Der Fluch der Assassinen / Die Schattenkämpferin Bd.3
Roman
Die Gilde der Assassinen droht die Herrschaft in der Aufgetauchten Welt an sich zu reißen. Einzig Dubhe, die mutige junge Schattenkämpferin, kann ihr Einhalt gebieten. Gemeinsam mit der Magierin Theana macht sie sich auf die gefahrvolle Reise...
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Produktinformationen zu „Der Fluch der Assassinen / Die Schattenkämpferin Bd.3 “
Die Gilde der Assassinen droht die Herrschaft in der Aufgetauchten Welt an sich zu reißen. Einzig Dubhe, die mutige junge Schattenkämpferin, kann ihr Einhalt gebieten. Gemeinsam mit der Magierin Theana macht sie sich auf die gefahrvolle Reise ins Feindesland. Doch schon bald werden sie von Soldaten überwältigt und geraten in die Fänge der blutrünstigen Gilde. Ein Kampf um Leben und Tod beginnt.
Klappentext zu „Der Fluch der Assassinen / Die Schattenkämpferin Bd.3 “
Das furiose Finale der BestsellersagaDie Gilde der Assassinen droht die Herrschaft in der Aufgetauchten Welt an sich zu reißen. Einzig Dubhe, die mutige junge Schattenkämpferin, kann ihr Einhalt gebieten. Gemeinsam mit der Magierin Theana macht sie sich auf die gefahrvolle Reise ins Feindesland. Doch schon bald werden sie von Soldaten überwältigt und geraten in die Fänge der blutrünstigen Gilde. Ein Kampf um Leben und Tod beginnt.
Lese-Probe zu „Der Fluch der Assassinen / Die Schattenkämpferin Bd.3 “
Die Schattenkämpferin - Der Fluch der Assassinen von Licia TroisiAUS DEM TAGEBUCH
DER ZAUBERIN THEANA
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Ich habe Angst. Gerade habe ich meine Sachen gepackt. Die Tasche liegt auf dem Bett, darin alle Bücher, die ich wahrscheinlich brauchen werde. Daneben Ampullen, Fläschchen und alles Notwendige für die Zauber. Die Stille dröhnt so laut, dass es mir in den Ohren wehtut.
Ich habe einen sonderbaren Entschluss gefasst, einen Entschluss, der nicht zu mir passt. Vielleicht ist es ein Fehler. Ich bin doch eine Schülerin des angesehenen Meisters Folwar, ich bin Theana, eine Hofmagierin. Wie komme ich dazu, mit einer Mörderin durch die Aufgetauchte Welt zu ziehen, und das mit dem Ziel, den König des Landes der Sonne zu töten?
Diese Schattenkämpferin ist klein und hat kurz geschnittenes kastanienbraunes Haar und dunkle Augen. Außergewöhnlich schön finde ich sie nicht. Ihr Name ist Dubhe.
Sie gehörte zu jener Sekte, die im Namen meines Gottes, im Namen Thenaars, den Mord verherrlicht und die Lehre verbreitet, dass Töten ein gottgefälliger Akt sei. Soweit ich weiß, hat die Gilde sie durch eine heimtückische List an sich gebunden und mit einem Fluch belegt. Dabei handelt es sich um ein Siegel, das die schlimmsten Seiten ihrer selbst zutage treten lässt und sie zu einer blutrünstigen Bestie macht. Man hatte ihr erklärt, nur in der Gilde könne sie davon geheilt werden, eine Lüge, mit der man sie zu einer gefügigen Mitstreiterin machte. In Wirklichkeit nämlich kann das Siegel nur von jenem Magier gebrochen werden, der es ihr auferlegt hat. Doch obgleich Dubhes Schicksal so entsetzlich ist, nehme ich keinerlei Anteil daran.
Auch wenn ich mich bemühe, ihre Lage und ihren Schmerz zu verstehen, will es mir nicht gelingen, auch nur einen Hauch von Mitleid mit ihr zu empfinden. Und ich habe noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen deswegen. Vielleicht bin ich ein niederträchtiger Mensch. Vielleicht bin ich im Grunde böse.
