Verführung der Schatten / The Immortals After Dark Bd.5
Roman
Der Dämon Cadeon Woede wird von seiner Vergangenheit verfolgt. Vor 900 Jahren wurde sein Bruder Rydstrom vom Thron gestürzt, und Cade glaubt, daran schuld zu sein. Er hat deshalb geschworen, seinen Fehler zu beheben und Rydstrom erneut zum König zu machen....
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Produktinformationen zu „Verführung der Schatten / The Immortals After Dark Bd.5 “
Klappentext zu „Verführung der Schatten / The Immortals After Dark Bd.5 “
Der Dämon Cadeon Woede wird von seiner Vergangenheit verfolgt. Vor 900 Jahren wurde sein Bruder Rydstrom vom Thron gestürzt, und Cade glaubt, daran schuld zu sein. Er hat deshalb geschworen, seinen Fehler zu beheben und Rydstrom erneut zum König zu machen. Dafür braucht er die Hilfe der hübschen Halbwalküre Holly, die eine tiefe Leidenschaft in ihm weckt. Einer Prophezeiung zufolge wird Holly ein Kind gebären, welches das Gleichgewicht der Kräfte von Gut und Böse ins Wanken bringen soll. Kann Cade Holly aufgeben, um seinem Bruder Genugtuung zu verschaffen?
Lese-Probe zu „Verführung der Schatten / The Immortals After Dark Bd.5 “
Verführung der Schatten von Kresley ColeLeseprobe
New Orleans Gegenwart
„Blöde ... Kindersicherung", murmelte Holly Ashwin, während sie an der Düse des Pfeffersprays in ihrer Handtasche herumfummelte.
Mit der freien Hand schob sie ihre Brille hoch. Dann warf sie einen nervösen Blick über die Schulter zurück. Sie hatte gedacht, sie hätte hinter sich Schritte in der Nacht gehört. Wurde sie verfolgt - oder war sie einfach nur paranoid?
Seit Monaten schon hatte sie das Gefühl, dass jemand sie beobachtete. Doch seltsamerweise hatte es ihr bis jetzt nie etwas ausgemacht. Sie konnte es nicht erklären, aber die Präsenz, die sie gespürt hatte, hatte eher etwas Beruhigendes.
Heute Abend war es jedoch anders.
Sie fühlte sich eindeutig bedroht, und sie wünschte jetzt, sie wäre nicht mutterseelenallein auf dem Weg vom Parkplatz zur Gibson Hall unterwegs. Normalerweise begleitete ihr Freund sie zum Unterricht, aber Tim befand sich auf einer Konferenz, auf der er seine und ihre wissenschaftlichen Arbeiten präsentierte - allein, da ihr Leiden es ihr nahezu unmöglich machte zu reisen.
Die gepflegten Rasenflächen auf dem Weg zu ihrem Unterrichtsraum waren ungewöhnlich leer. Zweifellos waren heute Abend zahllose Partys im Gang, um den Vollmond zu feiern, der schwer und gelb am schwarzen Himmel hing.
... mehr
Das Licht reichte aus, um eine Bewegung in den Büschen hinter sich wahrzunehmen. In ihrer wachsenden Panik brach sie die Düse der Spraydose ab.
„Mist." Hastig ließ sie ihre einzige Waffe fallen. Sie überlegte, sich eins der Medikamentenfläschchen in ihrer Tasche zu schnappen und sich mit einer Dosis Linderung zu verschaffen. Doch statt dessen beschleunigte sie ihre Schritte in Richtung ihres Ziels, dem Mathematikgebäude, das hell erleuchtet wie ein Signalfeuer vor ihr aufragte.
Gleich bin ich da. Ihre Absätze eilten klackernd über den Gehweg, ohne auch nur ein einziges Mal in einer der Spalten zwischen den Platten zu landen, trotz ihrer Eile. Offensichtlich war ihre Zwangsstörung immun gegen Panik ...
