Smaragdinsel - Eine Tasmanien-Saga
Van-Diemens-Land ist für die junge, freiheitsliebende Kate der letzte Ausweg: Nachdem sie in ihrer Heimatstadt in Südwales bei einem Arbeiteraufstand mitgemacht hat, wird sie als „Rebellin von Merthyr" verfolgt. Ihr Vater schickt sie auf...
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Produktinformationen zu „Smaragdinsel - Eine Tasmanien-Saga “
Van-Diemens-Land ist für die junge, freiheitsliebende Kate der letzte Ausweg: Nachdem sie in ihrer Heimatstadt in Südwales bei einem Arbeiteraufstand mitgemacht hat, wird sie als „Rebellin von Merthyr" verfolgt. Ihr Vater schickt sie auf die Schaffarm seines Bruders ans andere Ende der Welt - hier soll sie heiraten und ein sicheres Leben führen. Doch kaum in Van-Diemens-Land angekommen, trifft sie auf Rufus, einen Tunichtgut, der sie auf eigenartige Weise fasziniert - und auf Tarenore, eine Ureinwohnerin, die Kate im Handumdrehen für sich und ihren Kampf für die Aborigines gewinnt.
Lese-Probe zu „Smaragdinsel - Eine Tasmanien-Saga “
Smaragdinsel von Hanna Rose1
Wales, Merthyr Tydfil im Sommer 1828
Da braut sich was zusammen. Das gibt noch Ärger, da können Sie drauf wetten.« Die dickliche Frau, in deren dunklen Haaren sich schon breite graue Strähnen zeigten, nickte Kate zu. So als wollte sie ihrem Satz noch mehr Nachdruck verleihen. Gleichzeitig reichte sie ihr den Beutel mit der Milch und dem Brot, das Kate verlangt hatte. Die drehte sich neugierig um und sah durch das Fenster des Ladens auf die Straße. Kleine Gruppen von Männern standen dort zusammen, unterhielten sich und schüttelten dabei immer wieder die Fäuste. Sie sahen allesamt so aus, als ob sie Streit suchten. Fragend drehte Kate sich wieder zu Madam Annie um.
»Was ist passiert? Müssten die nicht alle schon längst unter Tage sein? So voll sieht es doch sonst um diese Zeit nicht aus ...«
»Sie haben es noch nicht gehört, Miss Kate?« Die Stimme der Ladenbesitzerin senkte sich zu einem Flüstern. »Homfray hat seinen Arbeitern einen Teil vom Geld gestrichen. Künftig bekommen sie dafür Blechgeld. So eine Art Schuldscheine, die er selbst herstellt. Und die sind nur in seinen eigenen Läden etwas wert. Die Jungs wollen sich das aber nicht gefallen lassen. Sie wollen selbst entscheiden, welches Brot sie essen und wo sie ihr Geld ausgeben. Seit gestern sind sie auf der Straße und machen miese Stimmung - und ich sage Ihnen: Das geht nicht mehr lange gut ...« Sie kniff ihre Lippen zusammen und nickte noch einmal so nachdrücklich, dass ihr Doppelkinn in Bewegung geriet.
Jetzt wurde Kate erst richtig neugierig. Sie trat an die Tür und spähte hinaus. Ein paar der Männer rollten ihre Hemdsärmel auf. Die dunklen Schatten in ihren Gesichtern zeigten, dass ihnen der Schlaf fehlte. Und eine ordentliche Rasur.
... mehr
Ohne die Augen von den Geschehnissen zu nehmen, fragte Kate weiter. »Warum tut Homfray so etwas? Er weiß doch, dass seine Arbeiter alles andere als ein friedlicher Haufen sind. Angeblich haben die Radicals bei denen viel Unterstützung. Mein Vater meint, das wird in den nächsten Jahren sowieso noch für Streit sorgen. Dabei haben die Radicals recht, finde ich. Der Reichtum von Merthyr ist doch nur dank der Arbeiter entstanden, sie müssten viel mehr an ihm beteiligt werden ...«
Madam Annie schüttelte den Kopf. »Welcher Reichtum? Wir haben schlechte Zeiten. Homfray geht das Geld aus. Der muss sparen!« Offensichtlich blieb ihr in diesem Laden nur wenig verborgen. »Ich hab gehört, der muss sonst verkaufen! «
Kate spuckte fast auf den Boden. »Homfray hat ein riesiges Haus, seine Angestellten tragen die feinsten Livreen, seine Pferde fressen aus goldenen Trögen. Er sollte besser an sich selbst sparen als an den Leuten, die seinen Reichtum mit ihrer Hände Arbeit geschaffen haben. Merthyr ist reich geworden durch die Minen und durch unser aller Arbeit - nicht durch die Homfrays dieser Welt!«
Sicher, ihre eigenen Hände hatten nichts mit dazu beigetragen, dass diese Stadt zur Eisenhauptstadt der Welt geworden war. Wer mit Stahl bauen wollte, konnte Merthyr in Südwales nicht außen vor lassen, das stand völlig außer Frage. Kate war mit diesem Wissen aufgewachsen, ihre Eltern hatten dafür gesorgt, dass sie stolz auf ihre Heimat war - auch wenn sie weder eine Mine besaßen noch in einer arbeiteten. Geoffrey Abercrombie war in der Stadtverwaltung tätig, und die einzigen Spuren, die seine Hände zeichneten, waren Tintenkleckse.
Beschwichtigend hob die Ladenbesitzerin die Hände. »Ist schon gut, Miss Kate, regen Sie sich nicht auf. Und trotzdem. Es läuft gerade nicht so gut, da müssen wir doch alle zusammenhalten. Immerhin lässt Homfray seine Leute nicht einfach verhungern ...«
Kate wirbelte herum. Ihre Locken, die an die Farbe frischer, soeben aus ihrer Schale geplatzter Kastanien erinnerten, standen zornig um ihr Gesicht. Ihre dunklen Augen funkelten. Sie stampfte mit ihren geschnürten Stiefeln auf dem Boden auf.
»Wie kurzsichtig kann man denn sein? Wenn Homfray seinen Dreck statt echten Geldes verteilt, dann wird niemand mehr in diesen Laden kommen, um bei dir zu kaufen. Du musst doch allmählich begreifen, dass hier sehr viel mehr auf dem Spiel steht als nur ein bisschen Blech statt Geld. Er darf seine Arbeiter nicht wie Leibeigene behandeln, darum geht es doch!« Auf ihren Wangen zeigten sich hektische Flecken. »Er soll sie bezahlen! Schließlich sind sie diejenigen, die wissen, wie man aus den Erzbrocken echtes Eisen gewinnt und Kanonen macht!«
Mit diesem Satz riss sie die Tür auf und rannte nach draußen. Erst als die Tür hinter ihr ins Schloss krachte, hielt Kate einen Augenblick inne. War jetzt wieder einmal ihr Temperament mit ihr durchgegangen? Der feine Sprühregen, der sich wie ein feiner Schleier auf ihr Gesicht legte, kühlte ihre erhitzte Haut, als sie überlegte, ob sie sich nicht besser umgehend bei Madam Annie entschuldigen sollte. Aufgeregt presste sie den Beutel mit ihren Besorgungen an die Brust und sah sich um. Aus dem Augenwinkel sah sie drei oder vier junge Männer um die nächste Ecke biegen. Sie hatten sich an den Armen untergehakt und gingen mit entschlossenem Schritt auf der Mitte der Straße.
»Keinen Dreck für unsere harte Arbeit!«, fingen sie an zu rufen. »Faire Bezahlung!«
Die vier hielten direkt auf Kate zu. »Zum Schuldengericht! «, brüllte einer der anderen Männer, der gerade eben noch in einer der Gruppen gestanden hatte. »Weg mit allen Schulden, dann geht's uns wieder gut!«
Die Schuldenkrise! Dieses Wort hatte Kate von ihrem Vater, der in der Stadtverwaltung arbeitete, in der letzten Zeit häufig genug gehört. Die Stadt und auch ihre Unternehmer hatten in den letzten Jahren weit über ihre Verhältnisse gelebt - jetzt drückten alle die Zinsen für die enormen Schulden. Aber: Konnte das Schuldengericht diese Zinsen überhaupt einfach so streichen? Kate hatte von ihrem Vater anderes gehört.
Aber mit dem Ziel, einen allgemeinen Zinserlass einzufordern, hatten die meisten Männer endlich einen Weg gefunden, ihren Zorn zu kanalisieren und hinauszuschreien. »Zum Schuldengericht!«
Die Gruppe lief an Kate vorbei. Ein blonder Mann hielt Kate einladend seinen angewinkelten Arm hin.
»Komm mit! Wir ziehen zum Schuldengericht! Wenn uns keine Zinsen mehr drücken, können wir endlich wieder ein menschenwürdiges Leben führen. Komm schon, hak dich ein!« Er lachte sie auffordernd an.
Ohne lange nachzudenken, tat Kate wie ihr geheißen und rannte mit. Ihr war klar, dass die Arbeiter mit den Schuldscheinen und Blechmünzen ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen konnten - und offenbar betrachteten sie eher die drückenden Zinsen als Problem als die Dreistigkeit des Unternehmers, der von einem Tag auf den anderen seine Arbeiter nicht mehr ordentlich bezahlte. Sie spürte die Wärme des jungen Mannes neben sich durch den Stoff ihres Kleides hindurch, der weiterhin jeden, dem er auf der Straße begegnete, dazu aufforderte, sich doch dem Protestzug anzuschließen. Es dauerte nicht lange, und Kate stimmte in sein Rufen mit ein.
»Zum Schuldengericht! Kein Dreck für harte Arbeit!«, rief sie im Takt mit den anderen. Nur wenige Frauen schlossen sich dem Zug an, aber Kate spürte, wie die Erregung der Protestierenden auf sie übergriff. Man durfte Unrecht nicht einfach hinnehmen, und diese jungen Männer wehrten sich zu Recht. Zumindest fühlte sich ihr Aufbegehren für Kate richtig an. So viel richtiger als das stumme Erdulden eines Schicksals, das schwer war und immer schwerer wurde. Die Gesichter der Arbeiter an den Stahlöfen wirkten oft so müde, dass Kate vor Mitleid fast verging. Weshalb sie insgeheim immer noch der Meinung war, dass die Männer besser zu Homfrays feinem Haus anstatt zum Gericht gezogen wären.
»Zum Schuldengericht!«, rief sie jedoch zu ihrem eigenen Erstaunen mit den anderen mit. Ihr Begleiter, der sie immer noch fest untergehakt hielt, lachte sie an. Ihr fielen die vielen Lachfältchen rings um seine Augen auf.
»Ich bin Rhys. Und wie heißt du?«
»Kate. Kate Abercrombie.«
Er nickte nur, reckte dann eine Faust in die Luft und rief wieder im Chor mit allen anderen: »Zum Schuldengericht!« Kate drehte sich um und sah, dass es inzwischen einige hundert Arbeiter waren, die ihnen folgten. Sie hielt für einen Moment die Luft an. So viele Menschen! Deren Stimme konnte man nicht mehr so einfach überhören! Die Minenbesitzer mussten doch einsehen, dass sie ohne ihre Arbeiter vor dem Ruin standen! Vor allem gute Arbeiter, die ihr Handwerk verstanden, waren selten. Ganz sicher würde Homfray mit seinen Arbeitern bald verhandeln müssen!
