Betsy Taylor Band 1: Weiblich, ledig, untot
Erst verliert Betsy Taylor ihren Job, dann kommt sie bei einem Autounfall ums Leben - und stellt schließlich fest, dass sie gar nicht wirklich tot ist! Zudem wird sie neuerdings von einem Heißhunger auf Blut geplagt. Ihre neuen Freunde halten...
Erst verliert Betsy Taylor ihren Job, dann kommt sie bei einem Autounfall ums Leben - und stellt schließlich fest, dass sie gar nicht wirklich tot ist! Zudem wird sie neuerdings von einem Heißhunger auf Blut geplagt. Ihre neuen Freunde halten sie für die lang prophezeite Königin der Vampire. Betsy ist da anderer Meinung, doch die Vampire ködern sie mit einer Geheimwaffe, der sie nicht widerstehen kann: Designerschuhe. Mindestens ebenso verlockend ist der Vampir Sinclair.
"Unterhaltsam, frech, vergnüglich."
Romance RT
Weiblich, ledig, untot von M. J. Davidson
LESEOROBE
Kapitel 1
Mein Todestag begann schonschlecht. Und wurde leider auch nicht besser.
Ich kam zu spät zur Arbeit, weilich die Snooze-Taste meines Weckers wieder einmal zuoft gedrückt hatte. Tut das nicht jeder für ein paar Minuten Extraschlaf? Na,also! Deshalb verschlief ich auch regelmäßig. Wegen der blöden Snooze-Taste.
Zeit für ein richtiges Frühstückblieb natürlich nicht mehr, also schlang ich zwei gefüllte Kekse hinunter,während ich auf den Bus wartete. Schokoladenfüllung! Mmhhh Meine Mutter hätte mir applaudiert (von wem sonst stammte wohl meine Vorliebefür das ungesunde Zeug?), mein Ernährungsberater eher die Hände über dem Kopfzusammengeschlagen.
Der Bus hatte natürlichVerspätung. Den öffentlichen Nahverkehr in Minnesota muss man einfach lieben:gerade mal sechs Busse für eine viertel Million Einwohner! Und wenn sie nichtVerspätung hatten, kamen sie zu früh. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie oftmir der Bus vor der Nase weggefahren war. Fahrplan? Was für ein Fahrplan?
Als der Bus endlich angezockeltkam, stieg ich ein und setzte mich erst einmal - in Kaugummi.
Um zwanzig nach neun erschien ichzu meinem Neun-Uhr-Meeting und musste erfahren, dass die wirtschaftlicheRezession, deren Existenz von den Experten seit Jahren hartnäckig geleugnetwürde, nun auch mich erwischt hatte, und zwar mit voller Wucht: Ich wurdeentlassen. Was nicht unerwartet kam. Den letzten Gewinn muss Hamton & Sons erwirtschaftethaben, als ich noch auf die Highschool ging. Aber weh tat es trotzdem. Es isthart, den Job zu verlieren. Plötzlich wird einem klar, dass man nicht mehrgebraucht wird. Egal ob aus persönlichen, wirtschaftlichen oder anderenGründen. Man will dich nicht mehr. Punkt.
Die Idee, Kosten zu reduzieren,kam Hamton & Sonsungefähr ein Jahr zu spät. Und schließlich entschied man sich lieber dafür,Leute zu entlassen, als, sagen wir mal, die sechsstelligen Gehälter der Managerzu kürzen. Die Bürokräfte und Sekretärinnen sah man als entbehrlich an. Aberwir wussten, dass die Trottel ohne uns nicht mal in der Lage waren, ein Fax zusenden, ganz zu schweigen davon, die Firma zu leiten. Sie würden schon sehen,was sie davon hätten!
Mit diesem aufmunternden Gedankenpackte ich meine Sachen zusammen und versuchte die ausweichenden Blicke meinerKollegen zu übersehen. Dann ging ich nach Hause.
