Unterm Scheffel
Roman
Alexander Goudveyl blickt als Pianist auf eine ansehnliche Karriere zurück. Eines Abends wird der verheiratete Musiker nach einem Konzert von einer jungen Frau angesprochen. Sie interessiert sich für eines seiner Konzerte. Wenig später schon besucht sie ihn...
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Produktinformationen zu „Unterm Scheffel “
Klappentext zu „Unterm Scheffel “
Alexander Goudveyl blickt als Pianist auf eine ansehnliche Karriere zurück. Eines Abends wird der verheiratete Musiker nach einem Konzert von einer jungen Frau angesprochen. Sie interessiert sich für eines seiner Konzerte. Wenig später schon besucht sie ihn zu Hause, um diese Aufnahme persönlich bei ihm abzuholen. Unüberlegt und voller Leidenschaft stürzt sich Alexander in eine Affäre mit ihr. Doch während seine Liebe wächst, immer intensiver und unbedingter wird, kühlt die seiner Geliebten nur allzu rasch ab. Verzweifelt versucht er, die Kluft zwischen ihnen zu schließen. Immer weniger weiß Alexander, mit wem er es überhaupt zu tun hat mit einem zaghaften Mädchen oder einem weiblichen Don Juan, deren Liebe so schnell erlischt, wie sie entflammt ist.
Lese-Probe zu „Unterm Scheffel “
1September. Hester und ich traten beim Voorhoutfestival auf. Nach unserem letzten Stück sagte sie: "Ich kann dich nicht nach Hause bringen, ich muss noch weiter nach Schiedam."
"Das macht nichts", sagte ich, "es fahren Straßenbahnen, Züge und Busse."
"Doch, das macht was", sagte sie, "das Mindeste, was ich für dich tun kann, ist, dich wieder nach Hause zu bringen, du trittst mit mir auf, damit ich mir etwas dazuverdienen kann. Du selbst brauchst das Geld überhaupt nicht."
"Nebenverdienste brauche ich nicht, aber deine Gesellschaft ist unbezahlbar", sagte ich.
"Ja, darum bin ich so arm."
Sie küsste mich auf die linke Wange. Eilig ging sie zum Parkhaus.
Das strahlende Spätsommerwetter hatte etwas Trügerisches. Es schien, als wäre Frühling. Der Himmel war hellblau. Im Westen, in weiter Ferne, schwebte ein Wölkchen, das aussah wie eine Männerhand.
Die Sonne schien auf mein Gesicht; ich schloss die Augen. Einen Moment lang war mir, als wäre ich noch jung. Dann dachte ich: Ich bin jetzt genauso alt wie Schumann, als er in Endenich eingewiesen wurde.
In der Nähe erklangen Mädchenstimmen. Fast widerwillig öffnete ich die Augen. Nicht weit entfernt von der improvisierten Terrasse, auf der ich saß, standen zwei junge Frauen.
"Sind Sie Alexander Goudveyl?", fragte die kleinere der beiden.
"Leugnen hat keinen Zweck", sagte ich, "aber sagen Sie es nicht weiter. "
War ich witzig? Die kleine Frau lachte lauthals, die größere lächelte. Vorsichtig schaute ich sie an, vorsichtig schaute sie zurück. Sie war ein eher dunkler Typ mit vielen widerspenstigen Locken. Unerschrocken sah ich sie weiter an. Was mich eigentlich bezaubert, ist klein, hat langes, glattes Haar und trägt einen Rock. Diese mädchenhafte Frau war groß. Sie trug eine Hose, eine blassgrüne Windjacke, und sie hatte Locken. Sie hatte ein hübsches ovales Gesicht mit fast feuerroten Wangen. Ihre Lippen waren kräftig. Unter ihrem Mund ragte ein kleines, aber unbeugsames Kinn hervor. Sie hatte eine zierliche
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kerzengerade Nase. Sie war bildschön, wobei Hester allerdings sagen würde: "Schöne Frauen? Ach, davon gibt es so viele."
In ihrem Gesicht gab es etwas, das nicht zu ihrem Liebreiz passte. Die ein klein wenig zu schräg stehenden Augen? Oder die allzu roten Wangen? Oder der kräftige, fleischige Kiefer? Ganz gleich, was es war erst diese Kleinigkeit machte sie unwiderstehlich. Es war, als gäbe ihr Gesicht ein Rätsel auf.
Sie nahm sich zusammen, wollte etwas sagen, doch mehr als ein Lächeln bekam sie nicht zustande. Ihre Verlegenheit übertrug sich auf mich. Auch ich wollte etwas sagen, mit zwei Scherzen beruhigen. Doch auch ich schaffte nicht mehr als ein Lächeln.