Sie überquerten die Gleise der Tram und standen dann vor dem Schuldengericht - einem altehrwürdigen Bau im Zentrum der stolzen südwalisischen Eisenstadt Merthyr Tydfi l. Die Menge, die sich auf dem Platz versammelte, schwoll in kurzer Zeit an. Immer mehr zornige junge Männer - und immerhin einige sehr wenige Frauen - riefen unaufhörlich: »Weg mit den Zinsen! Weg mit den Schulden! Wir wollen echtes Geld für unserer Hände Arbeit!«
Doch nichts rührte sich. Das graue Gebäude wirkte so verlassen und abweisend, dass der Protest der Arbeiter schnell in Zorn umschlug.
»Die Schweine wollen uns am langen Arm verhungern lassen!«, wisperte Rhys in Kates Ohr. »Die denken, wenn sie sich tot stellen, dann verziehen wir uns irgendwann und sie haben wieder ihre Ruhe. Da haben sie aber falsch gerechnet! «
»Was willst du tun?«, fragte Kate. »Ihr könnt doch nicht einfach die Tür eintreten ...«
Rhys sah sie mit einem Funkeln in den Augen an. »Können wir nicht, sagst du? Dann pass mal auf ...«
Er holte tief Luft und brüllte dann lautstark: »Nehmt das Gebäude auseinander! Verbrennt alle Unterlagen!«
Kate sah ihn erschrocken an. »Du kannst doch nicht gewaltsam ins Haus eindringen und dort alles kaputt machen. Das geht nicht, das ist ... verboten!«
Er lachte. »Aber es ist erlaubt, Arbeiter auszunehmen und ihnen alles an Kraft und Zeit abzuverlangen, sie dafür aber nicht ordentlich zu bezahlen? Es ist erlaubt, absurde Zinsen für geliehenes Geld zu verlangen - und uns weiterhin nur mit Schuldscheinen zu bezahlen? Nein. Wir verbrennen die Akten, dann kann jeder von uns wieder von vorne anfangen ...«
Kate war mit einem Mal Feuer und Flamme. So war es richtig, Rhys hatte recht. Es durfte nicht sein, dass immer nur die Reichen im Recht waren und die Armen sich brav an das hielten, was allgemein erlaubt oder verboten war. Und wenn Erstere den Forderungen der Minenarbeiter nun einmal kein Gehör schenken wollten, dann musste man sie eben dazu zwingen.
»Stürmt das Gebäude!«
Der Ruf breitete sich in Windeseile über den Platz aus. Schon flogen die ersten Pflastersteine in Richtung der großen Holztür, dann warfen sich mehrere kräftige Männer gegen die massiven Bretter. Jahrelange Arbeit in den Bergwerken hatte dafür gesorgt, dass ihre kräftigen Schultern wie gestählt waren. Schon nach wenigen Augenblicken gab die Tür splitternd nach, und der Eingangsbereich wurde sichtbar.
Die Menge ergoss sich in den Gang. Rhys nahm Kate an die Hand und zog sie mit sich ins Innere. Kate sah einen schmächtigen Angestellten in seinem kleinen Zimmer. Er warf sich vor seine Akten, rief immer wieder: »Aber das geht nicht! Das könnt ihr doch nicht machen ...« Aber schon wurden die ersten Blätter aus den dicken Mappen herausgerissen, flogen aus dem aufgerissenen Fenster und segelten durch den Nieselregen auf den nassen Boden vor dem Gerichtsgebäude, wo sie in Windeseile von vielen Füßen zu einem grauen Brei zertreten wurden.
Kate lächelte. Was für eine einfache Lösung für die vielen Schulden der armen Arbeiter.
Die Aufständischen zogen durch das ganze Gebäude. Einzelne Schränke fingen Feuer, andere fl ogen durch die Fenster nach draußen. Die Schreiber und Richter liefen vor dem geballten Zorn der Arbeiter davon. Flüchteten wie die Ratten von einem sinkenden Schiff, über schmale Treppen und Hinterausgänge, die sonst nur von Dienstboten benutzt wurden.
Seite an Seite mit Rhys machte Kate mit. Das Unrecht musste gesühnt und aus der Welt geschafft werden. Es war bereits später Nachmittag, als ihr auffiel, dass sie immer noch den Beutel mit den Einkäufen bei sich trug.
»Hunger?«, fragte sie und hielt das Brot fragend in die Höhe. Ein Dutzend Hände reckten sich ihr entgegen, jeder der Männer brach sich einen Brocken von dem Laib ab, trank danach einen Schluck aus der Milchflasche und rieb sich mit den Hemdsärmeln den Mund ab - dann zogen alle weiter. Kate ließ ihren leeren Beutel einfach liegen. An diesem Tag wurde Geschichte gemacht, da konnte sie nicht an so etwas Profanes wie einen Einkaufsbeutel denken. Sie fühlte sich so lebendig wie noch nie in ihrem Leben.
In einer kleinen Stube, direkt unter dem Dach des Schuldengerichts, hielten sie und Rhys einen Moment inne.
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«, wollte Kate wissen.
»Wir hören nicht auf, bevor nicht alle Unterlagen verbrannt oder zerrissen sind. Das Schuldengericht muss verschwinden «, erklärte ihr Rhys mit leuchtenden Augen. »Es kann nicht sein, dass wir auf halber Strecke stehen bleiben. Die vollkommene Befreiung von unseren Schulden muss unser Ziel sein. Und danach zwingen wir Homfray, uns ordentlich zu bezahlen. Er kann sich nicht länger in seiner Villa verstecken und es sich dort gutgehen lassen, während wir sein armseliges Brot kauen und unser Leben in seinen dunklen Minen und an glühenden Öfen verstreicht. Ich habe mein Handwerk so lange gründlich gelernt, dass ich auch weiß, was es wert ist.«
»Hast du keine Angst? Was, wenn sie sich wehren, womöglich sogar Truppen zu Hilfe rufen?« Kate sah ihn forschend an.
Rhys zuckte unbekümmert mit den Schultern. »Was sollten die Soldaten denn tun? Auf uns schießen? Das würden sie nie wagen, damit würde der Krieg doch erst richtig losgehen - und sie haben einen Teil der Arbeiter eben erst in Irland angeworben. Es war schwierig genug, sie alle hierherzulocken und dafür zu sorgen, dass die Maschinen nicht stillstehen. Wenn nun in Irland oder Schottland bekannt wird, dass man auf ebendiese Arbeiter schießt, wird keiner mehr herkommen. Nein, sie werden uns nur bedrohen und darauf setzen, dass wir in die Knie gehen.«
Er drehte sich um und verschwand wieder im engen Flur. Kate folgte ihm, neugierig, was wohl an diesem Tag noch alles geschehen würde. Vor den Fenstern zog bereits die Dämmerung auf, nicht mehr lange, und die walisische Stadt würde im Dunkeln liegen. Aber keiner der Aufständischen schien in diesem Augenblick daran zu denken, dass er nach Hause zu seiner Familie musste. Sie gingen jetzt von Zimmer zu Zimmer und legten brennende Tücher vor die Schränke. Es dauerte nicht lange, und die Flammen leckten an ihren Türen hinauf, eroberten die hölzernen Böden und entzündeten Tische und Stühle. Und erst als sich die Männer sicher waren, dass auch wirklich in jedem Zimmer der Feuerteufel wütete, retteten sie sich auf die Straße.
An Rhys' Seite stand Kate im Nieselregen und bewunderte den hellgelben Widerschein der Flammen, der auf den umstehenden Menschen lag. Ein paar von ihnen hatten sich an diesem Tag Fahnen gemacht, die jetzt leuchtend rot im Wind flatterten - das Symbol für diese Rebellion war geboren. Sie war sich sicher, an einem Tag mit dabei zu sein, an dem sich Merthyr in die Stadtchronik einschrieb - als ein Ort, an dem sich die Arbeiter nicht alles gefallen ließen. Sie hatten sich für ihre Rechte erhoben und würden sich nie wieder hinsetzen. Das Blut rauschte in ihren Adern, am liebsten hätte sie gesungen. Leise stimmte sie ein Lied an. Eines der alten walisischen Freiheitslieder, die von einem stolzen Land erzählten, das sich nichts und niemandem unterwarf. Rhys stimmte neben ihr mit ein - und nur wenig später hallte der ganze Platz wider von den Stimmen der Männer, die an eine bessere Zukunft im Zeichen der roten Flagge glaubten.
Erst nachdem die letzte Strophe verklungen war, blickte Kate sich um. Die Männer standen in der Dunkelheit zusammen, sahen der herbeigeeilten Feuerwehr zu, die dafür sorgte, dass die hoch auflodernden Flammen des Gerichtsgebäudes nicht auf die angrenzenden Häuser übergriffen. Retten konnten sie nichts mehr. Keine Unterlagen über Schulden, keine Urteile über säumige Zahler. Ganz allmählich zerstreuten sich die Aufständischen, verschwanden in den Pubs der Innenstadt, um dort noch weiter über ihre Heldentaten zu reden.
»Bist du morgen wieder hier?«
Rhys riss sie mit seiner Frage aus ihren Gedanken. Sie sah ihn überrascht an. »Geht es denn morgen weiter?«
Er nickte entschlossen. »Auf jeden Fall! Denn noch hat Homfray nicht erklärt, dass er uns wieder ordentlich bezahlen will - da wird doch wohl keiner der Männer so einfach in seine Mine zurückgehen, erneut die Spitzhacke zur Hand nehmen und so tun, als hätte es den heutigen Tag nicht gegeben. Nein, wir haben da etwas losgetreten, was sich nicht so einfach wieder stoppen lässt. Wir machen so lange weiter, bis er sich mit uns an einen Verhandlungstisch setzt und auf unsere Forderungen eingeht!«
»Arbeitest du überhaupt für Homfray?«
Kate sah ihr Gegenüber neugierig an. »Ich kann mich gar nicht erinnern, dich hier schon einmal gesehen zu haben! «
Er fuhr sich verlegen durch die Haare, die ohnehin schon in alle Richtungen abstanden. Der Ruß an seinen Fingern hinterließ einen breiten schwarzen Strich auf seiner Stirn und verlieh ihm ein noch verwegeneres Aussehen.
»Nein, das konntest du bislang auch schlecht. Ich bin erst vor ein paar Wochen aus dem Norden hierhergekommen, um nach Arbeit zu suchen. Bei Homfray habe ich eine Stelle gekriegt - aber gestern Morgen gab es kein Geld, sondern nur diese Blechstücke. Was soll ich damit? Meine Eltern warten darauf, dass ich ihnen ein bisschen Geld schicke - keinen Sack mit diesen wertlosen Dreckmünzen. Und sie haben mich gelehrt, dass ich mich gegen jedes Unrecht wehren soll!«
»Da haben deine Eltern ...« Kate schlug sich die Hand vor den Mund. »Meine Eltern! Sie werden sich Sorgen um mich machen, wenn ich nach Einbruch der Dunkelheit immer noch nicht nach Hause gekommen bin. Ich sollte heute Vormittag einfach nur Brot und Milch besorgen!«
»Du arbeitest gar nicht in der Mine?« Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck von Überraschung. »Warum bist du dann mit uns mit gelaufen? Ich habe gedacht, du würdest irgendwie für Homfray arbeiten. Oder wenigstens dein Bruder oder dein Verlobter.«
»Ich habe weder einen Bruder noch einen Verlobten«, erklärte Kate und stampfte dabei mit dem Fuß auf. »Ich kann es nur nicht leiden, wenn jemandem Unrecht widerfährt. «
Er nickte. »Dann ist es ja wohl nicht so sicher, dass wir uns morgen wiedersehen. Aber ich bedanke mich, dass du dich heute mit unserer Sache gemeingemacht hast. Es beweist, dass du ein großes Herz hast.«
Noch bevor sie begriff, was er im Schilde führte, hatte er sich schon tief über ihre Hand gebeugt und einen kräftigen Kuss darauf gedrückt. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und hielt sie mit der anderen sicherheitshalber vor ihrem Körper fest.
