Elfensaga, Band 1-5
"Elfenzauber", "Elfenkrieger", "Elfenschiffe", "Elfensturm" und "Elfenjäger"
"Ein MUSS für alle Fans von J.R.R. Tolkien!"
PUBLISHERS WEEKLY
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Produktinformationen zu „Elfensaga, Band 1-5 “
"Ein MUSS für alle Fans von J.R.R. Tolkien!"
PUBLISHERS WEEKLY
- Elfenzauber:
DIE RÜCKKEHR DER ELFEN
Ganze Zeitalter lang haben sich die Elfen von den Geschicken der Welt ferngehalten. Doch eines Tages wird die Waldelfe Arin von furchtbaren Visionen heimgesucht: Der Drachenstein, ein uraltes und mächtiges Artefakt, ist aus der Zaubererfeste im Schwarzen Berg verschwunden.Und er verfügt über Kräfte, die alle freien Völker Mithgars vernichten könnten. Gemeinsam mit ihren Gefährten muss Arin versuchen, das Verhängnis aufzuhalten ... - Elfenkrieger
DER KRIEG DER ELFEN
Der Drachenstein, ein ebenso mächtiges wie gefährliches Artefakt, ist aus der Zaubererfeste im Schwarzen Berg verschwunden. Der Stein verfügt über die Kraft, alle freien Völker Mithgars zu vernichten, und nur die Waldelfe Arin kann das drohende Verhängnis noch aufhalten und damit eine uralte Prophezeiung erfüllen. Doch um Mithgar zu retten, müssen sich Arin und ihre Begleiter den Wesen stellen, die den Stein erschaffen haben - den Drachen selbst. - Elfenschiffe:
DAS GEFÄHRLICHSTE ABENTEUER DER ELFEN BEGINNT
Seit Jahrtausenden befährt der Elf Aravan mit seinem magischen Schiff die Meere Mithgars, doch nie zuvor wurde ihm eine wichtigere Mission übertragen: Die Fuchsreiterin Jinnarin bittet ihn um Hilfe, die Orte ihrer unheilvollen Visionen zu finden. Denn seitdem ihr Gefährte Farrix verschwunden ist, träumt sie von einem Schloss über einem hellgrünen Meer, in dem ein schwarzes Schiff segelt. Und Aravan muss erkennen, dass nicht nur Farrix' Leben, sondern ganz Mithgar von einem düsteren Unheil bedroht wird ... - Elfensturm
DAS GEFÄHRLICHSTE ABENTEUER DER ELFEN GEHT WEITER
Auf der Suche nach ihrem Gefährten Farrix ist die Fuchsreiterin Jinnarin an Bord des legendären Elfenschiffes Eroean gelangt, um mit Kapitän Aravan zu einer verwunschenen Insel zu segeln. Dort findet sie zwar Farrix, doch der Schwarzmagier Durlok hält ihn in einem geheimnisvollen Schlaf gefangen. Während Jinnarin gemeinsam mit der Magierin Aylis in die dunkle Traumwelt reist, um ihren Gefährten zu befreien, wird der Elfenkapitän Aravan vor eine grausame Wahl gestellt: Der Untergang der Welt Mithgar oder der Tod der Frau, die er liebt. - Elfenjäger
DAS GRÖSSTE ABENTEUER DER FANTASY
Für manche ist sie eine uralte Legende, für andere nur ein dunkles Gerücht - die Stadt aus Jade. Niemand, der sich auf die Suche nach diesem geheimnisvollen Ort begeben hat, ist jemals wieder zurückgekehrt. Doch nun, da der böse Magier Gyphon besiegt ist und ein neues, friedliches Zeitalter in Mithgar anbricht, macht sich der Elf Aravan mit einer Schar von Abenteurern auf die Suche nach der sagenumwobenen Stadt aus Jade. Keiner ahnt, dass neben Schätzen und Ruhm auch der Tod auf sie wartet ...
Das große Epos vom sagenumwobensten Volk, das es in der Fantasy je gegeben hat - vom Autor der Besteller "Zwergenzorn" und "Zwergenmacht"!
Lese-Probe zu „Elfensaga, Band 1-5 “
Elfenkrieger von Dennis L. McKiernanVorwort
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Wenn ich so über die Landschaft Mithgars schaue, sehe ich dort viele rote Pantoffeln liegen, die nur darauf warten, untersucht zu werden, denn jeder hat eine Geschichte zu erzählen, wenn ich ihn nur eingehend genug untersuche.
Rote Pantoffeln? Rote Pantoffeln? Wovon um alles in der Welt redet der Mann?
Hier ist des Rätsels Lösung:
Obwohl dies meines Wissens nach niemals geschehen ist, kann ich mir doch vorstellen, wie Dr. Watson eine Erzählung wie folgt beginnt: »Es begab sich, kurz nachdem Holmes und ich den eigenartigen Fall des einzelnen roten Pantoffels gelöst hatten, dass es an der Tür unseres Domizils Baker Street 221-B klopfte. Als ich die Zeitung beiseite legte und Anstalten machte, mich zu erheben, legte Holmes einen Finger auf die Lippen und zischte: ›Öffnen Sie die Tür auf keinen Fall ohne Ihre Pistole in der Hand, Watson, denn es kann niemand anders sein als der bengalische Meuchelmörder ...‹«
Und Watson würde fortfahren, uns über einen faszinierenden Fall aufzuklären.
Aber wissen Sie was? Wir finden niemals etwas über den roten Pantoffel heraus, der in seinem einleitenden Satz Erwähnung fand.
Doch jene von uns, die Watsons Erzählungen begierig verfolgt haben, wissen, dass zwischen diesen Fällen, von denen wir gelesen haben, der große Detektiv unterwegs war und andere heikle Probleme gelöst hat. Wenn wir nur die Augen offen hielten, könnten wir ihn vielleicht tatsächlich dabei beobachten, wie er Hinweise findet, die für ihn offenkundig, für uns aber vollkommen obskur sind ... das heißt, bis sie erläutert werden, wozu Lestrade dann sagen könnte: »Oh, wie simpel. Das muss doch jedem auffallen.« - Worauf Sie wetten können.
Ich wiederhole, soweit ich weiß, hat Watson keinen Fall des Roten Pantoffels geschildert und auch nichts über einen bengalischen Meuchelmörder veröffentlicht ... aber solche Dinge hätte es gewiss geben können. Schließlich gab es den Fall der Riesenratte von Sumatra, und es gab auch eine Schilderung der Addington-Tragödie, die Geschichte des roten Egels, den schrecklichen Tod Crosbys des Bankiers und viele, viele andere Fälle, auf die angespielt wird, die aber niemals veröffentlicht wurden ... jeder einzelne ein roter Pantoffel in der Holmesschen Landschaft.
Rote Pantoffeln liegen auch überall in Mithgar herum, und ab und zu hebe ich einen auf, untersuche ihn eingehend auf die beste mir mögliche Sherlock-Art und erzähle Ihnen, was ich sehe.
Einige rote Pantoffeln aus Mithgar waren: ein kleines silbernes Horn, das im Hort Schlomps gefunden wurde, ein Logbucheintrag hinsichtlich eines Kristallspeers, die Erwähnung eines lange gehüteten Geheimnisses der Châkka, ein Steinmesser, das in einem eisernen Turm verschwand, ein silbernes Schwert, das einem erschlagenen Elfenfürsten aus der Hand genommen wurde, und einige mehr.
