Das 8. Geständnis / Der Club der Ermittlerinnen Bd.8
Thriller
Eine psychopathische Schlangenmörderin treibt ihr Unwesen und hinterlässt kaum Spuren. Detective Lindsay Boxer steht vor einer großen Herausforderung. Auch in ihrem Privatleben gibt es Probleme: Zwischen Lindsays Partner und ihrer Freundin Cindy knistert es.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das 8. Geständnis / Der Club der Ermittlerinnen Bd.8 “
Eine psychopathische Schlangenmörderin treibt ihr Unwesen und hinterlässt kaum Spuren. Detective Lindsay Boxer steht vor einer großen Herausforderung. Auch in ihrem Privatleben gibt es Probleme: Zwischen Lindsays Partner und ihrer Freundin Cindy knistert es.
Klappentext zu „Das 8. Geständnis / Der Club der Ermittlerinnen Bd.8 “
Denn das Böse hat eine gespaltene Zunge ...Die Herausforderungen für Detective Lindsay Boxer waren nie größer: Eine psychopathische Schlangenmörderin treibt ihr Unwesen und hinterlässt so gut wie keine Spuren. Dann wird ein schwarzer Obdachloser, der unter Seinesgleichen als Heiland galt, brutal hingerichtet, und Journalistin Cindy Thomas wittert eine große Story. Doch der "Women's Murder Club" steht auch vor einer Zerreißprobe ganz anderer Art: Zwischen Cindy und Lindsays Partner knistert es. Kann Liebe tatsächlich all das zerstören, was die Freundinnen aufgebaut haben?
Lese-Probe zu „Das 8. Geständnis / Der Club der Ermittlerinnen Bd.8 “
Das 8. Geständnis von James Patterson1
An einem Morgen im Mai schob sich ein alter, chromgelber Schulbus langsam in südlicher Richtung die Market Street entlang.
Die Seitenfenster waren ebenso wie die Heckscheibe schwarz getönt, und ein Hip-Hop-Song bohrte sich wummernd durch den Bodennebel, der wie ein Seidenschleier zwischen der Sonne und San Francisco schwebte.
Got my ice
Got my smoke
Got my ride
Ain't got no hope
Hold ya heads up high Don't know when
Ya gonna die...
... mehr
Die Ampel an der Kreuzung von Fourth und Market Street sprang auf Gelb. Auf der Fahrerseite des Busses klappte die Stopp-Kelle aus, die bernsteinfarbenen Warnlichter blinkten, und das Fahrzeug kam zum Stehen.
Zur Rechten des Busses lag ein großes Einkaufszentrum: Bloomingdale's, Nordstrom, die Schaufenster mit riesigen Abercrombie-Plakaten beklebt, die provozierende Schwarz-Weiß-Aufnahmen von halbnackten Teenagern zeigten.
Links neben dem Bus stand ein blauer Ford-Lieferwagen, daneben befand sich eine von zwei Verkehrsinseln, die die Straße unterteilten - eine Sammelstelle für Buspassagiere und Touristen.
Zwei Wagen hinter dem Schulbus trat Louise Lindenmeyer auf die Bremse ihres alten, grauen Volvo. Sie ließ das Seitenfenster herunter und starrte den Bus wütend an.
Schon seit dem Buena Vista Park hing die Büroleiterin hinter diesem Ding da fest. An der Kreuzung von Fifth und Market Street hatte sie zugesehen, wie er sich einen kleinen Vorsprung verschafft hatte, als ein ganzer Schwung Autos um die Kurve gekommen und sich vor sie gesetzt hatte.
Aber jetzt zwang dieser Bus sie vor einer Ampel zum Halten... schon wieder.
Louise hörte einen Schrei.
»He, du Arschloch!«
Ein Mann in Hemdärmeln und mit flatternder Krawatte, das Gesicht in zahllose Falten gelegt und mit getrocknetem Rasierschaum unterhalb des linken Ohrs, ging an ihrem Wagen vorbei, um dem Busfahrer so richtig die Hölle heißzumachen.