Aber die Wahrheit ist, dass ein Mann zwischen uns steht: Lonerin, der mit mir zusammen bei Meister Folwar die Magie erlernt hat und mir immer ein wenig voraus war. Kennengelernt hat er sie, als sie noch in den Katakomben der Gilde lebte und er vom Rat der Wasser dort als Späher eingeschleust wurde. Uns war nämlich zugetragen worden, dass Dohor, der König des Landes der Sonne, einen geheimen Pakt mit der Mördersekte geschlossen hatte. Ganz auf sich allein gestellt wäre es Dohor sicher unmöglich gewesen, fast alle Länder der Aufgetauchten Welt zu erobern.
Lonerin hatte sich freiwillig dafür gemeldet, die Gilde auszukundschaften. Weil er aus dem Land der Nacht stammt, wo der Bau der Sekte liegt, und er sich daher in der Gegend gut auskennt, war man im Rat schließlich bereit, ihn mit dieser Aufgabe zu betrauen. Um ins Herz der Gilde zu gelangen, gab er sich als Postulant aus, als einer jener bedauernswerten Menschen also, die sich zum Tempel der Assassinensekte aufmachen und dort ihr eigenes Leben Thenaar opfern, um damit das Leben eines anderen zu retten. Ich kenne Lonerin, meinen Lonerin, so gut, dass mir das Herz wehtut, wenn ich an den wahren Grund für seine Entscheidung denke. Neben ihm bin ich die Einzige im Rat, die die Wahrheit kennt. Er tat es wegen seiner Mutter. Als er noch ein kleiner Junge war, opferte sie sich für ihn im Tempel und erflehte von dem Schwarzen Gott, dass er Lonerin vom Roten Fieber heilen möge. Seit damals hat der Gedanke, einmal Rache zu nehmen, niemals sein Herz verlassen. Ich brauche ihm nur in die Augen zu schauen, um das zu erkennen.
Dort, im unterirdischen Bau der Gilde, sind sich Lonerin und Dubhe dann begegnet. Und sie schlossen einen Pakt: Sie würde für ihn ermitteln und er im Gegenzug nach einem Weg suchen, sie von dem Siegel zu befreien. Zusammen flohen sie, nachdem sie herausgefunden hatten, dass die Ketzer planen, Aster wiederauferstehen zu lassen, jenen Tyrannen, der vierzig Jahre zuvor fast die gesamte Aufgetauchte Welt unterjocht hatte. Für die Gilde ist er ein Messias, der Einzige, dem es gelingen könnte, jene von Blut und Gewalt beherrschte Welt zu errichten, die sich die Sekte erträumt. Zurzeit schwebt Asters Geist bereits in einer Art Vorhölle zwischen unserer Welt und dem Jenseits, in einer Kugel an einem geheimen Ort tief im Herzen der Gilde, während die Sekte emsig bemüht ist, einen geeigneten Körper zu finden, in den sich sein Geist verpflanzen lässt: einen Körper, in dem Halbelfenblut fließt, so wie in seinem. Und dafür kam nur einer auf der ganzen Welt infrage: Nihals und Sennars Sohn.
Es wühlt mich immer noch auf, wenn ich an die gemeinsame Flucht von Dubhe und Lonerin aus dem Tempel bis zu uns nach Laodamea denke, wie sie zusammen unterwegs waren, sich gegenseitig unterstützten und halfen in Todesgefahr. Damals hat alles begonnen. Als ich ihn hier dann wiedersah, hatte sich etwas verändert in seinem Blick. Bevor er aufgebrochen war, hatte er mich noch geküsst, doch plötzlich gab es für ihn nur noch Dubhe.
Wäre es dabei geblieben, hätte es mir sicher nicht so viel ausgemacht. Wäre diese Mörderin nach dieser Reise verschwunden, wäre sie in das Schattenreich zurückgekehrt, das sie ausgespuckt hatte, hätte ich vielleicht damit leben können. Doch leider kam alles anders.
Nachdem Lonerin dem Rat der Wasser alles berichtet hatte, was er herausfinden konnte, beschloss man, Sennar um Hilfe zu bitten, jenen Magier also, der zusammen mit Nihal bereits einmal den Tyrannen besiegt hatte. Nur dieser, so die Überzeugung des Rats, könne einen Weg finden, Aster in das Totenreich zurückzuschicken.