Einige rote Pantoffeln sind gewaltig, wie zum Beispiel ein Wandteppich, auf dem ein Schlüsselaugenblick des Großen Bannkrieges dargestellt wird. Andere sind klein, haben aber gewaltige Auswirkungen, wie zum Beispiel ein Steinring, der einem unmöglichen Kind gegeben wird. Dies alles sind rote Pantoffeln, die ich eines Tages aufheben könnte, um nachzuschauen, welche faszinierenden Geschichten sie Ihnen und mir zu erzählen haben.
Aber es gibt ein Problem bei der Untersuchung, denn jedes Mal, wenn ich einen aufhebe, um seine Geschichte zu erzählen, scheinen mehr rote Pantoffeln herauszufallen.
Nun ja ...
Wie dem auch sei, begleiten Sie mich, wenn ich nun einen dieser roten Pantoffeln aufhebe, und lassen Sie uns nicht nur nachschauen, was wir finden, sondern auch, welche anderen roten Pantoffeln vielleicht herausfallen.
- DENNIS L. MCKIERNAN
1. Kapitel
Ein Blitz zuckte durch die Nacht, dessen greller Schein durch die schmalen Fenster drang. Ein Donnerschlag folgte ihm auf dem Fuß. Dann ging ein Wolkenbruch auf die kleine, baufällige Hafentaverne nieder, während der Wind an Tür und Seitenwänden rüttelte und einen lockeren Fensterladen hin und her schlagen ließ. Wellen schwappten heftig gegen das Pfahlwerk unter der Schänke.
Innerhalb des verwitterten Gebäudes war das Unwetter nicht ganz so laut, und Olar, der die spitzen Ellbogen auf die breite, raue Planke gestützt hatte, welche als Tresen diente, beugte sich vor und zischte Tryg zu: »Was wohl die beiden Frauenzimmer hier wollen, hm?« Er schob sein schmales Kinn seitwärts in Richtung der im Schatten liegenden Ecke, wo die beiden Fremden gerade außerhalb des gelben Lichtkreises der einzigen Laterne in der Taverne saßen, die über dem Tresen hing. »Vielleicht sind es Dirnen, die darauf hoffen, dass die Kaperfahrer wiederkommen, aye?«
Tryg, der Besitzer der Taverne »Schlupfwinkel«, schnaubte bei Olars Bemerkung, dann beugte er sich vor und sagte gerade so laut, dass sein Gegenüber ihn trotz des heulenden Windes und des prasselnden Regens verstehen konnte: »Lass sie nicht hören, wie du sie nennst, Junge, sonst könnten dir deine Familienjuwelen abhanden kommen.«
Yngli, die einzige andere Person in der Taverne, lachte bei dieser Bemerkung und schlug mit der Hand auf den Tresen, aber Olar sah Tryg überrascht an: »Warum sagst du das?«
»Weil eine von ihnen eine Elfe ist und die andere eine, eine ... tja, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber sie hat verdammt gefährlich aussehende Schwerter bei sich.«
Olar stieß einen leisen Pfiff durch die gespitzten Lippen aus und warf einen Blick auf die im Schatten liegende Ecke, als es gerade wieder blitzte und kurz darauf der Donner grollte.
Der Blitz beleuchtete kurz die Gesichter der Fremden, die sich als gleichermaßen anmutig und exotisch erwiesen. Die linke Frau hatte helle Haut - wie aus Elfenbein und Alabaster - und schräg stehende, haselnussbraune Augen. Kastanienfarbene Locken, durch welche spitze Ohren ragten, fielen ihr bis auf die Schultern. Die rechte Frau war von dunklerer Hautfarbe - Gold und Safran -, und ihre geschlitzten Mandelaugen funkelten wie Onyx. Die kurz geschnittenen, rabenschwarzen Haare glänzten seidig. Aber ihre Ohren waren nicht spitz.
Die Fremden saßen mit dem Rücken zur Wand in der Ecke, schweigend, ungerührt, als warteten sie auf ein unbekanntes Ereignis. Vor der Frau mit der safranfarbenen Haut lagen zwei blanke Schwerter, eines lang, das andere kürzer, beide leicht gekrümmt. Die Klingen funkelten tückisch im Licht eines neuerlichen Blitzes.
Olar erbleichte und richtete den Blick rasch wieder nach vorn. Nach einem Moment sagte er: »Was glaubst du, welcher Grund die beiden nach Mørkfjord geführt hat, hm?«
Tryg zuckte mit den Achseln, während er die Kanne neigte, um den Krug des hageren Fischers wieder zu füllen. »Sie suchen eine Reisegelegenheit, würde ich meinen, aye?«
Olar zog eine Augenbraue hoch, aber Yngli schüttelte den Kopf. »Ich glaube, dass sie gekommen sind, weil sie ein Drachenschiff samt Mannschaft anwerben wollen - um ihre Feinde zu überfallen, aye? Vielleicht warten sie auf die Rückkehr von Orris Boot, weil er als Erster rausgefahren ist und auch als Erster wiederkommen müsste, würde ich sagen.«
Regen prasselte herunter, als Olar noch einen raschen Seitenblick auf die nun wieder im Schatten liegende Ecke warf. Dann beugte er sich vor und schlürfte den Schaum von seinem Krug. »Die Elfe«, zischte er, nachdem er sich mit dem Handrücken den Mund abgewischt hatte, »glaubt ihr, sie ist eine Lian, eine dieser Hüter?«
Tryg schüttelte den Kopf. »Dafür ist sie zu klein. Eher eine von denen, die im tiefen Wald leben ...«
»Dylvana, meinst du?«, warf Yngli ein.
»Könnte gut sein.«
Yngli lächelte. »Dann hat sie meine Größe.«
Tryg sah das Grinsen auf Ynglis Gesicht. »Vielleicht hat sie deine Größe, mein kleiner Freund, aber wenn dich das auf Ideen bringt, solltest du deine Hoffnungen auf künftige Nachkommen gleich begraben, nach allem, was ich über DylvanaFrauen gehört habe.«
»Was ist mit der anderen?«, flüsterte Olar. »Glaubst du, die ist auch eine Elfe?«
Tryg zuckte die Achseln.
»Sie hat Schlitzaugen«, murmelte Yngli.
»Aber keine spitzen Ohren«, erwiderte Tryg.
Yngli beäugte die Schwerter. »Meint ihr, sie sind hier, um Ärger zu machen? Vielleicht sogar, um jemanden zu töten, der ihnen Unrecht getan hat?«
»Oder um ihm wichtige Teile abzuschneiden?«, fragte Olar schaudernd.
Tryg öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber in diesem Augenblick flog die klappernde Tür auf und ließ Wind, Regen und einen mageren alten Mann ein, dem das Wasser aus den ungekämmten Strähnen langer Haare, aus dem struppigen Bart und aus seinem ramponierten Mantel rann.
»Raus mit dir, Alos!«, schrie Tryg, um den Lärm des Gewitters zu übertönen. »Und mach die Tür hinter dir zu!« Der alte Mann schwankte noch ein paar Fuß weiter in die Taverne hinein und ließ dabei eine Spur der Nässe hinter sich zurück. »Ich hab's dir schon mal gesagt, ich will dich hier bei mir nicht sehen, Alos!« Der Tavernenwirt trat drohend hinter dem Tresen hervor, während der alte Mann mit seitlich abgewandtem Kopf etwas Unverständliches stammelte, abwehrend eine Hand hob und schwankend zwischen die wenigen Tische floh. Hinter ihm schlug die Tür im Takt mit dem lockeren Fensterladen auf und zu, und der Wind trieb Regenschwaden in die Taverne und ließ die Laterne an ihrer Kette hin und her schwingen. Die Schatten, die von ihrem Licht geworfen wurden, schwankten wie trunken an den Wänden umher.
