Blut und Silber
Roman
Eine farbenprächtige Geschichte um Krieg, Verrat und eine starke Frau.
Deutschland anno 1296: König Adolf von Nassau setzt eine gewaltige Streitmacht gegen das sächsische Freiberg in Bewegung, um die reiche...
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Produktinformationen zu „Blut und Silber “
Eine farbenprächtige Geschichte um Krieg, Verrat und eine starke Frau.
Deutschland anno 1296: König Adolf von Nassau setzt eine gewaltige Streitmacht gegen das sächsische Freiberg in Bewegung, um die reiche Silberstadt in die Knie zu zwingen. Unter den Bürgern entbrennt ein heftiger Streit: Dürfen sie sich ihrem König widersetzen? In den Reihen der Freiberger, die die belagerte Stadt heldenhaft verteidigen, kämpfen auch Änne, eine Nachfahrin der Hebamme Marthe, und die Gauklerin Sibylla. Entsetzt müssen sie miterleben, wie Freiberg blutig erobert wird - durch Verrat!
Klappentext zu „Blut und Silber “
Der neue große historische Bestseller der Autorin der "Hebammen-Romane"Deutschland 1296: König Adolf von Nassau setzt eine gewaltige Streitmacht gegen Freiberg in Bewegung, um die reiche Silberstadt in die Knie zu zwingen. Unter den Bürgern entbrennt ein heftiger Streit: Dürfen sie sich ihrem König widersetzen? Zu den Freibergern, die die belagerte Stadt mutig verteidigen, gehören auch Änne, eine Nachfahrin der Hebamme Marthe, und die Gauklerin Sibylla. Entsetzt müssen sie miterleben, wie Freiberg blutig erobert wird durch Verrat!
Der neue große historische Bestseller der Autorin der Hebammen-Romane Deutschland 1296: König Adolf von Nassau setzt eine gewaltige Streitmacht gegen Freiberg in Bewegung, um die reiche Silberstadt in die Knie zu zwingen. Unter den Bürgern entbrennt ein heftiger Streit: Dürfen sie sich ihrem König widersetzen? Zu den Freibergern, die die belagerte Stadt mutig verteidigen, gehören auch Änne, eine Nachfahrin der Hebamme Marthe, und die Gauklerin Sibylla. Entsetzt müssen sie miterleben, wie Freiberg blutig erobert wird - durch Verrat!
Lese-Probe zu „Blut und Silber “
Blut und Silber von Sabine EbertAltenburg, Dezember 1295
»Ich habe ein ganz dummes Gefühl.«
Das hätte Ritter Ulrich von Maltitz nicht erst aussprechen müssen. Seine misstrauische Miene und die Unruhe, mit der er immer wieder zur Tür blickte, die schief in den Angeln hing und bei jeder Bewegung laut knarrte, sagten genug. Er hatte noch nicht einmal den schneebedeckten Umhang abgelegt.
Die schmelzenden Flocken ließen sein schulterlanges Haar schwarz wirken. »Meint Ihr das Essen, das uns dieser schmierige Wirt bringt, sofern er es je fertigbekommt?«, antwortete der Markgraf von Meißen mit verhaltenem Spott, während er es sich auf einer Bank bequem machte und die langen Beine ausstreckte, die vom anstrengenden Ritt durch die strenge Kälte des Winters steif geworden waren.
Der König hatte Friedrich von Wettin hierher in die Reichsstadt Altenburg beordert, und wenn es nach ihm ginge, dürfte dieser den Markgrafentitel gar nicht mehr führen. Denn Adolf von Nassau, vor dreieinhalb Jahren zum Regenten gewählter Niemand unter den Reichsfürsten, erhob Anspruch auf die Mark Meißen. Obwohl das Fürstengericht noch nicht die Acht über den Meißner gesprochen hatte, galt Friedrich schon so gut wie geächtet, als Rebell, der sich dem König mit dem Schwert entgegenstellte, um seinen Besitz zu wahren. Oder das, was davon übrig war, nachdem sein verschwenderischer Vater auf leichtsinnige Weise den größten Teil seiner Ländereien verschleudert hatte. Dabei war es keine zehn Jahre her, dass dessen Vater über fünf Fürstentümer herrschte!