Auch für diese Mission meldete sich Lonerin sogleich wieder freiwillig. Es schmerzte mich fürchterlich, dass er erneut sein Leben aufs Spiel zu setzen plante. Die Sicherheit, mit der er seine Entscheidung vertrat, machte mir klar, dass sich zwischen uns eine tiefe Kluft aufgetan hatte. Für mich bedeutet Lonerin alles, während ich für ihn wohl die ganze Zeit nicht viel mehr als eine Mitschülerin war. Ein unbedarftes Mädchen, das sich nur in den Sälen des königlichen Palastes sicher zu bewegen weiß.
Schlimmer noch war dann aber zu erfahren, dass Dubhe ihn begleiten würde, um Sennar nach einem Mittel zu fragen, mit dem sich der Fluch von ihr nehmen ließ. Wie entsetzlich machtlos ich mich doch in diesem Moment fühlte! Ich war dabei, Lonerin für immer zu verlieren. Und das alles nur wegen dieser Dubhe.
Und während sich Ido aufmachte, Nihals und Sennars Sohn Tarik zu suchen, sah ich Lonerin erneut das große Tor durchschreiten, um vielleicht niemals wiederzukommen.
Ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, was sie mir voraushat, warum es ihn zu ihr zieht und es mir nicht gelungen ist, ihn hier bei mir zu halten. Aber vielleicht sind diese Fragen völlig sinnlos. Um mich hier nicht zu quälen, habe ich mich ebenfalls entschlossen, in die Welt zu ziehen.
Was zwischen den beiden auf ihrer Reise vorgefallen ist, weiß ich nicht genau. Sie haben die Unerforschten Lande durchquert, viele geheimnisvolle Orte gesehen und sich der Assassinen erwehren müssen, die ihnen die Gilde nachgesandt hatte. Vielleicht waren es auch nur diese Dinge, die sie teilten, oder vielleicht mache ich mir auch etwas vor, und in Wirklichkeit geschah noch sehr viel mehr zwischen ihnen. Doch egal wie, schon die Art, wie sie sich ansehen, wie sie sich berühren, die Vertrautheit zwischen ihnen, bringt mich aus der Fassung. Ich bin blauäugig, bin es immer gewesen. Innerhalb von zwei Monaten ist Dubhe das gelungen, was ich im Lauf von zwei Jahren nicht geschafft habe.
Der Rat der Wasser trat erneut zusammen. Ido brachte San, Nihals und Sennars Enkel, von seiner abenteuerlichen Reise mit. Auf ihn hatte es die Gilde nämlich eigentlich abgesehen. Ein außergewöhnlicher Junge, der über erstaunliche Kräfte verfügt. Dies spürte ich bereits, als ich ihn zum ersten Mal berührte, damals am Rand der Wüste, als ich den beiden zu Hilfe geeilt war und sie tatsächlich retten konnte. Der Gnom war durch das Schwert Learcos, Dohors Sohn, vergiftet worden, nachdem er San zuvor aus der Gewalt Shervas, eines Assassinen der Gilde, hatte befreien können. Der hatte die Eltern des Jungen getötet, ihn dann aus seiner Welt herausgerissen und entführt. Als ich den vergifteten Ido dort behandelte, wandte ich zum ersten Mal mein Können als Priesterin an. Es war eigenartig, endlich einmal das Gefühl zu haben, wirklich gebraucht zu werden. Gewiss, ich hatte Angst, und meine Hände zitterten, aber es war auch eine Genugtuung. Wer weiß, vielleicht hat damit alles begonnen ...
Jedenfalls hat Ido nun die Aufgabe übernommen, San an einen sicheren Ort zu bringen, während sich Lonerin mit Sennar auf den Weg machen wird, um den Talisman der Macht zu finden, das einzige magische Artefakt, dem nach den Worten des erfah - renen Magiers ausreichend starke Kräfte innewohnen, um Asters Geist ins Totenreich zurückzuzwingen. Es ist eben jener Talisman, mit dessen Macht Nihal einst den Tyrannen vernichten konnte.
Dieses Mal jedoch werde ich nicht untätig bleiben. Das ist meine Entscheidung, eine Entscheidung, die mich dermaßen mit Angst erfüllt, dass meine Hände und mein Herz zittern. Aber ich würde es nicht schaffen, noch einmal auf Lonerin zu warten. Ich muss selbst etwas tun.
