit einer Frauzusammen, die soeben einen Krug Rhabarbersaft brachte. Sie hoffte, dass auchhier die Rede fruchtete, die sie schon so oft gehalten hatte: Geduld, Geduldund nochmals Geduld!
Bei ihrennächsten Besuchen verbot sie den Frauen rundheraus, der Wöchnerin Alkoholeinzuflößen, um die Schmerzen der Nachwehen zu lindern, obwohl dieser Brauch -nicht nur in diesem Hause - durchaus üblich war. Nur etwas Dünnbier gegen denDurst ließ sie zu. Die Mästkur, der man die Wöchnerin unterzog, setzte sie abund erklärte, Elfie werde sich viel wohler fühlen, und ihre Körpersäfte könntenviel besser fließen, wenn sie nicht genötigt werde, sich voll zu stopfen. DasKörbchen, das man in eine dunkle Ecke gestellt hatte, damit das Kind seine Ruhehabe, rückte Clara an das kleine Kammerfenster, durch das ein wenig Licht fiel.
Esüberraschte Clara, wie dankbar und lernbereit die Frauen für alles waren, wassie ihnen sagte. Sie fragte sich, ob sie vielleicht einfach nur froh waren,dass Clara sie nicht mied, anders als die anderen Glückstädter - außer denen,die bei Nacht kamen. Vielleicht lag ihre Wissbegier aber auch daran, dass siebisher vom Leben nicht viel mitbekommen hatten, da sie immer schon in diesesVerhältnissen gelebt hatten und sich nun darüber freuten, dass sich ihre engeWelt ein wenig öffnete. Jedenfalls kam sie gut mit ihnen zurecht, und schonbeim dritten Besuch war es eine der Frauen, die auf Claras Anregung zurückkam.
«Sind dashier jetzt die Unterweisungen, von denen Sie sprachen, oder wie haben Sie dasvorgestern gemeint?», fragte sie ganz unverblümt. Sie hieß Jenny, war groß undkräftig und die älteste der Dirnen, vielleicht fünfundzwanzig Jahre alt, alsodrei Jahre älter als Clara. So forsch, wie sie ihre Frage gestellt hatte,fühlte sie sich aber offenbar nicht, denn verlegen drehte sie ihre schwarzenLocken um die Finger. Dennoch hatte Clara sie längst als die Wortführerinausgemacht. Sie war es auch gewesen, die den Streit um das Hervorlocken desKindspechs ganz praktisch mit dem Herbeiholen des Rhabarbersafts entscheidenwollte.
Clara hieltkurz mit der Nabelpflege des Säuglings inne und sah Jenny freundlich an, arbeitete dann aberruhig und konzentriert weiter. «Ich freue mich, dass Sie darauf zurückkommen»,sagte sie. «Aber wie ich schon sagte: Zuerst muss ich wissen, was Sie wissenwollen. Und ich muss einiges darüber erfahren, wie Sie gewisse Dinge bislangzu handhaben pflegten. Ich habe schon darüber nachgedacht, wie wir am bestenzusammenkommen können, und ich möchte Ihnen vorschlagen, dienstags oderdonnerstags um drei für eine Stunde zu mir zu kommen. Am besten ohne dieKinder, damit wir in aller Ruhe und dort, wo ich meine Unterlagen und Kräuterhabe, alles Wichtige besprechen können.»
Clarazitterten fast die Knie, als sie sich so reden hörte. Warum dienstags oderdonnerstags? Warum eine Stunde? Warum überhaupt bei ihr und nicht hier? Wolltesie die Frauen überhaupt in ihrem Haus haben?
Sie wandteden Blick von Miranda und sah unsicher zu den Frauen hinüber, die, wie immerbei ihren Besuchen, alle in Elfies kleiner Kammer zugegen waren. Die Frauenschienen im ersten Moment verblüfft zu sein, doch dann strahlten sie. Schnellwandte Clara ihre Aufmerksamkeit wieder dem Kind zu und verband seinen Nabel.