»Ihr wisst genau, was ich meine«, antwortete Ulrich von Maltitz ungestüm und vergaß dabei für einen Augenblick den respektvollen Ton, den er seinem Lehnsherrn schuldete. »Wenn Ihr auf meinen Rat hörtet,
... mehr
wären wir nie hierhergekommen. Das riecht nach einem Hinterhalt, nach Verrat!«
Der dunkelhaarige Ritter Anfang dreißig legte den Umhang ab und ließ ihn achtlos auf die Bank sinken, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Dann trat er sogar einen Schritt in den Gang hinaus, um hinunter in die Schankstube des Wirtshauses zu spähen, in dem sie Quartier genommen hatten. Rauchschwaden vom Herdfeuer und der Lärm der Zecher drangen in die größte der oberen Kammern, wo ein paar Schankmägde die Tafel für die hohen Gäste aufgestellt hatten. Doch niemand schien sich die altersschwache Holztreppe hinaufzuwagen.
Krachend ließ Ulrich die Tür wieder hinter sich zufallen und blieb stehen, die Hand am Schwert. »Wollt Ihr etwa dem König so viel Unehrenhaftigkeit unterstellen?«, ermahnte ihn der Markgraf mit hochgezogenen Augenbrauen, immer noch eher spöttisch als streng.
Friedrich war achtunddreißig Jahre alt und weder der dichtende Schöngeist wie sein Großvater, den man »den Erlauchten« nannte, noch der verlebte Verschwender wie sein Vater. Er war nüchtern, zupackend und entschlossen. Und er teilte das Misstrauen des Maltitzers, eines seiner engsten Vertrauten, was die Möglichkeit betraf, der König habe sie nur hier herbeordert, um den Gegner beiseite schaffen zu lassen, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Es gab keinen Verhandlungsstoff. Adolf von Nassau wollte die Mark Meißen, und Friedrich war nicht bereit, sie herzugeben. So war der Stand der Dinge.
Doch der König hatte sein Heer gen Meißen in Bewegung gesetzt und auf dem Weg dorthin bereits zum zweiten Mal binnen kurzem Thüringen verwüsten lassen. Friedrich wollte nicht, dass die Angst und Schrecken verbreitende Streitmacht des Nassauers nun auch noch Meißen und Freiberg, seine reiche Silberstadt, in Schutt und Asche legte. Deshalb war er nach Altenburg geritten, so groß die Gefahr eines Hinterhaltes auch sein mochte. Er durfte nichts unversucht lassen, um seinem Land den Krieg zu ersparen.
Ulrich schnaubte verächtlich. »Der König! Was für ein König ist das schon? Ein Schwächling, einer, der sich die Stimmen der Fürsten bei der Wahl gegen den Habsburger mit leeren Versprechungen erkauft hat, weil er weder Land noch Geld besitzt. Und deshalb stiehlt er es – von Euch und Euerm Bruder!«
Friedrich hätte König sein sollen, dachte Ulrich wütend. Sein Großvater gleichen Namens war der letzte große Stauferkaiser, und schon als Zwölfjährigem hatte man ihm die Kaiserwürde angetragen, ohne dass er sie je erringen konnte. Friedrich III., König von Jerusalem und Sizilien, Herzog von Schwaben, Landgraf zu Thüringen und Pfalzgraf zu Sachsen – das sollten seine Titel sein, von der Herrschaft über die Mark Meißen ganz zu schweigen! Und die wollte ihm Adolf von Nassau nun auch noch nehmen.