Sie sah rasch auf ihre Uhr. Sie war selbstverständlich pünktlich, aber doch spät genug dran, dass sich die Studen ten ihres Mathe-Förderkurses für Anfänger schon im Hörsaal versam melt hatten.
Nur noch ein paar Meter. Beinahe in Sicherheit ...
Sobald sie die sechs Stufen zur Eingangstür bewältigt hatte, atmete sie vor Erleichterung tief aus. Der Korridor vor ihr erstrahlte im Licht der Neonröhren. Geschafft.
Ihr Raum war der zweite auf der rechten Seite und würde inzwischen mit dreiunddreißig überaus großen und überaus loyalen Footballspielern der Tulane University gefüllt sein. Wer auch immer ihr einen Schrecken einjagen wollte, würde bald wissen, wie sich der Übungsdummy am Ende der Saison fühlte.
Hollys Kollegen fanden, sie habe die Arschkarte gezogen, da sie „Rechnen für Erstklässler" unterrichten musste, wie es einige der Dozenten nannten. Aber Holly hatte sich sogar freiwillig für die Sportlerklasse gemeldet.
Wenn sie schon Mathe unterrichtete, warum nicht diejenigen, die exponentiell mehr zu lernen hatten?
Und um die Wahrheit zu sagen, zeigten sie sich in neunundneunzig Prozent der Zeit von ihrer besten Seite. Obwohl es jeden Dienstag- und Donnerstagabend einige Spieler gab, die extra früher kamen, um ausgedehnte Nachrichten für sie an die Tafel zu kritzeln. Ein Kollege hatte Holly verraten, dass „die Jungs" - die ganze fünf, sechs Jahre jünger waren als sie - es gerne sahen, wie sie in „diesen Röcken" die Tafel sauber wischte.
Holly trug altmodische Bleistiftröcke, deren Saum weit unter dem Knie endete. Würde man sie irgendwann einmal einfach in Ruhe lassen?
Sie fragte sich, was es wohl heute Abend sein würde. In der Vergangenheit hatte es einige Perlen der Poesie gegeben, wie „Got it bad, sooo bad, I'm hot for teacher" von Van Halen, „Ich war ein unartiger Junge, Ms Ashwin" und „Professor Hawking + Marilyn Monroe = Holly Ashwin", wobei sie die Ls durchgestrichen hatten, sodass es wie Hotty Ashwin aussah.
Sie ging davon aus, dass bis jetzt noch niemand gemerkt hatte, dass es ihr ein inneres Bedürfnis war, jeden Quadratzentimeter Gekritzel von der Tafel zu wischen oder die Kreidestücke auf dem Halter zu perfekten Dreiergruppen zu arrangieren, selbst wenn das bedeutete, eines der Stücke zu zerbrechen, um ein Vielfaches von drei zu erhalten ...
Draußen vor der Tür zu ihrem Raum holte sie noch einmal tief Luft, um sich zu beruhigen, und fuhr mit der Hand glättend über ihren Knoten. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sich der Verschluss ihrer Perlenkette genau in der Mitte ihres Nackens befand, zog sie kurz an jedem Ärmel ihres Twinsets, damit der Saum genau über dem Handgelenk endete. Dann überprüfte sie noch rasch die Rückseiten ihrer Ohrringe und öffnete schließlich die Tür.
Leer. Jeder einzelne Stuhl war leer.
„Der Unterricht fällt aus" war auf die Tafel gekritzelt. Diesmal waren sie zu weit gegangen.
Oder waren sie es vielleicht gar nicht gewesen? Sie schluckte und wirbelte herum.
Grober Stoff, der einen scharfen Geruch ausströmte, bedeckte ihr Gesicht und erstickte ihren Schrei.
In dem Moment, in dem sich ihre Lider schlossen und ihr Körper erschlaffte, hörte sie aus der Ferne das grauenhafte Gebrüll eines Mannes.
