Der Olivenhain
Roman. Deutsche Erstausgabe
Seit vielen Jahren bauen die Kellers Oliven an. Nun will ein Forscher herausfinden, warum die weiblichen Nachkommen der Familie ein besonders langes Leben haben. Dabei stößt er auf ein Netz aus gut gehüteten Familiengeheimnissen. Bald ist nichts mehr, wie es vorher war.
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Produktinformationen zu „Der Olivenhain “
Seit vielen Jahren bauen die Kellers Oliven an. Nun will ein Forscher herausfinden, warum die weiblichen Nachkommen der Familie ein besonders langes Leben haben. Dabei stößt er auf ein Netz aus gut gehüteten Familiengeheimnissen. Bald ist nichts mehr, wie es vorher war.
Klappentext zu „Der Olivenhain “
Sonnige Hügel, köstliche Oliven und das Geheimnis des GlücksSeit vielen Generationen leben die Kellers im sonnigen Kildron und bauen Oliven an. Sie sind keine gewöhnliche Familie, denn durch eine besondere Veranlagung haben die weiblichen Nachkommen ein besonders langes Leben, und die älteste, Anna, ist 112 Jahre alt. Als ein Forscher auf die Familie aufmerksam wird, versetzt er sie in große Unruhe. Auf der Suche nach dem Grund der mysteriösen Langlebigkeit stößt er auf ein Netz aus gut gehüteten Familiengeheimnissen, und es kommen einige Wahrheiten ans Tageslicht, denen die Keller-Frauen bisher immer aus dem Weg gegangen sind. Von da an ist nichts mehr, wie es war ...
Lese-Probe zu „Der Olivenhain “
Der Oliven Hain von Courtney Miller SantoAus dem Amerikanischen von Bettina Seifried und Carina Tessari
TEIL EINS
Anna im Herbst
Kapitel 1.
Ankunft
Anna Davison Keller wollte der älteste Mensch der Welt werden. Sie fand, dass ihr diese Ehre zustand, denn sie hatte auf den Körper, den Gott ihr geschenkt hatte, immer sehr gut aufgepasst. Jeden Tag machte sie ein kleines Drama aus ihrem Morgengebet und kniete direkt nach dem Aufstehen nieder, denn man wusste ja nie, ob Gott gerade zusah. Sie redete ganz offen mit ihm, wenn sie ihn bat, an die einhundertzwölf Jahre, die sie nun schon am Leben war, noch ein paar Tage dranzuhängen und das Mark in ihren Knochen und den Saft in den Eingeweiden nicht versiegen zu lassen. Anna sprach zwar nicht offen aus, dass den lästigen Chinesen, der ihr den Titel abspenstig machen wollte, der Schlag treffen solle, doch nach all den Jahren kannte Gott sie sicher gut genug und würde das in ihrem Herzen lesen.
Der Sommer hatte sich ungewöhnlich lang hingezogen, das ganze Tal wirkte jetzt welk und verdorrt. An diesem frühen Novembermorgen war es drückend schwül, obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war. Während sich Anna im Dunkeln anzog, stupste ihr Terrier Bobo sie schon ungeduldig in die Fersen, um sie zur Tür zu lotsen. Die Zeit vor Sonnenaufgang gehörte ihr ganz allein, und sie brauchte diese Ruhe, um die übrige Zeit des Tages freundlich zu ihrer Tochter und ihrer Enkelin sein zu können, die mit ihr in dem gepflegten Haus lebten. Viele hielten die drei Frauen für Schwestern. Anna fand das blödsinnig, aber so waren die jungen Leute eben: Über Sechzigjährige waren für unter Dreißigjährige alle gleich alt - steinalt.
... mehr
Sie hatte keine Lust auf den Marmeladetoast, den sie sich aus Gewohnheit geschmiert hatte, und plötzlich fiel ihr auf, wie viel Zeit sie mit derlei sinnlosen Handgriffen vergeudete. Lustlos biss sie einmal hinein, dann warf sie Bobo den Rest hin und trat hinaus auf die Veranda auf der Rückseite des Hauses. Schon seit Tagen war sie unruhig wegen des angekündigten Besuchs eines Doktors. Als Genforscher war er sehr an Anna und ihren Nachfahren interessiert. Soweit sie es verstanden hatte, hoffte dieser Doktor, den Schlüssel zur Langlebigkeit zu finden, der sich anscheinend irgendwo in den Genen bestimmter Leute versteckte, die er Super Ager nannte. Anna hielt das für die müßige Suche nach dem Heiligen Gral, doch das behielt sie lieber für sich, denn aus ihrem Mund klang das irgendwie lächerlich.
Gottlob kam er heute endlich, denn das Warten hatte sie davon abgehalten, sich um die lebenserhaltenden Dinge zu kümmern, wie zum Beispiel Schlafen. Letzte Nacht war sie sogar von wilden Träumen heimgesucht worden, mit undeutlichen Bildern von Nabelschnüren und dem Gesicht einer Frau, die sie nicht genau erkennen konnte. Auch ihr Appetit hatte gelitten, und immer, wenn sie versuchte, etwas zu essen, schäumte ihr die Magensäure hoch bis in die Kehle. Sie brauchte dringend Ablenkung, deshalb nahm sie sich heute früh die Oliven vor.
Die Wiese hinunter zum Hain lag noch grau und nass vom Tau in der ersten Dämmerung. Anna lehnte sich über das Geländer und blickte Bobo nach, der die Stufen durchs hohe Gras zu den Olivenplantagen hinunterlief. Es war noch ziemlich dunkel, die Bäume waren kaum zu erkennen, doch sie hörte den Nordwind durch die Blätter rascheln. Sie schürzte die Lippen. Eine besorgte Stimme murmelte in ihr: Mach dich auf zur Nachlese, an den Bäumen hängen noch viele pralle Oliven, die bald platzen werden. Hunderte von Früchten fallen bei jedem Windhauch von den Zweigen und verrotten am Boden - ein wahres Festmahl für Schädlinge!