Der Markgraf beugte sich leicht vor, nun mit strengem Gesichtsausdruck. »Es grenzt an Hochverrat, was Ihr da von Euch gebt!«, ermahnte er seinen Ritter mit gesenkter, gefährlich anmutender Stimme. »Hütet Eure Zunge! Und zur Übung beginnt Ihr damit besser sofort, noch bevor wir morgen auf die Männer des Königs treffen!«
Die Gesichtszüge des Maltitzers verschlossen sich, er sank auf ein Knie. »Vergebt mir, mein Fürst«, murmelte er und verbiss sich die Bemerkung, sie könnten sich glücklich preisen, wenn sie erst am nächsten Tag und nicht schon heute Nacht auf die Männer des Königs treffen würden.
»Nun steht schon auf und setzt Euch zu uns«, lenkte der Markgraf ein. Mit knapper Geste wies er auf den Platz zwischen sich und den anderen Rittern, die sich bereits an die Tafel gesetzt hatten und ebenfalls zur Tür blickten – allerdings eher in Erwartung des Wirtes mit Braten und Wein statt eines Kommandos gedungener Meuchelmörder. Ulrich von Maltitz zögerte. Der lange Ritt bei scheußlichem Schneegestöber hatte auch ihm die letzten Kräfte abverlangt, seine Beinmuskeln zitterten immer noch vor Anspannung, und die Aussicht, sich setzen zu können, war mehr als verlockend, zumal einer der Knechte ein Kohlebecken aufgestellt hatte, das wenigstens im Umkreis von zwei, drei Schritten wohlige Wärme verbreitete. Doch er konnte sich nicht setzen, ohne das lange Schwert abzulegen, und ebenso wenig wollte er – eingeklemmt zwischen den Kampfgefährten – mit dem Rücken zur Tür hocken.
»Wenn Ihr erlaubt, bleibe ich stehen und behalte den Gang im Auge.« Friedrich seufzte schicksalsergeben. »Ihr seid übervorsichtig. Aber tut, was Ihr nicht lassen könnt!« Der kurze Blick, den er mit Ulrich wechselte, sagte allerdings etwas anderes: Wie erleichtert der Markgraf über die Vorsicht seines Vertrauten war, zu der es hinreichend Anlass gab. Es klopfte, erst zaghaft, dann stärker. Ulrich riss die Tür auf.
Erschrocken fuhr die mit zwei schweren Krügen beladene Schankmagd zurück, als sie sich plötzlich dem blanken Schwert eines Ritters gegenübersah. Von Maltitz fragte sich, wie sie wohl angeklopft hatte – mit dem Ellbogen oder mit der Fußspitze? Etwas von dem Wein war durch ihre hastige Bewegung auf ihr grobgewebtes Kleid geschwappt, doch das schien sie gar nicht wahrzunehmen. Ihre schreckensweiten Augen waren von der scharfen Waffe wie gebannt. Ulrich ließ das Schwert sinken und trat einen Schritt zurück.
Die Frau, deren Gesicht vor Hitze gerötet war und kleine Schweißperlen auf der Stirn und über den zusammengekniffenen Lippen aufwies, knickste rasch erst vor ihm, dann tief vor dem Markgrafen. »Ich bringe Wein. Wenn es den edlen Herren beliebt?«
Auf Friedrichs Zeichen hin goss sie erst ihm den Becher voll, dann seinen Rittern: nach Ulrich von Maltitz auch Reinhard von Hersfeld, den Brüdern Tylich und Theodor von Honsberg, Rudolf von Falkenstein, Reinhard von Seweschin und dem Jüngsten, Hertwig von Hörselgau. Die anderen Männer hatte Ulrich bei den Pferden und um das Wirtshaus herum postiert. Friedrichs Gefolge war klein, aber sorgfältig ausgewählt unter den besten seiner kampferprobten Ritter.
»Ihr gestattet!« Nach der wortlosen Zustimmung des Markgrafen nahm Ulrich dessen Becher und kostete vor.
Wein, wirklich.
»Ziemlich sauer, aber nicht vergiftet, wie es scheint.«
Ulrich reichte den Becher zurück.