»Wie kannst du es wagen? Haben deine Eltern dich nicht gelehrt, dass man einen Handkuss immer nur andeutet - dabei aber niemals mit seinen Lippen die Haut der Dame berührt? « Sie war sich nicht sicher, ob sie wütend oder belustigt sein sollte.
Rhys lachte. »Das haben meine Eltern mich wohl gelehrt. Allein: Meine Art, den Handkuss auf diese Weise auszuführen, hat mir viel mehr Spaß gemacht. Noch viel mehr Spaß macht mir allerdings dieses hier ...« Damit beugte er sich ohne Vorankündigung vor und drückte ihr schmatzend einen Kuss auf die Wange. Ohne nachzudenken, verpasste Kate ihm eine Ohrfeige.
»Du bist unverschämt! Wenn die Soldaten dich erwischen, dann geschieht dir nur recht, denn du hast ganz offensichtlich Schwierigkeiten zu unterscheiden, was sich gehört - und was nicht.« Während ihres Wutausbruches hatte sie Rhys die ganze Zeit über ins Gesicht geblickt, auf dessen Wange der Abdruck ihrer Finger deutlich zu sehen war. Trotzdem schien er eher amüsiert zu sein.
»Liebste Kate, eine Frau, wie du es bist, ist genau das, was wir für unsere Sache brauchen: Du bist wie eine wütende Katze, und, nebenbei bemerkt, steht dir der Zorn gut zu Gesicht ...«
»Das hat dich nicht zu interessieren!« Zornig wandte Kate sich ab und machte sich auf den Nachhauseweg.
Hinter ihr ertönte ein lautes Lachen. »Dann sehe ich dich also morgen wieder hier vor dem Schuldengericht? Ich freue mich darauf, wir brauchen so schöne und wütende Gesichter wie das deine.«
Aufgebracht stapfte Kate davon. Was nahm sich dieser eingebildete Möchtegern-Rebell nur heraus? Bloß weil sie einen Tag lang seine Sache zu der ihren gemacht hatte, hatte er noch lange nicht das Recht, sie zu küssen. Noch dazu in aller Öffentlichkeit. Sie konnte nur hoffen, dass sie niemand dabei gesehen hatte. Je näher sie allerdings ihrem Elternhaus kam, desto mehr kühlte ihr Zorn ab und wich der Sorge, wie sie ihren Eltern nur erklären konnte, warum sie nach dem Einkauf nicht sofort nach Hause gekommen war - und nun zudem auch noch mit leeren Händen auftauchte und weder mit Brot noch mit Milch dienen konnte. Sogar ihren Beutel brachte sie nicht mehr mit zurück, der lag noch in einem Zimmer des Gerichts und war sicherlich zusammen mit der übrigen Ausstattung verbrannt.
Schon tauchte am Stadtrand von Merthyr das Haus ihrer Eltern vor ihr auf. Klein und gedrungen aus festem, grauem Stein und mit einem kleinen Garten, in dem ihre Mutter neben allerlei Gemüse auch immer einige wunderschön blühende Sträucher pflegte. Von der hölzernen Pforte führte ein Pfad zu der festen hölzernen Eingangstür. Kates Schritte wurden auf den letzten Metern langsam und zögerlich. Sie legte ihre Hand auf den Türknauf und lauschte, um zu hören, was sich im Innern des Hauses wohl abspielen mochte. Aber kein Ton drang durch das Holz nach draußen. Also fasste Kate sich ein Herz und öffnete entschlossen die Tür.
2
Der vertraute Geruch nach Kohlenfeuer, schwarzem Tee und getrockneten Rosenblättern, die ihre Mutter so gerne im Kaminzimmer verteilte, umfing sie. Kate liebte ihre Eltern, die ihr immer schon viele Freiheiten gelassen hatten. Wenn andere Eltern längst streng blickten und ihre Kinder ins Haus oder an den Tisch zurückbeorderten, durfte Kate immer noch mit fliegenden Haaren über die Felder rennen, den Schafhirten bei der Arbeit zusehen und dem Schmied bei seiner Arbeit die Nägel reichen. Ihre gesamte Kindheit über hatte sie aufgeschlagene Knie, blaue Flecken an den Ellbogen und im Sommer einen Sonnenbrand auf dem Nasenrücken gehabt.
»Mit der Freiheit kommt auch die Verantwortung«, hatte ihr Vater immer gesagt. »Ich verlasse mich darauf, dass du mein Vertrauen in dich nicht ausnutzt.«
Kate seufzte. Am heutigen Tag war Geschichte geschrieben worden, da konnte ihr Vater doch schwerlich von ihr verlangen, dass sie still am Herdfeuer saß? Sie ging die wenigen Schritte durch die kleine Eingangshalle, die eigentlich nur ein besserer Windfang war, und betrat das Ess- und Wohnzimmer der Familie Abercrombie. Ihre Mutter saß am Feuer und blickte von ihren Näharbeiten auf, ihr Vater stand mit einem Ruck aus seinem Lehnsessel auf und sah sie finster an.
»Darf ich dich fragen, warum du für einen einfachen Auftrag wie das Besorgen von Milch und Brot fast zwölf Stunden gebraucht hast? Die Stadt brennt, es ist alles andere als friedlich auf den Straßen, und du kommst nicht nach Hause?
Wo in aller Welt bist du gewesen?« Seine Stimme war mit jeder Frage lauter geworden.
So hatte Kate ihren Vater noch nie erlebt. Geoffrey Abercrombie war immer ruhig und gelassen, ihn brachte nichts aus der Ruhe. In den zwanzig Jahren, die sie jetzt zählte, war er höchstens ein Dutzend Mal laut geworden.
»Die Arbeiter wehren sich gegen die Ungerechtigkeit von Homfray. Sie sind auf der Straße, ich habe ihre Sache unterstützt ... Es schien mir richtig. Deswegen muss ich mich nicht schämen und auch nicht entschuldigen.« Ihre Stimme klang trotzig.
»Wie konntest du nur so etwas tun? Das ist kein Spiel - diese Rebellen haben heute das Schuldengericht angezündet! Das ist ein Verbrechen gegen die Krone, für das man mit dem Leben bezahlen kann. Es ist geradezu ein Wunder, dass noch keine Soldaten in Merthyr angekommen sind.« Ihr Vater musterte sie mit strenger Miene. »Und du hast dir das alles angesehen, als ob es einfach nur ein Theaterstück wäre? Bist du denn wirklich so auf Sensationen versessen? Ich dachte, ich hätte dich gelehrt, deinen Verstand zu benutzen! Wenn eine Situation gefährlich wird, dann hält man sich aus ihr heraus. Und den Kampf gegen die Mächtigen kann man nur verlieren, das musst du doch wissen.«
»Aber sie nehmen sich zu viel heraus! Homfray will seine Arbeiter nicht mehr mit Geld entlohnen! Sie bekommen Blechmünzen und Schuldscheine von ihm, das ist doch nicht richtig!« Kate spürte, wie sich in ihr wieder das Feuer der letzten Stunden regte. »Und bloß, weil es gefährlich ist, kann ich doch nicht einfach still sein!«
Ihr Vater sah sie nachdenklich an und schüttelte den Kopf. »Ich habe es immer unterstützt, wenn du dich für Schwächere eingesetzt und Gerechtigkeit für sie verlangt hast. Aber das hier, das ist zu groß für dich. Es ist eine Sache, ob du dich mit Madam Colby anlegst, weil sie ihr Dienstmädchen nicht gut behandelt - und eine ganz andere, ob du es gleich mit der britischen Krone aufnimmst. Nimm Vernunft an, Kate. Ich sage ja nicht, dass du nicht recht hast: Aber diese Sache ist zu gefährlich. Du wirfst deine gesamte Zukunft weg, wenn du dich darauf einlässt. Es mag ja sein, dass heute noch die klugen Köpfe und rechtschaffenen Handwerker zur Rebellion aufgerufen haben. Aber es wird nicht lange dauern, und die Hitzköpfe sind mit ihnen auf den Straßen. Und dann gnade uns Gott ...«
Trotzig sah Kate ihren Vater an. »Aber es wird sich nie etwas zum Besseren wenden, wenn immer nur alle den Kopf einziehen. Es waren heute so viele auf der Straße. Wir waren Hunderte. Die Krone kann doch nicht Hunderte von Arbeitern wegsperren - dann würde doch keiner mehr die Arbeit machen! Nein, wenn wir nur genügend sind, haben wir auch nichts zu befürchten.«
»Falsch. Eine Masse von Menschen war noch nie ein schlagkräftiges Argument. Wenn du das nicht einsiehst, werde ich dir wohl verbieten müssen, in den nächsten Tagen vor die Tür zu gehen. Wenn es darum geht, einen Aufstand niederzuschlagen, wird nicht lange gefackelt. Da kümmert es niemanden mehr, dass Homfray danach ein paar Wochen benötigen wird, um seinen Betrieb wieder zum Laufen zu bringen. Wichtig ist doch nur, dass die Arbeiter wieder ohne Murren unter Tage fahren und das Eisenerz fördern. Ich verspreche dir: Die Soldaten werden kommen. Und sie werden keine Sekunde Mitleid oder Verständnis für die Sache der Arbeiter haben.«
»Und diejenigen, die nicht von einer Kugel getroffen werden, landen danach im Gefängnis«, mischte sich jetzt Kates Mutter ein. »Kind, du kannst doch nicht wirklich wollen, dass du zusammen mit diesen Menschen im Kerker landest? Bleibe in den nächsten Tagen zu Hause. Wir können nur beten, dass dich heute keiner gesehen und erkannt hat.«
Die sanftmütige Frau nestelte aufgeregt an ihrer Stickarbeit herum. In solch einer aufgelösten Verfassung hatte Kate ihre Mutter noch nie gesehen. Für gewöhnlich bildete sie gemeinsam mit ihrem Vater ein Bollwerk der Ruhe und Gelassenheit. Beide waren stets von der stillen Trauer umgeben, dass ihnen das Schicksal nur ein einziges Kind geschenkt hatte - aber sie gingen liebevoll miteinander um und schenkten Kate so viel Aufmerksamkeit und Liebe, dass die Nachbarn nicht selten über sie als ein »verzogenes Gör« tuschelten. Was Geoffrey und Dorothy Abercrombie wahrscheinlich nicht einmal bemerkten oder aber stillschweigend übergingen.
Kate biss sich auf die Lippen. »Nein. Die Welt wird nicht besser, wenn ich mich ducke. Ich will in einer gerechteren Welt leben, dafür darf ich nicht immer an meine eigene Sicherheit denken. Ich gehe morgen wieder auf die Straße!«
»Ganz sicher nicht«, sagte ihr Vater mit einem drohenden Unterton in der Stimme. »Als dein Vater ist es meine Aufgabe, dir zu sagen, was in dieser Welt richtig und was falsch ist. Der Widerstand gegen die Krone ist ganz sicher falsch. Und die natürliche Ordnung, die vorsieht, dass viele Menschen arbeiten und einige wenige die Macht haben, kannst und sollst du nicht auf den Kopf stellen. Deshalb verbiete ich dir, dass du dich morgen wieder unter die Rebellen mischst. Deine Mutter und ich haben deinen Willen immer respektiert, aber jetzt musst du uns gehorchen. Hast du mich verstanden?«
Diesmal hatte er beim Sprechen nicht einmal seine Stimme erhoben. Er sah seiner Tochter lange und eindringlich in die Augen. Verzweifelt hob diese die Hände.
»Aber es kommt mir wie Verrat vor. Verrat an den Männern und Frauen, mit denen ich heute durch die Straßen gelaufen bin. Ich kann nicht glauben, dass ich morgen einfach hier am Feuer sitzen und nichts anderes zustande bringen soll als eine weitere gestickte Rose auf einem Kissen.« Kate spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten.