«Dürfen wirwirklich?», fragte Jenny.
Aha, dachteClara, sie fürchten, woanders nicht gut gelitten zu sein. «Ich würde michfreuen», sagte sie.
Die zweijüngeren Dirnen begannen ganz aufgeregt durcheinander zu reden, aber Jennyfuhr ihnen über den Mund. «Dienstag ist heute», sagte sie. «Unsere Stadtkleiderhängen zum Trocknen vorm Fenster, die können wir um drei noch nicht anziehen.Dann kommen wir donnerstags.» Sie blickte die anderen an, die nun beschämt zuBoden schauten, und fügte vorsichtshalber hinzu: «Aber erst in der nächsten Woche.»
«Abgemacht», sagte Clara. «Wer möchte Miranda heute wickeln?Und denken Sie bitte daran: nicht zu fest!»
Als Clara nach Haus ging, war sie ganz durcheinander, dennnoch etwas hatte ihr Jenny mit auf den Weg gegeben, als sie Clara zur Türbegleitete: ob sie sich beim Pastor dafür einsetzen könne, dass Mirandagetauft würde. Das sei Elfies innigster Wunsch. Und listig hatte siehinzugefügt: Gott dulde in Glückstadt das Nebeneinander so vieler Religionen,da werde er gewiss keinem unschuldigen Kind seinen Segen verweigern. Solltesich der Pastor jedoch stur zeigen, werde sich in der Stadt wohl irgendjemandfinden, der Miranda taufen wolle.
Clara hatte dem Pastor Wördemann die Geburt inzwischengemeldet, und statt eine Taufe ins Auge zu fassen, hatte er davon geredet, dassvaterlose Bälger den Müttern andernorts weggenommen und die Mütter mitKirchenstrafen und anderen Sanktionen belegt würden. Wördemann würde dasAnsinnen, Miranda zu taufen, nicht nur rundheraus ablehnen, sondern Clara eineganz persönliche Predigt halten, sie gottlos und pflichtvergessen schimpfen,wenn sie um eine Taufe bat. Obwohl sich Clara der Vergeblichkeit ihres Bemühensschon jetzt gewiss war, wollte sie diesen unerfreulichen Gang antreten. Genauwie ihre Ziehmutter Henriette war sie der Überzeugung, dass Kinder nicht unterden Sünden der Eltern leiden sollten. Diese Überzeugung teilte der Pastorgewiss nicht, und so machte sich Clara auf eine unangenehme Begegnung gefasst.
© 2004 by Rowohlt Verlag GmbH
Interview mit Edith Beleites
Sie arbeiten in sehr verschiedenenGenres: Sie schreiben historische Romane, Mädchenromane, Rundfunkglossen undReisebücher. Zudem sind Sie als Übersetzerin tätig. Wie entstehen IhreProjekte?
Das werde ich oft gefragt, und für die Antwort braucht mankeinen Musenkuss zu bemühen oder sonst ein Brimborium zur Glorifizierung meinesBerufes anzustellen. Ich laufe nicht sinnend und auf der Suche nach Themendurch die Gegend oder schreibe für die Schublade. Wie in anderen Berufen auchbewegt man sich als Autor (und noch mehr als Übersetzer) in einementsprechenden Umfeld, steht mit Verlagen und Agenturen in Verbindung, die vonsich aus Ideen und konkrete Aufträge formulieren, und dann legt man los. Manentwickelt ein Konzept, bespricht es mit seinem Lektor oder seinem Agenten,dabei konkretisiert sich das Ganze dann noch einmal, und man taucht so weit insjeweilige Thema ein, bis der Plan detailliert steht. Dabei spielt natürlichRecherche eine große Rolle - Archive, Bibliotheken, das Internet, auch Museen,Konzerte, Ortsbegehungen, Interviews mit Experten. Wichtig ist, dass in dieserPhase ein Funke überspringt, dass man also die Vorgabe, den Auftragswunsch mitLeben füllt und damit etwas anfangen kann. Das muss nicht immer der Fall sein.Einmal sollte ich zum Beispiel einen Roman über das Nachtleben im Berlin der20er Jahre schreiben. Zuerst dachte ich: Super, was für ein schillerndes,reichhaltiges Thema! Und dann merkte ich beim Recherchieren, dass ich mit derSzenerie überhaupt nicht warm werden konnte. Das habe ich dem Verlagzurückgemeldet, und dann haben wir uns etwas anderes ausgedacht, das dem Verlagebenfalls ins Konzept passte und mir angenehmer war.
