Tory Brennan Trilogie Band 1: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
Der Zufall will es, dass Tory, die Nichte der berühmten Forensikerin Tempe Brennan, bei einem Inselurlaub auf die Knochen eines vor 30 Jahren verschwundenen Mädchens stößt. Die Spur des ungelösten Todesfalles reicht bis in die...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Tory Brennan Trilogie Band 1: VIRALS - Tote können nicht mehr reden “
Der Zufall will es, dass Tory, die Nichte der berühmten Forensikerin Tempe Brennan, bei einem Inselurlaub auf die Knochen eines vor 30 Jahren verschwundenen Mädchens stößt. Die Spur des ungelösten Todesfalles reicht bis in die Gegenwart - zu einem Labor, in dem mit einem gefährlichen Virus experimentiert wird.
Klappentext zu „Tory Brennan Trilogie Band 1: VIRALS - Tote können nicht mehr reden “
Tory Brennan ermitteltDie vierzehnjährige Tory Brennan ist die Nichte der berühmten forensischen Anthropologin Tempe Brennan. Mit ihr teilt sie zwei Dinge: den Instinkt für Verbrechen und den unbedingten Willen, diese aufzuklären ...
Auf einer einsamen Insel findet Tory die vergrabenen Knochen eines vor etwa 30 Jahren verstorbenen jungen Mädchens. Torys Versuch, gemeinsam mit ihren Freunden die Identität des Mädchens zu lüften, erweist sich als gefährlicher als erwartet: Bei der Toten handelt es sich um die damals sechzehnjährige Katherine Heaton, deren Verschwinden nie aufgeklärt wurde. Die Spuren des Verbrechens reichen bis in die Gegenwart, bis in ein Labor, in dem wissenschaftliche Experimente mit dem gefährlichen Parvovirus vorgenommen werden. Tory und ihre Freunde infizieren sich mit dem Virus und erlangen dadurch eine erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit, die ihnen bei ihren Recherchen zugute kommt. Denn der Mörder von Katherine Heaton tut alles dafür, dass das Verbrechen nicht ans Tageslicht gebracht wird...
"Virals garantiert Hochspannung." -- Mädchen
"Wie bei Reichs nicht anders zu erwarten, kommt der Leser nicht mehr aus der Aufregung heraus und legt das Buch auch bis zur letzten Seite nicht mehr weg." -- Münchner Merkur
"Freuen wir uns schon auf weitere Erlebnisse von Tory Brennan und ihren Freunden!" -- Hallo-Buch.de
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Lese-Probe zu „Tory Brennan Trilogie Band 1: VIRALS - Tote können nicht mehr reden “
Virals - Tote können nicht mehr reden von Kathy ReichsEin Gewehrschuss ist das lauteste Geräusch des Universums. Vor allem, wenn die Kugel dir entgegenfl iegt. Peng! Peng! Kugeln rissen das Blätterdach des Waldes auf. Über mir flüchteten kreischend die Affen. Ich rannte davon. Blindlings, mit trommelnden Füßen, jagte ich durch das Gestrüpp. Kopflos. Panisch. Du musst den Pfad finden! Schemenhafte Gebilde schossen aus dem Dunkel auf mich zu. Bäume. Büsche. Aufgeschreckte Kreaturen. Bewaffnete Killer? Ich wusste es nicht. Mein Herz hämmerte, ich hetzte weiter. Ins Nirgendwo. Eine Wurzel riss mich zu Boden. Der Schmerz explodierte in meinem Bein. Steh auf! Steh auf! Steh auf! Ein großer schwarzer Schatten huschte durch das Dunkel. Ich erstarrte.
»Ben?!?« Keine Antwort. Absolute Stille. Warten heißt Tod. Beweg dich! Ich rappelte mich auf und stürzte in die Nacht. War Hi vor mir? Shelton war nach links gelaufen, hinein ins Laubwerk. Bitte lass es Ben sein, der an mir vorbeigelaufen ist. Wir hatten keinen Plan gehabt. Warum auch? Niemand wusste, dass wir hier waren oder was wir taten. Verdammt, wer schießt denn da auf mich? Ich schnappte nach Luft, ausgepumpt. Später, nach der Veränderung, hätte ich ewig laufen können. Schnell. Unermüdlich. Mein geschärftes Sehvermögen hätte die nächtlichen Schatten durchdrungen. Kein Keuchen, keine Orientierungslosigkeit im Dunkeln. Gegen unsere entfesselten Kräfte hätten diese Banditen - wer auch immer sie waren - keine Chance gehabt. Mein Rudel hätte ihnen aufgelauert wie kleinen Kätzchen. Hätte sie instinktiv aufgespürt - und in Stücke gerissen. Aber nicht in dieser Nacht. Ich war in Schwierigkeiten. Hatte eine höllische Angst. Also rannte ich, was ich konnte. Zweige peitschten gegen meine Glieder und rissen mir die Haut auf. Endlich erreichte ich
... mehr
eine offene Fläche. Der Strand! Jetzt war es nicht mehr weit.