Ihre Mutter erhob sich und schloss sie in ihre Arme. »Tu es mir zuliebe«, wisperte sie in Kates Ohr. »Ich vertraue darauf, dass du das Richtige tun wirst. Setze nicht deine Zukunft für die Zukunft irgendwelcher Minenarbeiter aufs Spiel. Der Kampf, den sie führen, ist nicht der deine.«
Kate sah bei diesen Worten Rhys vor sich. Den Mann mit den blonden, ungekämmten Haaren und dem schwarzen Rußstreifen auf der Stirn, der ihr einen Kuss geraubt hatte. Morgen würde er ein anderes Mädchen bei der Hand nehmen und mit sich durch die Straßen zu einem neuen Abenteuer ziehen. Und sie würde nicht mehr am wirklichen Leben teilnehmen, sondern nur darauf warten, dass die Zeit verstrich. »Ich werde wahrscheinlich vor Langeweile und Sehnsucht nach dem wahren Leben sterben, Mama«, murmelte sie.
»Aber dafür bist du in Sicherheit«, lächelte Dorothy Abercrombie und strich ihrer Tochter über die Locken. »Dein Vater weiß schon, was gut für dich ist. Und jetzt geh auf dein Zimmer und wasche dich. In deinen Haaren und Kleidern hängt so viel Ruß und Rauch, dass dich auf der Straße nicht einmal jemand gesehen haben muss, um zu erraten, wo du heute gewesen bist.«
Langsam ging Kate die Stufen zu den niedrigen Räumen unter dem Dach nach oben. Auf der einen Seite des Flurs schliefen ihre Eltern, auf der anderen hatte sie eine schmale Kammer ganz für sich alleine. Eine Annehmlichkeit, die sie sehr zu schätzen wusste - hatte sie damit doch mehr Raum für sich als die meisten ihrer Freundinnen. Der Krug auf der Kommode ihres Zimmers war reichlich mit Wasser gefüllt, ein frisches Handtuch lag daneben.
Kate lächelte. Ihre Mutter hatte alles vorbereitet, sie war sich also sicher gewesen, dass ihre Tochter wieder wohlbehalten von ihrem Abenteuer nach Hause zurückkehren würde. Mit einem Seufzer ging Kate zu der kleinen Dachluke und sah durch das winzige Fenster auf die Stadt. Ein heller Widerschein am Himmel wies auf die Stelle hin, an der das Schuldengericht immer noch vor sich hin glühte. Etwas weiter weg erklangen alte walisische Kampflieder, wahrscheinlich aus mehreren Pubs, drei oder vier lachende, singende Männer zogen unweit des Hauses ihrer Eltern vorbei. Da draußen tobte nach wie vor das Leben, die jungen Männer von Merthyr waren sich sicher, dass sie einen wichtigen Sieg im Kampf gegen die Bonzen errungen hatten. Ob sie sich der Gefahr überhaupt bewusst waren, in der sie schwebten? Wenn Kates Vater recht hatte, dann würden morgen oder spätestens übermorgen die Soldaten der Krone eintreffen und hart durchgreifen. Merthyr sollte kein Vorbild für die Arbeiterschaft in anderen Städten Englands werden, den Aufstand zu proben. Dafür konnte kein Preis hoch genug sein.
Nachdenklich hauchte Kate ihren Atem gegen die Fensterscheibe und malte mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf die beschlagene Fläche. Die Nacht würde kühl werden, wenn die Männer nicht bald den Weg nach Hause antraten, würden sie frieren müssen. Aber sehr viel wichtiger war: Wer konnte die Rebellen warnen? Wer hatte genug Einblick in die Verwaltung des Städtchens, um zu verstehen, was auf die Männer zukam? Ganz allmählich verfestigte sich tief in ihrem Inneren der Gedanke, dass sie die Einzige war, die das heraufziehende Unglück noch abwenden konnte. Diese Handwerker hielten sich doch für unangreifbar in ihrem Stolz auf ihr Können und würden den Einmarsch der Soldaten entweder nicht vorhersehen oder aber glauben, siegreich aus der Konfrontation mit ihnen hervorgehen zu können.
Mit mechanischen, langsamen Handbewegungen wusch sie sich Gesicht und Hände und bürstete ihre Locken aus. Der Brandgeruch, der aus ihren Haaren aufstieg, weckte wieder die Erinnerung an die Stunden, die sie im Schuldengericht verbracht hatte. Wie viele der Männer würden morgen Abend wohl nicht mehr leben? Wer von ihnen würde den Soldaten wohl zum Opfer fallen, die die Ordnung wiederherstellen sollten?
Unruhig warf sie sich auf ihr schmales Bett. Sie konnte nicht noch einmal auf die Straße gehen, das hatte ihr der Vater deutlich zu verstehen gegeben. Und seinen Eltern sollte man gehorchen. Es dauerte lange, bis sie die Schritte der beiden endlich auf der Stiege hörte. Sie redeten leise miteinander, doch ihre Stimmen hatten einen ganz offensichtlich besorgten Tonfall.
Nur wenig später klappte die Tür zum Schlafzimmer ihrer Eltern zu, und im Haus der Abercrombies breitete sich Stille aus. Kate schloss ihre Augen und versuchte zu schlafen. Aber obwohl sie eine bleierne Müdigkeit nach all den Aufregungen des Tages in ihren Gliedern spürte, fand sie keine Ruhe. Immer wieder musste sie an Rhys' Schicksal denken - obwohl sie nicht einmal wusste, ob der junge Mann morgen tatsächlich wieder auf der Straße gehen würde, um für seine Rechte zu kämpfen. In der Stille der Nacht hörte sie das Schlagen ihres Herzens, und je mehr Stunden von den Glocken der Stadtkirche eingeläutet wurden, desto mehr wuchs in ihr die Gewissheit, dass sie etwas gegen die drohende Katastrophe unternehmen musste. Gehorsam konnte nicht so viel wert sein wie das Leben eines Menschen. Wie lange sie sich den Kopf auch zermarterte, es lief immer wieder auf diese eine Wahrheit heraus. Und so schlüpfte Kate, als sich am Horizont ein heller Streifen zeigte, schließlich entschlossen in ihr einfachstes Kleid aus dunkelblauem Tuch und band sich die Haare mit einem schwarzen Band fest nach hinten. Dann öffnete sie vorsichtig die knarrende Tür ihres Zimmers und schlich sich die Treppe nach unten. Seit ihrer Kindheit waren ihr diese Stufen vertraut, geübt stieg sie über die beiden hinweg, die knarrten.
Kate griff an den Knauf der Haustür, drückte leicht dagegen - und hielt mit einem leisen Fluch inne. Es mochte ja sein, dass ihre Eltern ihr vertrauten. Aber ganz offensichtlich nicht genug, um die Haustür unverschlossen zu lassen. Ihr Vater musste sie, bevor er zu Bett gegangen war, noch abgesperrt haben, um seine Tochter davon abzuhalten, eine Dummheit zu begehen.
Aber jetzt hatte Kate entschieden, ihre Gefährten vom Vortag zu warnen. Sie untersuchte die Fenster im Erdgeschoss, fand aber jedes einzelne verriegelt. Ihre Eltern kannten sie offensichtlich viel zu gut - ohne größeren Lärm zu verursachen, konnte Kate das Haus nicht verlassen.
Ohne zu zögern, ging Kate wieder die Treppe nach oben, mied erneut die knarrenden Stufen und stand Augenblicke später wieder in ihrem Zimmer. Mit einem schnellen Handgriff öffnete sie die Dachluke, griff in den Fensterrahmen und quetschte sich mit einiger Mühe durch ihn hindurch aufs Dach hinaus. Gut, dass sie im Gegensatz zu einigen ihrer Freundinnen weder mit sehr ausgeprägten weiblichen Rundungen noch mit viel Speck auf den Rippen aufwarten konnte - denn dann wäre ihr Abenteuer schon in diesem Augenblick beendet gewesen.
Einen kurzen Moment schöpfte sie Atem, dann kletterte sie vorsichtig die Regenrinne am Dach bis zum nächsten Fallrohr entlang. Langsam ließ sie sich an diesem in die Tiefe hinab und schwebte einen Augenblick lang einige Fuß hoch über dem Rasen, der das Haus umgab. Sie spähte nach unten und versuchte zu ermessen, wie weit sie wohl noch vom Boden entfernt war. Da löste sich das Rohr auf einmal mit einem lauten Quietschen aus der Wandverankerung, und Kate stürzte unsanft ins Gras. Ein stechender Schmerz in ihrem Knöchel ließ sie aufschreien. Mit der Hand vor dem Mund brachte sie sich selbst zum Schweigen. Sie kauerte auf der Erde und lauschte in die Dämmerung. Hatten die Eltern ihren wenig eleganten Ausbruch aus dem Haus mitbekommen?
Aber im Haus blieb es still. Trotz des Lärms waren die Abercrombies wohl mit einem gesunden Schlaf gesegnet - oder konnten sich keinen Reim auf den Krach machen. Mühsam richtete Kate sich wieder auf und griff mit einem leisen, nur wenig damenhaften Fluch an ihren Knöchel. Es war wohl nichts Schlimmeres passiert - aber als sie sich in Richtung Innenstadt auf den Weg machte, schmerzte sie jeder einzelne Schritt.
3
Als Erstes ging Kate zum Schuldengericht. Womöglich trieben sich die Rebellen ja immer noch in dessen unmittelbarer Nähe herum? Aber der Platz lag wie verwaist vor ihr, nur verkohlte Papiere trieben im Winde und in dem leichten Regen umher. Dazu stank es immer noch nach Feuer und nasser Asche.
Langsam humpelte Kate ins Zentrum der Stadt. Vielleicht schliefen die Rebellen ja noch allesamt? Dann konnte sie wieder zurück zu ihren Eltern gehen, ihnen von dem Missgeschick mit dem Fallrohr erzählen und sich gemütlich mit ihnen an den Frühstückstisch setzen. Wenn heute keine Rebellen mehr unterwegs waren, musste sie schließlich auch niemanden retten. Die Aussicht stimmte sie zuversichtlich. Fast hoffte sie schon, dass ihr niemand mehr begegnen möge - als sie plötzlich aus einem Pub in einer dunklen Nebengasse lauten Gesang erschallen hörte.
Kate zögerte, denn Frauen hatten in solchen Etablissements nichts verloren. Nicht am helllichten Tag und schon gar nicht an einem verregneten Morgen, an dem die Sonne den Kampf gegen die Wolken ganz sicher nicht gewinnen würde. Sie spähte durch eines der dreckigen Fenster ins Innere der Wirtschaft. Auf dem Tresen saßen drei Männer, schwenkten ihre Bierhumpen und sangen lauthals Lieder vom Kampf und Triumph über die Herren. Einer von ihnen war Rhys - und bei seinem Anblick setzte Kates Herz für einen Schlag aus.
Er sah immer noch so verwegen aus wie am gestrigen Abend, nur die Schatten auf seinen unrasierten Wangen waren dunkler geworden. Und er wirkte kein bisschen, als ob er an diesem Tag friedlich an seine Arbeitsstätte zurückkehren würde.
Sie fasste sich ein Herz und öffnete die Tür des Pubs. Die abgestandene Luft stank nach Männern, die schon viel zu lange keinen Waschzuber mehr benützt hatten. Keiner von ihnen beachtete Kate, als sie sich durch sie hindurch nach vorne Richtung Tresen drängte. Erst als sie direkt vor Rhys stand, schien dieser sie zu bemerken.