Solche Gewissensbisse plagten sie nach jeder Erntesaison. Die Pflücker ernteten etwa neun Zehntel der Früchte, doch Anna hasste Verschwendung. Diese Sparsamkeit lag vermutlich in der Familie. Wie war das noch mal? Jeder echte Schotte würde beim Anblick des Eiffelturms fragen, welcher Idiot all den guten Stahl vergeudet hatte. Sie zog die Galoschen über ihre Stiefel und leerte den Korb aus, in dem das Feuerholz lagerte. Wenn sie es nicht machte, würde sich niemand um die Nachlese kümmern. Sie hoffte inständig, eines Tages wenigstens einen einzigen Baum vollständig abzuernten, auch wenn das aussichtslos war.
Am Fuße des Hügels wurde sie von Bobo überschwänglich begrüßt. Sie bückte sich, um ihn zu streicheln. Als sie sich aufrichtete, merkte sie plötzlich, dass sie von diesem Novembermorgen abgedriftet war in die Erinnerung an etwas, das sich vor über hundert Jahren zugetragen hatte. Manchmal überlagerten sich die Zeitstränge in ihrem Bewusstsein, und zuweilen schienen ihr ihre Eltern so lebendig, als wären sie erst gestern gestorben, dabei war es schon über siebzig Jahre her. Sie wusste, dass ihr Gehirn alle Lebenserfahrungen speicherte und plötzlich Erinnerungen freisetzen konnte, die schon jahrzehntelang verschüttet gewesen waren.
Nun also kitzelte sie der altbekannte Geruch von Baumwollflanell in der Nase, und aus der Ferne hörte sie ein Kichern. Diese Erinnerungsspur führte weit in die Vergangenheit zurück, Anna konnte kaum älter als zehn gewesen sein. Mit ihrem Bruder Wealthy sammelte sie damals Oliven von den grauen Wolltüchern, die unter den Bäumen auf der taunassen Erde ausgelegt waren. Die guten Oliven kamen in den einen Korb, die bereits aufgeplatzten oder runzligen Früchte in einen anderen.
Nachdem sie eine Weile brav ihre Pflicht erfüllt hatten, setzten sie sich im Schneidersitz auf die Decke und spielten Fingerklatschen. Anna war viel langsamer als ihr Bruder, und ihre Handflächen waren schon ganz rot, weil er sie immer wieder erwischte. Ihre Hände schwebten direkt über seinen, und sie lauerte auf die geringste Bewegung von Wealthy. Sie wollte unbedingt gewinnen, wollte seine Hände schlagen. Keiner von beiden bemerkte den Vater, der sie mit zusammengekniffenen Augen im Schatten eines Olivenbaums beobachtete.
Er war ein großer, stattlicher Mann. Anna dachte oft, wenn man seine Haut abschälte wie eine aufgeplatzte Baumrinde, käme darunter bestimmt grünes Holz zum Vorschein. Seine Schläge waren wie die einer biegsamen Gerte, denn sie federten leicht zurück. Er schlug Wealthy mit der flachen Hand aufs Ohr und schalt sie erbost wegen der vertanen Zeit. Anna erkannte ihre Chance, schlug dem Bruder auf die Hand und rannte schnell weg. Sie erinnerte sich, wie sie sich noch einmal umdrehte und die beiden mit offenem Mund dastehen sah, zuerst wütend, dann belustigt, bevor sie stolperte und hinfiel.
Es war nur eine kleine Platzwunde, die rasch heilte und keine Narben hinterließ. Doch sie blutete, als wäre eine Schlagader getroffen worden. »Wunden am Kopf sind nie gut«, sagte ihr Vater und besah sich den Riss über ihrem linken Auge. Mit einem Taschentuch tupfte er das Blut ab und befahl Wealthy, Spinnweben zu sammeln. Als er wiederkam, hielt er einen pappigen, länglichen Wulst aus Fäden in der geschlossenen Faust. Behutsam zupften sie kleine Stückchen ab und klebten sie auf die offene Wunde, bis die Blutung gestillt war.
Am Rande des Hains blieb Anna stehen und fluchte. Trotz des ersten Dämmerlichts war es noch nicht hell genug unter den Bäumen, deren dichte Blätter selbst in der Mittagssonne viel Licht verschluckten und den Hain in ein schattiges Halbdunkel tauchten. Zu dumm. Eigentlich hätte sie es wissen müssen. Sie hasste es, wenn sie sich dumm vorkam, erst recht durch ihre eigenen Fehler. Verstimmt strich sie über ihre linke Braue, glättete die Falten, und tastete die Stelle mit den Fingerspitzen ab. Nichts. Keine Kerbe, nicht die kleinste Unregelmäßigkeit, die ihre Erinnerung bezeugen konnte. Doch sie war sicher, dass es so gewesen war.
Das Violett des Himmels verfärbte sich langsam zu Blau. Vorsichtig schritt sie den Rand des Hains ab, wo sie die am Boden liegenden Früchte bereits schemenhaft erkennen konnte. Mit der Hand ertastete sie die übrig gebliebenen Oliven an den Zweigen und konnte auf Anhieb sagen, ob sie genug Öl hergeben würden.
Das Wunder der Spinnweben war eine neue Geschichte, sie musste ihrer Tochter, ihrer Enkelin, und allen, die ihr zuhören würden, unbedingt davon erzählen. Es machte Anna Sorgen, dass die Generationen nach ihr so vieles nicht wussten. Sie musste jemanden finden, der ihr zuhörte, und zwar wirklich zuhörte. Die Menschen hassten alte Leute. Selbst in ihrer eigenen Familie dachten alle, sie hätten längst alles von Anna gelernt. Sie wurde nicht mehr um Rat gefragt und konnte keine Geschichte anfangen, ohne dass ihre Tochter oder ihre Enkelin ihr ins Wort fiel und sie zu Ende erzählte. Sie hatten ja keine Ahnung, was alles noch überliefert werden musste. Es würde ein ganzes Leben dauern, bis sie ihnen alle ihre Geheimnisse erzählt hätte, und zwei Menschenleben hatte sie schon hinter sich.