Vor sich hin fluchend, ging Tryg auf den alten Mann los. »Halt die Tür für mich auf, Yngli«, rief der massige Tavernenwirt, »dann werfe ich diesen Tunichtgut hier raus.«
Yngli sprang auf, ging zu der klappernden Tür, hielt sie fest und stellte sich daneben, während Tryg den wimmernden alten Mann bedrängte.
Der Alte irrte ziellos im Schankraum umher und versuchte, Tryg auszuweichen. Schließlich duckte er sich unter einen Tisch, doch ohne Erfolg, denn der Tavernenwirt packte ihn rasch am Kragen seines Mantels und zerrte ihn darunter hervor. »Alos, ich hab dir gesagt, ich will dich nie wieder hier sehen.«
Im schwankenden Licht der Laterne schaute der alte Mann zu Tryg auf. Sein linkes Auge war braun und blutunterlaufen, das rechte hingegen blind und vollkommen weiß. »Nur einen Becher, Meister Tryg ...« - seine Stimme war jammervoll -, »... mehr brauche ich gar nicht.«
Die linke Hand an Alos' Kragen, die rechte im durchweichten Stoff seiner Hose, zog Tryg den Alten auf die Zehenspitzen hoch und beförderte ihn zur Tür, wo Yngli wartete. Doch Ynglis Augen weiteten sich plötzlich. Er stieß ein heiseres Keuchen aus und wich zögernd zurück, den Blick auf eine Stelle hinter Alos und Tryg gerichtet.
»Pass auf, Tryg«, japste Olar mehr, als dass er es rief. Gleichzeitig tönte ein »Halt!« aus den Schatten.
Tryg fuhr herum und schnappte unwillkürlich nach Luft. Alos in seinem Griff war praktisch vergessen, denn direkt hinter ihm stand die goldhäutige Frau, die Schwerter in den Händen, deren Klingen in dem wechselhaften Licht gefährlich glänzten. Sie hatte ihren Mantel zurückgelassen, und Tryg konnte zum ersten Mal erkennen, dass sie kein Kleid trug, wie eine anständige Dame es tun sollte, sondern stattdessen in braunes Leder gehüllt war - Weste, Hose und Stiefel. Auf die Weste waren gehämmerte Bronzeplättchen genäht, die wie Schuppen übereinander lagen. Darunter trug sie ein Seidenwams in der Farbe von Sahne. Ein braunes Lederstirnband, in das rote Zeichen geritzt waren, sorgte dafür, dass ihr die rabenschwarzen Haare nicht in das Gesicht mit den hohen Wangenknochen fielen. Wie ein Krieger stand sie da, ausbalanciert und sicher, und sie war zum Schlag bereit. Wie eine dieser jordischen Kriegermaiden ... nur dass sie mit ihren Schlitzaugen und der gelben Haut und allem sicher keine Jordierin ist.
Bewaffnet und gerüstet sah sie Tryg aus ihren schräg stehenden Augen dunkel und gleichmütig an. »Kanshu, meine Gebieterin möchte mit diesem Mann reden«, sagte sie ruhig und mit einem sonderbaren Akzent, während sie mit einem Kopfnicken auf Alos deutete. Der alte Mann grinste sie an und zeigte dabei ebenso viele Zahnlücken wie verbliebene gelblich braune Zähne.
Tryg warf einen Blick auf die Dylvana in der Ecke und wandte sich dann wieder an die Kriegerin. »Gute Frau, er ist doch nur ein bettelnder Trunkenbold, der nichts Gutes mit sich bringt.«
Die Schwerter bewegten sich ein wenig und funkelten dabei bedrohlich.
Endlich ließ Tryg von Alos ab. »Aber das geht auf Eure Kappe«, murmelte er leise, während er vor der Frau zurückwich. »Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.«
Betont würdevoll richtete Alos sich kerzengerade auf, packte die Aufschläge seines nassen Mantels, zog das Kleidungsstück gerade und reckte dabei seinen schmutzverkrusteten, mageren Hals. Dann richtete er sein weißes Auge auf seine Retterin, schüttelte den Kopf und grinste. »Zuerst genehmigen wir uns was zu trinken, aye?«
Die Frau mit den Schwertern beäugte ihn einen Moment ungerührt. Dann änderte sie mit einer raschen Drehung ihrer Hände den Griff um den Knauf ihrer Waffen und schob sie mit einer flüssiger Bewegung in die Scheiden zurück, machte auf dem Absatz kehrt und ging zu den Schatten, wo die Dylvana wartete. Der alte Mann leckte sich erwartungsvoll die Lippen, als er ihr tropfend folgte.
2. Kapitel
Noch bevor Tryg den Tisch wieder verlassen konnte, hatte der durchnässte alte Mann sein Ale heruntergestürzt und fuhr mit einem schmierige Finger den Rand des Bechers entlang, um den verbliebenen Schaum aufzuwischen und dann seinen Finger sauber zu lecken. Er sah zuerst Tryg und dann die beiden Damen erwartungsvoll an und grinste, während sein Kopf eifrig hin und her schwankte.
Die schwarzhaarige Kriegerin betrachtete ihn lediglich gleichmütig. Die Dylvana seufzte und schaute in das blinde Auge des alten Mannes, als wäge sie ihre Möglichkeiten ab.
Tryg wandte sich mit fragend hochgezogener Augenbraue an die Dylvana. Sie war ebenfalls wie ein Mann gekleidet und trug ein langärmliges, hellgrünes Seidenwams und eine ockerfarbene Hose, dazu braune Stiefel. Ihre kastanienfarbenen Haare wurden von einem grünen Seidenband gebändigt. Er schätzte, dass sie sieben oder acht Fingerbreit kleiner war als die safranhäutige Frau - also vielleicht nicht größer als vier Fuß sechs oder sieben -, obwohl das schwer zu sagen war, solange sie saß. Soweit er sehen konnte, war sie im Gegensatz zu ihrer Begleiterin unbewaffnet. Er räusperte sich. »Edle Dame?«
Sie musterte ihn mit ihren braunen Mandelaugen und nickte. Tryg nahm den leeren Krug und ging zum Tresen. Die ganze Aufmerksamkeit des alten Mannes gehörte jetzt seinem Rücken. »Der Tavernenwirt scheint zur anständigen Sorte zu gehören, Aiko«, sagte die Dylvana. »Ich glaube, er hätte unseren Gast auch losgelassen, wenn Ihr ihm Eure Schwerter nicht gezeigt hättet.«
Aikos wachsame Augen folgten Tryg ebenfalls. »Ein Schwert in der Hand sagt mehr als viele Worte, Dara.«
Die Dylvana lächelte, dann wandte sie sich an Alos, aber der Alte war völlig in die Beobachtung Trygs versunken, der seinen Becher nachfüllte. Die Dylvana seufzte erneut, sagte jedoch nichts, sondern musterte vielmehr das Gesicht des alten Mannes, wobei ihr Blick immer wieder zu seinem blinden Auge zurückkehrte.
Nach kurzer Zeit kam der Tavernenwirt wieder zum Tisch zurück, und Alos streckte beide leberfleckigen Hände aus, um den Becher begierig entgegenzunehmen. Wiederum leerte er ihn rasch und wischte den Restschaum auf, um ihn abzulecken. Er sah die Dylvana erwartungsvoll an und lächelte wieder, aber seine Miene verdüsterte sich rasch, als sie den Kopf schüttelte, Tryg mit einer Handbewegung entließ und sagte: »Zuerst reden wir, dann trinken wir vielleicht noch mehr Ale.«
»Aber mein Täubchen, ich könnte viel besser reden, wenn ...«
Aikos Hand zuckte flink wie eine Viper über den Tisch und schloss sich um das noch immer feuchte Handgelenk des Alten. »Kojiki, du wirst sie mit ›edle Dame‹ oder ›Dara‹ anreden«, zischte sie. Wie um ihre Worte zu unterstreichen, zuckte ein Blitz über den Nachthimmel, und ein greller Schein drang für einen Moment durch das Fenster, sodass die Umrisse von Aikos Gesicht deutlich hervortraten.