Um mich zu trösten, machte ichHalt bei Dairy Queen auf einen Blueberry-Milchshake.Auf diese Frühlingsvorboten war immer wieder Verlass: Rotkehlchen, frischesGras und Dairy Queen begrüßen die neue Saison.
Milchshakeschlürfend kam ich zu Hause an. Mein Anrufbeantworter blinkte Unheilverkündend. Und richtig, die Nachricht war von meinem Stiefmonster,und nach dem Lärm im Hintergrund zu schließen nahm ich an, dass sie beimFriseur war. "Dein Vater und ich werden es leider nicht zu deiner Party heuteAbend schaffen Ich habe neue Medikamente verordnet bekommen und ich wir können ganz einfach nicht kommen. Tut mir leid." Aber sicher tut es das, blödeKuh. "Hab viel Spaß, auch ohne uns." Kein Problem. "Vielleicht lernst du jaauch heute jemanden kennen." Was so viel hieß wie: Vielleicht heiratet dichirgendein armer Irrer.
Vom ersten Tag an hatte mein Stiefmonster mich als Rivalin um die Gunst meines Vatersbetrachtet. Schlimmer noch: Wann immer mir etwas wirklich wichtig gewesen war,hatte sie die Depressionskarte ausgespielt, um sich zu drücken. Doch schon eineWoche nach unserem ersten Kennenlernen hatte mir dasnichts mehr ausgemacht und war mir eigentlich auch ganz recht gewesen.
Ich ging in die Küche, um meineKatze zu füttern, und stellte fest, dass sie schon wieder abgehauen war. Siewar sehr abenteuerlustig, mein kleiner Mitbewohner Giselle, obwohl ich manchmalden Eindruck hatte, ich wäre ihr Mitbewohner. Ein Blick auf die Uhr - oje, nochnicht einmal Mittag. Genug Zeit, um die Schmutzwäsche zu versorgen und sich dieAugen aus dem Kopf zu heulen. Ein perfekter Tag.
Alles Gute zum Geburtstag.
Wie das Leben so spielt: EinSchneesturm kam auf (eher ungewöhnlich für April), und meine Party fiel aus.Auch gut. Ich hatte ohnehin keine Lust gehabt, auszugehen, ein gut gelauntesGesicht aufzusetzen und zu viele Daiquiris zutrinken. Das Einkaufszentrum ist toll, aber für überteuertes Zeug,streitlustige Wochenendbesucher und Sechs-Dollar-Drinks muss ich in derrichtigen Stimmung sein.
Mein einziger Lichtblick andiesem Tag war Nicks Anruf um acht Uhr. Nick Berrywar ein super Detective drüben in St. Pauls. Voreinigen Monaten war ich Opfer eines Überfalls geworden und
Na ja, "Überfall" war vielleichtuntertrieben. Etwa so, als fände man den Zweiten Weltkrieg "bedauerlich". Ichmöchte nicht gerne darüber sprechen - noch nicht einmal daran denken. EinesTages hatte sich nämlich ein Haufen Irrer auf mich gestürzt, als ich gerade ausKhans Mongolischem Grill gekommen war. Dort gab es ein "All youcan eat"-Buffet für elfDollar fünfundneunzig, Salat, Dessert und Getränke inklusive - kein schlechterDeal, wenn es einen nicht störte, dass die Klamotten anschließend für einigeStunden nach Knoblauch rochen. Ich habe immer noch keine Ahnung, was meineAngreifer eigentlich von mir wollten. Kein Raub, kein Vergewaltigungsversuch,kein wirres Gequatsche von irgendwelchen Verschwörungen auf höchster Ebene.