Über den Bergkuppen in der Ferne ging die Sonne auf, als Anna zwischen die Bäume trat.
»Mama!«, rief ihre Tochter.
»Grandma!«, hallte die hohe, dünne Stimme ihrer Enkelin wie ein Echo nach.
Die Rufe wurden dringlicher, sie klangen besorgt.
Seufzend ging Anna zurück zum Haus. Gut zu wissen, dass man gebraucht wurde. Der Tau auf den Olivenblättern löste sich unter den ersten warmen Strahlen in kleine Nebelwölkchen auf. Während sie den Hügel hinauflief, dankte sie Gott im Stillen, dass die Erstgeborenen stets in ihrer Nähe geblieben waren, bei dem Hain, der roten Erde und dem schönen großen Haus.
»Da bist du ja!«, rief Elizabeth, die von allen nur Bets genannt wurde.
»Du kannst doch nicht allein da draußen in der Dunkelheit herumwandern!«, rief Calliope.
»Der Hund war doch dabei«, murmelte Anna. Es überraschte sie immer wieder, wie alt ihre Tochter und ihre Enkelin schon aussahen.
»Mir ist es trotzdem nicht recht«, sagte Bets. Sie war eine robuste Frau mit sehr dunklem Teint, wie ihn außer Anna sonst niemand in der Familie hatte. Ihre ebenfalls dunklen Brauen waren buschig, und sie hatte tief liegende Augen. Nächstes Jahr würde sie neunzig werden, aber da sie die Gene der Kellers geerbt hatte, sah man ihr das hohe Alter kaum an. Ihre Haare waren vor zehn Jahren ergraut, doch in letzter Zeit wurden sie heller und glänzten nun in der Morgensonne wie Silber.
»Mir auch nicht«, rief Callie durch das Fliegengitter an der Tür.
Anna zog die matschigen Stiefel aus und setzte sich in einen der Schaukelstühle auf der Veranda. Callie sollte auch zu ihren grauen Haaren stehen, dachte sie. Momentan waren sie in einem ordinären Blond gefärbt und kräuselten sich an den Spitzen. Callie war Mitte sechzig, wollte sich aber nicht damit abfinden, dass sie langsam aus der Form geriet. Um ihrem Busen Kontur zu geben, zwängte sie sich in Bustiers und Korsetts, obwohl das längst aus der Mode war. Doch was Anna wirklich aufregte, war ihr seltsamer Gang. Sie hinkte seit dem Unfall und hatte das zu einer seitlich gebeugten, aufreizenden Körperhaltung stilisiert. Callie behauptete, sie wäre schon immer so gelaufen, doch Anna war sicher, dass ihre Enkelin damit erst angefangen hatte, nachdem ihr Bein zerfetzt worden war.
»Grandma, hörst du mir zu?«, fragte Callie durch die Fliegengittertür. »Was meinst du?«
»Was meine ich wozu?«, fragte Anna zurück.
Bets öffnete die Tür einen Spalt. »Ob wir dem Doktor ein Mittagessen anbieten sollen?«
»Sag Grandma, sie soll die matschigen Stiefel ins Gras stellen, ich werde sie später sauber machen«, sagte Callie. Dann zählte sie auf, was im Kühlschrank war, und überlegte, ob die Zeit noch reichte, um einen Braten aus der Tiefkühltruhe aufzutauen.
»Es ist doch bloß ein Mittagessen«, sagte Anna. Es war Callies glorreiche Idee gewesen, den Genforscher einzuladen. Ihre Enkelin mystifizierte ihre Familie und wollte sich immer von den anderen abheben, etwas Besonderes sein, schon seit frühester Jugend. Anna gab Callies Vater die Schuld dafür, denn er hatte ihr auch diesen sonderbaren Namen verpasst. Calliope dachte sie, ein hübsches Wort, aber ein grauenhafter Name. Sie kürzte ihn deshalb meistens ab.
»Alles in Ordnung, Grandma?«, rief Callie erneut durch die Gittertür.
Anna versicherte, dass alles in bester Ordnung sei, und bat um ein Glas heißes Wasser mit einem Tropfen Olivenöl und einem Zitronenschnitz. Mit dem Korb auf dem Schoß schaukelte sie leicht vor und zurück, sortierte die schlechten Oliven aus und warf sie den fetten Drosseln hin, die im Gras nach Regenwürmern stocherten.
»Ist das dein Geheimrezept?« Callie reichte ihr das Glas und setzte sich neben sie in den anderen Schaukelstuhl. Wegen ihres schlimmen Beines konnte sie nie lange stehen. »Sollen wir Amrit sagen, dass eine Blutanalyse nicht nötig ist, weil das Geheimnis unseres langen Lebens eine Mischung aus Zitronensäure, Olivenöl und Wasser ist?«
»Amrit? Ich dachte, sein Name wäre Hashmi. Doktor Hashmi«, sagte Anna. Fremde merkten oft nicht, dass sie noch im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten war. Nur weil sie alt war und ihre Haut wie verschrumpeltes Leinen aussah, gingen die Leute wie selbstverständlich davon aus, dass sie um sich herum nichts mehr mitbekam. Den Namen des Forschers hatte sie wochenlang geübt. Sie hatte sich sogar ein paar Kenntnisse über sein Forschungsgebiet angelesen, damit von Anfang an klar war, dass sie zwar alt aber noch lange nicht gebrechlich war.