»Oh, wer ist denn da?«, lachte er mit einer Stimme, die ihm nicht mehr ganz gehorchte. »Meine schöne Rebellen- braut von gestern ist wieder da! Und sie ist sogar frisch gewaschen, stell sich das einer vor!« Er deutete eine Verbeugung an. »Was kann ich für dich tun, schöne Maid?«
Er hatte offensichtlich ein Ale zu viel getrunken. Wenn nicht sogar mehrere. Oder war er immer noch trunken vor Freude über den gelungenen Aufstand und die vielen Menschen, die auf der Straße waren?
»Du musst das alles abblasen«, zischte Kate und machte eine Handbewegung, die den Raum mit all seinen in ihm versammelten Männern mit einschloss. »Sag ihnen, dass sie nach Hause gehen sollen. Heute kommen die Soldaten. Oder morgen. Und die kennen kein Pardon. Sie werden kein Erbarmen mit euch haben, ganz sicher nicht!«
Doch Rhys schien ihr nicht einmal zugehört zu haben. Er klopfte auf das freie Stück Tresen neben sich, griff sie um die Taille und hob sie ohne viel Federlesens nach oben auf den freien Platz neben sich. Dabei drückte er ihr auch noch sein Bier in die Hände.
»Du bringst uns Glück!«, lachte er. »Schön, dass du wieder da bist!«
Unwirsch stellte Kate das Bier auf den Tresen, ohne einen
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Ohne die Augen von den Geschehnissen zu nehmen, fragte Kate weiter. »Warum tut Homfray so etwas? Er weiß doch, dass seine Arbeiter alles andere als ein friedlicher Haufen sind. Angeblich haben die Radicals bei denen viel Unterstützung. Mein Vater meint, das wird in den nächsten Jahren sowieso noch für Streit sorgen. Dabei haben die Radicals recht, finde ich. Der Reichtum von Merthyr ist doch nur dank der Arbeiter entstanden, sie müssten viel mehr an ihm beteiligt werden ...«
Madam Annie schüttelte den Kopf. »Welcher Reichtum? Wir haben schlechte Zeiten. Homfray geht das Geld aus. Der muss sparen!« Offensichtlich blieb ihr in diesem Laden nur wenig verborgen. »Ich hab gehört, der muss sonst verkaufen! «
Kate spuckte fast auf den Boden. »Homfray hat ein riesiges Haus, seine Angestellten tragen die feinsten Livreen, seine Pferde fressen aus goldenen Trögen. Er sollte besser an sich selbst sparen als an den Leuten, die seinen Reichtum mit ihrer Hände Arbeit geschaffen haben. Merthyr ist reich geworden durch die Minen und durch unser aller Arbeit - nicht durch die Homfrays dieser Welt!«
Sicher, ihre eigenen Hände hatten nichts mit dazu beigetragen, dass diese Stadt zur Eisenhauptstadt der Welt geworden war. Wer mit Stahl bauen wollte, konnte Merthyr in Südwales nicht außen vor lassen, das stand völlig außer Frage. Kate war mit diesem Wissen aufgewachsen, ihre Eltern hatten dafür gesorgt, dass sie stolz auf ihre Heimat war - auch wenn sie weder eine Mine besaßen noch in einer arbeiteten. Geoffrey Abercrombie war in der Stadtverwaltung tätig, und die einzigen Spuren, die seine Hände zeichneten, waren Tintenkleckse.
Beschwichtigend hob die Ladenbesitzerin die Hände. »Ist schon gut, Miss Kate, regen Sie sich nicht auf. Und trotzdem. Es läuft gerade nicht so gut, da müssen wir doch alle zusammenhalten. Immerhin lässt Homfray seine Leute nicht einfach verhungern ...«
Kate wirbelte herum. Ihre Locken, die an die Farbe frischer, soeben aus ihrer Schale geplatzter Kastanien erinnerten, standen zornig um ihr Gesicht. Ihre dunklen Augen funkelten. Sie stampfte mit ihren geschnürten Stiefeln auf dem Boden auf.
»Wie kurzsichtig kann man denn sein? Wenn Homfray seinen Dreck statt echten Geldes verteilt, dann wird niemand mehr in diesen Laden kommen, um bei dir zu kaufen. Du musst doch allmählich begreifen, dass hier sehr viel mehr auf dem Spiel steht als nur ein bisschen Blech statt Geld. Er darf seine Arbeiter nicht wie Leibeigene behandeln, darum geht es doch!« Auf ihren Wangen zeigten sich hektische Flecken. »Er soll sie bezahlen! Schließlich sind sie diejenigen, die wissen, wie man aus den Erzbrocken echtes Eisen gewinnt und Kanonen macht!«
Mit diesem Satz riss sie die Tür auf und rannte nach draußen. Erst als die Tür hinter ihr ins Schloss krachte, hielt Kate einen Augenblick inne. War jetzt wieder einmal ihr Temperament mit ihr durchgegangen? Der feine Sprühregen, der sich wie ein feiner Schleier auf ihr Gesicht legte, kühlte ihre erhitzte Haut, als sie überlegte, ob sie sich nicht besser umgehend bei Madam Annie entschuldigen sollte. Aufgeregt presste sie den Beutel mit ihren Besorgungen an die Brust und sah sich um. Aus dem Augenwinkel sah sie drei oder vier junge Männer um die nächste Ecke biegen. Sie hatten sich an den Armen untergehakt und gingen mit entschlossenem Schritt auf der Mitte der Straße.
»Keinen Dreck für unsere harte Arbeit!«, fingen sie an zu rufen. »Faire Bezahlung!«
Die vier hielten direkt auf Kate zu. »Zum Schuldengericht! «, brüllte einer der anderen Männer, der gerade eben noch in einer der Gruppen gestanden hatte. »Weg mit allen Schulden, dann geht's uns wieder gut!«
Die Schuldenkrise! Dieses Wort hatte Kate von ihrem Vater, der in der Stadtverwaltung arbeitete, in der letzten Zeit häufig genug gehört. Die Stadt und auch ihre Unternehmer hatten in den letzten Jahren weit über ihre Verhältnisse gelebt - jetzt drückten alle die Zinsen für die enormen Schulden. Aber: Konnte das Schuldengericht diese Zinsen überhaupt einfach so streichen? Kate hatte von ihrem Vater anderes gehört.
Aber mit dem Ziel, einen allgemeinen Zinserlass einzufordern, hatten die meisten Männer endlich einen Weg gefunden, ihren Zorn zu kanalisieren und hinauszuschreien. »Zum Schuldengericht!«
Die Gruppe lief an Kate vorbei. Ein blonder Mann hielt Kate einladend seinen angewinkelten Arm hin.
»Komm mit! Wir ziehen zum Schuldengericht! Wenn uns keine Zinsen mehr drücken, können wir endlich wieder ein menschenwürdiges Leben führen. Komm schon, hak dich ein!« Er lachte sie auffordernd an.
Ohne lange nachzudenken, tat Kate wie ihr geheißen und rannte mit. Ihr war klar, dass die Arbeiter mit den Schuldscheinen und Blechmünzen ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen konnten - und offenbar betrachteten sie eher die drückenden Zinsen als Problem als die Dreistigkeit des Unternehmers, der von einem Tag auf den anderen seine Arbeiter nicht mehr ordentlich bezahlte. Sie spürte die Wärme des jungen Mannes neben sich durch den Stoff ihres Kleides hindurch, der weiterhin jeden, dem er auf der Straße begegnete, dazu aufforderte, sich doch dem Protestzug anzuschließen. Es dauerte nicht lange, und Kate stimmte in sein Rufen mit ein.
»Zum Schuldengericht! Kein Dreck für harte Arbeit!«, rief sie im Takt mit den anderen. Nur wenige Frauen schlossen sich dem Zug an, aber Kate spürte, wie die Erregung der Protestierenden auf sie übergriff. Man durfte Unrecht nicht einfach hinnehmen, und diese jungen Männer wehrten sich zu Recht. Zumindest fühlte sich ihr Aufbegehren für Kate richtig an. So viel richtiger als das stumme Erdulden eines Schicksals, das schwer war und immer schwerer wurde. Die Gesichter der Arbeiter an den Stahlöfen wirkten oft so müde, dass Kate vor Mitleid fast verging. Weshalb sie insgeheim immer noch der Meinung war, dass die Männer besser zu Homfrays feinem Haus anstatt zum Gericht gezogen wären.
»Zum Schuldengericht!«, rief sie jedoch zu ihrem eigenen Erstaunen mit den anderen mit. Ihr Begleiter, der sie immer noch fest untergehakt hielt, lachte sie an. Ihr fielen die vielen Lachfältchen rings um seine Augen auf.
»Ich bin Rhys. Und wie heißt du?«
»Kate. Kate Abercrombie.«
Er nickte nur, reckte dann eine Faust in die Luft und rief wieder im Chor mit allen anderen: »Zum Schuldengericht!« Kate drehte sich um und sah, dass es inzwischen einige hundert Arbeiter waren, die ihnen folgten. Sie hielt für einen Moment die Luft an. So viele Menschen! Deren Stimme konnte man nicht mehr so einfach überhören! Die Minenbesitzer mussten doch einsehen, dass sie ohne ihre Arbeiter vor dem Ruin standen! Vor allem gute Arbeiter, die ihr Handwerk verstanden, waren selten. Ganz sicher würde Homfray mit seinen Arbeitern bald verhandeln müssen!
Sie überquerten die Gleise der Tram und standen dann vor dem Schuldengericht - einem altehrwürdigen Bau im Zentrum der stolzen südwalisischen Eisenstadt Merthyr Tydfi l. Die Menge, die sich auf dem Platz versammelte, schwoll in kurzer Zeit an. Immer mehr zornige junge Männer - und immerhin einige sehr wenige Frauen - riefen unaufhörlich: »Weg mit den Zinsen! Weg mit den Schulden! Wir wollen echtes Geld für unserer Hände Arbeit!«
Doch nichts rührte sich. Das graue Gebäude wirkte so verlassen und abweisend, dass der Protest der Arbeiter schnell in Zorn umschlug.
»Die Schweine wollen uns am langen Arm verhungern lassen!«, wisperte Rhys in Kates Ohr. »Die denken, wenn sie sich tot stellen, dann verziehen wir uns irgendwann und sie haben wieder ihre Ruhe. Da haben sie aber falsch gerechnet! «
»Was willst du tun?«, fragte Kate. »Ihr könnt doch nicht einfach die Tür eintreten ...«
Rhys sah sie mit einem Funkeln in den Augen an. »Können wir nicht, sagst du? Dann pass mal auf ...«
Er holte tief Luft und brüllte dann lautstark: »Nehmt das Gebäude auseinander! Verbrennt alle Unterlagen!«
Kate sah ihn erschrocken an. »Du kannst doch nicht gewaltsam ins Haus eindringen und dort alles kaputt machen. Das geht nicht, das ist ... verboten!«
Er lachte. »Aber es ist erlaubt, Arbeiter auszunehmen und ihnen alles an Kraft und Zeit abzuverlangen, sie dafür aber nicht ordentlich zu bezahlen? Es ist erlaubt, absurde Zinsen für geliehenes Geld zu verlangen - und uns weiterhin nur mit Schuldscheinen zu bezahlen? Nein. Wir verbrennen die Akten, dann kann jeder von uns wieder von vorne anfangen ...«
Kate war mit einem Mal Feuer und Flamme. So war es richtig, Rhys hatte recht. Es durfte nicht sein, dass immer nur die Reichen im Recht waren und die Armen sich brav an das hielten, was allgemein erlaubt oder verboten war. Und wenn Erstere den Forderungen der Minenarbeiter nun einmal kein Gehör schenken wollten, dann musste man sie eben dazu zwingen.
