Die erste Wahrheit / Drachen Saga Bd.1
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Alissa glaubt nicht an Magie. Und schon gar nicht an die Märchen ihres verstorbenen Vaters von jener sagenhaften Feste in den Bergen, in der einst angeblich Drachen und mächtige Zauberer gewirkt haben. Bis es Alissa eines Tages selbst an diesen Ort verschlägt.
Die erste Wahrheit von Dawn Cook
LESEPROBE
1
Du warst gestern wieder lange aus«, sagte sie in der morgendlichen Stille. »Ich habe dich nicht hereinkommen hören.«
Alissa zuckte zusammen. Asche, dachte sie. Ihre Mutter hatte sie nicht hereinkommen hören, weil Alissa im Garten eingeschlafen war. Wieder einmal. »Ich habe draußen auf dem Felsen gesessen und die Nacht bewundert«, gestand sie und bemühte sich, das möglichst bedeutungslos klingen zu lassen. »Auf dem großen im Kürbisbeet.«
Ihre Mutter, die vor dem Spülbecken stand, seufzte, blickte aus dem Fenster und fuhr fort, die Kürbiskerne abzuspülen, die sie gestern Abend eingeweicht hatte.
»Ich war nicht allein«, protestierte Alissa schwach. »Kralle war bei mir.«
Alissa presste die Lippen zusammen und kratzte mit dem Messer über geröstetes Brot, um mit stoischer Ergebenheit die verbrannten Stellen zu entfernen. Die Brotscheibe war nur auf einer Seite geröstet. Mindestens die Hälfte davon war noch essbar. Sie blickte auf und sah, wie ihre Mutter bei dem scharfen, wiederholten Kratzen in sich zusammensank. Das Frühstück war eben immer schrecklich. Das Kochen an sich hatte Alissa schon vor Jahren aus reinem Selbstschutz an sich gerissen, doch ihre Mutter weigerte sich, ihr auch das gemeinsame Frühstück zu überlassen.
Ganz gleich, wie lange sie daran herumkratzte, dachte Alissa, es half ohnehin nichts. Verbrannt ist verbrannt. Also schob sie den Teller mit dem krustigen, verkohlten Stück Brot in allzu vertrauter Resignation von sich. Sie streckte sich auf dem Schemel, bis ihre Stiefel den Sonnenstrahl erreichten, der in die Küche fiel. Das Geräusch von tropfendem Wasser klang auf einmal langsamer. Der Schatten ihrer Mutter lag lang gezogen schräg hinter ihr. Alissa runzelte unwillkürlich die Stirn, als sie merkte, dass der Schatten sich nicht mehr bewegte. Sie hob den Blick und richtete sich beunruhigt auf. Ihre Mutter wusch immer noch dieselbe Handvoll Kürbiskerne wie vorhin, als Alissa hereingekommen war. Da stimmte etwas nicht.
»Also, was hast du heute Morgen vor?«, fragte ihre Mutter und hielt den Blick starr auf ihre Finger gerichtet, von denen unbemerkt Wasser tropfte.
»Hm«, brummte Alissa und zwang sich zu einer beiläufigen Antwort. >Das seitliche Gemüsebeet, denke ich. An den Bohnenranken kommt nichts mehr. Ich wollte sie ausräumen und den Rest den Schafen geben. Oh! Da fällt mir noch etwas ein«, platzte sie heraus, froh über schlechte Neuigkeiten, an denen man unmöglich ihr die Schuld geben konnte. »Ich glaube, ein Hund streunt hier herum. Die Schafe sind scheu geworden. Nicht einmal Zicke wollte mich an sich heranlassen.«
»Hm-hm«, kam die geistesabwesende Antwort, die Alissa noch mehr beunruhigte. Ihre Mutter starrte jetzt aus dem Fenster, offenbar in weite Ferne bis ins unsichtbare Tiefland. Das Schweigen wurde allmählich unbehaglich. Alissa sah zu, wie ihre Mutter den Blick von den Hügeln losriss und sich ihrem Haarband zuwandte, das an einem Haken neben dem Küchenbecken hing.
Oh nein!, dachte Alissa erschrocken. Ihre Mutter band sich nur dann das Haar zurück, wenn sie etwas sehr Anstrengendes vorhatte, etwa einen Frühjahrsputz oder eine harte Bestrafung. Und Alissa hatte in letzter Zeit nichts falsch gemacht - glaubte sie zumindest. Alissas Augen weiteten sich, als die Kürbiskerne wieder in den eingeweichten Fruchtfleisch-Matsch fielen, von dem ihre Mutter sie eben erst gereinigt hatte; achtlos rieb sie sich die Hände an ihrem Rock ab. »Tu's nicht«, hauchte Alissa, doch die Finger ihrer Mutter krümmten sich, streckten sich und erfassten das feine, kupferfarbene Stoffband. Mit plötzlich entschlossenen, abrupten Bewegungen fasste ihre Mutter das lange, dunkle Haar zusammen.
Alissa holte zittrig Luft. Noch war alles halb so schlimm. Wenn ihre Mutter sich das lange Band einmal ums Haar schlang, würde ihr nichts passieren. Einmal war kein Problem, zweimal bedeutete jede Menge Arbeit - dreimal, und Alissa steckte in Schwierigkeiten.
Alissa schluckte schwer, als ihre Mutter es sich viermal um den Kopf wand und es so fest verknotete, wie Alissa es noch nie gesehen hatte. »Ich hätte ihre Tür abschließen sollen«, murmelte ihre Mutter vor sich hin, während ihre Finger das Band verknoteten. »Ich hätte ihre Fensterläden schließen müssen.« Ohne ein weiteres Wort wandte ihre Mutter sich ab, ging in Alissas Zimmer und schloss die Tür.