So habe ich also beschlossen, Dubhe zu begleiten. Sennar hat ihr erklärt, was sie tun muss, um sich von dem Siegel zu befreien. Der Fluch war eigentlich nicht gegen sie gerichtet, sondern gegen Dohor, und war an gewisse Dokumente gebunden, die sie im Auftrag des Königs entwenden sollte. Dubhe muss nun zumindest eines dieser Dokumente wiederfinden, damit ein komplizierter magischer Ritus ausgeführt werden kann, den ich jedoch beherrsche. Und sie muss Dohor umbringen - nur dann kann sie frei sein.
Auch jeder andere Magier hätte sich dazu bereit erklären können, Lonerin etwa, aber nun tue ich es.
Warum, weiß ich selbst nicht so genau. Plötzlich kann ich mich nicht mehr an die genauen Gedankengänge erinnern, die mich dazu bewogen haben, Dubhe meine Hilfe zuzusagen.
Ich habe eigentlich kein Interesse daran, dass sie von dem Fluch befreit wird. Ihr Schicksal ist mir gleich. Im tiefsten Innern hasse ich sie vielleicht sogar.
Aber ich habe dieses Leben auch satt. Viele Jahre habe ich nun schon in diesem Palast zugebracht und meine magischen Künste niemals wirklich angewandt. Immer habe ich gewartet, habe zugeschaut, wie Lonerin sein Leben aufs Spiel setzte. Ich habe ihn geliebt und bewundert. Aber er hat mich abgewiesen. Nun ist es genug. Es ist Zeit, etwas zu verändern, etwas zu tun, was eigentlich nicht meinem Wesen entspricht, von dem ich aber spüre, dass ich es versuchen muss.
Ich werde mich Dubhe anschließen, werde ihr helfen, einen Menschen zu töten, werde meine Magie für etwas Unfassbares benutzen, für etwas, das mir zutiefst widerstrebt.
Hätte ich doch die Kraft, die Tränen zurückzuhalten. Ich möchte nicht mehr an Lonerin denken, an unsere Begegnung vorhin, wie er sich von mir verabschiedet hat, an die Worte, mit denen er mich bat, nicht loszuziehen, an den Kuss, den ich immer noch schmerzhaft auf der Stirn spüre. Er muss aus meinem Leben verschwinden, er darf für mich nicht mehr existieren. Es ist seine Schuld, dass ich in den vergangenen Jahren nichts zuwege gebracht habe, seine Schuld, dass ich mich nicht weiterentwickelt, keinen eigenen Weg gefunden habe. Ich werde ihn vergessen auf meiner Reise. Die volle Konzentration auf meine Aufgabe wird alles auslöschen, was ich einmal für ihn empfunden habe. Und dann werde auch ich endlich frei sein.
Morgen muss ich sehr früh aufstehen. Viele Meilen liegt er entfernt, der Königspalast in Makrat im Land der Sonne.
Übersetzung: Bruno Genzler
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Ich habe Angst. Gerade habe ich meine Sachen gepackt. Die Tasche liegt auf dem Bett, darin alle Bücher, die ich wahrscheinlich brauchen werde. Daneben Ampullen, Fläschchen und alles Notwendige für die Zauber. Die Stille dröhnt so laut, dass es mir in den Ohren wehtut.
Ich habe einen sonderbaren Entschluss gefasst, einen Entschluss, der nicht zu mir passt. Vielleicht ist es ein Fehler. Ich bin doch eine Schülerin des angesehenen Meisters Folwar, ich bin Theana, eine Hofmagierin. Wie komme ich dazu, mit einer Mörderin durch die Aufgetauchte Welt zu ziehen, und das mit dem Ziel, den König des Landes der Sonne zu töten?
Diese Schattenkämpferin ist klein und hat kurz geschnittenes kastanienbraunes Haar und dunkle Augen. Außergewöhnlich schön finde ich sie nicht. Ihr Name ist Dubhe.
Sie gehörte zu jener Sekte, die im Namen meines Gottes, im Namen Thenaars, den Mord verherrlicht und die Lehre verbreitet, dass Töten ein gottgefälliger Akt sei. Soweit ich weiß, hat die Gilde sie durch eine heimtückische List an sich gebunden und mit einem Fluch belegt. Dabei handelt es sich um ein Siegel, das die schlimmsten Seiten ihrer selbst zutage treten lässt und sie zu einer blutrünstigen Bestie macht. Man hatte ihr erklärt, nur in der Gilde könne sie davon geheilt werden, eine Lüge, mit der man sie zu einer gefügigen Mitstreiterin machte. In Wirklichkeit nämlich kann das Siegel nur von jenem Magier gebrochen werden, der es ihr auferlegt hat. Doch obgleich Dubhes Schicksal so entsetzlich ist, nehme ich keinerlei Anteil daran.