Der alte Mann wimmerte laut und versuchte sich zu befreien, doch ohne Erfolg.
»Aiko«, erklangen die leisen Worte der Dylvana. »Lasst ihn.«
Aiko stieß Alos grob von sich, und der alte Mann schob seinen Ärmel zurück, rieb sich sein Handgelenk und hielt nach Schaden Ausschau, ohne welchen zu finden.
»Dieser unreine Yodakari kann es nicht sein«, sagte Aiko zu der Elfe.
Die Dylvana schüttelte den Kopf. »Aiko, das wissen wir nicht.«
Einen Moment später sah Aiko weg, und der Blick ihrer dunklen Augen war wieder gleichmütig.
Die Dylvana griff über den Tisch, um Alos' Hand zu tätscheln, aber der alte Mann zog sie so rasch zurück, als ob sich ein giftiger Skorpion nähere. Sie brach die Geste ab und nahm stattdessen ihren Weinbecher, um in dessen Tiefen zu starren, als suche sie etwas darin. Schließlich stellte sie den Becher wieder auf den Tisch und sagte: »Ich werde Arin genannt, und meine Gefährtin heißt Aiko. Wir sind weit gereist, um nach Mørkfjord zu gelangen ... vielleicht, um Euch zu sprechen.«
Alos nickte, aber sein gesundes Auge war auf ihren fast vollen Weinbecher gerichtet, den sie geistesabwesend in ihrer Hand drehte.
»Sagt mir, Alos, seid Ihr die einzige einäugige Person in diesem Weiler?«
Für den Moment verblüfft, sah er sie an, und sein weißes Auge schien zu funkeln. Dann grinste er und sagte: »Soviel ich weiß, Täu... äh ... edle Arin.«
Bei dieser Antwort warf Arin einen kurzen Blick auf Aiko, doch die Kriegerin schüttelte lediglich den Kopf und sagte nichts. Arin widmete sich erneut Alos, der wieder ihren Weinbecher fixierte. Arin deckte den Becher mit der Hand ab, und ein Ausdruck resignierter Enttäuschung legte sich auf Alos' Gesicht, während er seufzend ausatmete und sie ansah.
Arin lehnte sich zurück, weg von dem Alten. Er riecht wie ein nasser Ziegenbock, und sein Atem würde ein Pferd umwerfen. Er ist über und über dreckverschmiert und hat mindestens seit einem Jahr oder noch länger weder Wasser noch Seife gesehen. Trotzdem könnte er derjenige sein, denn es scheint keine andere Möglichkeit zu geben, jedenfalls nicht in diesem Dorf.
»Wisst Ihr noch von einer anderen einäugigen Person, die hier in der Nähe lebt? Vielleicht in einem anderen Ort?«
Er schüttelte den Kopf und murmelte: »Ich weiß von keiner, edle Arin.«
»Euer blindes Auge, Alos, ist von Narbengewebe umgeben, wie bei einer alten Verbrennung. Wenn es Euch nichts ausmacht, darüber zu reden, dann erzählt mir doch bitte, wie es zu der Blindheit gekommen ist.«
Alos zuckte zusammen, schaute zu Boden und bedeckte sein weißes Auge mit der rechten Hand. »Ich nehme an, Ihr sucht einen Einäugigen, edle Arin, richtig?« Er ließ die Hand auf den Tisch sinken und starrte sie mit seinem weißen Auge an. »Wenn er eine Belohnung bekommen soll, bin ich Euer Mann. Wenn er eine bringen soll, bin ich es allerdings nicht.«
Arin lächelte. »Euer Akzent, Alos. Für meine Ohren klingt er nicht fjordländisch.«
»Ich bin eigentlich Tholier von Geburt. Von der Langen Küste.« Der Blick des alten Mannes wanderte von seinem leeren Becher zu Tryg. Dann fragte er flehentlich: »Gute Frau, könnten wir nicht noch einen Schluck trinken?«
Seine Augen weiteten sich, als Arin ihm ihren Becher zuschob, denn er bekam nur selten Wein zu trinken. Er hielt sich den beinah vollen Becher unter die Nase und genoss das Aroma. Vielleicht war dies ein Becher von Trygs Bestem, wo sie doch eine Dame war und eine Elfe noch dazu? Er trank den Wein in zwei Schlucken, und seine Wärme erfüllte seinen Magen und breitete sich von dort aus. Er schmatzte mit den Lippen und ließ seinen abgeleckten Finger auf dem Grund des Bechers kreisen, um nach dem einen oder anderen übrig gebliebenen Tropfen zu suchen.
Aiko starrte den verdreckten alten Mann gleichmütig mit ihren funkelnden dunklen Augen an, während er seinen Finger in den Mund schob, unter dessen gespaltenem Nagel noch eine Menge Schmutz vergraben war.
»Ah. Von der Langen Küste Thols«, sagte Arin. »Ja. Jetzt erkenne ich Euren Akzent. Doch wie kommt es, dass Ihr nun hier in Mørkfjord lebt?«
Alos atmete langsam aus und rülpste dann geräuschvoll. Ein angewiderter Ausdruck trat auf Aikos Gesicht, und sie rümpfte die Nase, schaute Arin an und hob eine Augenbraue, doch die Dylvana schüttelte lediglich den Kopf.
»Mein Schiff ... äh ... es ist gekentert«, erwiderte Alos. »Ja ... gekentert.«
Arin wartete darauf, dass er fortfuhr und die Umstände näher erklärte, doch er sagte nichts mehr.
Ein Blitz flammte auf, fast sofort gefolgt von lautem Donner, während Alos suchend in den Weinbecher starrte. Dann schob er den leeren Becher beiseite und richtete den Blick auf seinen Alekrug. Sein verbliebenes Auge weitete sich, und er setzte den Krug an, um noch einen Tropfen des Gebräus mit der Zunge aufzufangen, während der Regen auf das Tavernendach prasselte. Er schmatzte und rülpste wieder laut, und eine Blase aus schaumigem Speichel tauchte in einem Mundwinkel auf, die er rasch wieder einsog.
Aiko sah angewidert weg, doch Arin holte tief Luft und beugte sich vor. »Alos, es ist kein Zufall, dass wir hier bei Euch sind.«
»Hier? Im Schlupfwinkel? Bei mir?« Alos' gutes Auge verengte sich. »Woher wusstet Ihr, dass ich hier sein würde?«
Arin zuckte die Achseln. »Wir haben herumgefragt. Man sagte uns, Ihr würdet wahrscheinlich einen Zug durch die Tavernen machen, und es gibt nur drei in Mørkfjord. Diese hier ist Eurer ... Schlafstätte am nächsten.«
Mit den Fingern kämmte Alos die langen, nassen Strähnen weißer Haare rings um seinen Kopf und glättete seinen struppigen Bart. Er zupfte an den Aufschlägen seines durchweichten Mantels. Dann schaute er Arin an. »Dann seid Ihr also gekommen, um mit mir persönlich zu reden.«
Arin nickte. »Vielleicht.« Sie sah Aiko kurz an und wandte sich dann wieder an Alos. »Wir sind in einer Mission unterwegs, und es scheint so, als hättet Ihr damit zu tun.«
Aiko seufzte.