Eine Hupe ertönte, dann noch eine, und schließlich brach eine ganze Kakofonie los.
Die Ampel sprang auf Grün.
Louise nahm den Fuß von der Bremse. Im selben Augenblick spürte sie eine heftige Erschütterung. Mit klingelnden Ohren sah sie zu, wie das Dach des Schulbusses mit roher Gewalt nach oben gerissen wurde.
Brennende Metallklumpen, Stahl- und Glassplitter spritzten in alle Himmelsrichtungen. Über dem Bus entstand eine pilzförmige Wolke, wie bei einer kleinen Atombombe, und das quaderförmige Fahrzeug verwandelte sich in einen Feuerball. Öliger Rauch verdunkelte die Luft.
Louise registrierte, wie der blaue Lieferwagen auf der Spur neben dem Bus in Flammen aufging und dann vor ihren Augen schwarz wurde.
Da kommt niemand mehr lebend raus!
Und jetzt packte das Feuer den silbernen Toyota Camry direkt vor ihr. Der Benzintank explodierte, Feuerzungen tänzelten über den Wagen und verschlangen ihn schließlich in einer hoch aufschießenden Stichflamme.
Der Mann mit den vielen Falten im Gesicht war auf den Gehweg gestürzt und versuchte jetzt, sich aufzurappeln. Dazu hielt er sich an dem Loch fest, wo einst ihr Beifahrerfenster gewesen war. Sein Hemd war nicht mehr vorhanden. Seine Haare waren schwarz gekräuselt. Seine Gesichtshaut lag wie ein Papiertuch ausgebreitet auf seinem Schlüsselbein.
Louise zuckte zurück und machte sich an ihrem Türgriff zu schaffen, während das Feuer auf die Motorhaube ihres Wagens übergriff. Die Fahrertür klappte auf, und die Hitze drang herein.
In diesem Augenblick sah sie die Haut ihres Arms am Lenkrad kleben wie einen nach außen gekehrten Handschuh. Sie konnte weder die entsetzten Schreie des Geschäftsmanns noch ihre eigenen hören. Es war, als ob ihre Ohren mit Wachs verstopft wären. Ihr Blick nahm nur tanzende Punkte und verschwommene Schatten wahr.
Und dann wurde sie von einem schwarzen Abgrund verschlungen.
2
Mein Partner Rich Conklin saß am Steuer unseres zivilen Polizeifahrzeugs, und ich kippte gerade Zucker in meinen Kaffee, als ich die Erschütterung spürte.
Das Armaturenbrett zitterte. Heißer Kaffee lief mir über die Hand. Ich rief: »Was zum Teufel...?« Wenige Augenblicke später krächzte es aus dem Funkgerät: »Angeblich Explosion, Ecke Market und Fourth. Alle Einheiten in der Nähe bitte melden.«
Ich schüttete meinen Kaffee zum Seitenfenster raus, schnappte mir das Mikro und teilte der Zentrale mit, dass wir nur zwei Querstraßen entfernt waren. Gleichzeitig beschleunigte Conklin bergauf und bremste dann wieder, sodass unser Wagen sich auf der Fourth Street quer stellte und den Verkehr in beide Richtungen blockierte.
Wir sprangen aus dem Auto, und Conklin rief: »Lindsay, pass auf! Kann sein, dass es noch Folgeexplosionen gibt!«
Dunkler Rauch hing in der Luft, und es roch nach verbranntem Gummi, Plastik und menschlichem Fleisch. Ich blieb stehen, rieb mir mit dem Ärmel die brennenden Augen und kämpfte gegen den Brechreiz an. Dann besah ich mir das ganze Inferno, und meine Nackenhaare stellten sich auf.
Die Market Street ist eine Hauptverkehrsader. Sie dient um diese Zeit eigentlich dem pulsierenden Strom der Berufspendler, aber jetzt sah es hier aus wie in Bagdad unmittelbar nach einem Selbstmordattentat. Die Menschen rannten kreischend im Kreis, blind vor Panik und einer dichten Wolke aus Rauch und Nebel.