»Stürmt das Gebäude!«
Der Ruf breitete sich in Windeseile über den Platz aus. Schon flogen die ersten Pflastersteine in Richtung der großen Holztür, dann warfen sich mehrere kräftige Männer gegen die massiven Bretter. Jahrelange Arbeit in den Bergwerken hatte dafür gesorgt, dass ihre kräftigen Schultern wie gestählt waren. Schon nach wenigen Augenblicken gab die Tür splitternd nach, und der Eingangsbereich wurde sichtbar.
Die Menge ergoss sich in den Gang. Rhys nahm Kate an die Hand und zog sie mit sich ins Innere. Kate sah einen schmächtigen Angestellten in seinem kleinen Zimmer. Er warf sich vor seine Akten, rief immer wieder: »Aber das geht nicht! Das könnt ihr doch nicht machen ...« Aber schon wurden die ersten Blätter aus den dicken Mappen herausgerissen, flogen aus dem aufgerissenen Fenster und segelten durch den Nieselregen auf den nassen Boden vor dem Gerichtsgebäude, wo sie in Windeseile von vielen Füßen zu einem grauen Brei zertreten wurden.
Kate lächelte. Was für eine einfache Lösung für die vielen Schulden der armen Arbeiter.
Die Aufständischen zogen durch das ganze Gebäude. Einzelne Schränke fingen Feuer, andere fl ogen durch die Fenster nach draußen. Die Schreiber und Richter liefen vor dem geballten Zorn der Arbeiter davon. Flüchteten wie die Ratten von einem sinkenden Schiff, über schmale Treppen und Hinterausgänge, die sonst nur von Dienstboten benutzt wurden.
Seite an Seite mit Rhys machte Kate mit. Das Unrecht musste gesühnt und aus der Welt geschafft werden. Es war bereits später Nachmittag, als ihr auffiel, dass sie immer noch den Beutel mit den Einkäufen bei sich trug.
»Hunger?«, fragte sie und hielt das Brot fragend in die Höhe. Ein Dutzend Hände reckten sich ihr entgegen, jeder der Männer brach sich einen Brocken von dem Laib ab, trank danach einen Schluck aus der Milchflasche und rieb sich mit den Hemdsärmeln den Mund ab - dann zogen alle weiter. Kate ließ ihren leeren Beutel einfach liegen. An diesem Tag wurde Geschichte gemacht, da konnte sie nicht an so etwas Profanes wie einen Einkaufsbeutel denken. Sie fühlte sich so lebendig wie noch nie in ihrem Leben.
In einer kleinen Stube, direkt unter dem Dach des Schuldengerichts, hielten sie und Rhys einen Moment inne.
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«, wollte Kate wissen.
»Wir hören nicht auf, bevor nicht alle Unterlagen verbrannt oder zerrissen sind. Das Schuldengericht muss verschwinden «, erklärte ihr Rhys mit leuchtenden Augen. »Es kann nicht sein, dass wir auf halber Strecke stehen bleiben. Die vollkommene Befreiung von unseren Schulden muss unser Ziel sein. Und danach zwingen wir Homfray, uns ordentlich zu bezahlen. Er kann sich nicht länger in seiner Villa verstecken und es sich dort gutgehen lassen, während wir sein armseliges Brot kauen und unser Leben in seinen dunklen Minen und an glühenden Öfen verstreicht. Ich habe mein Handwerk so lange gründlich gelernt, dass ich auch weiß, was es wert ist.«
»Hast du keine Angst? Was, wenn sie sich wehren, womöglich sogar Truppen zu Hilfe rufen?« Kate sah ihn forschend an.
Rhys zuckte unbekümmert mit den Schultern. »Was sollten die Soldaten denn tun? Auf uns schießen? Das würden sie nie wagen, damit würde der Krieg doch erst richtig losgehen - und sie haben einen Teil der Arbeiter eben erst in Irland angeworben. Es war schwierig genug, sie alle hierherzulocken und dafür zu sorgen, dass die Maschinen nicht stillstehen. Wenn nun in Irland oder Schottland bekannt wird, dass man auf ebendiese Arbeiter schießt, wird keiner mehr herkommen. Nein, sie werden uns nur bedrohen und darauf setzen, dass wir in die Knie gehen.«
Er drehte sich um und verschwand wieder im engen Flur. Kate folgte ihm, neugierig, was wohl an diesem Tag noch alles geschehen würde. Vor den Fenstern zog bereits die Dämmerung auf, nicht mehr lange, und die walisische Stadt würde im Dunkeln liegen. Aber keiner der Aufständischen schien in diesem Augenblick daran zu denken, dass er nach Hause zu seiner Familie musste. Sie gingen jetzt von Zimmer zu Zimmer und legten brennende Tücher vor die Schränke. Es dauerte nicht lange, und die Flammen leckten an ihren Türen hinauf, eroberten die hölzernen Böden und entzündeten Tische und Stühle. Und erst als sich die Männer sicher waren, dass auch wirklich in jedem Zimmer der Feuerteufel wütete, retteten sie sich auf die Straße.
An Rhys' Seite stand Kate im Nieselregen und bewunderte den hellgelben Widerschein der Flammen, der auf den umstehenden Menschen lag. Ein paar von ihnen hatten sich an diesem Tag Fahnen gemacht, die jetzt leuchtend rot im Wind flatterten - das Symbol für diese Rebellion war geboren. Sie war sich sicher, an einem Tag mit dabei zu sein, an dem sich Merthyr in die Stadtchronik einschrieb - als ein Ort, an dem sich die Arbeiter nicht alles gefallen ließen. Sie hatten sich für ihre Rechte erhoben und würden sich nie wieder hinsetzen. Das Blut rauschte in ihren Adern, am liebsten hätte sie gesungen. Leise stimmte sie ein Lied an. Eines der alten walisischen Freiheitslieder, die von einem stolzen Land erzählten, das sich nichts und niemandem unterwarf. Rhys stimmte neben ihr mit ein - und nur wenig später hallte der ganze Platz wider von den Stimmen der Männer, die an eine bessere Zukunft im Zeichen der roten Flagge glaubten.
Erst nachdem die letzte Strophe verklungen war, blickte Kate sich um. Die Männer standen in der Dunkelheit zusammen, sahen der herbeigeeilten Feuerwehr zu, die dafür sorgte, dass die hoch auflodernden Flammen des Gerichtsgebäudes nicht auf die angrenzenden Häuser übergriffen. Retten konnten sie nichts mehr. Keine Unterlagen über Schulden, keine Urteile über säumige Zahler. Ganz allmählich zerstreuten sich die Aufständischen, verschwanden in den Pubs der Innenstadt, um dort noch weiter über ihre Heldentaten zu reden.
»Bist du morgen wieder hier?«
Rhys riss sie mit seiner Frage aus ihren Gedanken. Sie sah ihn überrascht an. »Geht es denn morgen weiter?«
Er nickte entschlossen. »Auf jeden Fall! Denn noch hat Homfray nicht erklärt, dass er uns wieder ordentlich bezahlen will - da wird doch wohl keiner der Männer so einfach in seine Mine zurückgehen, erneut die Spitzhacke zur Hand nehmen und so tun, als hätte es den heutigen Tag nicht gegeben. Nein, wir haben da etwas losgetreten, was sich nicht so einfach wieder stoppen lässt. Wir machen so lange weiter, bis er sich mit uns an einen Verhandlungstisch setzt und auf unsere Forderungen eingeht!«
»Arbeitest du überhaupt für Homfray?«
Kate sah ihr Gegenüber neugierig an. »Ich kann mich gar nicht erinnern, dich hier schon einmal gesehen zu haben! «
Er fuhr sich verlegen durch die Haare, die ohnehin schon in alle Richtungen abstanden. Der Ruß an seinen Fingern hinterließ einen breiten schwarzen Strich auf seiner Stirn und verlieh ihm ein noch verwegeneres Aussehen.
»Nein, das konntest du bislang auch schlecht. Ich bin erst vor ein paar Wochen aus dem Norden hierhergekommen, um nach Arbeit zu suchen. Bei Homfray habe ich eine Stelle gekriegt - aber gestern Morgen gab es kein Geld, sondern nur diese Blechstücke. Was soll ich damit? Meine Eltern warten darauf, dass ich ihnen ein bisschen Geld schicke - keinen Sack mit diesen wertlosen Dreckmünzen. Und sie haben mich gelehrt, dass ich mich gegen jedes Unrecht wehren soll!«
»Da haben deine Eltern ...« Kate schlug sich die Hand vor den Mund. »Meine Eltern! Sie werden sich Sorgen um mich machen, wenn ich nach Einbruch der Dunkelheit immer noch nicht nach Hause gekommen bin. Ich sollte heute Vormittag einfach nur Brot und Milch besorgen!«
»Du arbeitest gar nicht in der Mine?« Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck von Überraschung. »Warum bist du dann mit uns mit gelaufen? Ich habe gedacht, du würdest irgendwie für Homfray arbeiten. Oder wenigstens dein Bruder oder dein Verlobter.«
»Ich habe weder einen Bruder noch einen Verlobten«, erklärte Kate und stampfte dabei mit dem Fuß auf. »Ich kann es nur nicht leiden, wenn jemandem Unrecht widerfährt. «
Er nickte. »Dann ist es ja wohl nicht so sicher, dass wir uns morgen wiedersehen. Aber ich bedanke mich, dass du dich heute mit unserer Sache gemeingemacht hast. Es beweist, dass du ein großes Herz hast.«
Noch bevor sie begriff, was er im Schilde führte, hatte er sich schon tief über ihre Hand gebeugt und einen kräftigen Kuss darauf gedrückt. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück und hielt sie mit der anderen sicherheitshalber vor ihrem Körper fest.
»Wie kannst du es wagen? Haben deine Eltern dich nicht gelehrt, dass man einen Handkuss immer nur andeutet - dabei aber niemals mit seinen Lippen die Haut der Dame berührt? « Sie war sich nicht sicher, ob sie wütend oder belustigt sein sollte.
Rhys lachte. »Das haben meine Eltern mich wohl gelehrt. Allein: Meine Art, den Handkuss auf diese Weise auszuführen, hat mir viel mehr Spaß gemacht. Noch viel mehr Spaß macht mir allerdings dieses hier ...« Damit beugte er sich ohne Vorankündigung vor und drückte ihr schmatzend einen Kuss auf die Wange. Ohne nachzudenken, verpasste Kate ihm eine Ohrfeige.
»Du bist unverschämt! Wenn die Soldaten dich erwischen, dann geschieht dir nur recht, denn du hast ganz offensichtlich Schwierigkeiten zu unterscheiden, was sich gehört - und was nicht.« Während ihres Wutausbruches hatte sie Rhys die ganze Zeit über ins Gesicht geblickt, auf dessen Wange der Abdruck ihrer Finger deutlich zu sehen war. Trotzdem schien er eher amüsiert zu sein.
»Liebste Kate, eine Frau, wie du es bist, ist genau das, was wir für unsere Sache brauchen: Du bist wie eine wütende Katze, und, nebenbei bemerkt, steht dir der Zorn gut zu Gesicht ...«
»Das hat dich nicht zu interessieren!« Zornig wandte Kate sich ab und machte sich auf den Nachhauseweg.