Diese verbrecherischen Dämonen haben meine Frau ...
Während sich Cades alter Ford Truck durch den Verkehr schlängelte, auf dem Weg zu einem weiteren Schlupfwinkel dieser bösartigen Dämonen, bemühte er sich verzweifelt, die Wut zu beherrschen, für die seine Dämonenrasse bekannt war.
Sie haben sich Holly geschnappt ...
Vor fast einem Jahr hatten sich Cades und Holly Ashwins Wege gekreuzt, und Cade hatte in dieser Menschenfrau diejenige erkannt, die ihm vom Schicksal zugewiesen war. Doch da er eine menschliche Frau nicht zu der Seinen machen konnte, hatte er sich damit zufriedengeben müssen, ihr zu folgen und sie zu beschützen.
Nur aus diesem Grund war er überhaupt da gewesen, als eine Gruppe von Dämonen sie transloziert und sie Gott weiß wohin gebracht hatte. Aber sie hatten auf dem Campus gejagt; ihr Versteck würde sicher nicht weit sein.
Warum wollten sie ausgerechnet sie haben? Weil sie eine Unschuldige war? Dann hatten sie sich die falsche Jungfrau ausgesucht. Cade würde sie an ihren eigenen Eingeweiden aufhängen und ihnen bei ihrem Todestanz zusehen, wenn sie ihr auch nur ein Haar krümmten.
Sein Telefon klingelte, als er einen sichtlich betrunkenen Fahrer überholte. Wenn Betrunkene langsam fuhren, war es genauso, wie wenn sie flüsterten - auffällig.
„Was?", blaffte er zur Begrüßung. An diesem Abend sollte er die Einzelheiten zu seinem neuesten Job erfahren. Es würde der wichtigste Job werden, den er je erhalten hatte, seit er vor vielen Jahrhunderten zum Söldner geworden war.
„Ich habe das Treffen soeben verlassen", sagte sein Bruder Rydstrom. „Ich habe die Informationen, die wir brauchen."
Cade fuhr so dicht hinter dem Wagen vor ihm, dass er versucht war, ihm einen kleinen Schubs zu versetzen. „Und, wer ist unser Auftraggeber?", fragte er geistesabwesend.
„Der Kunde ist Groot der Metallurge."
Normalerweise hätte Cade bei diesem Namen die Augenbrauen hochgezogen. Groot war der Halbbruder von Omort dem Unsterblichen. „Er will uns gegen Omort helfen?" Cades Truck überholte einen weiteren Wagen, wobei er sich um ein Haar in dessen Lackierung verewigt hätte.
„Groot hat ein Schwert erschaffen, das ihn töten kann."
Und damit eine einzigartige Waffe. Omort der Unsterbliche trug seinen Namen nicht umsonst. „Um was für einen Job handelt es sich?"
„Er will, dass wir das Gefäß finden und sie ihm noch vor dem nächsten Vollmond ausliefern."
Das Gefäß. Während jeder Akzession erreichte ein weibliches Wesen der Mythenwelt die Geschlechtsreife. Ihr Kind war dazu bestimmt, entweder ein Krieger des ultimativen Bösen oder des ultimativen Guten zu sein - je nachdem, wer sein Vater war.
Ein Wagen fädelte sich vor Cade ein. „Verdammter Mist ..."
„Was ist los?", fragte Rydstrom gebieterisch.
„Der Verkehr." Er wollte nicht, dass sein Bruder wusste, dass etwas vorgefallen war. Cade hatte ihm gesagt, er würde damit aufhören, Holly zu beobachten. Auch wenn sie beide vermuteten, dass sie die ihm zugedachte Frau war, so war eine gemeinsame Zukunft doch unmöglich.
Menschen waren für Dämonen verboten, weil sie es nicht überlebten, wenn ein Dämon seinen Anspruch auf sie erhob.