Callie lief rot an. »Nein, nein, natürlich hast du recht, wir sollten ihn auf jeden Fall mit Doktor Hashmi anreden. Ich habe nur so oft mit ihm telefoniert, dass er mir schon vor kommt wie ein alter Bekannter.«
»Worüber habt ihr denn gesprochen?«, fragte Anna.
»Über uns, über dich, über alles eben.« Callie wandte den Kopf ab und blickte hinunter zum Hain. Dann zog sie eine weiße Pille aus der Tasche und schluckte sie. »Nicht nur dein hohes Alter ist für ihn so interessant, sondern auch die Tatsache, dass wir eine Generationenfolge von erstgeborenen Töchtern sind. Ich glaube, in Indien werden Töchter eher als Last angesehen.«
Anna konnte sich nicht verkneifen, eine Redensart zu zitieren, die sie von ihrer Mutter kannte: »Ein Sohn ist ein Sohn, bis er eine Frau findet, eine Tochter bleibt ihr Leben lang eine Tochter.«
Annas Söhne lebten nicht mehr, vor fünf Jahren war der letzte gestorben. Doch die Ahnenreihe der Töchter war ungebrochen, die Familie bestand aus fünf Generationen erstgeborener Töchter.
Anna schaukelte sachte und murmelte gebetsmühlenartig: »Anna zeugte Elizabeth, Elizabeth zeugte Calliope, Calliope zeugte Deborah, und Deborah zeugte Erin.«
»Für unsere Söhne ist hier immer Platz.« Bets war ebenfalls auf die Veranda gekommen. Anna wusste, wie stolz Bets auf ihre eigenen Söhne war, die alle vier aus Kalifornien weggegangen und in die Heimatstädte der Ehefrauen gezogen waren.
»Callie meinte gerade, dass dort, wo der Doktor anscheinend herkommt, Töchter als Last empfunden werden«, sagte Anna.
»Alle wünschen sich Söhne. Allerdings hat sich viel verändert, heutzutage müssen sie wegziehen, hinaus in die Welt gehen«, sagte Bets. »Seit mehr als zwei Jahren habe ich meine Jungs nicht mehr gesehen, nicht einmal zu Weihnachten. Obwohl Matthew letztes Jahr versucht hat, mich nach Boston zu locken.«
»In Indien ist es anders«, erwiderte Callie. »Da muss man für seine Töchter noch extra Geld bezahlen, damit jemand sie heiratet.«
Anna hatte den Verdacht, dass Callie sich in den Doktor verguckt hatte. Obwohl sie selbst schon seit Jahrzehnten Witwe war, hatte sie nie wieder einen Mann in ihrem Leben gewollt. Aber ihre Enkelin hatte eine Schwäche für Männer und war leicht entflammbar.
»Wie viel Geld hätte ich wohl bekommen mit meinen fünf kräftigen, gesunden Söhnen! Bestimmt genug, um Kidron für immer den Rücken zu kehren und nach Australien zurückzugehen«, rief Anna.
»Körperlich waren sie vielleicht kräftig, aber geistig ganz bestimmt nicht«, antwortete Bets, die auch nach dem Tod ihrer Brüder keine Gelegenheit ausließ, um auf ihnen herumzuhacken.
»Ich find's romantisch«, sagte Callie.
Anna sah ihre Enkelin prüfend an. Sie hatte ihr Festtags-Make- up aufgelegt, obwohl es ein ganz normaler Samstag war, und trug die teuren Jeans, die ihr die Verkäuferin in Nordstrom mit den Worten angedreht hatte, sie sehe darin aus wie fünfzig. Anna fand Arbeitshosen albern, egal, wer sie trug. Sorgfältig strich sie ihren Rock glatt und zupfte ein heraushängendes Fädchen vom Saum.
»Es geht um wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht um eine Romanze«, erwiderte Anna, um Callies Erwartungen zu dämpfen. Sie hoffte immer sofort auf die große Liebe, wenn einer der Lieferanten einmal nett am Telefon mit ihr plauderte.
»Das weiß Callie doch«, sagte Bets. Ihre Tochter ging Streitigkeiten gern aus dem Weg, und deshalb wunderte Anna sich nicht, als Bets rasch das Thema wechselte. »Wann kommt der Doktor denn an?«
»Noch vor dem Mittagessen«, antwortete Callie und zupfte am Ausschnitt ihrer Bluse, bis sie den Busen züchtig bedeckte.
»Dann kannst du mir ja bei der Auslese helfen«, schlug Anna vor. »Damit wir frisches Olivenöl zum Essen haben.«
»Die Pflücker waren dieses Jahr wirklich fleißig. Die Lindseys erzählten, die Männer hätten eine Tonne pro Morgen Land geschafft, bei uns war es mindestens ebenso viel«, sagte Bets.
Anna sah das anders. »Es sind noch viele Früchte übrig.«
Bets seufzte und nahm die Herausforderung an. »Du meinst also, sie hätten die Arbeit nicht gründlich erledigt? Benny hat einen neuen Vorarbeiter eingestellt, es ist Diegos Sohn, und der musste seinem Vater auf den Plantagen schon als Kind zur Hand gehen, das weißt du genau.«
Anna blickte in den Einfülltrichter der kleinen Handpresse, die auf der Veranda stand. Noch ein weiterer Korb Oliven, dann war er voll. »Die Pflücker waren nicht schlechter als sonst. Aber trotzdem nicht so gut wie wir Frauen während der Kriegsjahre, als wir die Ernte allein einbringen mussten.«
»Daddy hat auch immer gesagt, dass Frauen die besseren Pflücker sind. Wie heißt das Sprichwort so schön?«
Grinsend zitierte Anna: »Im Hain brauchst du einen sicheren Tritt und einen wilden Geist.« Versonnen lächelnd dachte sie an ihren Vater, der der Meinung war, nur Frauen seien so wild, einen Olivenbaum vollständig abernten zu wollen. Obwohl es nicht so gemeint war, hatte Anna es stets als ein Kompliment verstanden.