Die Magd warf ihm heimlich einen beleidigten Blick zu und stellte den Wein vor dem Markgrafen ab. Dann schenkte sie aus dem zweiten Krug Bier an die niederen Gefolgsleute aus.
Als sie damit fertig war, knickste sie erneut und ging.
Friedrich hob seinen Becher. »Möge Gott uns morgen beistehen!«
»Amen!« Die anderen tranken ihm stehend zu.
Und möge Gott uns auch diese Nacht beistehen, dachte Ulrich bei sich, während er einen kräftigen Schluck nahm. Wieder klopfte es, und eine weitere Schankmagd brachte ein großes Brett mit Brot, Käse, Schinken und Speck. »Der Braten ist gleich fertig, lässt der Wirt ausrichten«, erklärte sie. Niemand antwortete ihr. Die Ritter, hungrig und durchgefroren, brachen auf Friedrichs einladende Geste Stücke von dem noch warmen Brotlaib, zogen ihre Essmesser und schnitten dicke Scheiben von Käse, Schinken und Speck ab. Mit Erlaubnis ihres Fürsten durften sie heute die Regel für höfische Mahle vernachlässigen, nach der als maßlos betrachtet wurde, wer das Brot aß, bevor die Hauptspeisen aufgetragen waren. Die letzte Rast auf dem Weg hierher lag lange zurück.
Wenn auch die Herberge am Markt verräuchert war und Aussehen und Kleidung des Wirtes wenig vertrauenerweckend wirkten – das noch dampfende Brot schmeckte köstlich, der Schinken war gut geräuchert, der Käse würzig.
Die Männer begannen, sich zu entspannen und lautstark zu unterhalten. Feuchte Schwaden stiegen von ihren Kleidern auf, die der Schnee durchnässt hatte. Doch allmählich wurde es warm im Raum, und ihre Kleider und Haare begannen zu trocknen. »Wenn Ihr erlaubt, Hoheit!«
Johannes Lotzke, ein junger Freiberger, bot sich an, für Friedrich und seine Ritter Wein nachzuschenken, denn die Knappen waren zur Wache bei den Pferden eingeteilt worden. Aufmunternd nickte Friedrich dem jungen Mann mit dem rötlichen Haar zu, den er erst kürzlich in sein Gefolge aufgenommen hatte und der ihm durch seinen Diensteifer und seine Klugheit aufgefallen war. Sein Vater, ein Gewandschneider und einer der Freiberger Ratsherren, hatte ihn geschickt, damit er dem Markgrafen diene, höfisches Benehmen lerne und bis zu seiner Verheiratung etwas von der Welt sehe.
»Sag, junger Lotzke, wann soll die Hochzeit sein?«, fragte breit grinsend Rudolf von Falkenstein, ein älterer Ritter mit derbem Humor, der offensichtlich einen Spaß mit dem Freiberger Burschen plante.
»Nach Pfingsten, Herr«, antwortete Johannes, während seine Ohren in verräterischem Rot aufleuchteten. Er kannte die Ritter inzwischen gut genug, um zu ahnen, dass sich der Falkensteiner einen Scherz auf seine Kosten erlauben wollte.
»Und, ist sie hübsch, deine Braut?«
»Ich denke schon«, murmelte Johannes mit gesenktem Kopf, scheinbar ganz darin vertieft, die Becher der Ritter nachzufüllen. »Er denkt es!« Rudolf schlug sich auf die Schenkel und sah grinsend zu seinen Tischnachbarn. »Aber sicher scheint er nicht zu sein. Hast sie wohl noch nicht näher in Augenschein genommen?«
Johannes erwiderte nichts. Wenn er die Wahrheit sagte, nämlich dass er bis über beide Ohren in seine Zukünftige verliebt war, die jüngere Tochter des Tuchers, es aber um nichts in der Welt wagen würde, sich ihr vor der Brautnacht auch nur auf fünf Schritte zu nähern, würde der Falkensteiner nicht nur Späße auf seine, sondern auch auf ihre Kosten treiben. Und das wollte er verhindern.