»Tory! Hier!« Shelton. Gott sei Dank. Im Sternenlicht konnte ich gerade so das Boot ausmachen. Ich schwang mich über die Reling, ließ mich auf das Deck fallen, drehte mich um und suchte mit den Augen die Küstenlinie ab. Nichts Verdächtiges zu sehen. Für den Augenblick.
»Hi? Ben? Wo seid ihr?«, flüsterte ich außer Atem, schweißnass. Ich war mit meinen Kräften definitiv am Ende.
»Hier bin ich.« Ben tauchte aus dem Dunkel auf. Ein schneller Sprung und er war im Boot. Mit dem Schlüssel in der Hand glitt er hinter das Lenkrad und hielt inne. Wagte nicht, den Motor anzulassen. Wagte nicht, es bleiben zu lassen. Hi war immer noch da draußen. Wir setzten uns hin, angespannt, warteten. Mein Mut sickerte förmlich aus mir heraus. Komm schon, Hi. Bitte, oh bitte, bitte, bitte ...
TEIL 1 - Inseln
Alles begann mit einer Erkennungsmarke. Oder einem Affen mit einer Erkennungsmarke. Wie ihr wollt. Ich hätte mir gleich denken können, dass die uns in Schwierigkeiten bringen würde. Hätte es spüren müssen. Doch meine Wahrnehmungsfähigkeit war damals nicht so gut entwickelt. Noch nicht. Aber der Reihe nach. Es war ein typischer Samstagmorgen bei mir zu Hause, abgesehen davon, dass an meinem Zuhause überhaupt nichts typisch ist. Es ist einzigartig - sogar ziemlich merkwürdig. Also genau der richtige Platz für mich. Da, wo ich wohne, gibt es viele interessante Dinge, vorausgesetzt ihr seid genauso gern in der freien Natur wie ich. Ach, ihr seid keine Naturliebhaber? Dann werdet ihr die Gegend vielleicht ein bisschen ... abgelegen finden. Ich lebe nämlich auf einer verlassenen Insel. Einer schönen einsamen Insel, wollte ich sagen.
Morris Island. Meine Heimat fern jeder anderen Heimat. Endstation. Ein Ort im Nirgendwo. Der Hinterhof von Charleston. Eigentlich gar nicht so übel, wenn man nicht dazu neigt, sich einsam zu fühlen. Was ich tue. Aber was soll's. Ich kann zumindest meine Beinfreiheit genießen. Morris ist nicht so eindrucksvoll wie andere Inseln. Vier Meilen im Quadrat, das ist alles. Die nördliche Hälfte besteht aus einer unspektakulären, sanft geschwungenen Kette sandiger Hügel. In der Mitte werden die Sandhügel zehn bis zwölf Meter hoch und erstrecken sich weiter in Richtung Süden, wo die Insel sich weitet. Der westliche Teil besteht aus ödem Marschland, das von flachen, den Gezeiten unterworfenen Buchten gesäumt wird. Und im Osten: der unermessliche Atlantik. Dünen, Sümpfe, Strände. Und Stille. Unbegrenzte Stille. Auf unserem kleinen Eiland gibt es zwei von Menschenhand geschaffene Dinge. Das eine ist unsere Wohnanlage, das andere eine Straße. Die Straße. Unsere einzige Verbindung zur Welt da draußen. Es handelt sich um eine einspurige, nicht markierte schmale Asphaltpiste, die sich südwärts durch Marschland und Dünen hindurchschlängelt, ehe sie Morris verlässt und an Lighthouse Creek vorbei nach Rat Island führt. Irgendwann trifft sie dann bei Folly Beach auf den Highway, der sich an Goat Island vorbei in Richtung Stadt zieht. Rat. Goat. Folly. Wer sich über die Namen wundert, sollte mal bei der Charleston Historical Society nachfragen, wer sich diese hübschen Bezeichnungen ausgedacht hat. Und es gibt noch viel mehr davon. Das alles war neu für mich. Bis letztes Jahr bin ich noch nie südlich von Pennsylvania gewesen. Dann brach ich in das Leben meines Dads ein. Was meinen »Mitbewohner« angeht ... Christopher »Kit« Howard ist mein Vater. Das wissen wir beide jetzt seit