Ich rief Chief Tracchio an und meldete mich als erste Beamtin vor Ort.
»Was ist da los, Sergeant?«
Ich sagte ihm, was ich sah: fünf Tote auf der Straße, zwei an der Bushaltestelle. »Es gibt noch weitere Opfer, genaue Anzahl unbekannt. Sie sitzen in ihren Autos, tot oder lebendig«, bellte ich ins Telefon.
»Sind Sie so weit in Ordnung, Boxer?«
»Ja, Sir.«
Ich legte auf. Gleichzeitig kamen Streifenwagen, Feuerwehren und Notarztwagen mit heulenden Sirenen herangerast und sperrten die Market Street zwischen der Third und der Fifth Street komplett ab. Wenige Augenblicke später war das Kommandofahrzeug da, und die Angehörigen des Bombensuchtrupps, von Kopf bis Fuß in graue Schutzanzüge gehüllt, verteilten sich über das Trümmerfeld.
Eine Frau, deren Alter genauso undefinierbar war wie ihre Hautfarbe, stolperte blutüberströmt auf mich zu. Ihre Knie gaben nach, und ich fing sie auf. Conklin half mir, sie auf eine Trage zu legen.
»Ich hab's gesehen«, flüsterte sie und deutete auf einen geschwärzten Rumpf an der Kreuzung. »Dieser Schulbus da war eine Bombe.«
»Ein Schulbus? Oh, bitte, Gott, bloß keine Kinder!«
Ich schaute mich nach allen Seiten um, aber nirgendwo waren Kinder zu entdecken.
Waren sie womöglich alle bei lebendigem Leib verbrannt?
3
Mit dicken Schläuchen rückte die Feuerwehr den Flammen zu Leibe. Metall zischte, und ein widerlicher Gestank lag in der Luft.
Ich sah Chuck Hanni, Brandursachenermittler und Fachmann für Explosionen, gebückt vor der Seitentür des Schulbusses stehen. Er hatte die Haare nach hinten gegelt und trug eine Khakihose und ein Jeanshemd mit aufgekrempelten Ärmeln, sodass man die alte Brandnarbe sehen konnte, die sich von seinem rechten Daumen bis hinauf zum Ellbogen zog.
Hanni hob den Blick und sagte: »Ein gottverdammtes Desaster, Lindsay.«
Er führte mich durch den Schauplatz der, wie er es nannte, »katastrophalen Explosion«, zeigte mir die beiden allem Anschein nach erwachsenen »Schoko-Krossies«, die zusammengekrümmt zwischen zwei Sitzbänken in der Nähe des Fahrersitzes lagen, machte mich darauf aufmerksam, dass die Vorderreifen des Busses immer noch prall, die hinteren jedoch platt waren.
»Die Explosion hat im Heck stattgefunden, nicht im Motorraum. Und das hier habe ich gefunden.«
Hanni zeigte hinter die Bustür, wo rundliche Glasscherben, Heizungsschläuche und blaue Plastiksplitter zu einer einzigen Masse verschmolzen waren.
»Stell dir vor, was diese Explosion für eine Wucht gehabt haben muss«, sagte er und deutete auf ein Metallstück, das wie ein Projektil in der Wand steckte. »Das ist ein Waagebalken von einer Balkenwaage mit verschiebbaren Gewichten«, sagte er, »und die blauen Plastikteile stammen vermutlich von einer Kühlbox. Ein paar Liter Äther und einen Funken, mehr hat es nicht gebraucht, um das alles hier anzurichten...«
Eine Armbewegung, die das drei Straßenblocks umfassende Zerstörungswerk einschließen sollte.