Überhaupt – die Hochzeitsnacht … Der Gedanke daran ließ ihn noch verlegener werden. Das schien der stets zu Späßen aufgelegte Falkensteiner zu erraten. »Mir scheint, unser junger Freiberger ist recht schüchtern, was Frauen betrifft. Er braucht wohl noch ein bisschen Anleitung, bevor er vor die Kirchentür tritt, damit er seine hübsche Braut vollends zufriedenstellen kann. Was meint ihr?«
Wieder wandte er sich an die anwesenden Ritter. »Lassen wir dem Wirt ausrichten, er möge unserem Freund hier Gesellschaft für die Nacht besorgen? Aber keine Jungfrau, sondern eine mit Erfahrung. Am besten einen richtig alten Drachen. Dann lernt er schon einmal, was ihn in der Ehe erwartet, wenn er nicht von Anfang an aufpasst …«
Die anderen lachten schallend. Es war ein gutmütiger Spott, dennoch war Johannes mittlerweile vom Hals bis zu den Haarwurzeln rot angelaufen. Vergeblich suchte er nach einer Entgegnung, aber ihm fi el nichts Passendes ein. Außerdem hätte er sowieso nichts sagen dürfen, ohne dazu aufgefordert zu werden. Also betete er stumm, dass der Falkensteiner seine Ankündigung nicht wahr machte.
Der Markgraf wollte etwas Beschwichtigendes sagen, um den jungen Mann aus seiner Verlegenheit zu erlösen, doch er kam nicht dazu.
Ulrich von Maltitz’ energisches »Still!« dröhnte dazwischen.
Mit erhobenem Arm, leicht vorgebeugt, sah der misstrauische Ritter aus der schmalen Fensterluke, dann stürzte er zur Tür und riss sie auf. »Bewaffnete! Sie kommen hierher!«, brüllte er nach einem kurzen Blick hinab. »Zieht die Schwerter!«
Copyright © 2009 Knaur Verlag.
Der dunkelhaarige Ritter Anfang dreißig legte den Umhang ab und ließ ihn achtlos auf die Bank sinken, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Dann trat er sogar einen Schritt in den Gang hinaus, um hinunter in die Schankstube des Wirtshauses zu spähen, in dem sie Quartier genommen hatten. Rauchschwaden vom Herdfeuer und der Lärm der Zecher drangen in die größte der oberen Kammern, wo ein paar Schankmägde die Tafel für die hohen Gäste aufgestellt hatten. Doch niemand schien sich die altersschwache Holztreppe hinaufzuwagen.
Krachend ließ Ulrich die Tür wieder hinter sich zufallen und blieb stehen, die Hand am Schwert. »Wollt Ihr etwa dem König so viel Unehrenhaftigkeit unterstellen?«, ermahnte ihn der Markgraf mit hochgezogenen Augenbrauen, immer noch eher spöttisch als streng.
Friedrich war achtunddreißig Jahre alt und weder der dichtende Schöngeist wie sein Großvater, den man »den Erlauchten« nannte, noch der verlebte Verschwender wie sein Vater. Er war nüchtern, zupackend und entschlossen. Und er teilte das Misstrauen des Maltitzers, eines seiner engsten Vertrauten, was die Möglichkeit betraf, der König habe sie nur hier herbeordert, um den Gegner beiseite schaffen zu lassen, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Es gab keinen Verhandlungsstoff. Adolf von Nassau wollte die Mark Meißen, und Friedrich war nicht bereit, sie herzugeben. So war der Stand der Dinge.
Doch der König hatte sein Heer gen Meißen in Bewegung gesetzt und auf dem Weg dorthin bereits zum zweiten Mal binnen kurzem Thüringen verwüsten lassen. Friedrich wollte nicht, dass die Angst und Schrecken verbreitende Streitmacht des Nassauers nun auch noch Meißen und Freiberg, seine reiche Silberstadt, in Schutt und Asche legte. Deshalb war er nach Altenburg geritten, so groß die Gefahr eines Hinterhaltes auch sein mochte. Er durfte nichts unversucht lassen, um seinem Land den Krieg zu ersparen.