genau sechs Monaten. Damals bin ich nach South Carolina gezogen, um mit ihm zusammenzuleben. Nach dem, was mit meiner Mom passiert war, blieb mir keine andere Wahl. Nach dem Unfall. Ich weiß nicht genau, warum, aber Mom hat Kit nie von mir erzählt. Er hatte keine Ahnung, dass er Vater ist, und das schon seit vierzehn Jahren. Über diesen Schock ist er immer noch nicht hinweggekommen. Manchmal sehe ich es seinem Gesicht an. Wenn er nach einem kurzen Schläfchen erwacht oder nach vielen Arbeitsstunden endlich wieder frische Luft schnappt, zuckt er regelrecht zusammen, wenn er mich sieht. Das ist meine Tochter, denkt er dann. Ich habe eine 14-jährige Tochter, die bei mir wohnt. Ich bin ihr Vater. Ich bin nicht weniger geschockt, Paps, aber ich arbeite daran. Wie soll ich meinen frisch entdeckten Vater beschreiben? Kit ist einunddreißig, Meeresbiologe und Forscher am Institut von Loggerhead. Ein Workaholic. Als Erzieher ist er ziemlich hilflos. Vielleicht ist alles noch zu neu für ihn - ihr wisst schon, das Erstaunen darüber, plötzlich mit einem eigenen Teenager konfrontiert zu werden. Oder ich erinnere ihn an seine eigene wilde Jugend. Jedenfalls hat er keine Ahnung, wie er mit mir umgehen soll. An einem Tag behandelt er mich wie einen seiner Kumpel, am nächsten wie ein kleines Kind. Um ehrlich zu sein, trage auch ich einen Teil der Verantwortung dafür, dass alles nicht ganz einfach ist. Ich bin keine Heilige. Und die Entdeckung, einen Vater zu haben, hat mich total aus der Bahn geworfen. Hier sind wir also. Gemeinsam. Am Ende der Welt. An jenem Tag war ich gerade dabei, Seemuscheln zu klassifizieren. Langweilig? Vielleicht. Aber ich bin eine begeisterte Wissenschaftlerin. Ich liebe es, Dingen auf den Grund zu gehen, Antworten zu finden.
Mom hat schon immer Witze darüber gemacht, wie schwierig es sei, ein Kind großzuziehen, das schlauer ist als die meisten Hochschuldozenten. Mein Motto: Ich bin, wie ich bin. Berge von Muscheln bedeckten den Küchentisch. Sundial- Muscheln, Haiaugen, Truthahnfl ügel. Frisch gereinigt und poliert schimmerten sie im frühen Morgenlicht. Ich fischte eine neue Art aus dem Eimer zu meinen Füßen und achtete darauf, dass nichts von dem Bleichwasser auf meine Kleider tropfte. Unverkennbar eine Scotch Bonnet: weiß, eiförmig, die geriffelte Oberfl äche von einem gleichmäßigen Muster rotbrauner Flecken überzogen. Zufrieden mit meinem seltenen Fund, legte ich die Muschel zum Trocknen beiseite. Das nächste Objekt war mir ein Rätsel. Herzmuschel oder Arche- Noah-Muschel? Beide Arten sind an der Küste von South Carolina weit verbreitet. Obwohl die Muschel fast zwei Stunden im Bleichwasser gelegen hatte, war ihr Äußeres immer noch von hartnäckigen Ablagerungen übersät. Seepocken und verkrusteter Schlick verdeckten jedes Detail. Großartig. Endlich hatte ich eine Gelegenheit, mein elektrisches Werkzeug zu benutzen. Ein Geschenk meiner Großtante Tempe. Vielleicht habt ihr schon mal von ihr gehört. Ich war total von den Socken, als ich es herausgefunden habe. Ich bin mit Dr. Temperance Brennan verwandt, der weltbekannten forensischen Anthropologin. Sie war schon immer mein Idol. Als Kit es mir erzählt hat, wollte ich es zuerst nicht glauben, aber an der Sache gibt es nichts zu rütteln. Tempes Schwester, Harry, ist meine Großmutter. Wir haben also eine echte Berühmtheit in unserer Familie. Eine renommierte Wissenschaftlerin. Wer hätte das gedacht.