Ich hörte bellendes Husten und Stiefelsohlen auf Glasscherben. Conklins große Gestalt schälte sich aus dem Nebel. »Das hier solltet ihr euch anschauen, bevor die Bombensucher uns verscheuchen.«
Hanni und ich gingen hinter Conklin über die Kreuzung zu einer männlichen Leiche, die sich um einen Laternenpfahl gewickelt hatte.
Conklin sagte: »Ein Zeuge hat gesehen, wie dieser Kerl da bei der Explosion zur Windschutzscheibe des Busses rausgeflogen ist.«
Der Tote war ein Latino mit zerschnittenem Gesicht und rot gefärbten, blutgetränkten Locken. Sein neonblaues T-Shirt und die Jeans hingen ihm in Fetzen vom Leib, und sein Schädel war beim Zusammenprall mit dem Laternenpfahl zerschmettert worden. Den Falten in seinem Gesicht nach zu urteilen musste der Mann vierzig harte Lebensjahre hinter sich gehabt haben. Ich zog das Portemonnaie aus seiner Gesäßtasche und klappte das Sichtfenster mit dem Führerschein auf.
»Er heißt Juan Gomez. Hier steht, dass er erst dreiundzwanzig war.«
Hanni bückte sich und schob die Lippen des Toten zurück. Anstelle der Zähne waren lediglich zwei Reihen mit verfaulten Stümpfen zu sehen.
»Methamphetamin«, sagte Hanni. »Das war wahrscheinlich der Drogenkoch. Lindsay, das ist ein Fall für die Rauschgiftabteilung, vielleicht sogar für die DEA.«
Hanni wählte eine Nummer auf seinem Handy, während ich auf Juan Gomez' Leiche starrte. Das erste sichtbare Anzeichen für Methamphetamin-Missbrauch sind die fauligen Zähne. Ein paar Jahre mit zu wenig Essen und zu wenig Schlaf reichen aus, um einen Meth-Junkie zwanzig Jahre altern zu lassen, während die Droge große Teile seines Gehirns zerstört.
Gomez hatte sich schon vor der Explosion aus diesem Leben verabschiedet.
»Dann war der Bus also ein fahrendes Meth-Labor?«, fragte Conklin.
Hanni wartete, dass bei der Rauschgiftabteilung jemand ans Telefon ging.
»Ja«, erwiderte er. »Bis der ganze Scheiß in die Luft geflogen ist.«
...
Übersetzung: Leo Strohm
1. Auflage
Taschenbuchausgabe Januar 2012
bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München.
Copyright © 2009 by James Patterson
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010
by Limes Verlag, München,
Die Ampel an der Kreuzung von Fourth und Market Street sprang auf Gelb. Auf der Fahrerseite des Busses klappte die Stopp-Kelle aus, die bernsteinfarbenen Warnlichter blinkten, und das Fahrzeug kam zum Stehen.
Zur Rechten des Busses lag ein großes Einkaufszentrum: Bloomingdale's, Nordstrom, die Schaufenster mit riesigen Abercrombie-Plakaten beklebt, die provozierende Schwarz-Weiß-Aufnahmen von halbnackten Teenagern zeigten.
Links neben dem Bus stand ein blauer Ford-Lieferwagen, daneben befand sich eine von zwei Verkehrsinseln, die die Straße unterteilten - eine Sammelstelle für Buspassagiere und Touristen.
Zwei Wagen hinter dem Schulbus trat Louise Lindenmeyer auf die Bremse ihres alten, grauen Volvo. Sie ließ das Seitenfenster herunter und starrte den Bus wütend an.
Schon seit dem Buena Vista Park hing die Büroleiterin hinter diesem Ding da fest. An der Kreuzung von Fifth und Market Street hatte sie zugesehen, wie er sich einen kleinen Vorsprung verschafft hatte, als ein ganzer Schwung Autos um die Kurve gekommen und sich vor sie gesetzt hatte.
Aber jetzt zwang dieser Bus sie vor einer Ampel zum Halten... schon wieder.
Louise hörte einen Schrei.