Der Übergang zur Neuzeit hat besonders in der Hebammerei zu Spannungen geführt und den Hebammen zu einerhistorisch einmaligen Stellung verholfen. Die Ärzte verstanden ihren Beruf nochrein akademisch und machten sich die Finger nicht schmutzig, das blieb Badern,Chirurgen und eben den Hebammen überlassen. Andererseits explodierten zu dieserZeit die Wissenschaften, und die Praktiker unter den Heilkundlern konnten dasneue Wissen anwenden - und taten es auch. Die allmähliche Angleichung derBerufsauffassungen unter den Männern verlief gewiss auch nicht reibungslos,aber da sich die Männer um die Weiberangelegenheitennie recht gekümmert hatten, blieb die Hebammerei eineZeit lang außen vor, und Hebammen konnten sich und ihren Beruf ganzeigenständig entwickeln und zu hoher Qualifikation führen. Natürlich passte dasüberhaupt nicht zu ihrer gesellschaftlichen Rolle und verursachte dieentsprechenden Konflikte, bis die Ärzte die Hebammen im nächsten Jahrhundertund bis ins 20. Jahrhundert hinein zu Hilfspersonal der Geburtshilfedegradierten. Wir haben es im 17. Jahrhundert also mit einer konfliktreichenBlütezeit des Hebammenberufs zu tun - ein Brennpunkt der gesellschaftlichenEntwicklung quasi, festzumachen an Personen. Solche Umbruchsituationeninteressieren einen Schreiber immer ganz besonders. Als ich anfing, mich fürdas Thema zu interessieren, kamen zudem gerade einige ganz großartige und umfassendeFachbücher über die Geschichte der Hebammerei heraus,die meine Arbeit sehr beflügelten und stützten. Das war ein Glücksfall, den ichnutzen konnte.
Sie sind ja sehrtief in die Vergangenheit "abgetaucht". Sind Sie dabei auf etwas gestoßen -z.B. eine bestimmte Haltung oder einen Brauch -, von dem Sie sich wünschenwürden, dass es auch in der Gegenwart präsent wäre?
Ach, ich denke, bei Lichte betrachtet, war das Leben im 17.Jahrhundert schon sehr beschwerlich. Und in der Haut einer Frau zu stecken, dieeinerseits professionell gar nicht anders konnte, als vorzupreschen, wenn sieihren Beruf denn ernst nahm, die aber andererseits damit die Grenzen ihrergesellschaftlichen Position sprengte und dafür von allen Seiten Haue bekam... Ichweiß nicht recht. Sehnsüchte nach früheren Zeiten sind mir zwar nicht fremd,aber ich fürchte, das ist unhaltbares Romantisieren.
Zusammen mitChristian Pfannenschmidt verfassten Sie die Romanezur ZDF-Serie "Hotel Elfie" und "Girlfriends".Arbeiten Sie gern im Team oder lieber allein?