Okay, ich war meiner Tante Tempe erst ein Mal begegnet. Aber das war nicht ihre Schuld. Schließlich wusste auch sie erst seit sechs Monaten von meiner Existenz, so wie Kit. Tante Tempe hat einen echt spannenden Job. Sie identifiziert Leichen. Kein Witz. Egal ob ein toter Körper verbrannt, verfault oder mumifiziert ist. Von Maden zerfressen oder nur noch ein Skelett. Tante Tempe stellt fest, wer das ist. War. Dann versucht sie gemeinsam mit der Polizei herauszufinden, was mit ihr oder ihm passiert ist. Cooler Job, wenn man einen robusten Magen hat. Hab ich. Das Wissen um die Verwandtschaft mit meiner Tante hat mir geholfen, mich selbst zu verstehen. Warum ich auf jede Frage eine Antwort finden muss. Warum ich mich lieber mit fossilen Raubvögeln oder der globalen Erderwärmung beschäftige, als shoppen zu gehen. Ich kann nichts dafür. Das liegt an meiner DNA. Tante Tempe hat sich darauf spezialisiert, Knochen zu analysieren und aus ihrem Zustand spezifische Schlussfolgerungen zu ziehen. Warum sollte ich also meine Begabung nicht dazu nutzen, die Schale von Weichtieren zu reinigen? Denn Muscheln sind im Grunde nichts anderes als Knochen.
1. Auflage 2011
© 2010 by Kathy Reichs
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Virals« bei Razorbill,
an imprint of Penguin Group, New York
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Aus dem Amerikanischen von Knut Krüger
ISBN 978-3-570-15288-1
»Tory! Hier!« Shelton. Gott sei Dank. Im Sternenlicht konnte ich gerade so das Boot ausmachen. Ich schwang mich über die Reling, ließ mich auf das Deck fallen, drehte mich um und suchte mit den Augen die Küstenlinie ab. Nichts Verdächtiges zu sehen. Für den Augenblick.
»Hi? Ben? Wo seid ihr?«, flüsterte ich außer Atem, schweißnass. Ich war mit meinen Kräften definitiv am Ende.
»Hier bin ich.« Ben tauchte aus dem Dunkel auf. Ein schneller Sprung und er war im Boot. Mit dem Schlüssel in der Hand glitt er hinter das Lenkrad und hielt inne. Wagte nicht, den Motor anzulassen. Wagte nicht, es bleiben zu lassen. Hi war immer noch da draußen. Wir setzten uns hin, angespannt, warteten. Mein Mut sickerte förmlich aus mir heraus. Komm schon, Hi. Bitte, oh bitte, bitte, bitte ...
TEIL 1 - Inseln
Alles begann mit einer Erkennungsmarke. Oder einem Affen mit einer Erkennungsmarke. Wie ihr wollt. Ich hätte mir gleich denken können, dass die uns in Schwierigkeiten bringen würde. Hätte es spüren müssen. Doch meine Wahrnehmungsfähigkeit war damals nicht so gut entwickelt. Noch nicht. Aber der Reihe nach. Es war ein typischer Samstagmorgen bei mir zu Hause, abgesehen davon, dass an meinem Zuhause überhaupt nichts typisch ist. Es ist einzigartig - sogar ziemlich merkwürdig. Also genau der richtige Platz für mich. Da, wo ich wohne, gibt es viele interessante Dinge, vorausgesetzt ihr seid genauso gern in der freien Natur wie ich. Ach, ihr seid keine Naturliebhaber? Dann werdet ihr die Gegend vielleicht ein bisschen ... abgelegen finden. Ich lebe nämlich auf einer verlassenen Insel. Einer schönen einsamen Insel, wollte ich sagen.