Ulrich schnaubte verächtlich. »Der König! Was für ein König ist das schon? Ein Schwächling, einer, der sich die Stimmen der Fürsten bei der Wahl gegen den Habsburger mit leeren Versprechungen erkauft hat, weil er weder Land noch Geld besitzt. Und deshalb stiehlt er es – von Euch und Euerm Bruder!«
Friedrich hätte König sein sollen, dachte Ulrich wütend. Sein Großvater gleichen Namens war der letzte große Stauferkaiser, und schon als Zwölfjährigem hatte man ihm die Kaiserwürde angetragen, ohne dass er sie je erringen konnte. Friedrich III., König von Jerusalem und Sizilien, Herzog von Schwaben, Landgraf zu Thüringen und Pfalzgraf zu Sachsen – das sollten seine Titel sein, von der Herrschaft über die Mark Meißen ganz zu schweigen! Und die wollte ihm Adolf von Nassau nun auch noch nehmen.
Der Markgraf beugte sich leicht vor, nun mit strengem Gesichtsausdruck. »Es grenzt an Hochverrat, was Ihr da von Euch gebt!«, ermahnte er seinen Ritter mit gesenkter, gefährlich anmutender Stimme. »Hütet Eure Zunge! Und zur Übung beginnt Ihr damit besser sofort, noch bevor wir morgen auf die Männer des Königs treffen!«
Die Gesichtszüge des Maltitzers verschlossen sich, er sank auf ein Knie. »Vergebt mir, mein Fürst«, murmelte er und verbiss sich die Bemerkung, sie könnten sich glücklich preisen, wenn sie erst am nächsten Tag und nicht schon heute Nacht auf die Männer des Königs treffen würden.
»Nun steht schon auf und setzt Euch zu uns«, lenkte der Markgraf ein. Mit knapper Geste wies er auf den Platz zwischen sich und den anderen Rittern, die sich bereits an die Tafel gesetzt hatten und ebenfalls zur Tür blickten – allerdings eher in Erwartung des Wirtes mit Braten und Wein statt eines Kommandos gedungener Meuchelmörder. Ulrich von Maltitz zögerte. Der lange Ritt bei scheußlichem Schneegestöber hatte auch ihm die letzten Kräfte abverlangt, seine Beinmuskeln zitterten immer noch vor Anspannung, und die Aussicht, sich setzen zu können, war mehr als verlockend, zumal einer der Knechte ein Kohlebecken aufgestellt hatte, das wenigstens im Umkreis von zwei, drei Schritten wohlige Wärme verbreitete. Doch er konnte sich nicht setzen, ohne das lange Schwert abzulegen, und ebenso wenig wollte er – eingeklemmt zwischen den Kampfgefährten – mit dem Rücken zur Tür hocken.
»Wenn Ihr erlaubt, bleibe ich stehen und behalte den Gang im Auge.« Friedrich seufzte schicksalsergeben. »Ihr seid übervorsichtig. Aber tut, was Ihr nicht lassen könnt!« Der kurze Blick, den er mit Ulrich wechselte, sagte allerdings etwas anderes: Wie erleichtert der Markgraf über die Vorsicht seines Vertrauten war, zu der es hinreichend Anlass gab. Es klopfte, erst zaghaft, dann stärker. Ulrich riss die Tür auf.
Erschrocken fuhr die mit zwei schweren Krügen beladene Schankmagd zurück, als sie sich plötzlich dem blanken Schwert eines Ritters gegenübersah. Von Maltitz fragte sich, wie sie wohl angeklopft hatte – mit dem Ellbogen oder mit der Fußspitze? Etwas von dem Wein war durch ihre hastige Bewegung auf ihr grobgewebtes Kleid geschwappt, doch das schien sie gar nicht wahrzunehmen. Ihre schreckensweiten Augen waren von der scharfen Waffe wie gebannt. Ulrich ließ das Schwert sinken und trat einen Schritt zurück.