Das wässrige braune Auge des Alten weitete sich, und er sah sich nach Tryg um. Dann lächelte er sein lückenhaftes Grinsen und sagte zu Arin: »Eine Mission, sagt Ihr? Und ich habe damit zu tun? Nun denn, lasst uns mehr Wein trinken - oder vielleicht sogar Branntwein, was? -, während Ihr mir von dieser Mission erzählt, aye? Es muss gar nicht der beste Branntwein sein oder der beste Wein. Eigentlich könnte es auch Ale sein, wenn ich ...«
Durch den Gewitterlärm waren plötzlich Stimmen zu hören, und der Pier erbebte wie unter einem Schlag. Tryg trat hinter seinem Tresen hervor und ging zur Tür, aber Olar und Yngli waren vor ihm dort.
»Es ist ein Schiff«, rief Yngli, der nach draußen in den Regen lugte. »Es macht gerade fest.«
»Wer ist es?«, fragte Tryg.
»Schiffslaterne hin oder her, ich kann es nicht sagen«, erwiderte Yngli. »Ist zu dunkel in diesem verwünschten Regen.«
»Ein paar Leute kommen vom Schiff hierher«, sagte Olar. »Sie tragen irgendwas oder irgendwen auf einer Bahre.«
»Tretet zurück und passt auf«, befahl Tryg, »wenn sie in den Schlupfwinkel kommen.«
Aiko war bereits auf den Beinen und hatte ihre Schwerter gezückt. Arin hatte sich ebenfalls erhoben, obwohl ihre Hände leer waren. Hinter ihnen schlich Alos davon und verkroch sich in einer dunklen Ecke unter einem Tisch.
...
Übersetzung: Christian Jentzsch
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Wenn ich so über die Landschaft Mithgars schaue, sehe ich dort viele rote Pantoffeln liegen, die nur darauf warten, untersucht zu werden, denn jeder hat eine Geschichte zu erzählen, wenn ich ihn nur eingehend genug untersuche.
Rote Pantoffeln? Rote Pantoffeln? Wovon um alles in der Welt redet der Mann?
Hier ist des Rätsels Lösung:
Obwohl dies meines Wissens nach niemals geschehen ist, kann ich mir doch vorstellen, wie Dr. Watson eine Erzählung wie folgt beginnt: »Es begab sich, kurz nachdem Holmes und ich den eigenartigen Fall des einzelnen roten Pantoffels gelöst hatten, dass es an der Tür unseres Domizils Baker Street 221-B klopfte. Als ich die Zeitung beiseite legte und Anstalten machte, mich zu erheben, legte Holmes einen Finger auf die Lippen und zischte: ›Öffnen Sie die Tür auf keinen Fall ohne Ihre Pistole in der Hand, Watson, denn es kann niemand anders sein als der bengalische Meuchelmörder ...‹«
Und Watson würde fortfahren, uns über einen faszinierenden Fall aufzuklären.
Aber wissen Sie was? Wir finden niemals etwas über den roten Pantoffel heraus, der in seinem einleitenden Satz Erwähnung fand.
Doch jene von uns, die Watsons Erzählungen begierig verfolgt haben, wissen, dass zwischen diesen Fällen, von denen wir gelesen haben, der große Detektiv unterwegs war und andere heikle Probleme gelöst hat. Wenn wir nur die Augen offen hielten, könnten wir ihn vielleicht tatsächlich dabei beobachten, wie er Hinweise findet, die für ihn offenkundig, für uns aber vollkommen obskur sind ... das heißt, bis sie erläutert werden, wozu Lestrade dann sagen könnte: »Oh, wie simpel. Das muss doch jedem auffallen.« - Worauf Sie wetten können.
Ich wiederhole, soweit ich weiß, hat Watson keinen Fall des Roten Pantoffels geschildert und auch nichts über einen bengalischen Meuchelmörder veröffentlicht ... aber solche Dinge hätte es gewiss geben können. Schließlich gab es den Fall der Riesenratte von Sumatra, und es gab auch eine Schilderung der Addington-Tragödie, die Geschichte des roten Egels, den schrecklichen Tod Crosbys des Bankiers und viele, viele andere Fälle, auf die angespielt wird, die aber niemals veröffentlicht wurden ... jeder einzelne ein roter Pantoffel in der Holmesschen Landschaft.
Rote Pantoffeln liegen auch überall in Mithgar herum, und ab und zu hebe ich einen auf, untersuche ihn eingehend auf die beste mir mögliche Sherlock-Art und erzähle Ihnen, was ich sehe.
Einige rote Pantoffeln aus Mithgar waren: ein kleines silbernes Horn, das im Hort Schlomps gefunden wurde, ein Logbucheintrag hinsichtlich eines Kristallspeers, die Erwähnung eines lange gehüteten Geheimnisses der Châkka, ein Steinmesser, das in einem eisernen Turm verschwand, ein silbernes Schwert, das einem erschlagenen Elfenfürsten aus der Hand genommen wurde, und einige mehr.
Einige rote Pantoffeln sind gewaltig, wie zum Beispiel ein Wandteppich, auf dem ein Schlüsselaugenblick des Großen Bannkrieges dargestellt wird. Andere sind klein, haben aber gewaltige Auswirkungen, wie zum Beispiel ein Steinring, der einem unmöglichen Kind gegeben wird. Dies alles sind rote Pantoffeln, die ich eines Tages aufheben könnte, um nachzuschauen, welche faszinierenden Geschichten sie Ihnen und mir zu erzählen haben.
Aber es gibt ein Problem bei der Untersuchung, denn jedes Mal, wenn ich einen aufhebe, um seine Geschichte zu erzählen, scheinen mehr rote Pantoffeln herauszufallen.
Nun ja ...
Wie dem auch sei, begleiten Sie mich, wenn ich nun einen dieser roten Pantoffeln aufhebe, und lassen Sie uns nicht nur nachschauen, was wir finden, sondern auch, welche anderen roten Pantoffeln vielleicht herausfallen.
- DENNIS L. MCKIERNAN
1. Kapitel
Ein Blitz zuckte durch die Nacht, dessen greller Schein durch die schmalen Fenster drang. Ein Donnerschlag folgte ihm auf dem Fuß. Dann ging ein Wolkenbruch auf die kleine, baufällige Hafentaverne nieder, während der Wind an Tür und Seitenwänden rüttelte und einen lockeren Fensterladen hin und her schlagen ließ. Wellen schwappten heftig gegen das Pfahlwerk unter der Schänke.
Innerhalb des verwitterten Gebäudes war das Unwetter nicht ganz so laut, und Olar, der die spitzen Ellbogen auf die breite, raue Planke gestützt hatte, welche als Tresen diente, beugte sich vor und zischte Tryg zu: »Was wohl die beiden Frauenzimmer hier wollen, hm?« Er schob sein schmales Kinn seitwärts in Richtung der im Schatten liegenden Ecke, wo die beiden Fremden gerade außerhalb des gelben Lichtkreises der einzigen Laterne in der Taverne saßen, die über dem Tresen hing. »Vielleicht sind es Dirnen, die darauf hoffen, dass die Kaperfahrer wiederkommen, aye?«
Tryg, der Besitzer der Taverne »Schlupfwinkel«, schnaubte bei Olars Bemerkung, dann beugte er sich vor und sagte gerade so laut, dass sein Gegenüber ihn trotz des heulenden Windes und des prasselnden Regens verstehen konnte: »Lass sie nicht hören, wie du sie nennst, Junge, sonst könnten dir deine Familienjuwelen abhanden kommen.«
Yngli, die einzige andere Person in der Taverne, lachte bei dieser Bemerkung und schlug mit der Hand auf den Tresen, aber Olar sah Tryg überrascht an: »Warum sagst du das?«
»Weil eine von ihnen eine Elfe ist und die andere eine, eine ... tja, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber sie hat verdammt gefährlich aussehende Schwerter bei sich.«
Olar stieß einen leisen Pfiff durch die gespitzten Lippen aus und warf einen Blick auf die im Schatten liegende Ecke, als es gerade wieder blitzte und kurz darauf der Donner grollte.