Zunächst mal muss ich richtig stellen, dass ich die Romaneallein geschrieben habe, allerdings nach Vorlage der PfannenschmidtschenDrehbücher. Nun wohnt Herr Pfannenschmidt aber nurein paar Straßen weiter als ich, und da er sich grundsätzlich um alle Produktekümmert, die aus seinen Skripten entstehen, waren wir in Kontakt, als ich dieRomane schrieb. Das war sehr sinnvoll und dem Produkt förderlich - und im Übrigensehr angenehm. Ich weiß nicht, wie sehr Sie mit Drehbüchern vertraut sind, abersie haben etwas Gerippehaftes. MancheFigurenführungen, Stimmungsumschwünge, Handlungswendungen verstehen sich nichtvon allein, sondern sind interpretationsbedürftig. Genau das leisten beimDrehen dann Regisseure und Schauspieler, Ausstatter, Kameraleute, Tontechnikeretc. Bei der Umsetzung all dessen in eine ganz andere Kunstform, nämlich einenRoman, muss man da anders zu Werke gehen. Erzählbögen, Timing, das Erschaffenvon Atmosphäre etwa funktionieren im Roman ganz anders als im Film. Dabei hat derRomanautor genauso viel Interpretationsspielraum wie die Filmschaffenden. Daskann im Alleingang glücken, aber auch daneben gehen. Da ist es nützlich, durchden Drehbuchautor Hinweise auf Intentionen, Knackpunkte, Figurenfacetten zubekommen, denn man möchte ja eine "corporate identity" aller aus dem Drehbuch entstehendenEinzelprodukte herstellen. In dieser Hinsicht war der Austausch mit Herrn Pfannenschmidt besonders ergiebig, denn er war auch in dieDreharbeiten involviert und wusste bzw. entschied mit darüber, wie seineDrehbücher filmisch umgesetzt wurden.
Im Übrigen ist Schreiben, wie Sie ja wissen, ein einsamerBeruf, und jede Gelegenheit zur Zusammenarbeit höchst willkommen.
Nicht nur bei"Männerpension", sondern auch zu anderen bekannten Filmen haben Sie den Romangeschrieben. "Buch zum Film", "Filmbuch", "Drehbuch", "Romanvorlage" - dievielfältigen Bezeichnungen stiften oft ein wenig Verwirrung. Wie muss man sichdas vorstellen - schreiben Sie die Romane, aus denen dann Filme entstehen?
Es gibt zwei Wege: Jemand schreibt einen Roman, undirgendwelche Filmleute finden, es sei auch ein geeigneter Filmstoff. Ehe dieserStoff dann verfilmt werden kann, muss aber erst ein Drehbuch - in diesem Falldann nach der Romanvorlage - geschrieben werden. Denn, wie gesagt: Romane undFilme funktionieren strukturell ganz anders. Der andere Weg ist der häufigere:Ein gelernter Drehbuchautor liefert ein Skript, das von einerFilmproduktionsgesellschaft verfilmt, verkauft, vermarktet wird. Manchmal sindStoffe dabei, von denen man glaubt, sie könnten auch als Roman funktionieren.Dann bekommt ein professioneller Romanautor den Auftrag einer "novelization", die nicht zufällig auch bei uns so heißt wieim Erfinderland USA. Auf den Buchmarkt kommt dieser Roman dann als "Buch zumFilm". Inzwischen haben sowohl Buchverlage als auch Filmgesellschaften ein Augedarauf, ob sich ihre Originalstoffe auch für das jeweils andere Medium eignen.Wenn das der Fall ist, wird so ein Genre-Transfer in die Wege geleitet, und inder Regel befruchten sich die verschiedenen Produkte auf dem Markt danngegenseitig. Auf jeden Fall aber erfordern beide Werdegänge in jederBearbeitungsphase Professionalität. Meine Sache ist das Romanschreiben. Wennalso mal ein Stoff von mir verfilmt würde, wäre es eine Romanverfilmung, dieallerdings ein Drehbuch als Zwischenprodukt hätte. Bringt das etwas Licht inden Begriffsdschungel?
Die Fragen stellte Babett Haugk, literaturtest.de.
- Autor: Edith Beleites
- 2006, 5. Aufl., 288 Seiten, Maße: 11,4 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499236567
- ISBN-13: 9783499236563
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