Auch wenn ich mich bemühe, ihre Lage und ihren Schmerz zu verstehen, will es mir nicht gelingen, auch nur einen Hauch von Mitleid mit ihr zu empfinden. Und ich habe noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen deswegen. Vielleicht bin ich ein niederträchtiger Mensch. Vielleicht bin ich im Grunde böse.
Aber die Wahrheit ist, dass ein Mann zwischen uns steht: Lonerin, der mit mir zusammen bei Meister Folwar die Magie erlernt hat und mir immer ein wenig voraus war. Kennengelernt hat er sie, als sie noch in den Katakomben der Gilde lebte und er vom Rat der Wasser dort als Späher eingeschleust wurde. Uns war nämlich zugetragen worden, dass Dohor, der König des Landes der Sonne, einen geheimen Pakt mit der Mördersekte geschlossen hatte. Ganz auf sich allein gestellt wäre es Dohor sicher unmöglich gewesen, fast alle Länder der Aufgetauchten Welt zu erobern.
Lonerin hatte sich freiwillig dafür gemeldet, die Gilde auszukundschaften. Weil er aus dem Land der Nacht stammt, wo der Bau der Sekte liegt, und er sich daher in der Gegend gut auskennt, war man im Rat schließlich bereit, ihn mit dieser Aufgabe zu betrauen. Um ins Herz der Gilde zu gelangen, gab er sich als Postulant aus, als einer jener bedauernswerten Menschen also, die sich zum Tempel der Assassinensekte aufmachen und dort ihr eigenes Leben Thenaar opfern, um damit das Leben eines anderen zu retten. Ich kenne Lonerin, meinen Lonerin, so gut, dass mir das Herz wehtut, wenn ich an den wahren Grund für seine Entscheidung denke. Neben ihm bin ich die Einzige im Rat, die die Wahrheit kennt. Er tat es wegen seiner Mutter. Als er noch ein kleiner Junge war, opferte sie sich für ihn im Tempel und erflehte von dem Schwarzen Gott, dass er Lonerin vom Roten Fieber heilen möge. Seit damals hat der Gedanke, einmal Rache zu nehmen, niemals sein Herz verlassen. Ich brauche ihm nur in die Augen zu schauen, um das zu erkennen.
Dort, im unterirdischen Bau der Gilde, sind sich Lonerin und Dubhe dann begegnet. Und sie schlossen einen Pakt: Sie würde für ihn ermitteln und er im Gegenzug nach einem Weg suchen, sie von dem Siegel zu befreien. Zusammen flohen sie, nachdem sie herausgefunden hatten, dass die Ketzer planen, Aster wiederauferstehen zu lassen, jenen Tyrannen, der vierzig Jahre zuvor fast die gesamte Aufgetauchte Welt unterjocht hatte. Für die Gilde ist er ein Messias, der Einzige, dem es gelingen könnte, jene von Blut und Gewalt beherrschte Welt zu errichten, die sich die Sekte erträumt. Zurzeit schwebt Asters Geist bereits in einer Art Vorhölle zwischen unserer Welt und dem Jenseits, in einer Kugel an einem geheimen Ort tief im Herzen der Gilde, während die Sekte emsig bemüht ist, einen geeigneten Körper zu finden, in den sich sein Geist verpflanzen lässt: einen Körper, in dem Halbelfenblut fließt, so wie in seinem. Und dafür kam nur einer auf der ganzen Welt infrage: Nihals und Sennars Sohn.
Es wühlt mich immer noch auf, wenn ich an die gemeinsame Flucht von Dubhe und Lonerin aus dem Tempel bis zu uns nach Laodamea denke, wie sie zusammen unterwegs waren, sich gegenseitig unterstützten und halfen in Todesgefahr. Damals hat alles begonnen. Als ich ihn hier dann wiedersah, hatte sich etwas verändert in seinem Blick. Bevor er aufgebrochen war, hatte er mich noch geküsst, doch plötzlich gab es für ihn nur noch Dubhe.