Der Blitz beleuchtete kurz die Gesichter der Fremden, die sich als gleichermaßen anmutig und exotisch erwiesen. Die linke Frau hatte helle Haut - wie aus Elfenbein und Alabaster - und schräg stehende, haselnussbraune Augen. Kastanienfarbene Locken, durch welche spitze Ohren ragten, fielen ihr bis auf die Schultern. Die rechte Frau war von dunklerer Hautfarbe - Gold und Safran -, und ihre geschlitzten Mandelaugen funkelten wie Onyx. Die kurz geschnittenen, rabenschwarzen Haare glänzten seidig. Aber ihre Ohren waren nicht spitz.
Die Fremden saßen mit dem Rücken zur Wand in der Ecke, schweigend, ungerührt, als warteten sie auf ein unbekanntes Ereignis. Vor der Frau mit der safranfarbenen Haut lagen zwei blanke Schwerter, eines lang, das andere kürzer, beide leicht gekrümmt. Die Klingen funkelten tückisch im Licht eines neuerlichen Blitzes.
Olar erbleichte und richtete den Blick rasch wieder nach vorn. Nach einem Moment sagte er: »Was glaubst du, welcher Grund die beiden nach Mørkfjord geführt hat, hm?«
Tryg zuckte mit den Achseln, während er die Kanne neigte, um den Krug des hageren Fischers wieder zu füllen. »Sie suchen eine Reisegelegenheit, würde ich meinen, aye?«
Olar zog eine Augenbraue hoch, aber Yngli schüttelte den Kopf. »Ich glaube, dass sie gekommen sind, weil sie ein Drachenschiff samt Mannschaft anwerben wollen - um ihre Feinde zu überfallen, aye? Vielleicht warten sie auf die Rückkehr von Orris Boot, weil er als Erster rausgefahren ist und auch als Erster wiederkommen müsste, würde ich sagen.«
Regen prasselte herunter, als Olar noch einen raschen Seitenblick auf die nun wieder im Schatten liegende Ecke warf. Dann beugte er sich vor und schlürfte den Schaum von seinem Krug. »Die Elfe«, zischte er, nachdem er sich mit dem Handrücken den Mund abgewischt hatte, »glaubt ihr, sie ist eine Lian, eine dieser Hüter?«
Tryg schüttelte den Kopf. »Dafür ist sie zu klein. Eher eine von denen, die im tiefen Wald leben ...«
»Dylvana, meinst du?«, warf Yngli ein.
»Könnte gut sein.«
Yngli lächelte. »Dann hat sie meine Größe.«
Tryg sah das Grinsen auf Ynglis Gesicht. »Vielleicht hat sie deine Größe, mein kleiner Freund, aber wenn dich das auf Ideen bringt, solltest du deine Hoffnungen auf künftige Nachkommen gleich begraben, nach allem, was ich über DylvanaFrauen gehört habe.«
»Was ist mit der anderen?«, flüsterte Olar. »Glaubst du, die ist auch eine Elfe?«
Tryg zuckte die Achseln.
»Sie hat Schlitzaugen«, murmelte Yngli.
»Aber keine spitzen Ohren«, erwiderte Tryg.
Yngli beäugte die Schwerter. »Meint ihr, sie sind hier, um Ärger zu machen? Vielleicht sogar, um jemanden zu töten, der ihnen Unrecht getan hat?«
»Oder um ihm wichtige Teile abzuschneiden?«, fragte Olar schaudernd.
Tryg öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber in diesem Augenblick flog die klappernde Tür auf und ließ Wind, Regen und einen mageren alten Mann ein, dem das Wasser aus den ungekämmten Strähnen langer Haare, aus dem struppigen Bart und aus seinem ramponierten Mantel rann.
»Raus mit dir, Alos!«, schrie Tryg, um den Lärm des Gewitters zu übertönen. »Und mach die Tür hinter dir zu!« Der alte Mann schwankte noch ein paar Fuß weiter in die Taverne hinein und ließ dabei eine Spur der Nässe hinter sich zurück. »Ich hab's dir schon mal gesagt, ich will dich hier bei mir nicht sehen, Alos!« Der Tavernenwirt trat drohend hinter dem Tresen hervor, während der alte Mann mit seitlich abgewandtem Kopf etwas Unverständliches stammelte, abwehrend eine Hand hob und schwankend zwischen die wenigen Tische floh. Hinter ihm schlug die Tür im Takt mit dem lockeren Fensterladen auf und zu, und der Wind trieb Regenschwaden in die Taverne und ließ die Laterne an ihrer Kette hin und her schwingen. Die Schatten, die von ihrem Licht geworfen wurden, schwankten wie trunken an den Wänden umher.
Vor sich hin fluchend, ging Tryg auf den alten Mann los. »Halt die Tür für mich auf, Yngli«, rief der massige Tavernenwirt, »dann werfe ich diesen Tunichtgut hier raus.«
Yngli sprang auf, ging zu der klappernden Tür, hielt sie fest und stellte sich daneben, während Tryg den wimmernden alten Mann bedrängte.
Der Alte irrte ziellos im Schankraum umher und versuchte, Tryg auszuweichen. Schließlich duckte er sich unter einen Tisch, doch ohne Erfolg, denn der Tavernenwirt packte ihn rasch am Kragen seines Mantels und zerrte ihn darunter hervor. »Alos, ich hab dir gesagt, ich will dich nie wieder hier sehen.«
Im schwankenden Licht der Laterne schaute der alte Mann zu Tryg auf. Sein linkes Auge war braun und blutunterlaufen, das rechte hingegen blind und vollkommen weiß. »Nur einen Becher, Meister Tryg ...« - seine Stimme war jammervoll -, »... mehr brauche ich gar nicht.«
Die linke Hand an Alos' Kragen, die rechte im durchweichten Stoff seiner Hose, zog Tryg den Alten auf die Zehenspitzen hoch und beförderte ihn zur Tür, wo Yngli wartete. Doch Ynglis Augen weiteten sich plötzlich. Er stieß ein heiseres Keuchen aus und wich zögernd zurück, den Blick auf eine Stelle hinter Alos und Tryg gerichtet.
»Pass auf, Tryg«, japste Olar mehr, als dass er es rief. Gleichzeitig tönte ein »Halt!« aus den Schatten.
Tryg fuhr herum und schnappte unwillkürlich nach Luft. Alos in seinem Griff war praktisch vergessen, denn direkt hinter ihm stand die goldhäutige Frau, die Schwerter in den Händen, deren Klingen in dem wechselhaften Licht gefährlich glänzten. Sie hatte ihren Mantel zurückgelassen, und Tryg konnte zum ersten Mal erkennen, dass sie kein Kleid trug, wie eine anständige Dame es tun sollte, sondern stattdessen in braunes Leder gehüllt war - Weste, Hose und Stiefel. Auf die Weste waren gehämmerte Bronzeplättchen genäht, die wie Schuppen übereinander lagen. Darunter trug sie ein Seidenwams in der Farbe von Sahne. Ein braunes Lederstirnband, in das rote Zeichen geritzt waren, sorgte dafür, dass ihr die rabenschwarzen Haare nicht in das Gesicht mit den hohen Wangenknochen fielen. Wie ein Krieger stand sie da, ausbalanciert und sicher, und sie war zum Schlag bereit. Wie eine dieser jordischen Kriegermaiden ... nur dass sie mit ihren Schlitzaugen und der gelben Haut und allem sicher keine Jordierin ist.