Callie schüttelte den Kopf. »Ich habe das nie verstanden. Mir leuchtet nicht ein, warum wir nicht endlich diese Maschinen einsetzen. Das brächte uns bestimmt eineinviertel Tonnen pro Morgen ein.« Callie sprach damit einen alten Streitpunkt an, doch Anna spürte, dass sie das nur sagte, um das Gespräch am Laufen zu halten.
»Der Lärm würde mich umbringen, und von dem Gerüttel gehen die Bäume kaputt.« Anna sagte es mit einem Lächeln, denn sie wusste, dass ihre Enkelin nach einem Vorwand zum Streiten suchte. Callie war verstimmt, weil Bets das Gespräch über den Doktor unterbrochen hatte. Das war auch besser so. Callie erzählte gerne herum, dass sie sich erst dann Gedanken über die Beerdigung ihrer Großmutter machen würde, wenn diese sich mal nicht mehr über irgendetwas aufregte. Vor allem junge Menschen lachten dann herzlich, denn sie konnten sich kaum vorstellen, dass man in Annas Alter die Beisetzung nicht schon doppelt und dreifach geplant hatte.
So standen sie also auf der Veranda und wälzten alte Probleme, bis der trockene Novemberwind sie ins Haus zurücktrieb. Anna wollte sich gerade noch einmal in den Hain aufmachen, als sie auf der Kiesauffahrt vor dem Haus Autoreifen knirschen hörte.
»Der kommt aber früh«, sagte Callie, erhob sich vom Stuhl und lief mit ihrem aufreizenden Gang zur Eingangstür. Der Hund, der schon fast taub war, trottete aus Gewohnheit hinterher.
Bets hielt Anna die Verandatür auf, während sie rasch im vorderen Zimmer einen Blick auf die vergoldete Uhr auf dem Klavier warf. »Keine Ahnung, wie er es in so kurzer Zeit vom Flughafen hierher geschafft hat. Rund um Oakland ist doch permanent Stau.«
An der Vorderseite hatte das Haus keinen Vorbau, sondern nur eine Treppe, deren Stufen direkt zum Halbrund der mit Kies ausgelegten Auffahrt führten. Anna stand an der Tür und hielt sich wegen des hellen Sonnenlichts schützend die Hand über die Augen. Langsam näherte sich ein dunkelblauer Wagen.
»Wieso lässt der sich so viel Zeit?«, fragte Callie.
»Vielleicht muss er vorsichtig fahren, weil er sich keine Vollkaskoversicherung für den Mietwagen leisten konnte. Das sind ja heutzutage Unsummen«, mutmaßte Bets.
Anna erkannte erst nach mehrmaligem Blinzeln, dass eine Frau am Steuer saß. Plötzlich stellte sich Bobo auf die Hinterbeine, wedelte mit den Pfoten in der Luft und drehte eine Pirouette. Das Kunststück hatte er seit Jahren nicht mehr aufgeführt. Als der Wagen endlich hielt, stellte Anna fest, dass sie auf diesen Besuch nicht vorbereitet waren. Denn aus dem Wagen stieg ihre Ururenkelin Erin.
Kapitel 2.
Erin
Erin hatte Kidron nach ihrem Collegeabschluss vor zwei Jahren verlassen und war seitdem nicht mehr zu Hause gewesen. Sie redete viel zu schnell, sodass Anna kaum die Hälfte verstand, doch es war offensichtlich, dass ihre Ururenkelin in Schwierigkeiten steckte. Ihre Stimme hörte sich kläglich an, ihre Haut war aschfahl, und ihre Gesten standen nicht im Einklang mit ihren Worten. Eben hörte Anna sie sagen: »Ich brauche eine Pause, der Stress ist ...«, dann malte sie mit den Händen einen Kreis in die Luft, als wollte sie ein großes Problem andeuten, für das sie nicht die richtigen Worte fand. Callie setzte sich neben sie aufs Sofa, und Bobo kletterte auf Erins Schoß und rollte sich ein.
»Du musst mehr essen«, sagte Bets und stellte einen Teller mit Oliven und Crackern auf den Tisch. »Deine Wangen sind ganz eingefallen, und spindeldürr bist du. Habt ihr nichts Gescheites zu essen bekommen? Ich dachte, in Italien gibt es genug Pasta und Brot?«
Callie setzte ein, als ihre Mutter eine Pause machte. »Bist du in New York zwischengelandet? Warum hast du nicht gesagt, dass du kommst, wir hätten dich doch abgeholt. Das Geld für den Mietwagen hättest du dir wirklich sparen können. «
Erin lehnte sich an Callies Schulter und schloss die Augen.
»Wir sollten sie erst einmal ins Bett schicken«, drängte Anna, die zunächst ohne Erin mit den anderen reden wollte. Sie mussten eine Erklärung für das merkwürdige Verhalten des Kindes finden.
»Ich bin alt genug, um mich selbst ins Bett zu schicken«, sagte Erin mit geschlossenen Lidern. Anna hatte den Verdacht, dass sie weinte. »Außerdem hab ich selbst nicht gewusst, dass ich nach Hause will, bis ich dann plötzlich hier war. Da war es schon zu spät für eine Ankündigung.«
Bets strich ihr durchs Haar und flüsterte besänftigende Worte. Es war eine Szene, wie sie sich früher oft zugetragen hatte, als die kleine Erin zu ihnen nach Hill House ziehen musste, weil sie plötzlich beide Eltern verloren hatte. Anna lauschte Bets' hypnotisierender Stimme; mit ihrem Singsang und dem einlullenden Sprechrhythmus besänftigte sie jeden Fluchtimpuls. Dann sah sie zu, wie ihre Tochter, alt genug, um selbst Hilfe zu brauchen, ihre Urenkelin behutsam auf ihr Zimmer führte. Bobo heftete sich an ihre Fersen.