Morris Island. Meine Heimat fern jeder anderen Heimat. Endstation. Ein Ort im Nirgendwo. Der Hinterhof von Charleston. Eigentlich gar nicht so übel, wenn man nicht dazu neigt, sich einsam zu fühlen. Was ich tue. Aber was soll's. Ich kann zumindest meine Beinfreiheit genießen. Morris ist nicht so eindrucksvoll wie andere Inseln. Vier Meilen im Quadrat, das ist alles. Die nördliche Hälfte besteht aus einer unspektakulären, sanft geschwungenen Kette sandiger Hügel. In der Mitte werden die Sandhügel zehn bis zwölf Meter hoch und erstrecken sich weiter in Richtung Süden, wo die Insel sich weitet. Der westliche Teil besteht aus ödem Marschland, das von flachen, den Gezeiten unterworfenen Buchten gesäumt wird. Und im Osten: der unermessliche Atlantik. Dünen, Sümpfe, Strände. Und Stille. Unbegrenzte Stille. Auf unserem kleinen Eiland gibt es zwei von Menschenhand geschaffene Dinge. Das eine ist unsere Wohnanlage, das andere eine Straße. Die Straße. Unsere einzige Verbindung zur Welt da draußen. Es handelt sich um eine einspurige, nicht markierte schmale Asphaltpiste, die sich südwärts durch Marschland und Dünen hindurchschlängelt, ehe sie Morris verlässt und an Lighthouse Creek vorbei nach Rat Island führt. Irgendwann trifft sie dann bei Folly Beach auf den Highway, der sich an Goat Island vorbei in Richtung Stadt zieht. Rat. Goat. Folly. Wer sich über die Namen wundert, sollte mal bei der Charleston Historical Society nachfragen, wer sich diese hübschen Bezeichnungen ausgedacht hat. Und es gibt noch viel mehr davon. Das alles war neu für mich. Bis letztes Jahr bin ich noch nie südlich von Pennsylvania gewesen. Dann brach ich in das Leben meines Dads ein. Was meinen »Mitbewohner« angeht ... Christopher »Kit« Howard ist mein Vater. Das wissen wir beide jetzt seit genau sechs Monaten. Damals bin ich nach South Carolina gezogen, um mit ihm zusammenzuleben. Nach dem, was mit meiner Mom passiert war, blieb mir keine andere Wahl. Nach dem Unfall. Ich weiß nicht genau, warum, aber Mom hat Kit nie von mir erzählt. Er hatte keine Ahnung, dass er Vater ist, und das schon seit vierzehn Jahren. Über diesen Schock ist er immer noch nicht hinweggekommen. Manchmal sehe ich es seinem Gesicht an. Wenn er nach einem kurzen Schläfchen erwacht oder nach vielen Arbeitsstunden endlich wieder frische Luft schnappt, zuckt er regelrecht zusammen, wenn er mich sieht. Das ist meine Tochter, denkt er dann. Ich habe eine 14-jährige Tochter, die bei mir wohnt. Ich bin ihr Vater. Ich bin nicht weniger geschockt, Paps, aber ich arbeite daran. Wie soll ich meinen frisch entdeckten Vater beschreiben? Kit ist einunddreißig, Meeresbiologe und Forscher am Institut von Loggerhead. Ein Workaholic. Als Erzieher ist er ziemlich hilflos. Vielleicht ist alles noch zu neu für ihn - ihr wisst schon, das Erstaunen darüber, plötzlich mit einem eigenen Teenager konfrontiert zu werden. Oder ich erinnere ihn an seine eigene wilde Jugend. Jedenfalls hat er keine Ahnung, wie er mit mir umgehen soll. An einem Tag behandelt er mich wie einen seiner Kumpel, am nächsten wie ein kleines Kind. Um ehrlich zu sein, trage auch ich einen Teil der Verantwortung dafür, dass alles nicht ganz einfach ist. Ich bin keine Heilige. Und die Entdeckung, einen Vater zu haben, hat mich total aus der Bahn geworfen. Hier sind wir also. Gemeinsam. Am Ende der Welt. An jenem Tag war ich gerade dabei, Seemuscheln zu klassifizieren. Langweilig? Vielleicht. Aber ich bin eine begeisterte Wissenschaftlerin. Ich liebe es, Dingen auf den Grund zu gehen, Antworten zu finden.