»He, du Arschloch!«
Ein Mann in Hemdärmeln und mit flatternder Krawatte, das Gesicht in zahllose Falten gelegt und mit getrocknetem Rasierschaum unterhalb des linken Ohrs, ging an ihrem Wagen vorbei, um dem Busfahrer so richtig die Hölle heißzumachen.
Eine Hupe ertönte, dann noch eine, und schließlich brach eine ganze Kakofonie los.
Die Ampel sprang auf Grün.
Louise nahm den Fuß von der Bremse. Im selben Augenblick spürte sie eine heftige Erschütterung. Mit klingelnden Ohren sah sie zu, wie das Dach des Schulbusses mit roher Gewalt nach oben gerissen wurde.
Brennende Metallklumpen, Stahl- und Glassplitter spritzten in alle Himmelsrichtungen. Über dem Bus entstand eine pilzförmige Wolke, wie bei einer kleinen Atombombe, und das quaderförmige Fahrzeug verwandelte sich in einen Feuerball. Öliger Rauch verdunkelte die Luft.
Louise registrierte, wie der blaue Lieferwagen auf der Spur neben dem Bus in Flammen aufging und dann vor ihren Augen schwarz wurde.
Da kommt niemand mehr lebend raus!
Und jetzt packte das Feuer den silbernen Toyota Camry direkt vor ihr. Der Benzintank explodierte, Feuerzungen tänzelten über den Wagen und verschlangen ihn schließlich in einer hoch aufschießenden Stichflamme.
Der Mann mit den vielen Falten im Gesicht war auf den Gehweg gestürzt und versuchte jetzt, sich aufzurappeln. Dazu hielt er sich an dem Loch fest, wo einst ihr Beifahrerfenster gewesen war. Sein Hemd war nicht mehr vorhanden. Seine Haare waren schwarz gekräuselt. Seine Gesichtshaut lag wie ein Papiertuch ausgebreitet auf seinem Schlüsselbein.
Louise zuckte zurück und machte sich an ihrem Türgriff zu schaffen, während das Feuer auf die Motorhaube ihres Wagens übergriff. Die Fahrertür klappte auf, und die Hitze drang herein.
In diesem Augenblick sah sie die Haut ihres Arms am Lenkrad kleben wie einen nach außen gekehrten Handschuh. Sie konnte weder die entsetzten Schreie des Geschäftsmanns noch ihre eigenen hören. Es war, als ob ihre Ohren mit Wachs verstopft wären. Ihr Blick nahm nur tanzende Punkte und verschwommene Schatten wahr.
Und dann wurde sie von einem schwarzen Abgrund verschlungen.
2
Mein Partner Rich Conklin saß am Steuer unseres zivilen Polizeifahrzeugs, und ich kippte gerade Zucker in meinen Kaffee, als ich die Erschütterung spürte.
Das Armaturenbrett zitterte. Heißer Kaffee lief mir über die Hand. Ich rief: »Was zum Teufel...?« Wenige Augenblicke später krächzte es aus dem Funkgerät: »Angeblich Explosion, Ecke Market und Fourth. Alle Einheiten in der Nähe bitte melden.«
Ich schüttete meinen Kaffee zum Seitenfenster raus, schnappte mir das Mikro und teilte der Zentrale mit, dass wir nur zwei Querstraßen entfernt waren. Gleichzeitig beschleunigte Conklin bergauf und bremste dann wieder, sodass unser Wagen sich auf der Fourth Street quer stellte und den Verkehr in beide Richtungen blockierte.
Wir sprangen aus dem Auto, und Conklin rief: »Lindsay, pass auf! Kann sein, dass es noch Folgeexplosionen gibt!«
Dunkler Rauch hing in der Luft, und es roch nach verbranntem Gummi, Plastik und menschlichem Fleisch. Ich blieb stehen, rieb mir mit dem Ärmel die brennenden Augen und kämpfte gegen den Brechreiz an. Dann besah ich mir das ganze Inferno, und meine Nackenhaare stellten sich auf.