Hinter ihr ertönte ein lautes Lachen. »Dann sehe ich dich also morgen wieder hier vor dem Schuldengericht? Ich freue mich darauf, wir brauchen so schöne und wütende Gesichter wie das deine.«
Aufgebracht stapfte Kate davon. Was nahm sich dieser eingebildete Möchtegern-Rebell nur heraus? Bloß weil sie einen Tag lang seine Sache zu der ihren gemacht hatte, hatte er noch lange nicht das Recht, sie zu küssen. Noch dazu in aller Öffentlichkeit. Sie konnte nur hoffen, dass sie niemand dabei gesehen hatte. Je näher sie allerdings ihrem Elternhaus kam, desto mehr kühlte ihr Zorn ab und wich der Sorge, wie sie ihren Eltern nur erklären konnte, warum sie nach dem Einkauf nicht sofort nach Hause gekommen war - und nun zudem auch noch mit leeren Händen auftauchte und weder mit Brot noch mit Milch dienen konnte. Sogar ihren Beutel brachte sie nicht mehr mit zurück, der lag noch in einem Zimmer des Gerichts und war sicherlich zusammen mit der übrigen Ausstattung verbrannt.
Schon tauchte am Stadtrand von Merthyr das Haus ihrer Eltern vor ihr auf. Klein und gedrungen aus festem, grauem Stein und mit einem kleinen Garten, in dem ihre Mutter neben allerlei Gemüse auch immer einige wunderschön blühende Sträucher pflegte. Von der hölzernen Pforte führte ein Pfad zu der festen hölzernen Eingangstür. Kates Schritte wurden auf den letzten Metern langsam und zögerlich. Sie legte ihre Hand auf den Türknauf und lauschte, um zu hören, was sich im Innern des Hauses wohl abspielen mochte. Aber kein Ton drang durch das Holz nach draußen. Also fasste Kate sich ein Herz und öffnete entschlossen die Tür.
2
Der vertraute Geruch nach Kohlenfeuer, schwarzem Tee und getrockneten Rosenblättern, die ihre Mutter so gerne im Kaminzimmer verteilte, umfing sie. Kate liebte ihre Eltern, die ihr immer schon viele Freiheiten gelassen hatten. Wenn andere Eltern längst streng blickten und ihre Kinder ins Haus oder an den Tisch zurückbeorderten, durfte Kate immer noch mit fliegenden Haaren über die Felder rennen, den Schafhirten bei der Arbeit zusehen und dem Schmied bei seiner Arbeit die Nägel reichen. Ihre gesamte Kindheit über hatte sie aufgeschlagene Knie, blaue Flecken an den Ellbogen und im Sommer einen Sonnenbrand auf dem Nasenrücken gehabt.
»Mit der Freiheit kommt auch die Verantwortung«, hatte ihr Vater immer gesagt. »Ich verlasse mich darauf, dass du mein Vertrauen in dich nicht ausnutzt.«
Kate seufzte. Am heutigen Tag war Geschichte geschrieben worden, da konnte ihr Vater doch schwerlich von ihr verlangen, dass sie still am Herdfeuer saß? Sie ging die wenigen Schritte durch die kleine Eingangshalle, die eigentlich nur ein besserer Windfang war, und betrat das Ess- und Wohnzimmer der Familie Abercrombie. Ihre Mutter saß am Feuer und blickte von ihren Näharbeiten auf, ihr Vater stand mit einem Ruck aus seinem Lehnsessel auf und sah sie finster an.
»Darf ich dich fragen, warum du für einen einfachen Auftrag wie das Besorgen von Milch und Brot fast zwölf Stunden gebraucht hast? Die Stadt brennt, es ist alles andere als friedlich auf den Straßen, und du kommst nicht nach Hause?
Wo in aller Welt bist du gewesen?« Seine Stimme war mit jeder Frage lauter geworden.
So hatte Kate ihren Vater noch nie erlebt. Geoffrey Abercrombie war immer ruhig und gelassen, ihn brachte nichts aus der Ruhe. In den zwanzig Jahren, die sie jetzt zählte, war er höchstens ein Dutzend Mal laut geworden.
»Die Arbeiter wehren sich gegen die Ungerechtigkeit von Homfray. Sie sind auf der Straße, ich habe ihre Sache unterstützt ... Es schien mir richtig. Deswegen muss ich mich nicht schämen und auch nicht entschuldigen.« Ihre Stimme klang trotzig.
»Wie konntest du nur so etwas tun? Das ist kein Spiel - diese Rebellen haben heute das Schuldengericht angezündet! Das ist ein Verbrechen gegen die Krone, für das man mit dem Leben bezahlen kann. Es ist geradezu ein Wunder, dass noch keine Soldaten in Merthyr angekommen sind.« Ihr Vater musterte sie mit strenger Miene. »Und du hast dir das alles angesehen, als ob es einfach nur ein Theaterstück wäre? Bist du denn wirklich so auf Sensationen versessen? Ich dachte, ich hätte dich gelehrt, deinen Verstand zu benutzen! Wenn eine Situation gefährlich wird, dann hält man sich aus ihr heraus. Und den Kampf gegen die Mächtigen kann man nur verlieren, das musst du doch wissen.«
»Aber sie nehmen sich zu viel heraus! Homfray will seine Arbeiter nicht mehr mit Geld entlohnen! Sie bekommen Blechmünzen und Schuldscheine von ihm, das ist doch nicht richtig!« Kate spürte, wie sich in ihr wieder das Feuer der letzten Stunden regte. »Und bloß, weil es gefährlich ist, kann ich doch nicht einfach still sein!«
Ihr Vater sah sie nachdenklich an und schüttelte den Kopf. »Ich habe es immer unterstützt, wenn du dich für Schwächere eingesetzt und Gerechtigkeit für sie verlangt hast. Aber das hier, das ist zu groß für dich. Es ist eine Sache, ob du dich mit Madam Colby anlegst, weil sie ihr Dienstmädchen nicht gut behandelt - und eine ganz andere, ob du es gleich mit der britischen Krone aufnimmst. Nimm Vernunft an, Kate. Ich sage ja nicht, dass du nicht recht hast: Aber diese Sache ist zu gefährlich. Du wirfst deine gesamte Zukunft weg, wenn du dich darauf einlässt. Es mag ja sein, dass heute noch die klugen Köpfe und rechtschaffenen Handwerker zur Rebellion aufgerufen haben. Aber es wird nicht lange dauern, und die Hitzköpfe sind mit ihnen auf den Straßen. Und dann gnade uns Gott ...«
Trotzig sah Kate ihren Vater an. »Aber es wird sich nie etwas zum Besseren wenden, wenn immer nur alle den Kopf einziehen. Es waren heute so viele auf der Straße. Wir waren Hunderte. Die Krone kann doch nicht Hunderte von Arbeitern wegsperren - dann würde doch keiner mehr die Arbeit machen! Nein, wenn wir nur genügend sind, haben wir auch nichts zu befürchten.«
»Falsch. Eine Masse von Menschen war noch nie ein schlagkräftiges Argument. Wenn du das nicht einsiehst, werde ich dir wohl verbieten müssen, in den nächsten Tagen vor die Tür zu gehen. Wenn es darum geht, einen Aufstand niederzuschlagen, wird nicht lange gefackelt. Da kümmert es niemanden mehr, dass Homfray danach ein paar Wochen benötigen wird, um seinen Betrieb wieder zum Laufen zu bringen. Wichtig ist doch nur, dass die Arbeiter wieder ohne Murren unter Tage fahren und das Eisenerz fördern. Ich verspreche dir: Die Soldaten werden kommen. Und sie werden keine Sekunde Mitleid oder Verständnis für die Sache der Arbeiter haben.«
»Und diejenigen, die nicht von einer Kugel getroffen werden, landen danach im Gefängnis«, mischte sich jetzt Kates Mutter ein. »Kind, du kannst doch nicht wirklich wollen, dass du zusammen mit diesen Menschen im Kerker landest? Bleibe in den nächsten Tagen zu Hause. Wir können nur beten, dass dich heute keiner gesehen und erkannt hat.«
Die sanftmütige Frau nestelte aufgeregt an ihrer Stickarbeit herum. In solch einer aufgelösten Verfassung hatte Kate ihre Mutter noch nie gesehen. Für gewöhnlich bildete sie gemeinsam mit ihrem Vater ein Bollwerk der Ruhe und Gelassenheit. Beide waren stets von der stillen Trauer umgeben, dass ihnen das Schicksal nur ein einziges Kind geschenkt hatte - aber sie gingen liebevoll miteinander um und schenkten Kate so viel Aufmerksamkeit und Liebe, dass die Nachbarn nicht selten über sie als ein »verzogenes Gör« tuschelten. Was Geoffrey und Dorothy Abercrombie wahrscheinlich nicht einmal bemerkten oder aber stillschweigend übergingen.
Kate biss sich auf die Lippen. »Nein. Die Welt wird nicht besser, wenn ich mich ducke. Ich will in einer gerechteren Welt leben, dafür darf ich nicht immer an meine eigene Sicherheit denken. Ich gehe morgen wieder auf die Straße!«
»Ganz sicher nicht«, sagte ihr Vater mit einem drohenden Unterton in der Stimme. »Als dein Vater ist es meine Aufgabe, dir zu sagen, was in dieser Welt richtig und was falsch ist. Der Widerstand gegen die Krone ist ganz sicher falsch. Und die natürliche Ordnung, die vorsieht, dass viele Menschen arbeiten und einige wenige die Macht haben, kannst und sollst du nicht auf den Kopf stellen. Deshalb verbiete ich dir, dass du dich morgen wieder unter die Rebellen mischst. Deine Mutter und ich haben deinen Willen immer respektiert, aber jetzt musst du uns gehorchen. Hast du mich verstanden?«
Diesmal hatte er beim Sprechen nicht einmal seine Stimme erhoben. Er sah seiner Tochter lange und eindringlich in die Augen. Verzweifelt hob diese die Hände.
»Aber es kommt mir wie Verrat vor. Verrat an den Männern und Frauen, mit denen ich heute durch die Straßen gelaufen bin. Ich kann nicht glauben, dass ich morgen einfach hier am Feuer sitzen und nichts anderes zustande bringen soll als eine weitere gestickte Rose auf einem Kissen.« Kate spürte, wie ihr die Tränen in die Augen traten.
Ihre Mutter erhob sich und schloss sie in ihre Arme. »Tu es mir zuliebe«, wisperte sie in Kates Ohr. »Ich vertraue darauf, dass du das Richtige tun wirst. Setze nicht deine Zukunft für die Zukunft irgendwelcher Minenarbeiter aufs Spiel. Der Kampf, den sie führen, ist nicht der deine.«
Kate sah bei diesen Worten Rhys vor sich. Den Mann mit den blonden, ungekämmten Haaren und dem schwarzen Rußstreifen auf der Stirn, der ihr einen Kuss geraubt hatte. Morgen würde er ein anderes Mädchen bei der Hand nehmen und mit sich durch die Straßen zu einem neuen Abenteuer ziehen. Und sie würde nicht mehr am wirklichen Leben teilnehmen, sondern nur darauf warten, dass die Zeit verstrich. »Ich werde wahrscheinlich vor Langeweile und Sehnsucht nach dem wahren Leben sterben, Mama«, murmelte sie.
»Aber dafür bist du in Sicherheit«, lächelte Dorothy Abercrombie und strich ihrer Tochter über die Locken. »Dein Vater weiß schon, was gut für dich ist. Und jetzt geh auf dein Zimmer und wasche dich. In deinen Haaren und Kleidern hängt so viel Ruß und Rauch, dass dich auf der Straße nicht einmal jemand gesehen haben muss, um zu erraten, wo du heute gewesen bist.«
Langsam ging Kate die Stufen zu den niedrigen Räumen unter dem Dach nach oben. Auf der einen Seite des Flurs schliefen ihre Eltern, auf der anderen hatte sie eine schmale Kammer ganz für sich alleine. Eine Annehmlichkeit, die sie sehr zu schätzen wusste - hatte sie damit doch mehr Raum für sich als die meisten ihrer Freundinnen. Der Krug auf der Kommode ihres Zimmers war reichlich mit Wasser gefüllt, ein frisches Handtuch lag daneben.