Bewaffnet und gerüstet sah sie Tryg aus ihren schräg stehenden Augen dunkel und gleichmütig an. »Kanshu, meine Gebieterin möchte mit diesem Mann reden«, sagte sie ruhig und mit einem sonderbaren Akzent, während sie mit einem Kopfnicken auf Alos deutete. Der alte Mann grinste sie an und zeigte dabei ebenso viele Zahnlücken wie verbliebene gelblich braune Zähne.
Tryg warf einen Blick auf die Dylvana in der Ecke und wandte sich dann wieder an die Kriegerin. »Gute Frau, er ist doch nur ein bettelnder Trunkenbold, der nichts Gutes mit sich bringt.«
Die Schwerter bewegten sich ein wenig und funkelten dabei bedrohlich.
Endlich ließ Tryg von Alos ab. »Aber das geht auf Eure Kappe«, murmelte er leise, während er vor der Frau zurückwich. »Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.«
Betont würdevoll richtete Alos sich kerzengerade auf, packte die Aufschläge seines nassen Mantels, zog das Kleidungsstück gerade und reckte dabei seinen schmutzverkrusteten, mageren Hals. Dann richtete er sein weißes Auge auf seine Retterin, schüttelte den Kopf und grinste. »Zuerst genehmigen wir uns was zu trinken, aye?«
Die Frau mit den Schwertern beäugte ihn einen Moment ungerührt. Dann änderte sie mit einer raschen Drehung ihrer Hände den Griff um den Knauf ihrer Waffen und schob sie mit einer flüssiger Bewegung in die Scheiden zurück, machte auf dem Absatz kehrt und ging zu den Schatten, wo die Dylvana wartete. Der alte Mann leckte sich erwartungsvoll die Lippen, als er ihr tropfend folgte.
2. Kapitel
Noch bevor Tryg den Tisch wieder verlassen konnte, hatte der durchnässte alte Mann sein Ale heruntergestürzt und fuhr mit einem schmierige Finger den Rand des Bechers entlang, um den verbliebenen Schaum aufzuwischen und dann seinen Finger sauber zu lecken. Er sah zuerst Tryg und dann die beiden Damen erwartungsvoll an und grinste, während sein Kopf eifrig hin und her schwankte.
Die schwarzhaarige Kriegerin betrachtete ihn lediglich gleichmütig. Die Dylvana seufzte und schaute in das blinde Auge des alten Mannes, als wäge sie ihre Möglichkeiten ab.
Tryg wandte sich mit fragend hochgezogener Augenbraue an die Dylvana. Sie war ebenfalls wie ein Mann gekleidet und trug ein langärmliges, hellgrünes Seidenwams und eine ockerfarbene Hose, dazu braune Stiefel. Ihre kastanienfarbenen Haare wurden von einem grünen Seidenband gebändigt. Er schätzte, dass sie sieben oder acht Fingerbreit kleiner war als die safranhäutige Frau - also vielleicht nicht größer als vier Fuß sechs oder sieben -, obwohl das schwer zu sagen war, solange sie saß. Soweit er sehen konnte, war sie im Gegensatz zu ihrer Begleiterin unbewaffnet. Er räusperte sich. »Edle Dame?«
Sie musterte ihn mit ihren braunen Mandelaugen und nickte. Tryg nahm den leeren Krug und ging zum Tresen. Die ganze Aufmerksamkeit des alten Mannes gehörte jetzt seinem Rücken. »Der Tavernenwirt scheint zur anständigen Sorte zu gehören, Aiko«, sagte die Dylvana. »Ich glaube, er hätte unseren Gast auch losgelassen, wenn Ihr ihm Eure Schwerter nicht gezeigt hättet.«
Aikos wachsame Augen folgten Tryg ebenfalls. »Ein Schwert in der Hand sagt mehr als viele Worte, Dara.«
Die Dylvana lächelte, dann wandte sie sich an Alos, aber der Alte war völlig in die Beobachtung Trygs versunken, der seinen Becher nachfüllte. Die Dylvana seufzte erneut, sagte jedoch nichts, sondern musterte vielmehr das Gesicht des alten Mannes, wobei ihr Blick immer wieder zu seinem blinden Auge zurückkehrte.
Nach kurzer Zeit kam der Tavernenwirt wieder zum Tisch zurück, und Alos streckte beide leberfleckigen Hände aus, um den Becher begierig entgegenzunehmen. Wiederum leerte er ihn rasch und wischte den Restschaum auf, um ihn abzulecken. Er sah die Dylvana erwartungsvoll an und lächelte wieder, aber seine Miene verdüsterte sich rasch, als sie den Kopf schüttelte, Tryg mit einer Handbewegung entließ und sagte: »Zuerst reden wir, dann trinken wir vielleicht noch mehr Ale.«
»Aber mein Täubchen, ich könnte viel besser reden, wenn ...«
Aikos Hand zuckte flink wie eine Viper über den Tisch und schloss sich um das noch immer feuchte Handgelenk des Alten. »Kojiki, du wirst sie mit ›edle Dame‹ oder ›Dara‹ anreden«, zischte sie. Wie um ihre Worte zu unterstreichen, zuckte ein Blitz über den Nachthimmel, und ein greller Schein drang für einen Moment durch das Fenster, sodass die Umrisse von Aikos Gesicht deutlich hervortraten.
Der alte Mann wimmerte laut und versuchte sich zu befreien, doch ohne Erfolg.
»Aiko«, erklangen die leisen Worte der Dylvana. »Lasst ihn.«
Aiko stieß Alos grob von sich, und der alte Mann schob seinen Ärmel zurück, rieb sich sein Handgelenk und hielt nach Schaden Ausschau, ohne welchen zu finden.
»Dieser unreine Yodakari kann es nicht sein«, sagte Aiko zu der Elfe.
Die Dylvana schüttelte den Kopf. »Aiko, das wissen wir nicht.«
Einen Moment später sah Aiko weg, und der Blick ihrer dunklen Augen war wieder gleichmütig.
Die Dylvana griff über den Tisch, um Alos' Hand zu tätscheln, aber der alte Mann zog sie so rasch zurück, als ob sich ein giftiger Skorpion nähere. Sie brach die Geste ab und nahm stattdessen ihren Weinbecher, um in dessen Tiefen zu starren, als suche sie etwas darin. Schließlich stellte sie den Becher wieder auf den Tisch und sagte: »Ich werde Arin genannt, und meine Gefährtin heißt Aiko. Wir sind weit gereist, um nach Mørkfjord zu gelangen ... vielleicht, um Euch zu sprechen.«
Alos nickte, aber sein gesundes Auge war auf ihren fast vollen Weinbecher gerichtet, den sie geistesabwesend in ihrer Hand drehte.
»Sagt mir, Alos, seid Ihr die einzige einäugige Person in diesem Weiler?«
Für den Moment verblüfft, sah er sie an, und sein weißes Auge schien zu funkeln. Dann grinste er und sagte: »Soviel ich weiß, Täu... äh ... edle Arin.«
Bei dieser Antwort warf Arin einen kurzen Blick auf Aiko, doch die Kriegerin schüttelte lediglich den Kopf und sagte nichts. Arin widmete sich erneut Alos, der wieder ihren Weinbecher fixierte. Arin deckte den Becher mit der Hand ab, und ein Ausdruck resignierter Enttäuschung legte sich auf Alos' Gesicht, während er seufzend ausatmete und sie ansah.