Die Frau, deren Gesicht vor Hitze gerötet war und kleine Schweißperlen auf der Stirn und über den zusammengekniffenen Lippen aufwies, knickste rasch erst vor ihm, dann tief vor dem Markgrafen. »Ich bringe Wein. Wenn es den edlen Herren beliebt?«
Auf Friedrichs Zeichen hin goss sie erst ihm den Becher voll, dann seinen Rittern: nach Ulrich von Maltitz auch Reinhard von Hersfeld, den Brüdern Tylich und Theodor von Honsberg, Rudolf von Falkenstein, Reinhard von Seweschin und dem Jüngsten, Hertwig von Hörselgau. Die anderen Männer hatte Ulrich bei den Pferden und um das Wirtshaus herum postiert. Friedrichs Gefolge war klein, aber sorgfältig ausgewählt unter den besten seiner kampferprobten Ritter.
»Ihr gestattet!« Nach der wortlosen Zustimmung des Markgrafen nahm Ulrich dessen Becher und kostete vor.
Wein, wirklich.
»Ziemlich sauer, aber nicht vergiftet, wie es scheint.«
Ulrich reichte den Becher zurück.
Die Magd warf ihm heimlich einen beleidigten Blick zu und stellte den Wein vor dem Markgrafen ab. Dann schenkte sie aus dem zweiten Krug Bier an die niederen Gefolgsleute aus.
Als sie damit fertig war, knickste sie erneut und ging.
Friedrich hob seinen Becher. »Möge Gott uns morgen beistehen!«
»Amen!« Die anderen tranken ihm stehend zu.
Und möge Gott uns auch diese Nacht beistehen, dachte Ulrich bei sich, während er einen kräftigen Schluck nahm. Wieder klopfte es, und eine weitere Schankmagd brachte ein großes Brett mit Brot, Käse, Schinken und Speck. »Der Braten ist gleich fertig, lässt der Wirt ausrichten«, erklärte sie. Niemand antwortete ihr. Die Ritter, hungrig und durchgefroren, brachen auf Friedrichs einladende Geste Stücke von dem noch warmen Brotlaib, zogen ihre Essmesser und schnitten dicke Scheiben von Käse, Schinken und Speck ab. Mit Erlaubnis ihres Fürsten durften sie heute die Regel für höfische Mahle vernachlässigen, nach der als maßlos betrachtet wurde, wer das Brot aß, bevor die Hauptspeisen aufgetragen waren. Die letzte Rast auf dem Weg hierher lag lange zurück.
Wenn auch die Herberge am Markt verräuchert war und Aussehen und Kleidung des Wirtes wenig vertrauenerweckend wirkten – das noch dampfende Brot schmeckte köstlich, der Schinken war gut geräuchert, der Käse würzig.
Die Männer begannen, sich zu entspannen und lautstark zu unterhalten. Feuchte Schwaden stiegen von ihren Kleidern auf, die der Schnee durchnässt hatte. Doch allmählich wurde es warm im Raum, und ihre Kleider und Haare begannen zu trocknen. »Wenn Ihr erlaubt, Hoheit!«
Johannes Lotzke, ein junger Freiberger, bot sich an, für Friedrich und seine Ritter Wein nachzuschenken, denn die Knappen waren zur Wache bei den Pferden eingeteilt worden. Aufmunternd nickte Friedrich dem jungen Mann mit dem rötlichen Haar zu, den er erst kürzlich in sein Gefolge aufgenommen hatte und der ihm durch seinen Diensteifer und seine Klugheit aufgefallen war. Sein Vater, ein Gewandschneider und einer der Freiberger Ratsherren, hatte ihn geschickt, damit er dem Markgrafen diene, höfisches Benehmen lerne und bis zu seiner Verheiratung etwas von der Welt sehe.