Anna zog die Schublade des Sekretärs auf, in der sie Erins Briefe aus Italien aufbewahrte. Es war eine Handvoll Luftpostbriefe mit diffusen Beschreibungen der Kollegen an der Oper, Anekdoten über Ausflüge ins Umland, und einmal hatte sie lang und breit darüber berichtet, wie sie fast ihre Notenblätter in einem Bus hätte liegen lassen. Sie fand auch das Informationsschreiben, in dem Erin die Bedingungen für ihre befristete Anstellung als Mezzosopranistin an der Musikakademie von Santa Cecilia erläutert worden waren.
Callie und Bets kamen zurück ins Wohnzimmer und machten es sich auf der Couch gemütlich. Beide wirkten nach der lebhaften Unterhaltung mit Erin um Jahre verjüngt. Sie redeten leise miteinander, doch Anna gab sich keine Mühe, dem Gespräch zu folgen. Nur ungern gab sie zu, dass ihr Hörvermögen in letzter Zeit nachgelassen hatte. Sie suchte weiter nach dem Vertrag, den ihr Erin gezeigt hatte, nachdem Anna wissen wollte, wovon sie in Italien ihren Lebensunterhalt bestreiten wollte. Es gab zwar noch etwas Geld, von dem Erin nichts wusste. Es stammte aus einer Versicherungspolice, die nach dem Tod ihres Vaters fällig geworden war, und Anna hatte es zurückgehalten. Wenn die Zeit reif war, wollte sie es ihr geben. Endlich fand Anna, was sie suchte. Beim Auseinanderfalten des Dokuments stellte sie allerdings fest, dass es auf Italienisch verfasst war. Es brachte sie also keinen Schritt weiter.
»Sie steckt in Schwierigkeiten«, sagte Bets, um Anna wieder ins Gespräch einzubeziehen.
»Sie sieht ihrer Mutter im Augenblick unglaublich ähnlich «, meinte Callie. »Sollen wir im Auto nachschauen, ob wir einen Anhaltspunkt finden? Es muss doch irgendeinen Grund geben, warum sie hier aufgetaucht ist.«
Bets nahm Anna das Schreiben aus der Hand und überflog es. »Du kannst das bestimmt lesen«, sagte sie dann zu ihrer Tochter. »Spanisch ist doch so ähnlich wie Italienisch, es sind ja beide romanische Sprachen, oder?«
»Ja, aber grundverschiedene«, erwiderte Callie, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Eigentlich sollten wir ihr nicht hinterherspionieren. Sie wird uns schon alles erzählen, wenn sie so weit ist.«
»Ihre Mutter hat uns auch nie etwas erzählt«, warf Bets ein und strich eine Strähne zurück, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte.
Anna wusste, dass sie einschreiten musste. Die Gewissensbisse und die Scham über das, was mit Erins Mutter geschehen war, hatten einen Keil zwischen die beiden getrieben und belasteten ihre Beziehung seit Jahren.
»Eine Frau darf ihre Geheimnisse haben«, sagte Anna und erinnerte sich daran, wie viel sie ihrer eigenen Mutter nicht erzählt hatte. Auch ihrer Tochter hatte sie manches verschwiegen, zum Beispiel den Verdacht, dass keine von ihnen die war, die sie zu sein glaubte.
Bets stand auf und sammelte die Unterlagen wieder ein. Ihre Statur und das spitze, scharfkantige Kinn hatte sie von ihrem Vater, der allerdings stets einen Bart getragen hatte, sodass seine Züge weicher wirkten. Diese Möglichkeit hatte Bets nicht, weshalb sich viele Menschen von ihr angegriffen fühlten, wenn sie mit ihnen sprach. »Wenn wir damals Bescheid gewusst hätten, hätten wir etwas unternehmen können. Ich werde in dieser Familie keine schwelenden Geheimnisse mehr dulden, nur weil es bequemer ist, sich vorzumachen, die Privatsphäre sei heilig. Zum Teufel mit der Privatsphäre!«
Anna hörte noch, wie die Haustür zuschlug, und danach knirschten Bets' schwere Schritte auf dem Kies. »Sie wird bestimmt nichts finden«, sagte sie zu Callie. »Ich habe gesehen, dass Erin weinte, als sie aus dem Wagen stieg. Es gibt keine Spuren, kein Gepäck, noch nicht einmal ein zerknülltes Hamburgerpapier auf der Armatur.«
»Darum geht's doch nicht. Mum denkt, du bist wieder einmal auf meiner Seite.« Callie blickte den Flur entlang, um sicherzugehen, dass Erins Zimmertür noch geschlossen war.
»Ich stehe auf keiner Seite.« Anna nahm die Hand ihrer Enkelin. »Es hat nie zwei Seiten gegeben, alles ist ein unaufhörlicher Kreislauf ohne Anfang und Ende.«
»Wenn sie zurückkommt, will ich nicht mehr hier sitzen«, sagte Callie.
Sie klang bockig, wie damals als Jugendliche, als ihr Teint noch frisch und von der Sonne gebräunt war und widerspenstige Locken ihr hübsches Gesicht rahmten. Schon als kleines Kind war sie dauernd weggerannt von zu Hause, von Bets und Hill House, weil sie sich beengt fühlte. Alles, was sie tat, war durchdrungen von dem Wunsch, Kidron zu entfliehen. Callie dachte damals, die große weite Welt warte nur auf sie.
»Komm mit in den Hain, ich will noch einen Korb Oliven sammeln für das Öl heute Mittag«, schlug Anna vor. Im Olivenhain beruhigten sich die Gemüter meistens wieder.