Kate lächelte. Ihre Mutter hatte alles vorbereitet, sie war sich also sicher gewesen, dass ihre Tochter wieder wohlbehalten von ihrem Abenteuer nach Hause zurückkehren würde. Mit einem Seufzer ging Kate zu der kleinen Dachluke und sah durch das winzige Fenster auf die Stadt. Ein heller Widerschein am Himmel wies auf die Stelle hin, an der das Schuldengericht immer noch vor sich hin glühte. Etwas weiter weg erklangen alte walisische Kampflieder, wahrscheinlich aus mehreren Pubs, drei oder vier lachende, singende Männer zogen unweit des Hauses ihrer Eltern vorbei. Da draußen tobte nach wie vor das Leben, die jungen Männer von Merthyr waren sich sicher, dass sie einen wichtigen Sieg im Kampf gegen die Bonzen errungen hatten. Ob sie sich der Gefahr überhaupt bewusst waren, in der sie schwebten? Wenn Kates Vater recht hatte, dann würden morgen oder spätestens übermorgen die Soldaten der Krone eintreffen und hart durchgreifen. Merthyr sollte kein Vorbild für die Arbeiterschaft in anderen Städten Englands werden, den Aufstand zu proben. Dafür konnte kein Preis hoch genug sein.
Nachdenklich hauchte Kate ihren Atem gegen die Fensterscheibe und malte mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf die beschlagene Fläche. Die Nacht würde kühl werden, wenn die Männer nicht bald den Weg nach Hause antraten, würden sie frieren müssen. Aber sehr viel wichtiger war: Wer konnte die Rebellen warnen? Wer hatte genug Einblick in die Verwaltung des Städtchens, um zu verstehen, was auf die Männer zukam? Ganz allmählich verfestigte sich tief in ihrem Inneren der Gedanke, dass sie die Einzige war, die das heraufziehende Unglück noch abwenden konnte. Diese Handwerker hielten sich doch für unangreifbar in ihrem Stolz auf ihr Können und würden den Einmarsch der Soldaten entweder nicht vorhersehen oder aber glauben, siegreich aus der Konfrontation mit ihnen hervorgehen zu können.
Mit mechanischen, langsamen Handbewegungen wusch sie sich Gesicht und Hände und bürstete ihre Locken aus. Der Brandgeruch, der aus ihren Haaren aufstieg, weckte wieder die Erinnerung an die Stunden, die sie im Schuldengericht verbracht hatte. Wie viele der Männer würden morgen Abend wohl nicht mehr leben? Wer von ihnen würde den Soldaten wohl zum Opfer fallen, die die Ordnung wiederherstellen sollten?
Unruhig warf sie sich auf ihr schmales Bett. Sie konnte nicht noch einmal auf die Straße gehen, das hatte ihr der Vater deutlich zu verstehen gegeben. Und seinen Eltern sollte man gehorchen. Es dauerte lange, bis sie die Schritte der beiden endlich auf der Stiege hörte. Sie redeten leise miteinander, doch ihre Stimmen hatten einen ganz offensichtlich besorgten Tonfall.
Nur wenig später klappte die Tür zum Schlafzimmer ihrer Eltern zu, und im Haus der Abercrombies breitete sich Stille aus. Kate schloss ihre Augen und versuchte zu schlafen. Aber obwohl sie eine bleierne Müdigkeit nach all den Aufregungen des Tages in ihren Gliedern spürte, fand sie keine Ruhe. Immer wieder musste sie an Rhys' Schicksal denken - obwohl sie nicht einmal wusste, ob der junge Mann morgen tatsächlich wieder auf der Straße gehen würde, um für seine Rechte zu kämpfen. In der Stille der Nacht hörte sie das Schlagen ihres Herzens, und je mehr Stunden von den Glocken der Stadtkirche eingeläutet wurden, desto mehr wuchs in ihr die Gewissheit, dass sie etwas gegen die drohende Katastrophe unternehmen musste. Gehorsam konnte nicht so viel wert sein wie das Leben eines Menschen. Wie lange sie sich den Kopf auch zermarterte, es lief immer wieder auf diese eine Wahrheit heraus. Und so schlüpfte Kate, als sich am Horizont ein heller Streifen zeigte, schließlich entschlossen in ihr einfachstes Kleid aus dunkelblauem Tuch und band sich die Haare mit einem schwarzen Band fest nach hinten. Dann öffnete sie vorsichtig die knarrende Tür ihres Zimmers und schlich sich die Treppe nach unten. Seit ihrer Kindheit waren ihr diese Stufen vertraut, geübt stieg sie über die beiden hinweg, die knarrten.
Kate griff an den Knauf der Haustür, drückte leicht dagegen - und hielt mit einem leisen Fluch inne. Es mochte ja sein, dass ihre Eltern ihr vertrauten. Aber ganz offensichtlich nicht genug, um die Haustür unverschlossen zu lassen. Ihr Vater musste sie, bevor er zu Bett gegangen war, noch abgesperrt haben, um seine Tochter davon abzuhalten, eine Dummheit zu begehen.
Aber jetzt hatte Kate entschieden, ihre Gefährten vom Vortag zu warnen. Sie untersuchte die Fenster im Erdgeschoss, fand aber jedes einzelne verriegelt. Ihre Eltern kannten sie offensichtlich viel zu gut - ohne größeren Lärm zu verursachen, konnte Kate das Haus nicht verlassen.
Ohne zu zögern, ging Kate wieder die Treppe nach oben, mied erneut die knarrenden Stufen und stand Augenblicke später wieder in ihrem Zimmer. Mit einem schnellen Handgriff öffnete sie die Dachluke, griff in den Fensterrahmen und quetschte sich mit einiger Mühe durch ihn hindurch aufs Dach hinaus. Gut, dass sie im Gegensatz zu einigen ihrer Freundinnen weder mit sehr ausgeprägten weiblichen Rundungen noch mit viel Speck auf den Rippen aufwarten konnte - denn dann wäre ihr Abenteuer schon in diesem Augenblick beendet gewesen.
Einen kurzen Moment schöpfte sie Atem, dann kletterte sie vorsichtig die Regenrinne am Dach bis zum nächsten Fallrohr entlang. Langsam ließ sie sich an diesem in die Tiefe hinab und schwebte einen Augenblick lang einige Fuß hoch über dem Rasen, der das Haus umgab. Sie spähte nach unten und versuchte zu ermessen, wie weit sie wohl noch vom Boden entfernt war. Da löste sich das Rohr auf einmal mit einem lauten Quietschen aus der Wandverankerung, und Kate stürzte unsanft ins Gras. Ein stechender Schmerz in ihrem Knöchel ließ sie aufschreien. Mit der Hand vor dem Mund brachte sie sich selbst zum Schweigen. Sie kauerte auf der Erde und lauschte in die Dämmerung. Hatten die Eltern ihren wenig eleganten Ausbruch aus dem Haus mitbekommen?
Aber im Haus blieb es still. Trotz des Lärms waren die Abercrombies wohl mit einem gesunden Schlaf gesegnet - oder konnten sich keinen Reim auf den Krach machen. Mühsam richtete Kate sich wieder auf und griff mit einem leisen, nur wenig damenhaften Fluch an ihren Knöchel. Es war wohl nichts Schlimmeres passiert - aber als sie sich in Richtung Innenstadt auf den Weg machte, schmerzte sie jeder einzelne Schritt.
3
Als Erstes ging Kate zum Schuldengericht. Womöglich trieben sich die Rebellen ja immer noch in dessen unmittelbarer Nähe herum? Aber der Platz lag wie verwaist vor ihr, nur verkohlte Papiere trieben im Winde und in dem leichten Regen umher. Dazu stank es immer noch nach Feuer und nasser Asche.
Langsam humpelte Kate ins Zentrum der Stadt. Vielleicht schliefen die Rebellen ja noch allesamt? Dann konnte sie wieder zurück zu ihren Eltern gehen, ihnen von dem Missgeschick mit dem Fallrohr erzählen und sich gemütlich mit ihnen an den Frühstückstisch setzen. Wenn heute keine Rebellen mehr unterwegs waren, musste sie schließlich auch niemanden retten. Die Aussicht stimmte sie zuversichtlich. Fast hoffte sie schon, dass ihr niemand mehr begegnen möge - als sie plötzlich aus einem Pub in einer dunklen Nebengasse lauten Gesang erschallen hörte.
Kate zögerte, denn Frauen hatten in solchen Etablissements nichts verloren. Nicht am helllichten Tag und schon gar nicht an einem verregneten Morgen, an dem die Sonne den Kampf gegen die Wolken ganz sicher nicht gewinnen würde. Sie spähte durch eines der dreckigen Fenster ins Innere der Wirtschaft. Auf dem Tresen saßen drei Männer, schwenkten ihre Bierhumpen und sangen lauthals Lieder vom Kampf und Triumph über die Herren. Einer von ihnen war Rhys - und bei seinem Anblick setzte Kates Herz für einen Schlag aus.
Er sah immer noch so verwegen aus wie am gestrigen Abend, nur die Schatten auf seinen unrasierten Wangen waren dunkler geworden. Und er wirkte kein bisschen, als ob er an diesem Tag friedlich an seine Arbeitsstätte zurückkehren würde.
Sie fasste sich ein Herz und öffnete die Tür des Pubs. Die abgestandene Luft stank nach Männern, die schon viel zu lange keinen Waschzuber mehr benützt hatten. Keiner von ihnen beachtete Kate, als sie sich durch sie hindurch nach vorne Richtung Tresen drängte. Erst als sie direkt vor Rhys stand, schien dieser sie zu bemerken.
»Oh, wer ist denn da?«, lachte er mit einer Stimme, die ihm nicht mehr ganz gehorchte. »Meine schöne Rebellen- braut von gestern ist wieder da! Und sie ist sogar frisch gewaschen, stell sich das einer vor!« Er deutete eine Verbeugung an. »Was kann ich für dich tun, schöne Maid?«
Er hatte offensichtlich ein Ale zu viel getrunken. Wenn nicht sogar mehrere. Oder war er immer noch trunken vor Freude über den gelungenen Aufstand und die vielen Menschen, die auf der Straße waren?
»Du musst das alles abblasen«, zischte Kate und machte eine Handbewegung, die den Raum mit all seinen in ihm versammelten Männern mit einschloss. »Sag ihnen, dass sie nach Hause gehen sollen. Heute kommen die Soldaten. Oder morgen. Und die kennen kein Pardon. Sie werden kein Erbarmen mit euch haben, ganz sicher nicht!«
Doch Rhys schien ihr nicht einmal zugehört zu haben. Er klopfte auf das freie Stück Tresen neben sich, griff sie um die Taille und hob sie ohne viel Federlesens nach oben auf den freien Platz neben sich. Dabei drückte er ihr auch noch sein Bier in die Hände.
»Du bringst uns Glück!«, lachte er. »Schön, dass du wieder da bist!«
Unwirsch stellte Kate das Bier auf den Tresen, ohne einen
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Autoren-Porträt von Hanna Rose
Hanna Rose ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Autorin. Geboren in Düsseldorf und aufgewachsen in München hat Hanna Rose sich während des Studiums der Politik und der Geschichte immer gerne und ausgiebig in der Welt umgesehen – so war sie ein Jahr in Neuseeland und Australien (auch Tasmanien), ein weiteres Jahr in Irland und auch in den USA. Danach arbeitete sie einige Jahre als Journalistin und wurde Chefredakteurin einer namhaften Zeitschrift. Heute schreibt sie ihre Bücher in der Weinstraße in der Pfalz, wo sie mit ihrer Familie lebt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Hanna Rose
- 448 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863654358
- ISBN-13: 9783863654351
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