Wäre es dabei geblieben, hätte es mir sicher nicht so viel ausgemacht. Wäre diese Mörderin nach dieser Reise verschwunden, wäre sie in das Schattenreich zurückgekehrt, das sie ausgespuckt hatte, hätte ich vielleicht damit leben können. Doch leider kam alles anders.
Nachdem Lonerin dem Rat der Wasser alles berichtet hatte, was er herausfinden konnte, beschloss man, Sennar um Hilfe zu bitten, jenen Magier also, der zusammen mit Nihal bereits einmal den Tyrannen besiegt hatte. Nur dieser, so die Überzeugung des Rats, könne einen Weg finden, Aster in das Totenreich zurückzuschicken.
Auch für diese Mission meldete sich Lonerin sogleich wieder freiwillig. Es schmerzte mich fürchterlich, dass er erneut sein Leben aufs Spiel zu setzen plante. Die Sicherheit, mit der er seine Entscheidung vertrat, machte mir klar, dass sich zwischen uns eine tiefe Kluft aufgetan hatte. Für mich bedeutet Lonerin alles, während ich für ihn wohl die ganze Zeit nicht viel mehr als eine Mitschülerin war. Ein unbedarftes Mädchen, das sich nur in den Sälen des königlichen Palastes sicher zu bewegen weiß.
Schlimmer noch war dann aber zu erfahren, dass Dubhe ihn begleiten würde, um Sennar nach einem Mittel zu fragen, mit dem sich der Fluch von ihr nehmen ließ. Wie entsetzlich machtlos ich mich doch in diesem Moment fühlte! Ich war dabei, Lonerin für immer zu verlieren. Und das alles nur wegen dieser Dubhe.
Und während sich Ido aufmachte, Nihals und Sennars Sohn Tarik zu suchen, sah ich Lonerin erneut das große Tor durchschreiten, um vielleicht niemals wiederzukommen.
Ich verstehe das nicht. Ich verstehe nicht, was sie mir voraushat, warum es ihn zu ihr zieht und es mir nicht gelungen ist, ihn hier bei mir zu halten. Aber vielleicht sind diese Fragen völlig sinnlos. Um mich hier nicht zu quälen, habe ich mich ebenfalls entschlossen, in die Welt zu ziehen.
Was zwischen den beiden auf ihrer Reise vorgefallen ist, weiß ich nicht genau. Sie haben die Unerforschten Lande durchquert, viele geheimnisvolle Orte gesehen und sich der Assassinen erwehren müssen, die ihnen die Gilde nachgesandt hatte. Vielleicht waren es auch nur diese Dinge, die sie teilten, oder vielleicht mache ich mir auch etwas vor, und in Wirklichkeit geschah noch sehr viel mehr zwischen ihnen. Doch egal wie, schon die Art, wie sie sich ansehen, wie sie sich berühren, die Vertrautheit zwischen ihnen, bringt mich aus der Fassung. Ich bin blauäugig, bin es immer gewesen. Innerhalb von zwei Monaten ist Dubhe das gelungen, was ich im Lauf von zwei Jahren nicht geschafft habe.
Der Rat der Wasser trat erneut zusammen. Ido brachte San, Nihals und Sennars Enkel, von seiner abenteuerlichen Reise mit. Auf ihn hatte es die Gilde nämlich eigentlich abgesehen. Ein außergewöhnlicher Junge, der über erstaunliche Kräfte verfügt. Dies spürte ich bereits, als ich ihn zum ersten Mal berührte, damals am Rand der Wüste, als ich den beiden zu Hilfe geeilt war und sie tatsächlich retten konnte. Der Gnom war durch das Schwert Learcos, Dohors Sohn, vergiftet worden, nachdem er San zuvor aus der Gewalt Shervas, eines Assassinen der Gilde, hatte befreien können. Der hatte die Eltern des Jungen getötet, ihn dann aus seiner Welt herausgerissen und entführt. Als ich den vergifteten Ido dort behandelte, wandte ich zum ersten Mal mein Können als Priesterin an. Es war eigenartig, endlich einmal das Gefühl zu haben, wirklich gebraucht zu werden. Gewiss, ich hatte Angst, und meine Hände zitterten, aber es war auch eine Genugtuung. Wer weiß, vielleicht hat damit alles begonnen ...