Mom hat schon immer Witze darüber gemacht, wie schwierig es sei, ein Kind großzuziehen, das schlauer ist als die meisten Hochschuldozenten. Mein Motto: Ich bin, wie ich bin. Berge von Muscheln bedeckten den Küchentisch. Sundial- Muscheln, Haiaugen, Truthahnfl ügel. Frisch gereinigt und poliert schimmerten sie im frühen Morgenlicht. Ich fischte eine neue Art aus dem Eimer zu meinen Füßen und achtete darauf, dass nichts von dem Bleichwasser auf meine Kleider tropfte. Unverkennbar eine Scotch Bonnet: weiß, eiförmig, die geriffelte Oberfl äche von einem gleichmäßigen Muster rotbrauner Flecken überzogen. Zufrieden mit meinem seltenen Fund, legte ich die Muschel zum Trocknen beiseite. Das nächste Objekt war mir ein Rätsel. Herzmuschel oder Arche- Noah-Muschel? Beide Arten sind an der Küste von South Carolina weit verbreitet. Obwohl die Muschel fast zwei Stunden im Bleichwasser gelegen hatte, war ihr Äußeres immer noch von hartnäckigen Ablagerungen übersät. Seepocken und verkrusteter Schlick verdeckten jedes Detail. Großartig. Endlich hatte ich eine Gelegenheit, mein elektrisches Werkzeug zu benutzen. Ein Geschenk meiner Großtante Tempe. Vielleicht habt ihr schon mal von ihr gehört. Ich war total von den Socken, als ich es herausgefunden habe. Ich bin mit Dr. Temperance Brennan verwandt, der weltbekannten forensischen Anthropologin. Sie war schon immer mein Idol. Als Kit es mir erzählt hat, wollte ich es zuerst nicht glauben, aber an der Sache gibt es nichts zu rütteln. Tempes Schwester, Harry, ist meine Großmutter. Wir haben also eine echte Berühmtheit in unserer Familie. Eine renommierte Wissenschaftlerin. Wer hätte das gedacht.
Okay, ich war meiner Tante Tempe erst ein Mal begegnet. Aber das war nicht ihre Schuld. Schließlich wusste auch sie erst seit sechs Monaten von meiner Existenz, so wie Kit. Tante Tempe hat einen echt spannenden Job. Sie identifiziert Leichen. Kein Witz. Egal ob ein toter Körper verbrannt, verfault oder mumifiziert ist. Von Maden zerfressen oder nur noch ein Skelett. Tante Tempe stellt fest, wer das ist. War. Dann versucht sie gemeinsam mit der Polizei herauszufinden, was mit ihr oder ihm passiert ist. Cooler Job, wenn man einen robusten Magen hat. Hab ich. Das Wissen um die Verwandtschaft mit meiner Tante hat mir geholfen, mich selbst zu verstehen. Warum ich auf jede Frage eine Antwort finden muss. Warum ich mich lieber mit fossilen Raubvögeln oder der globalen Erderwärmung beschäftige, als shoppen zu gehen. Ich kann nichts dafür. Das liegt an meiner DNA. Tante Tempe hat sich darauf spezialisiert, Knochen zu analysieren und aus ihrem Zustand spezifische Schlussfolgerungen zu ziehen. Warum sollte ich also meine Begabung nicht dazu nutzen, die Schale von Weichtieren zu reinigen? Denn Muscheln sind im Grunde nichts anderes als Knochen.
1. Auflage 2011
© 2010 by Kathy Reichs
Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Virals« bei Razorbill,
an imprint of Penguin Group, New York
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Aus dem Amerikanischen von Knut Krüger
ISBN 978-3-570-15288-1
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Autoren-Porträt von Kathy Reichs
Kathy Reichs, geb. in Chicago, lebt in Charlotte und Montreal. Sie ist Professorin für Soziologie und Anthropologie und unter anderem als forensische Anthropologin für gerichtsmedizinische Institute in Quebec und North Carolina tätig. Ihre Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.Knut Krüger, geb. 1966, arbeitete nach seinem Germanistik-Studium im Buchhandel und Verlagswesen. Er ist heute freier Autor, Lektor und Übersetzer für englische und skandinavische Literatur. Lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kathy Reichs
- Altersempfehlung: 13 - 16 Jahre
- 2011, 477 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Krüger, Knut
- Übersetzer: Knut Krüger
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 357015288X
- ISBN-13: 9783570152881
Rezension zu „Tory Brennan Trilogie Band 1: VIRALS - Tote können nicht mehr reden “
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