»Ich bin Schweinefutter«, flüsterte Alissa. »Das war's. Sie wird mich den Schweinen zum Fraß vorwerfen.« Das Frühstück war vergessen. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und drückte ein Ohr daran. Sie hörte, wie drinnen Schranktüren heftig geöffnet und geschlossen wurden. Ein empörtes Kreischen erklang, gefolgt von einem gedämpften: »Dann geh mir aus dem Weg!«. Gleich darauf war Kralle bei ihr, die aus dem Schlafzimmerfenster hinaus- und zum Küchenfenster wieder hereingeflogen war.
Unter wildem Geschimpfe landete der kleine Vogel auf Alissas Schulter. »Ich weiß es auch nicht«, sagte Alissa. Kralle betrachtete mit schief gelegtem Kopf die geschlossene Tür. Alissa schnappte nach Luft, stürzte zurück zum Tisch und bemühte sich, ganz unbeeindruckt zu erscheinen. Ihre Mutter rauschte mit entschlossener Miene aus Alissas Zimmer hinüber in ihr eigenes, ein Bündel Kleider auf dem Arm, und schien Alissas übertriebenes Desinteresse gar nicht zu bemerken. Die Tür fiel krachend ins Schloss. Im nächsten Augenblick lag Alissas Ohr bereits am Holz.
»Nein«, hörte sie ihre Mutter vor sich hin murmeln. »Das wird sie nicht brauchen. Ja. Ja, auf jeden Fall. Das wäre schön, aber es würde wohl keine Woche überdauern.«
»Oh, Asche«, flüsterte Alissa. Sie fühlte sich jetzt wirklich elend und ließ sich auf ihren Hocker am Küchentisch sinken. Das war ihr Platz gewesen, seit sie sich auf einen Stuhl hatte hochziehen können. Sie hatte das scheußliche Gefühl, dass dies nicht mehr lange ihr Platz sein würde.
Mit leisen, hastigen Schritten kam ihre Mutter aus ihrem Zimmer gefegt. Kralle gab ein erschrockenes Piepsen von sich und flog aus dem Fenster, um sich im bitteren Geruch der vom Frost verdorrten Kürbisbeete zu verlieren. In einer Hand trug sie Alissas Tasche, die sie sonst nur brauchte, wenn sie mit ihrer Mutter zum Markt ging und dort übernachtete. »Die ist nicht groß genug«, sagte ihre Mutter und wandte sich dann Alissa zu. Ihre Mutter lächelte angespannt und sah gequält und ein wenig verzweifelt aus. »Gut. Zumindest bist du passend angezogen.«
Alissas Blick glitt an der fleckigen Arbeitshose hinab, die in ihren Stiefeln steckte. Normalerweise trug sie einen langen Rock, doch die Arbeit in den Beeten erforderte etwas Robusteres.
Alissa wollte lieber nicht zur Kenntnis nehmen, was das Erscheinen ihres Bündels bedeutete, und rückte nur hastig ihren Teller beiseite, als ihre Mutter es auf den Tisch fallen ließ. Forsch ging sie zur großen Truhe und holte eine größere Tasche heraus, außerdem Alissas Wintermantel und eine zweite Garnitur Arbeitskleidung. Darunter lagen die wohlgehüteten cremefarbenen Lederstiefel ihrer Mutter. Alles landete auf dem Tisch.
»Gehen wir irgendwohin?«, fragte Alissa mit schwacher Stimme, wobei ihr auffiel, dass fast alles auf diesem Tisch ihr gehörte.
»Halb erraten, Liebes. Nur halb erraten.« Das geölte Segeltuch, das hinter der Tür hing, gesellte sich zu dem Haufen.
Alissa drehte es den Magen um. Es war schlimmer, als sie gedacht hatte. »Mutter«, protestierte sie. »Ich weiß, wir haben schon darüber gesprochen, aber du kannst mich nicht zur Feste schicken. Das ist doch nur eine von Papas Geschichten. Diese Burg gibt es gar nicht!«
»Doch, es gibt sie.«
Alissa runzelte die Brauen. »Hast du sie denn gesehen?«, fragte sie vorwurfsvoll.
Wie erwartet senkte ihre Mutter den Blick. »Nein. Er hat gesagt - er hat gesagt, das wäre zu gefährlich.« Etwas, das Alissa für Angst hielt, kroch in den Blick ihrer Mutter und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Ich dürfte eigentlich gar nicht wissen, dass es sie gibt«, sagte ihre Mutter leise.
Alissa holte tief Luft, rang ihre Angst nieder und verwandelte sie in ein viel vertrauteres Gefühl. »Aber mich willst du dorthin schicken, erwiderte sie scharf.
Zu ihrer großen Überraschung wurde sie von ihrer Mutter nicht ermahnt, still zu sein oder nicht so mit ihr zu sprechen - Alissa fing sich nicht einmal einen dieser bestimmten Blicke ein. Stattdessen streckte ihre Mutter die Hand aus und strich Alissa übers Haar. Ihre Finger zitterten, und sie blickte bekümmert drein. »Ich habe zu lange damit gewartet, dich loszuschicken«, flüsterte sie. »Ich wollte es nicht wahrhaben. Dein Papa hat gesagt, die Reise dauere einen Monat, und du musst es bis dorthin schaffen, bevor es schneit.« (…)
© Blanvalet Verlag
Übersetzung: Katharina Volk
- Autor: Dawn Cook
- 2008, 478 Seiten, Maße: 12,5 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Volk, Katharina
- Übersetzer: Katharina Volk
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442265762
- ISBN-13: 9783442265763
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