Sie gingen. Die Sonne schien noch immer auf mein Gesicht. Erneut schloss ich die Augen. Feurige Streifen und Kreise erschienen auf der Leinwand meiner Augenlider. Warum war mir plötzlich so schwindlig? Ich zitterte, als hätte ich Parkinson. Hastig öffnete ich die Augen; die Sonne war schuld, die viel zu warme Herbstsonne. Ich stand auf. Ich zitterte am ganzen Körper. Rasch setzte ich mich wieder hin. Ich hatte ein Gefühl, als machten sich unter meinem Zwerchfell Zahnschmerzen breit. Es war, als wäre ich in mir selbst gefangen. Vorsichtig versuchte ich aufzustehen. Es ging, aber es schien, als wären meine Arme und Beine eingeschlafen. In allen Gliedern spürte ich ein Prickeln. Als ich den Plein überquerte, bekam ich unvorstellbare Bauchschmerzen. Mir war, als hätte ein Schornsteinfeger einen Stoßbesen in meinen Magen geschoben, den er jetzt hin und her bewegte.
Das Gesicht der anderen Frau, die über mich gelacht hatte und die ich kaum angesehen hatte, konnte ich mir mühelos ins Gedächtnis rufen, doch das Gesicht der großen Frau schien radikal aus meiner Erinnerung gelöscht zu sein.
Was ich zu tun hatte, war klar. Ich musste sie wiederfinden. Einmal noch musste ich sie anschauen. Dann würde ich mir ihr Gesicht mit der zierlichen Nase, den erstaunlich roten
In ihrem Gesicht gab es etwas, das nicht zu ihrem Liebreiz passte. Die ein klein wenig zu schräg stehenden Augen? Oder die allzu roten Wangen? Oder der kräftige, fleischige Kiefer? Ganz gleich, was es war erst diese Kleinigkeit machte sie unwiderstehlich. Es war, als gäbe ihr Gesicht ein Rätsel auf.
Sie nahm sich zusammen, wollte etwas sagen, doch mehr als ein Lächeln bekam sie nicht zustande. Ihre Verlegenheit übertrug sich auf mich. Auch ich wollte etwas sagen, mit zwei Scherzen beruhigen. Doch auch ich schaffte nicht mehr als ein Lächeln.
Sie gingen. Die Sonne schien noch immer auf mein Gesicht. Erneut schloss ich die Augen. Feurige Streifen und Kreise erschienen auf der Leinwand meiner Augenlider. Warum war mir plötzlich so schwindlig? Ich zitterte, als hätte ich Parkinson. Hastig öffnete ich die Augen; die Sonne war schuld, die viel zu warme Herbstsonne. Ich stand auf. Ich zitterte am ganzen Körper. Rasch setzte ich mich wieder hin. Ich hatte ein Gefühl, als machten sich unter meinem Zwerchfell Zahnschmerzen breit. Es war, als wäre ich in mir selbst gefangen. Vorsichtig versuchte ich aufzustehen. Es ging, aber es schien, als wären meine Arme und Beine eingeschlafen. In allen Gliedern spürte ich ein Prickeln. Als ich den Plein überquerte, bekam ich unvorstellbare Bauchschmerzen. Mir war, als hätte ein Schornsteinfeger einen Stoßbesen in meinen Magen geschoben, den er jetzt hin und her bewegte.
Das Gesicht der anderen Frau, die über mich gelacht hatte und die ich kaum angesehen hatte, konnte ich mir mühelos ins Gedächtnis rufen, doch das Gesicht der großen Frau schien radikal aus meiner Erinnerung gelöscht zu sein.
Was ich zu tun hatte, war klar. Ich musste sie wiederfinden. Einmal noch musste ich sie anschauen. Dann würde ich mir ihr Gesicht mit der zierlichen Nase, den erstaunlich roten
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Autoren-Porträt von Maarten 't Hart
Maarten 't Hart, geboren 1944 in Maassluis bei Rotterdam als Sohn eines Totengräbers, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich 1987 als freier Schriftsteller in Warmond bei Leiden niederließ. Nach seinen Jugenderinnerungen »Ein Schwarm Regenbrachvögel« erschien 1997 auf Deutsch sein Roman »Das Wüten der ganzen Welt«, der zu einem überragenden Erfolg wurde und viele Auszeichnungen erhielt. Seine zahlreichen Romane und Erzählungen machen ihn zu einem der meistgelesenen europäischen Gegenwartsautoren.
Bibliographische Angaben
- Autor: Maarten 't Hart
- 2011, 288 Seiten, Maße: 12 x 21,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Seferens, Gregor
- Übersetzer: Gregor Seferens
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492054099
- ISBN-13: 9783492054096
Rezension zu „Unterm Scheffel “
"Wie immer sprachlich virtuos, hochsensibel, offenbar aus dem Fundus schier unendlicher Lebenserfahrung schöpfend", business lounge WOMAN
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