Das Geheimnis der Puppe
Als Laura zum zweiten Mal schwanger wird, beschließen sie und ihr Mann Tom, aufs Land zu ziehen. Sie lieben ihr neues Zuhause von Anfang an, auch wenn die herrschaftliche Villa inmitten einer Parklandschaft etwas düster wirkt. Aber die Idylle trügt. Immer wieder taucht eine mysteriöse Stoffpuppe auf und weckt unerklärliche Ängste bei Laura, als brächte sie irgendetwas aus ihrer Vergangenheit zum Klingen. Bis die junge Frau der Frage nach dem schrecklichen Geheimnis der Puppe nicht länger ausweichen kann.
Das Geheimnis der Puppe von Petra Hammesfahr
LESEPROBE
Laura sprach geziert, als stehesie vor einer Gruppe begriffsstutziger Pennäler. »Den ersten Satz dürfen wirnatürlich nicht übersehen. Und nun zählen wir eins und eins zusammen. Eineschwangere Frau, die sich bemüht hat, ihren Zustand zu verbergen. Eineverzweifelte Frau, die sich den Leib schnürt. Das muss eine Tortur gewesen sein.»
Plötzlich richteteLaura sich ein wenig auf. «Erinnerst du dich noch? Als ich mit Danny schwangerwar, was hat sie mir da nicht für Vorträge gehalten, von wegen Leibschnürenund Schäden beim Kind. Soll ich dir was sagen?»
Auf eine Antwort wartete Laura nicht. Sie nickte voller Genugtuung.»Elisabeth Steiner hat ein behindertes Kind bekommen. Er hat vielleichtverlangt, dass sie es weggibt. Aber das hat sie nicht getan. Sie hat esbehalten. Sie hat es sogar vor ihm versteckt. Meine Mütter musste sich darumkümmern. Und das geht ihr nicht aus dem Kopf.» Ich zuckte mit den Achseln. «Dasist reine Spekulation. » »Ist es nicht», widersprach Laura heftig. »Das passtalles zusammen, siehst du das nicht?»
»Ich sehe nur», sagteich, «dass du dieses verdammte Buch da in den Müll schmeißen solltest. Selbstwenn du mit deinen Vermutungen richtig liegst, was ich nicht glaube, ist damitkeinem Menschen mehr geholfen. Das alles ist dreißig Jahre her. »
Laura würde wütend.«Na und? Ich akzeptiere auch eine Ursache, die dreißig Jahre alt ist. Solangesie mich ein bisschen näher an die Tatsachen bringt. Aber mit Tatsachen kannstdu nichts anfangen, nicht wahr? Du verkriechst dich lieber in deinen uraltenGängen, da musst du wenigstens nicht sehen, wie es oben auf der Erde zugeht.
Zuletzt war sie immer lauter geworden. Ichwollte nicht mit ihr streiten. So fragte ich nur ruhig: «Bist du heute Morgenmit dem linken Bein zuerst aufgestanden?» Laura warf mir einen kurzen Blick zu,zückte kaum merklich mit den Schultern und klappte das Buch auf ihrem Schoßendlich zu.
«Ich stehe seit Tagenmit dem linken Bein zuerst auf», murmelte sie nach einer Weile. «Wundert mich,dass es dir jetzt erst auffällt. Im Moment kann ich mich selbst nicht leiden.»
Ihr Ton war bereits etwas versöhnlicher. Nocheinmal schaute sie mich kurz von der Seite an, seufzte leise. Ich wollte nichtgemein werden, tut mir Leid. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist.Vielleicht ist es nur diese blöde Werbekampagne. Früher hat mir meine ArbeitSpaß gemacht, jetzt sitze ich die halbe Zeit da und stöbere in Steiners altenRechnungen. Ich hasse Milch in Flaschen. Sobald ich eine gezeichnet habe, mussich sie zerreißen.» Da ich schwieg, sprach sie nach einigen Sekunden weiter. .Feshat mich zuerst gereizt, und ich dachte auch, ich kommedagegen an. Jetzt würde ich am liebsten alles hinschmeißen.»
Im Lichtstreifen aus dem Wohnzimmer sah ich,dass sie wieder die Augen schloss. «Jeden Abend», sagte sie leise, «kam sie mitein paar Keksen und einer Milchflasche hinauf. Als ob ich sonst über Nachtverhungert oder verdurstet wäre. Und wehe, das Zeug stand morgens noch da. Ichkonnte die Milch nicht mal ins Klo schütten. Ich hätte den Auftrag nichtannehmen dürfen. Ich hätte wissen müssen, dass mir dabei die Nervendurchgehen.» «Du hast die Zeichnung selbst ruiniert.» Es war eine Feststellung,aber ich hoffte, dass sie nach einer Frage klang. (...)
© F.A. Herbig Vertragsbuchhandlung GmbH
Interview mit Petra Hammesfahr
In "Das Geheimnis derPuppe" bezieht ein junges Paar, Laura und Tom, einen einsamen, etwasdüsteren Landsitz. Dort geschehen seltsame Dinge - ein klassisches Setting für eine Horrorgeschichte. Was reizte Sie an dieserSituation?
So seltsamsind die Dinge erst einmal gar nicht. Es taucht zu Anfang nur häufig eine alteStoffpuppe auf. Was mich an der Situation besonders reizte, war dieBetriebsblindheit. Als Autor von Horrorgeschichten müsste Tom ja eigentlichsehr vertraut mit dem Übernatürlichen sein. Aber er kann eben sehr gutunterscheiden zwischen Realität und Fiktion und kommt deshalb nicht auf dasnahe Liegende.
Wie gehen Tom und Laura mit derBedrohung um? Können Sie uns etwas über den Konflikt erzählen, der die beiden beschäftigt?
EineBedrohung von außen gibt es für Tom und Laura nicht, nur die bis dahinglückliche Ehe gerät in Gefahr, weil sich die bisher stets ausgeglichene undlebenstüchtig wirkende Laura den Verletzungen ihrer eigenen Kindheit stellenmuss.
Die Auflösung der Geschehnisse indiesem Buch berührt parapsychologische Phänomene. Welches Verhältnis haben Siezu Übersinnlichem?
Da muss ichmit dem bekannten Spruch von den Dingen zwischen Himmel und Erde antworten, dieder Mensch nicht erklären kann. Trotzdem ist mein Verhältnis zum Übersinnlicheneher nüchtern. In den meisten Fällen steckt doch ein Mensch hinterErscheinungen oder anderen Phänomenen.
Natürlich,das weiß ich bei jeder Geschichte, die ich beginne. Hinter dem Geheimnis derPuppe stand nur der völlig natürliche Wunsch jedes verlassenen Kindes, dasseines Tages die Mutter kommt und es holt.
Gibtes für die Charaktere in Ihrem Buch jeweils lebende Vorbilder, oder sind siedoch mehr Phantasiegestalten?
ReinePhantasie.
Die Fragen stellte Roland GroßeHoltforth, literaturtest.de.
- Autor: Petra Hammesfahr
- 2000, 13. Aufl., 320 Seiten, Maße: 11,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 349922884X
- ISBN-13: 9783499228841
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