Sie waren buchstäblich aus demNichts aufgetaucht, als ich noch gähnend nach meinen Schlüsseln gesucht hatte.Sie umzingelten mich, kratzten und bissen wie ein Haufen tollwütigerEichhörnchen, während ich sie mit den Absätzen meiner Manolo Blahniks zurücktrieb und so laut ich konnte um Hilfeschrie. Danach hatte ich drei Tage lang nur noch flüstern können. Zu allemÜberfluss stanken sie furchtbar, etwa so wie meine Küche, wenn ich vor derUrlaubsfahrt nach Cape Cod vergessen hatte, den Müllzu entsorgen. Alle hatten lange Haare und unheimliche, farbige Augen. Und dieganze Zeit über sprachen sie kein Wort mit mir.
Hilfe war nicht aufgetaucht, aberdie Typen hatten schließlich trotzdem den Rückzug angetreten. Vielleicht hattesie meine Stimme nervös gemacht. Wenn ich schreie, heulen die Hunde. Oder siemochten den Knoblauchgeruch nicht. Was immer es war - sie flohen, Hals überKopf. Als ich an meinem Auto lehnte und versuchte, nicht in Ohnmacht zu fallen,sah ich, dass einige sogar auf allen vieren krabbelten. Ich kämpfte tapferdarum, das Buffet, den Ingwertee und das Sesambrotbei mir zu behalten. Zu schade, wenn auch noch die elf fünfundneunzig zumTeufel gewesen wären! Dann nahm ich mein Handy und rief die 911.
Detective Nickübernahm den Fall und verhörte mich im Krankenhaus, während die Bisswundendesinfiziert wurden. Alle fünfzehn. Der Assistenzarzt, der sich an mir zuschaffen machte, roch nach Koriander und summte die ganze Zeit über dieTitelmelodie von Harry Potter und die Kammer des Schreckens. Und zwar falsch.Was mir tatsächlich mehr auf die Nerven ging als das Brennen des Antiseptikums.
Das war im Herbst gewesen.Seitdem waren immer mehr Leute überfallen worden, Männer ebenso wie Frauen,ohne Unterschied. Die beiden Letzten hat man tot aufgefunden. Ich hatte alsoallen Grund zur Angst - einer Scheißangst sogar -, und schwor, nicht wieder zuKhans zu gehen, bis die schrecklichen Typen gefasst wären. Aber vor allem warich dankbar, dass mir nicht mehr passiert war.
Detective Nick hatdann noch einmal angerufen. Wir quatschten ein bisschen und - lange Rede,kurzer Sinn - ich versprach, noch einmal das Große Buch der Bösen Jungsdurchzublättern. Zum einen, weil ich mich dann nicht mehr ganz so hilflosfühlen würde. Vor allem aber, um Nick wiederzusehen.Er hatte exakt meine Größe (ein Meter zweiundachtzig), dunkelblondes Haar,entsprechend der Dienstvorschrift kurz geschnitten, hellblaue Augen, den Bodyeines Schwimmers und Grübchen! Er sah aus wie einem Kalender mit Männer-Aktenentsprungen. Ich habe gegen das Gesetz verstoßen, Officer,bitte nehmen Sie mich fest!
Ich konnte mich kaum daranerinnern, wann ich das letzte Mal Sex gehabt hatte. Aber Nick mit den Augen zuvernaschen kam Sex sehr, sehr nahe. Dass wir uns richtig verstehen: Ich binnicht prüde. Nur wählerisch. Sehr, sehr wählerisch. Ich verdiene die gleicheBehandlung wie die schönsten und teuersten Schuhe, die ich mir jemals würdeleisten können. Was viel heißen will bei meinem mickrigen Sekretärinnengehalt.Ganz egal, wie viel Geld mein Vater mir hinterherwirft,ich würde niemals Schuhe davon kaufen. Es wären nicht meine. Es wären seine.Und so spare ich eben monatelang für die verdammten Dinger, denn sie sollen jaschließlich an meine Füße.
Und das bin ich, in wenigenWorten: Elizabeth Taylor (lassen Sie stecken! Ich habe jeden Witz über meinenNamen mehr als einmal gehört), Single, einen Job ohne Zukunft (genau genommennicht mal das), eine Katze als Mitbewohner. Ich bin so langweilig, dass sogarmeine Katze jeden Monat dreimal abhaut, auf der Suche nach ein wenig Abenteuer.