Aber es war Cade einfach unmöglich gewesen aufzuhören, sie aus der Ferne zu beobachten, sie zu studieren. Die junge Sterbliche faszinierte ihn immer mehr. So wie er immer stärker davon überzeugt war, dass sie die Seine war.
Er wusste, wie lächerlich das klang. Er war ein uralter Unsterblicher, ein brutaler Söldner, Anführer einer Truppe von Glücksrittern. Und dennoch gab es in Cades Leben nichts, worauf er sich freute - außer darauf, sie zu sehen.
Holly lebte ihr Leben, ohne zu ahnen, dass sie das Glanzlicht der enttäuschenden Existenz eines jahrtausendealten Dämons war ...
Dieser neue Auftrag würde wohl ihre letzte Chance sein, Rydstroms Krone zurückzugewinnen. Wenn Rydstrom herausfand, dass Cade nicht bei der Sache war, wäre das sicherlich der Auftakt zu einer ihrer berühmt-berüchtigten, alles vernichtenden Prügeleien. Früher hatte sich Cade auf die Gelegenheit gefreut, seine Wut abzureagieren, doch jetzt ermüdete ihn schon die bloße Vorstellung.
„Wie sollen wir das Gefäß denn finden?", fragte Cade.
„Mir wurde gesagt, dass es sich diesmal um eine Walküre handele."
„Du willst einem bösartigen Hexer eine Walküre ausliefern - machst du dir denn gar keine Sorgen über unsere Allianz mit ihnen?"
„Ich mach es diesmal einfach so wie du und sage: Was die Walküre nicht weiß, macht sie nicht heiß."
„Sie werden es aber wissen. Nïx wird es sehen können."
Nïx, die halb verrückte Walküre und Wahrsagerin, hatte Rydstrom und Cade früher wiederholt geholfen. Genau genommen war sie sogar diejenige, die dieses Geschäft eingefädelt hatte, auch wenn sie ihnen keinerlei Hinweis darauf gegeben hatte, für wen sie arbeiten würden.
Es war noch keine Woche her, dass Cade mit ihr über Holly geredet hatte. Nïx hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie etwas über diesen Abend vorhergesehen hatte.
„Wenn Nïx bisher nicht gesehen hat, dass das Gefäß eine der ihren sein würde, dann tut sie es jetzt vielleicht auch nicht mehr. Außerdem können wir das nun mal nicht ändern", sagte Rydstrom. „Dieser Auftrag ist wichtiger als alles andere. Und es war Nïx höchstpersönlich, die geschworen hat, dass das unsere letzte Chance sei, Omort zu besiegen."
„Weißt du, wo sich die Zielperson aufhält?"
„Groots Orakel haben nach ihr gesucht. Wie erwartet, hält sie sich hier in dieser Stadt auf."
Die nahende Akzession sorgte dafür, dass sich bereits alle Faktionen an solch mystischen Brennpunkten wie etwa New Orleans versammelten.
„Und wir sind nicht die Einzigen, die hinter ihr her sind", fügte Rydstrom hinzu. „Orakel, Hexen, Zauberer - alle suchen nach ihr."
Das konnte sich Cade vorstellen. „Hast du einen Namen?"
„Nicht von ihr, aber wir kennen ihren letzten bekannten Aufenthaltsort - nennt sich die Halle des Sohns von Gib. Ich weiß, das klingt mal wieder nach dem üblichen Wahrsagergewäsch, aber es ist ein Hinweis."
Cade lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Nein. Das konnte nicht sein. Die Halle des Sohns von Gib. Oder auch Gibson Hall - das Gebäude der mathematischen Fakultät auf dem Campus der Tulane University.
Holly war keine Walküre, aber diese Dämonen könnten sie am geweissagten Ort gesehen und sie für eine von ihnen gehalten haben. Sie verfügte über genau die richtigen zarten Gesichtszüge und den zierlichen Körperbau. Möglicherweise hatten sie gedacht, sie wäre das Gefäß.