Die Market Street ist eine Hauptverkehrsader. Sie dient um diese Zeit eigentlich dem pulsierenden Strom der Berufspendler, aber jetzt sah es hier aus wie in Bagdad unmittelbar nach einem Selbstmordattentat. Die Menschen rannten kreischend im Kreis, blind vor Panik und einer dichten Wolke aus Rauch und Nebel.
Ich rief Chief Tracchio an und meldete mich als erste Beamtin vor Ort.
»Was ist da los, Sergeant?«
Ich sagte ihm, was ich sah: fünf Tote auf der Straße, zwei an der Bushaltestelle. »Es gibt noch weitere Opfer, genaue Anzahl unbekannt. Sie sitzen in ihren Autos, tot oder lebendig«, bellte ich ins Telefon.
»Sind Sie so weit in Ordnung, Boxer?«
»Ja, Sir.«
Ich legte auf. Gleichzeitig kamen Streifenwagen, Feuerwehren und Notarztwagen mit heulenden Sirenen herangerast und sperrten die Market Street zwischen der Third und der Fifth Street komplett ab. Wenige Augenblicke später war das Kommandofahrzeug da, und die Angehörigen des Bombensuchtrupps, von Kopf bis Fuß in graue Schutzanzüge gehüllt, verteilten sich über das Trümmerfeld.
Eine Frau, deren Alter genauso undefinierbar war wie ihre Hautfarbe, stolperte blutüberströmt auf mich zu. Ihre Knie gaben nach, und ich fing sie auf. Conklin half mir, sie auf eine Trage zu legen.
»Ich hab's gesehen«, flüsterte sie und deutete auf einen geschwärzten Rumpf an der Kreuzung. »Dieser Schulbus da war eine Bombe.«
»Ein Schulbus? Oh, bitte, Gott, bloß keine Kinder!«
Ich schaute mich nach allen Seiten um, aber nirgendwo waren Kinder zu entdecken.
Waren sie womöglich alle bei lebendigem Leib verbrannt?
3
Mit dicken Schläuchen rückte die Feuerwehr den Flammen zu Leibe. Metall zischte, und ein widerlicher Gestank lag in der Luft.
Ich sah Chuck Hanni, Brandursachenermittler und Fachmann für Explosionen, gebückt vor der Seitentür des Schulbusses stehen. Er hatte die Haare nach hinten gegelt und trug eine Khakihose und ein Jeanshemd mit aufgekrempelten Ärmeln, sodass man die alte Brandnarbe sehen konnte, die sich von seinem rechten Daumen bis hinauf zum Ellbogen zog.
Hanni hob den Blick und sagte: »Ein gottverdammtes Desaster, Lindsay.«
Er führte mich durch den Schauplatz der, wie er es nannte, »katastrophalen Explosion«, zeigte mir die beiden allem Anschein nach erwachsenen »Schoko-Krossies«, die zusammengekrümmt zwischen zwei Sitzbänken in der Nähe des Fahrersitzes lagen, machte mich darauf aufmerksam, dass die Vorderreifen des Busses immer noch prall, die hinteren jedoch platt waren.
»Die Explosion hat im Heck stattgefunden, nicht im Motorraum. Und das hier habe ich gefunden.«
Hanni zeigte hinter die Bustür, wo rundliche Glasscherben, Heizungsschläuche und blaue Plastiksplitter zu einer einzigen Masse verschmolzen waren.
»Stell dir vor, was diese Explosion für eine Wucht gehabt haben muss«, sagte er und deutete auf ein Metallstück, das wie ein Projektil in der Wand steckte. »Das ist ein Waagebalken von einer Balkenwaage mit verschiebbaren Gewichten«, sagte er, »und die blauen Plastikteile stammen vermutlich von einer Kühlbox. Ein paar Liter Äther und einen Funken, mehr hat es nicht gebraucht, um das alles hier anzurichten...«
Eine Armbewegung, die das drei Straßenblocks umfassende Zerstörungswerk einschließen sollte.