Jedenfalls hat Ido nun die Aufgabe übernommen, San an einen sicheren Ort zu bringen, während sich Lonerin mit Sennar auf den Weg machen wird, um den Talisman der Macht zu finden, das einzige magische Artefakt, dem nach den Worten des erfah - renen Magiers ausreichend starke Kräfte innewohnen, um Asters Geist ins Totenreich zurückzuzwingen. Es ist eben jener Talisman, mit dessen Macht Nihal einst den Tyrannen vernichten konnte.
Dieses Mal jedoch werde ich nicht untätig bleiben. Das ist meine Entscheidung, eine Entscheidung, die mich dermaßen mit Angst erfüllt, dass meine Hände und mein Herz zittern. Aber ich würde es nicht schaffen, noch einmal auf Lonerin zu warten. Ich muss selbst etwas tun.
So habe ich also beschlossen, Dubhe zu begleiten. Sennar hat ihr erklärt, was sie tun muss, um sich von dem Siegel zu befreien. Der Fluch war eigentlich nicht gegen sie gerichtet, sondern gegen Dohor, und war an gewisse Dokumente gebunden, die sie im Auftrag des Königs entwenden sollte. Dubhe muss nun zumindest eines dieser Dokumente wiederfinden, damit ein komplizierter magischer Ritus ausgeführt werden kann, den ich jedoch beherrsche. Und sie muss Dohor umbringen - nur dann kann sie frei sein.
Auch jeder andere Magier hätte sich dazu bereit erklären können, Lonerin etwa, aber nun tue ich es.
Warum, weiß ich selbst nicht so genau. Plötzlich kann ich mich nicht mehr an die genauen Gedankengänge erinnern, die mich dazu bewogen haben, Dubhe meine Hilfe zuzusagen.
Ich habe eigentlich kein Interesse daran, dass sie von dem Fluch befreit wird. Ihr Schicksal ist mir gleich. Im tiefsten Innern hasse ich sie vielleicht sogar.
Aber ich habe dieses Leben auch satt. Viele Jahre habe ich nun schon in diesem Palast zugebracht und meine magischen Künste niemals wirklich angewandt. Immer habe ich gewartet, habe zugeschaut, wie Lonerin sein Leben aufs Spiel setzte. Ich habe ihn geliebt und bewundert. Aber er hat mich abgewiesen. Nun ist es genug. Es ist Zeit, etwas zu verändern, etwas zu tun, was eigentlich nicht meinem Wesen entspricht, von dem ich aber spüre, dass ich es versuchen muss.
Ich werde mich Dubhe anschließen, werde ihr helfen, einen Menschen zu töten, werde meine Magie für etwas Unfassbares benutzen, für etwas, das mir zutiefst widerstrebt.
Hätte ich doch die Kraft, die Tränen zurückzuhalten. Ich möchte nicht mehr an Lonerin denken, an unsere Begegnung vorhin, wie er sich von mir verabschiedet hat, an die Worte, mit denen er mich bat, nicht loszuziehen, an den Kuss, den ich immer noch schmerzhaft auf der Stirn spüre. Er muss aus meinem Leben verschwinden, er darf für mich nicht mehr existieren. Es ist seine Schuld, dass ich in den vergangenen Jahren nichts zuwege gebracht habe, seine Schuld, dass ich mich nicht weiterentwickelt, keinen eigenen Weg gefunden habe. Ich werde ihn vergessen auf meiner Reise. Die volle Konzentration auf meine Aufgabe wird alles auslöschen, was ich einmal für ihn empfunden habe. Und dann werde auch ich endlich frei sein.
Morgen muss ich sehr früh aufstehen. Viele Meilen liegt er entfernt, der Königspalast in Makrat im Land der Sonne.
Übersetzung: Bruno Genzler
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Licia Troisi
Licia Troisi, 1980 in Rom geboren, ist Astrophysikerin und arbeitet bei der italienischen Raumfahrtagentur in Frascati. An der "Drachenkämpferin"-Saga arbeitete sie knapp zwei Jahre, bevor sie das Manuskript einem der größten italienischen Verlage vorlegte. Mittlerweile sind mehrere Hunderttausend Exemplare verkauft.
Bibliographische Angaben
- Autor: Licia Troisi
- 2011, Erstmals im TB, 541 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Genzler, Bruno
- Übersetzer: Bruno Genzler
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453533623
- ISBN-13: 9783453533622
- Erscheinungsdatum: 04.12.2010
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