Nur eine der hiesigen Dämonenfaktionen verfügte über die Mittel, noch vor Cade und Rydstrom den Aufenthaltsort des Gefäßes herauszufinden - der Orden von Demonaeus.
„Wir kümmern uns noch heute Nacht um die Walküren", sagte Rydstrom. „Ich bin in zwei Stunden wieder zu Hause. Wir treffen uns dann dort."
Zwei Stunden. Selbst wenn Cade versucht gewesen wäre, seinen Bruder bei den Demonaeus um Hilfe zu bitten, hätte er nicht die Zeit gehabt, um auf ihn zu warten. „Alles klar." Klick.
Die breiten Reifen des Trucks quietschten, als Cade quer über die drei Fahrspuren hinweg und über den Mittelstreifen schoss, um gleich darauf in die entgegengesetzte Richtung zurückzurasen.
Er wusste, wo der Orden von Demonaeus beheimatet war, da er bereits bei mehr als einer Gelegenheit mit ihresgleichen zusammengetroffen war. Cade hatte sogar ihren rituellen Altar gesehen. Wurde die süße, unglaublich unschuldige Holly vielleicht genau in diesem Augeblick darauf entkleidet?
Der Lenker verbog sich unter seinem Griff.
© 2010 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
Das Licht reichte aus, um eine Bewegung in den Büschen hinter sich wahrzunehmen. In ihrer wachsenden Panik brach sie die Düse der Spraydose ab.
„Mist." Hastig ließ sie ihre einzige Waffe fallen. Sie überlegte, sich eins der Medikamentenfläschchen in ihrer Tasche zu schnappen und sich mit einer Dosis Linderung zu verschaffen. Doch statt dessen beschleunigte sie ihre Schritte in Richtung ihres Ziels, dem Mathematikgebäude, das hell erleuchtet wie ein Signalfeuer vor ihr aufragte.
Gleich bin ich da. Ihre Absätze eilten klackernd über den Gehweg, ohne auch nur ein einziges Mal in einer der Spalten zwischen den Platten zu landen, trotz ihrer Eile. Offensichtlich war ihre Zwangsstörung immun gegen Panik ...
Sie sah rasch auf ihre Uhr. Sie war selbstverständlich pünktlich, aber doch spät genug dran, dass sich die Studen ten ihres Mathe-Förderkurses für Anfänger schon im Hörsaal versam melt hatten.
Nur noch ein paar Meter. Beinahe in Sicherheit ...
Sobald sie die sechs Stufen zur Eingangstür bewältigt hatte, atmete sie vor Erleichterung tief aus. Der Korridor vor ihr erstrahlte im Licht der Neonröhren. Geschafft.
Ihr Raum war der zweite auf der rechten Seite und würde inzwischen mit dreiunddreißig überaus großen und überaus loyalen Footballspielern der Tulane University gefüllt sein. Wer auch immer ihr einen Schrecken einjagen wollte, würde bald wissen, wie sich der Übungsdummy am Ende der Saison fühlte.
Hollys Kollegen fanden, sie habe die Arschkarte gezogen, da sie „Rechnen für Erstklässler" unterrichten musste, wie es einige der Dozenten nannten. Aber Holly hatte sich sogar freiwillig für die Sportlerklasse gemeldet.
Wenn sie schon Mathe unterrichtete, warum nicht diejenigen, die exponentiell mehr zu lernen hatten?
Und um die Wahrheit zu sagen, zeigten sie sich in neunundneunzig Prozent der Zeit von ihrer besten Seite. Obwohl es jeden Dienstag- und Donnerstagabend einige Spieler gab, die extra früher kamen, um ausgedehnte Nachrichten für sie an die Tafel zu kritzeln. Ein Kollege hatte Holly verraten, dass „die Jungs" - die ganze fünf, sechs Jahre jünger waren als sie - es gerne sahen, wie sie in „diesen Röcken" die Tafel sauber wischte.