Arin lehnte sich zurück, weg von dem Alten. Er riecht wie ein nasser Ziegenbock, und sein Atem würde ein Pferd umwerfen. Er ist über und über dreckverschmiert und hat mindestens seit einem Jahr oder noch länger weder Wasser noch Seife gesehen. Trotzdem könnte er derjenige sein, denn es scheint keine andere Möglichkeit zu geben, jedenfalls nicht in diesem Dorf.
»Wisst Ihr noch von einer anderen einäugigen Person, die hier in der Nähe lebt? Vielleicht in einem anderen Ort?«
Er schüttelte den Kopf und murmelte: »Ich weiß von keiner, edle Arin.«
»Euer blindes Auge, Alos, ist von Narbengewebe umgeben, wie bei einer alten Verbrennung. Wenn es Euch nichts ausmacht, darüber zu reden, dann erzählt mir doch bitte, wie es zu der Blindheit gekommen ist.«
Alos zuckte zusammen, schaute zu Boden und bedeckte sein weißes Auge mit der rechten Hand. »Ich nehme an, Ihr sucht einen Einäugigen, edle Arin, richtig?« Er ließ die Hand auf den Tisch sinken und starrte sie mit seinem weißen Auge an. »Wenn er eine Belohnung bekommen soll, bin ich Euer Mann. Wenn er eine bringen soll, bin ich es allerdings nicht.«
Arin lächelte. »Euer Akzent, Alos. Für meine Ohren klingt er nicht fjordländisch.«
»Ich bin eigentlich Tholier von Geburt. Von der Langen Küste.« Der Blick des alten Mannes wanderte von seinem leeren Becher zu Tryg. Dann fragte er flehentlich: »Gute Frau, könnten wir nicht noch einen Schluck trinken?«
Seine Augen weiteten sich, als Arin ihm ihren Becher zuschob, denn er bekam nur selten Wein zu trinken. Er hielt sich den beinah vollen Becher unter die Nase und genoss das Aroma. Vielleicht war dies ein Becher von Trygs Bestem, wo sie doch eine Dame war und eine Elfe noch dazu? Er trank den Wein in zwei Schlucken, und seine Wärme erfüllte seinen Magen und breitete sich von dort aus. Er schmatzte mit den Lippen und ließ seinen abgeleckten Finger auf dem Grund des Bechers kreisen, um nach dem einen oder anderen übrig gebliebenen Tropfen zu suchen.
Aiko starrte den verdreckten alten Mann gleichmütig mit ihren funkelnden dunklen Augen an, während er seinen Finger in den Mund schob, unter dessen gespaltenem Nagel noch eine Menge Schmutz vergraben war.
»Ah. Von der Langen Küste Thols«, sagte Arin. »Ja. Jetzt erkenne ich Euren Akzent. Doch wie kommt es, dass Ihr nun hier in Mørkfjord lebt?«
Alos atmete langsam aus und rülpste dann geräuschvoll. Ein angewiderter Ausdruck trat auf Aikos Gesicht, und sie rümpfte die Nase, schaute Arin an und hob eine Augenbraue, doch die Dylvana schüttelte lediglich den Kopf.
»Mein Schiff ... äh ... es ist gekentert«, erwiderte Alos. »Ja ... gekentert.«
Arin wartete darauf, dass er fortfuhr und die Umstände näher erklärte, doch er sagte nichts mehr.
Ein Blitz flammte auf, fast sofort gefolgt von lautem Donner, während Alos suchend in den Weinbecher starrte. Dann schob er den leeren Becher beiseite und richtete den Blick auf seinen Alekrug. Sein verbliebenes Auge weitete sich, und er setzte den Krug an, um noch einen Tropfen des Gebräus mit der Zunge aufzufangen, während der Regen auf das Tavernendach prasselte. Er schmatzte und rülpste wieder laut, und eine Blase aus schaumigem Speichel tauchte in einem Mundwinkel auf, die er rasch wieder einsog.
Aiko sah angewidert weg, doch Arin holte tief Luft und beugte sich vor. »Alos, es ist kein Zufall, dass wir hier bei Euch sind.«
»Hier? Im Schlupfwinkel? Bei mir?« Alos' gutes Auge verengte sich. »Woher wusstet Ihr, dass ich hier sein würde?«
Arin zuckte die Achseln. »Wir haben herumgefragt. Man sagte uns, Ihr würdet wahrscheinlich einen Zug durch die Tavernen machen, und es gibt nur drei in Mørkfjord. Diese hier ist Eurer ... Schlafstätte am nächsten.«
Mit den Fingern kämmte Alos die langen, nassen Strähnen weißer Haare rings um seinen Kopf und glättete seinen struppigen Bart. Er zupfte an den Aufschlägen seines durchweichten Mantels. Dann schaute er Arin an. »Dann seid Ihr also gekommen, um mit mir persönlich zu reden.«
Arin nickte. »Vielleicht.« Sie sah Aiko kurz an und wandte sich dann wieder an Alos. »Wir sind in einer Mission unterwegs, und es scheint so, als hättet Ihr damit zu tun.«
Aiko seufzte.
Das wässrige braune Auge des Alten weitete sich, und er sah sich nach Tryg um. Dann lächelte er sein lückenhaftes Grinsen und sagte zu Arin: »Eine Mission, sagt Ihr? Und ich habe damit zu tun? Nun denn, lasst uns mehr Wein trinken - oder vielleicht sogar Branntwein, was? -, während Ihr mir von dieser Mission erzählt, aye? Es muss gar nicht der beste Branntwein sein oder der beste Wein. Eigentlich könnte es auch Ale sein, wenn ich ...«
Durch den Gewitterlärm waren plötzlich Stimmen zu hören, und der Pier erbebte wie unter einem Schlag. Tryg trat hinter seinem Tresen hervor und ging zur Tür, aber Olar und Yngli waren vor ihm dort.
»Es ist ein Schiff«, rief Yngli, der nach draußen in den Regen lugte. »Es macht gerade fest.«
»Wer ist es?«, fragte Tryg.
»Schiffslaterne hin oder her, ich kann es nicht sagen«, erwiderte Yngli. »Ist zu dunkel in diesem verwünschten Regen.«
»Ein paar Leute kommen vom Schiff hierher«, sagte Olar. »Sie tragen irgendwas oder irgendwen auf einer Bahre.«
»Tretet zurück und passt auf«, befahl Tryg, »wenn sie in den Schlupfwinkel kommen.«
Aiko war bereits auf den Beinen und hatte ihre Schwerter gezückt. Arin hatte sich ebenfalls erhoben, obwohl ihre Hände leer waren. Hinter ihnen schlich Alos davon und verkroch sich in einer dunklen Ecke unter einem Tisch.
...
Übersetzung: Christian Jentzsch
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Dennis L. McKiernan
Dennis L. McKiernan wurde am 4. April 1932 in Missouri geboren. Im Alter von 18 Jahren trat er in die Air Force ein und kämpfte vier Jahre als Soldat im Korea-Krieg. Nach seiner Militärzeit studierte McKiernan Elektrotechnik. 31 Jahre lang arbeitete er als Ingenieur im Rüstungsbereich, bevor er sich entschloss, das Schreiben zum Beruf zu machen. Sein erstes Buch schrieb er 1977, während er sich von einem Autounfall erholte. Seitdem hat Dennis L. McKiernan über zwanzig Fantasy-Romane verfasst. Er lebt mit seiner Frau in Tuscon, Arizona und ist ein leidenschaftlicher Taucher und Motorradfahrer.
Bibliographische Angaben
- Autor: Dennis L. McKiernan
- 1936 Seiten, Maße: 13,2 x 19,1 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868009744
- ISBN-13: 9783868009743
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