Ich hörte bellendes Husten und Stiefelsohlen auf Glasscherben. Conklins große Gestalt schälte sich aus dem Nebel. »Das hier solltet ihr euch anschauen, bevor die Bombensucher uns verscheuchen.«
Hanni und ich gingen hinter Conklin über die Kreuzung zu einer männlichen Leiche, die sich um einen Laternenpfahl gewickelt hatte.
Conklin sagte: »Ein Zeuge hat gesehen, wie dieser Kerl da bei der Explosion zur Windschutzscheibe des Busses rausgeflogen ist.«
Der Tote war ein Latino mit zerschnittenem Gesicht und rot gefärbten, blutgetränkten Locken. Sein neonblaues T-Shirt und die Jeans hingen ihm in Fetzen vom Leib, und sein Schädel war beim Zusammenprall mit dem Laternenpfahl zerschmettert worden. Den Falten in seinem Gesicht nach zu urteilen musste der Mann vierzig harte Lebensjahre hinter sich gehabt haben. Ich zog das Portemonnaie aus seiner Gesäßtasche und klappte das Sichtfenster mit dem Führerschein auf.
»Er heißt Juan Gomez. Hier steht, dass er erst dreiundzwanzig war.«
Hanni bückte sich und schob die Lippen des Toten zurück. Anstelle der Zähne waren lediglich zwei Reihen mit verfaulten Stümpfen zu sehen.
»Methamphetamin«, sagte Hanni. »Das war wahrscheinlich der Drogenkoch. Lindsay, das ist ein Fall für die Rauschgiftabteilung, vielleicht sogar für die DEA.«
Hanni wählte eine Nummer auf seinem Handy, während ich auf Juan Gomez' Leiche starrte. Das erste sichtbare Anzeichen für Methamphetamin-Missbrauch sind die fauligen Zähne. Ein paar Jahre mit zu wenig Essen und zu wenig Schlaf reichen aus, um einen Meth-Junkie zwanzig Jahre altern zu lassen, während die Droge große Teile seines Gehirns zerstört.
Gomez hatte sich schon vor der Explosion aus diesem Leben verabschiedet.
»Dann war der Bus also ein fahrendes Meth-Labor?«, fragte Conklin.
Hanni wartete, dass bei der Rauschgiftabteilung jemand ans Telefon ging.
»Ja«, erwiderte er. »Bis der ganze Scheiß in die Luft geflogen ist.«
...
Übersetzung: Leo Strohm
1. Auflage
Taschenbuchausgabe Januar 2012
bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München.
Copyright © 2009 by James Patterson
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010
by Limes Verlag, München,
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Autoren-Porträt von James Patterson
James Patterson, geboren 1947, war Kreativdirektor bei einer großen amerikanischen Werbeagentur. Seine Thriller um den Kriminalpsychologen Alex Cross machten ihn zu einem der erfolgreichsten Bestsellerautoren der Welt. Auch die Romane seiner packenden Thrillerserie um Detective Lindsay Boxer und den »Women's Murder Club« erreichen durchweg die Spitzenplätze der internationalen Bestsellerlisten. Regelmäßig tut er sich für seine Bücher mit anderen namhaften Autoren oder Stars zusammen wie mit Dolly Parton für den »New York Times«-Nr.-1-Bestseller »Run, Rose, Run«. James Patterson lebt mit seiner Familie in Palm Beach und Westchester County, N.Y.
Bibliographische Angaben
- Autor: James Patterson
- 2011, Erstmals im TB, 352 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Leo Strohm
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442372321
- ISBN-13: 9783442372324
- Erscheinungsdatum: 13.12.2011
Rezension zu „Das 8. Geständnis / Der Club der Ermittlerinnen Bd.8 “
"James Patterson bleibt einmal mehr sich und seinen vier Mädels treu. Und das ist gut so."
Pressezitat
"So fulminant, so verblüffend ..." Leipziger Volkszeitung
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