Holly trug altmodische Bleistiftröcke, deren Saum weit unter dem Knie endete. Würde man sie irgendwann einmal einfach in Ruhe lassen?
Sie fragte sich, was es wohl heute Abend sein würde. In der Vergangenheit hatte es einige Perlen der Poesie gegeben, wie „Got it bad, sooo bad, I'm hot for teacher" von Van Halen, „Ich war ein unartiger Junge, Ms Ashwin" und „Professor Hawking + Marilyn Monroe = Holly Ashwin", wobei sie die Ls durchgestrichen hatten, sodass es wie Hotty Ashwin aussah.
Sie ging davon aus, dass bis jetzt noch niemand gemerkt hatte, dass es ihr ein inneres Bedürfnis war, jeden Quadratzentimeter Gekritzel von der Tafel zu wischen oder die Kreidestücke auf dem Halter zu perfekten Dreiergruppen zu arrangieren, selbst wenn das bedeutete, eines der Stücke zu zerbrechen, um ein Vielfaches von drei zu erhalten ...
Draußen vor der Tür zu ihrem Raum holte sie noch einmal tief Luft, um sich zu beruhigen, und fuhr mit der Hand glättend über ihren Knoten. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sich der Verschluss ihrer Perlenkette genau in der Mitte ihres Nackens befand, zog sie kurz an jedem Ärmel ihres Twinsets, damit der Saum genau über dem Handgelenk endete. Dann überprüfte sie noch rasch die Rückseiten ihrer Ohrringe und öffnete schließlich die Tür.
Leer. Jeder einzelne Stuhl war leer.
„Der Unterricht fällt aus" war auf die Tafel gekritzelt. Diesmal waren sie zu weit gegangen.
Oder waren sie es vielleicht gar nicht gewesen? Sie schluckte und wirbelte herum.
Grober Stoff, der einen scharfen Geruch ausströmte, bedeckte ihr Gesicht und erstickte ihren Schrei.
In dem Moment, in dem sich ihre Lider schlossen und ihr Körper erschlaffte, hörte sie aus der Ferne das grauenhafte Gebrüll eines Mannes.
Diese verbrecherischen Dämonen haben meine Frau ...
Während sich Cades alter Ford Truck durch den Verkehr schlängelte, auf dem Weg zu einem weiteren Schlupfwinkel dieser bösartigen Dämonen, bemühte er sich verzweifelt, die Wut zu beherrschen, für die seine Dämonenrasse bekannt war.
Sie haben sich Holly geschnappt ...
Vor fast einem Jahr hatten sich Cades und Holly Ashwins Wege gekreuzt, und Cade hatte in dieser Menschenfrau diejenige erkannt, die ihm vom Schicksal zugewiesen war. Doch da er eine menschliche Frau nicht zu der Seinen machen konnte, hatte er sich damit zufriedengeben müssen, ihr zu folgen und sie zu beschützen.
Nur aus diesem Grund war er überhaupt da gewesen, als eine Gruppe von Dämonen sie transloziert und sie Gott weiß wohin gebracht hatte. Aber sie hatten auf dem Campus gejagt; ihr Versteck würde sicher nicht weit sein.
Warum wollten sie ausgerechnet sie haben? Weil sie eine Unschuldige war? Dann hatten sie sich die falsche Jungfrau ausgesucht. Cade würde sie an ihren eigenen Eingeweiden aufhängen und ihnen bei ihrem Todestanz zusehen, wenn sie ihr auch nur ein Haar krümmten.
Sein Telefon klingelte, als er einen sichtlich betrunkenen Fahrer überholte. Wenn Betrunkene langsam fuhren, war es genauso, wie wenn sie flüsterten - auffällig.
„Was?", blaffte er zur Begrüßung. An diesem Abend sollte er die Einzelheiten zu seinem neuesten Job erfahren. Es würde der wichtigste Job werden, den er je erhalten hatte, seit er vor vielen Jahrhunderten zum Söldner geworden war.