Callie rieb ihr Bein durch den dicken Jeansstoff. »Mehr als ein paar Schritte kann ich bei den Schmerzen nicht gehen. Ich kümmere mich ums Essen, ich muss mir dringend eine weitere Gemüsebeilage einfallen lassen. Erin isst garantiert kein Stück von dem schönen Schweinebraten.«
Anna stand auf und dankte Gott, dass ihr eigener Körper noch so gut in Schuss war und sie keine Probleme beim Gehen hatte. Müßiggang war nie ihre Sache gewesen, was nicht heißen sollte, dass ihre Enkelin durch die Geschichte mit dem Bein faul geworden wäre. Aber sie erlaubte ihr, sich in die Küche oder Vorratskammer zu verziehen und nur die Arbeiten zu verrichten, die ihr lagen. Anna zog einen dicken Pullover aus dem Schrank, griff nach dem Korb und ging durch die Hintertür hinunter zur Plantage. Seit Erins Ankunft schien es kühler geworden zu sein.
Alles war in Unordnung geraten, und das kurz bevor der Genforscher eintreffen sollte. Anna überlegte, welcher Typ Mann der Doktor sein mochte, und ob er die schlechte Stimmung bemerken würde. Für gewöhnlich hatten Männer nicht die Intuition der Frauen.
Vom Fuße des Hügels aus blickte sie zurück zum Haus. Es war Stück um Stück erweitert worden. Je größer und reicher die Familie geworden war, desto mehr Anbauten folgten. Wie so viele Häuser in Sacramento Valley war es im Stil der einstigen Missionsstationen erbaut, die die Spanier nach ihrer Niederlage fluchtartig verlassen hatten. Es war einstöckig mit einem Dach aus Lehm und Wänden aus Gips. Von der Hinterseite aus konnte man die beiden rechtwinklig angebauten Flügel gut erkennen. Die Küche, in der lange Zeit die Oliven verarbeitet worden waren, nahm fast den gesamten Nordflügel ein. Der südliche Flügel war etwas länger, in ihm befanden sich drei weitere Zimmer und ein Bad, während im Hauptgebäude das große, frisch renovierte elterliche Schlafzimmer, das Wohnzimmer, ein Esszimmer und die Bibliothek untergebracht waren.
Hill House, Annas Zuhause, war von ihrem Vater Percy Davison erbaut worden. Im Lauf ihres langen Lebens hatte sie sich immer wieder gefragt, wie es einem Mann gelungen war, ein Haus zu konstruieren, das den weiblichen Bedürfnissen so mustergültig entsprach. Als sie damals aus dem provisorischen Zelt am Rande des noch jungen Olivenhains umzogen, nachdem sie lange darauf gewartet hatten, dass er endlich genug abwarf, um die Schulden bei der Bank zu begleichen, verkündete ihr Vater feierlich, dass dort oben ein Tempel auf sie wartete.
Hill House war nicht das älteste Gebäude der Stadt, doch weil es so exponiert auf einem Hügel lag und der Olivenhain seit Generationen in Familienhand war, war es zu einer Touristenattraktion geworden. Das hatte sich die örtliche Behörde ausgedacht, die auch einen Prospekt herausgab, der nun bei Anna am Kühlschrank hing. Darin stand, Hill House sei Kidrons Antwort auf das pittoreske Hearst Castle in San Simeon. Natürlich war Hill House nicht annähernd so groß wie das Schloss in San Simeon, doch Anna stimmte dem Vergleich trotzdem gerne zu. Allerdings sprach sie mit niemandem darüber, denn sie fürchtete insgeheim, dass ihre Wirklichkeit und das Bild, das die Welt sich von Kidron und ihrem Haus machte, nicht übereinstimmen könnten.
Je näher sie dem Hain kam, desto jünger fühlte sie sich. Die niedrigen Bäume überragten sie nur um wenige Zentimeter. Sie roch den leichten Moschusgeruch der Erde. Es war zwar Herbst geworden, doch unter dem silbrig grünen Blätterdach schien noch Sommer zu sein. Die Früchte hatten gerade erst begonnen, sich violett zu verfärben. Sie hob die Hand, umschloss einen Zweig mit den Fingern und streifte gegen die Wuchsrichtung am Ast entlang. Das Rascheln der Blätter und das Pollern der in den Korb fallenden Früchte erinnerte sie an die Stimme ihres Vaters, der so viele Geschichten auf Lager gehabt hatte, wie es Sterne am Himmel gab. Und jede einzelne begann und endete bei den Olivenbäumen.
© 2013 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Sie hatte keine Lust auf den Marmeladetoast, den sie sich aus Gewohnheit geschmiert hatte, und plötzlich fiel ihr auf, wie viel Zeit sie mit derlei sinnlosen Handgriffen vergeudete. Lustlos biss sie einmal hinein, dann warf sie Bobo den Rest hin und trat hinaus auf die Veranda auf der Rückseite des Hauses. Schon seit Tagen war sie unruhig wegen des angekündigten Besuchs eines Doktors. Als Genforscher war er sehr an Anna und ihren Nachfahren interessiert. Soweit sie es verstanden hatte, hoffte dieser Doktor, den Schlüssel zur Langlebigkeit zu finden, der sich anscheinend irgendwo in den Genen bestimmter Leute versteckte, die er Super Ager nannte. Anna hielt das für die müßige Suche nach dem Heiligen Gral, doch das behielt sie lieber für sich, denn aus ihrem Mund klang das irgendwie lächerlich.
Gottlob kam er heute endlich, denn das Warten hatte sie davon abgehalten, sich um die lebenserhaltenden Dinge zu kümmern, wie zum Beispiel Schlafen. Letzte Nacht war sie sogar von wilden Träumen heimgesucht worden, mit undeutlichen Bildern von Nabelschnüren und dem Gesicht einer Frau, die sie nicht genau erkennen konnte. Auch ihr Appetit hatte gelitten, und immer, wenn sie versuchte, etwas zu essen, schäumte ihr die Magensäure hoch bis in die Kehle. Sie brauchte dringend Ablenkung, deshalb nahm sie sich heute früh die Oliven vor.