Wenn man vom Teufel spricht: Kamda nicht ihr verräterisches Miiiiauuuuu von derStraße herüber? Na, toll. Giselle hasste Schnee. Sie hatte sich wahrscheinlichnach einer kleinen Frühlingsliebelei umgeschaut und war in den Schneesturmgeraten. Jetzt war sie da draußen und wartete darauf, dass ich sie rettete. Undwenn ich mich ihrer dann endlich erbarmte, wäre sie schrecklich beleidigt undwürde mich den Rest des Tages keines Blickes mehr würdigen.
Ich schlüpfte also in meineStiefel und lief in den Hof. Es schneite immer noch, und ich konnte Giselles kleinen Schatten mitten auf der Straße ausmachen.Ich rief zehn Sekunden lang nach ihr, ohne Erfolg (warum rufe ich nachKatzen?), und stapfte dann über den Hof auf sie zu. Normalerweise war das keinProblem, denn ich lebte am Ende einer ruhigen Straße. Aber bei demSchneetreiben auf der vereisten Straße sah der Fahrer mich nicht rechtzeitig.Und als er mich endlich bemerkte, tat er genau das Falsche. Er trat mit vollerKraft auf die Bremse. Damit war mein Schicksal besiegelt.
Sterben tut nicht weh. Es klingtvielleicht wie eine Phrase. Oder wie dummes Geschwafel, um den Menschen dieAngst vorm Abkratzen zu nehmen. Aber glauben Sie mir, wenn so etwas passiert,ist Ihr Körper derart traumatisiert, dass er alle Nervenleitungen dicht macht.Ich hatte keine Schmerzen, fühlte noch nicht einmal die eisige Kälte, obgleiches an diesem Abend minus zwölf Grad waren.
Ich muss gestehen, dass ich nichtgut reagierte. Der Wagen kam auf mich zugefahren, und ich starrte in dieScheinwerfer wie ein erschrockenes Reh. Ein großes, doofes, blondes Reh, dasgerade ein Vermögen für Strähnchen ausgegeben hatte. Ich rührte mich keinenZentimeter, obwohl es doch um mein Leben ging.
Giselle dagegen rührte sich. Dasundankbare, kleine Biest machte, dass es wegkam. Ich dagegen wurde durch dieLuft geschleudert. Der Wagen traf mich mit einer Geschwindigkeit von sechzigStundenkilometern, was nicht zwangsläufig lebensbedrohlich war, und schleudertemich gegen einen Baum, was totsicher lebensbedrohlichwar.
Wie gesagt, es tat nicht weh.Aber ich fühlte einen entsetzlichen Druck auf meinem ganzen Körper. Ich hörte,wie etwas brach. Ich hörte, wie mein eigener Schädel zersprang. Es hörte sichan, als würde jemand in meinem Ohr Eis kauen. Ich fühlte, wie ich blutete,fühlte Flüssigkeit aus mir herausrinnen. Meine Blaseentleerte sich ungewollt - zum ersten Mal seit sechsundzwanzig Jahren. MeinBlut im Schnee sah in der Dämmerung schwarz aus.
Das Letzte, was ich sah, warGiselle, die auf meiner Veranda saß und darauf wartete, dass ich siehineinließ. Das Letzte, was ich hörte, waren die Hilferufe des Fahrers.
Na ja, nicht wirklich das Letzte.Aber Sie wissen, was ich meine.
© Verlag Egmont
Übersetzung: Stefanie Zeller
Lesen Sie mehr auf der Offiziellen Homepage der Autorin:
www.maryjanicedavidson.net
- Autor: Mary Janice Davidson
- 2007, 9. Aufl., 318 Seiten, Maße: 12,2 x 18 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Stefanie Zeller
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802581237
- ISBN-13: 9783802581236
- Erscheinungsdatum: 18.09.2007
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