„Ich habe das Treffen soeben verlassen", sagte sein Bruder Rydstrom. „Ich habe die Informationen, die wir brauchen."
Cade fuhr so dicht hinter dem Wagen vor ihm, dass er versucht war, ihm einen kleinen Schubs zu versetzen. „Und, wer ist unser Auftraggeber?", fragte er geistesabwesend.
„Der Kunde ist Groot der Metallurge."
Normalerweise hätte Cade bei diesem Namen die Augenbrauen hochgezogen. Groot war der Halbbruder von Omort dem Unsterblichen. „Er will uns gegen Omort helfen?" Cades Truck überholte einen weiteren Wagen, wobei er sich um ein Haar in dessen Lackierung verewigt hätte.
„Groot hat ein Schwert erschaffen, das ihn töten kann."
Und damit eine einzigartige Waffe. Omort der Unsterbliche trug seinen Namen nicht umsonst. „Um was für einen Job handelt es sich?"
„Er will, dass wir das Gefäß finden und sie ihm noch vor dem nächsten Vollmond ausliefern."
Das Gefäß. Während jeder Akzession erreichte ein weibliches Wesen der Mythenwelt die Geschlechtsreife. Ihr Kind war dazu bestimmt, entweder ein Krieger des ultimativen Bösen oder des ultimativen Guten zu sein - je nachdem, wer sein Vater war.
Ein Wagen fädelte sich vor Cade ein. „Verdammter Mist ..."
„Was ist los?", fragte Rydstrom gebieterisch.
„Der Verkehr." Er wollte nicht, dass sein Bruder wusste, dass etwas vorgefallen war. Cade hatte ihm gesagt, er würde damit aufhören, Holly zu beobachten. Auch wenn sie beide vermuteten, dass sie die ihm zugedachte Frau war, so war eine gemeinsame Zukunft doch unmöglich.
Menschen waren für Dämonen verboten, weil sie es nicht überlebten, wenn ein Dämon seinen Anspruch auf sie erhob.
Aber es war Cade einfach unmöglich gewesen aufzuhören, sie aus der Ferne zu beobachten, sie zu studieren. Die junge Sterbliche faszinierte ihn immer mehr. So wie er immer stärker davon überzeugt war, dass sie die Seine war.
Er wusste, wie lächerlich das klang. Er war ein uralter Unsterblicher, ein brutaler Söldner, Anführer einer Truppe von Glücksrittern. Und dennoch gab es in Cades Leben nichts, worauf er sich freute - außer darauf, sie zu sehen.
Holly lebte ihr Leben, ohne zu ahnen, dass sie das Glanzlicht der enttäuschenden Existenz eines jahrtausendealten Dämons war ...
Dieser neue Auftrag würde wohl ihre letzte Chance sein, Rydstroms Krone zurückzugewinnen. Wenn Rydstrom herausfand, dass Cade nicht bei der Sache war, wäre das sicherlich der Auftakt zu einer ihrer berühmt-berüchtigten, alles vernichtenden Prügeleien. Früher hatte sich Cade auf die Gelegenheit gefreut, seine Wut abzureagieren, doch jetzt ermüdete ihn schon die bloße Vorstellung.
„Wie sollen wir das Gefäß denn finden?", fragte Cade.
„Mir wurde gesagt, dass es sich diesmal um eine Walküre handele."
„Du willst einem bösartigen Hexer eine Walküre ausliefern - machst du dir denn gar keine Sorgen über unsere Allianz mit ihnen?"
„Ich mach es diesmal einfach so wie du und sage: Was die Walküre nicht weiß, macht sie nicht heiß."
„Sie werden es aber wissen. Nïx wird es sehen können."