»Sag, junger Lotzke, wann soll die Hochzeit sein?«, fragte breit grinsend Rudolf von Falkenstein, ein älterer Ritter mit derbem Humor, der offensichtlich einen Spaß mit dem Freiberger Burschen plante.
»Nach Pfingsten, Herr«, antwortete Johannes, während seine Ohren in verräterischem Rot aufleuchteten. Er kannte die Ritter inzwischen gut genug, um zu ahnen, dass sich der Falkensteiner einen Scherz auf seine Kosten erlauben wollte.
»Und, ist sie hübsch, deine Braut?«
»Ich denke schon«, murmelte Johannes mit gesenktem Kopf, scheinbar ganz darin vertieft, die Becher der Ritter nachzufüllen. »Er denkt es!« Rudolf schlug sich auf die Schenkel und sah grinsend zu seinen Tischnachbarn. »Aber sicher scheint er nicht zu sein. Hast sie wohl noch nicht näher in Augenschein genommen?«
Johannes erwiderte nichts. Wenn er die Wahrheit sagte, nämlich dass er bis über beide Ohren in seine Zukünftige verliebt war, die jüngere Tochter des Tuchers, es aber um nichts in der Welt wagen würde, sich ihr vor der Brautnacht auch nur auf fünf Schritte zu nähern, würde der Falkensteiner nicht nur Späße auf seine, sondern auch auf ihre Kosten treiben. Und das wollte er verhindern.
Überhaupt – die Hochzeitsnacht … Der Gedanke daran ließ ihn noch verlegener werden. Das schien der stets zu Späßen aufgelegte Falkensteiner zu erraten. »Mir scheint, unser junger Freiberger ist recht schüchtern, was Frauen betrifft. Er braucht wohl noch ein bisschen Anleitung, bevor er vor die Kirchentür tritt, damit er seine hübsche Braut vollends zufriedenstellen kann. Was meint ihr?«
Wieder wandte er sich an die anwesenden Ritter. »Lassen wir dem Wirt ausrichten, er möge unserem Freund hier Gesellschaft für die Nacht besorgen? Aber keine Jungfrau, sondern eine mit Erfahrung. Am besten einen richtig alten Drachen. Dann lernt er schon einmal, was ihn in der Ehe erwartet, wenn er nicht von Anfang an aufpasst …«
Die anderen lachten schallend. Es war ein gutmütiger Spott, dennoch war Johannes mittlerweile vom Hals bis zu den Haarwurzeln rot angelaufen. Vergeblich suchte er nach einer Entgegnung, aber ihm fi el nichts Passendes ein. Außerdem hätte er sowieso nichts sagen dürfen, ohne dazu aufgefordert zu werden. Also betete er stumm, dass der Falkensteiner seine Ankündigung nicht wahr machte.
Der Markgraf wollte etwas Beschwichtigendes sagen, um den jungen Mann aus seiner Verlegenheit zu erlösen, doch er kam nicht dazu.
Ulrich von Maltitz’ energisches »Still!« dröhnte dazwischen.
Mit erhobenem Arm, leicht vorgebeugt, sah der misstrauische Ritter aus der schmalen Fensterluke, dann stürzte er zur Tür und riss sie auf. »Bewaffnete! Sie kommen hierher!«, brüllte er nach einem kurzen Blick hinab. »Zieht die Schwerter!«
Copyright © 2009 Knaur Verlag.
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Autoren-Porträt von Sabine Ebert
Sabine Ebert wurde in Aschersleben geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Sie hat in Rostock Sprach- und Lateinamerika-Wissenschaften studiert. In ihrer Wahlheimat arbeitete Sabine Ebert als Journalistin für Presse, Funk und Fernsehen. Sabine Ebert schrieb einige Sachbücher zur Freiberger Regionalgeschichte, doch berühmt wurde sie mit ihren historischen Romanen, die alle zu Bestsellern wurden
Bibliographische Angaben
- Autor: Sabine Ebert
- 2009, 731 Seiten, 1 farbige Abbildungen, Maße: 15,3 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426662884
- ISBN-13: 9783426662885
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