Nïx, die halb verrückte Walküre und Wahrsagerin, hatte Rydstrom und Cade früher wiederholt geholfen. Genau genommen war sie sogar diejenige, die dieses Geschäft eingefädelt hatte, auch wenn sie ihnen keinerlei Hinweis darauf gegeben hatte, für wen sie arbeiten würden.
Es war noch keine Woche her, dass Cade mit ihr über Holly geredet hatte. Nïx hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie etwas über diesen Abend vorhergesehen hatte.
„Wenn Nïx bisher nicht gesehen hat, dass das Gefäß eine der ihren sein würde, dann tut sie es jetzt vielleicht auch nicht mehr. Außerdem können wir das nun mal nicht ändern", sagte Rydstrom. „Dieser Auftrag ist wichtiger als alles andere. Und es war Nïx höchstpersönlich, die geschworen hat, dass das unsere letzte Chance sei, Omort zu besiegen."
„Weißt du, wo sich die Zielperson aufhält?"
„Groots Orakel haben nach ihr gesucht. Wie erwartet, hält sie sich hier in dieser Stadt auf."
Die nahende Akzession sorgte dafür, dass sich bereits alle Faktionen an solch mystischen Brennpunkten wie etwa New Orleans versammelten.
„Und wir sind nicht die Einzigen, die hinter ihr her sind", fügte Rydstrom hinzu. „Orakel, Hexen, Zauberer - alle suchen nach ihr."
Das konnte sich Cade vorstellen. „Hast du einen Namen?"
„Nicht von ihr, aber wir kennen ihren letzten bekannten Aufenthaltsort - nennt sich die Halle des Sohns von Gib. Ich weiß, das klingt mal wieder nach dem üblichen Wahrsagergewäsch, aber es ist ein Hinweis."
Cade lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Nein. Das konnte nicht sein. Die Halle des Sohns von Gib. Oder auch Gibson Hall - das Gebäude der mathematischen Fakultät auf dem Campus der Tulane University.
Holly war keine Walküre, aber diese Dämonen könnten sie am geweissagten Ort gesehen und sie für eine von ihnen gehalten haben. Sie verfügte über genau die richtigen zarten Gesichtszüge und den zierlichen Körperbau. Möglicherweise hatten sie gedacht, sie wäre das Gefäß.
Nur eine der hiesigen Dämonenfaktionen verfügte über die Mittel, noch vor Cade und Rydstrom den Aufenthaltsort des Gefäßes herauszufinden - der Orden von Demonaeus.
„Wir kümmern uns noch heute Nacht um die Walküren", sagte Rydstrom. „Ich bin in zwei Stunden wieder zu Hause. Wir treffen uns dann dort."
Zwei Stunden. Selbst wenn Cade versucht gewesen wäre, seinen Bruder bei den Demonaeus um Hilfe zu bitten, hätte er nicht die Zeit gehabt, um auf ihn zu warten. „Alles klar." Klick.
Die breiten Reifen des Trucks quietschten, als Cade quer über die drei Fahrspuren hinweg und über den Mittelstreifen schoss, um gleich darauf in die entgegengesetzte Richtung zurückzurasen.
Er wusste, wo der Orden von Demonaeus beheimatet war, da er bereits bei mehr als einer Gelegenheit mit ihresgleichen zusammengetroffen war. Cade hatte sogar ihren rituellen Altar gesehen. Wurde die süße, unglaublich unschuldige Holly vielleicht genau in diesem Augeblick darauf entkleidet?
Der Lenker verbog sich unter seinem Griff.
© 2010 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Kresley Cole
Nach einer Karriere als Athletin und Trainerin veröffentlichte Kresley Cole 2003 ihren ersten Roman und ist seither eine der erfolgreichsten Autorinnen historischer und fantastischer Liebesromane.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kresley Cole
- Altersempfehlung: Ab 16 Jahre
- 2010, 3. Aufl., 432 Seiten, Maße: 12,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Bettina Oder
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802583248
- ISBN-13: 9783802583247
- Erscheinungsdatum: 05.10.2010
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