Die Wiese hinunter zum Hain lag noch grau und nass vom Tau in der ersten Dämmerung. Anna lehnte sich über das Geländer und blickte Bobo nach, der die Stufen durchs hohe Gras zu den Olivenplantagen hinunterlief. Es war noch ziemlich dunkel, die Bäume waren kaum zu erkennen, doch sie hörte den Nordwind durch die Blätter rascheln. Sie schürzte die Lippen. Eine besorgte Stimme murmelte in ihr: Mach dich auf zur Nachlese, an den Bäumen hängen noch viele pralle Oliven, die bald platzen werden. Hunderte von Früchten fallen bei jedem Windhauch von den Zweigen und verrotten am Boden - ein wahres Festmahl für Schädlinge!
Solche Gewissensbisse plagten sie nach jeder Erntesaison. Die Pflücker ernteten etwa neun Zehntel der Früchte, doch Anna hasste Verschwendung. Diese Sparsamkeit lag vermutlich in der Familie. Wie war das noch mal? Jeder echte Schotte würde beim Anblick des Eiffelturms fragen, welcher Idiot all den guten Stahl vergeudet hatte. Sie zog die Galoschen über ihre Stiefel und leerte den Korb aus, in dem das Feuerholz lagerte. Wenn sie es nicht machte, würde sich niemand um die Nachlese kümmern. Sie hoffte inständig, eines Tages wenigstens einen einzigen Baum vollständig abzuernten, auch wenn das aussichtslos war.
Am Fuße des Hügels wurde sie von Bobo überschwänglich begrüßt. Sie bückte sich, um ihn zu streicheln. Als sie sich aufrichtete, merkte sie plötzlich, dass sie von diesem Novembermorgen abgedriftet war in die Erinnerung an etwas, das sich vor über hundert Jahren zugetragen hatte. Manchmal überlagerten sich die Zeitstränge in ihrem Bewusstsein, und zuweilen schienen ihr ihre Eltern so lebendig, als wären sie erst gestern gestorben, dabei war es schon über siebzig Jahre her. Sie wusste, dass ihr Gehirn alle Lebenserfahrungen speicherte und plötzlich Erinnerungen freisetzen konnte, die schon jahrzehntelang verschüttet gewesen waren.
Nun also kitzelte sie der altbekannte Geruch von Baumwollflanell in der Nase, und aus der Ferne hörte sie ein Kichern. Diese Erinnerungsspur führte weit in die Vergangenheit zurück, Anna konnte kaum älter als zehn gewesen sein. Mit ihrem Bruder Wealthy sammelte sie damals Oliven von den grauen Wolltüchern, die unter den Bäumen auf der taunassen Erde ausgelegt waren. Die guten Oliven kamen in den einen Korb, die bereits aufgeplatzten oder runzligen Früchte in einen anderen.
Nachdem sie eine Weile brav ihre Pflicht erfüllt hatten, setzten sie sich im Schneidersitz auf die Decke und spielten Fingerklatschen. Anna war viel langsamer als ihr Bruder, und ihre Handflächen waren schon ganz rot, weil er sie immer wieder erwischte. Ihre Hände schwebten direkt über seinen, und sie lauerte auf die geringste Bewegung von Wealthy. Sie wollte unbedingt gewinnen, wollte seine Hände schlagen. Keiner von beiden bemerkte den Vater, der sie mit zusammengekniffenen Augen im Schatten eines Olivenbaums beobachtete.
Er war ein großer, stattlicher Mann. Anna dachte oft, wenn man seine Haut abschälte wie eine aufgeplatzte Baumrinde, käme darunter bestimmt grünes Holz zum Vorschein. Seine Schläge waren wie die einer biegsamen Gerte, denn sie federten leicht zurück. Er schlug Wealthy mit der flachen Hand aufs Ohr und schalt sie erbost wegen der vertanen Zeit. Anna erkannte ihre Chance, schlug dem Bruder auf die Hand und rannte schnell weg. Sie erinnerte sich, wie sie sich noch einmal umdrehte und die beiden mit offenem Mund dastehen sah, zuerst wütend, dann belustigt, bevor sie stolperte und hinfiel.
Es war nur eine kleine Platzwunde, die rasch heilte und keine Narben hinterließ. Doch sie blutete, als wäre eine Schlagader getroffen worden. »Wunden am Kopf sind nie gut«, sagte ihr Vater und besah sich den Riss über ihrem linken Auge. Mit einem Taschentuch tupfte er das Blut ab und befahl Wealthy, Spinnweben zu sammeln. Als er wiederkam, hielt er einen pappigen, länglichen Wulst aus Fäden in der geschlossenen Faust. Behutsam zupften sie kleine Stückchen ab und klebten sie auf die offene Wunde, bis die Blutung gestillt war.
Am Rande des Hains blieb Anna stehen und fluchte. Trotz des ersten Dämmerlichts war es noch nicht hell genug unter den Bäumen, deren dichte Blätter selbst in der Mittagssonne viel Licht verschluckten und den Hain in ein schattiges Halbdunkel tauchten. Zu dumm. Eigentlich hätte sie es wissen müssen. Sie hasste es, wenn sie sich dumm vorkam, erst recht durch ihre eigenen Fehler. Verstimmt strich sie über ihre linke Braue, glättete die Falten, und tastete die Stelle mit den Fingerspitzen ab. Nichts. Keine Kerbe, nicht die kleinste Unregelmäßigkeit, die ihre Erinnerung bezeugen konnte. Doch sie war sicher, dass es so gewesen war.
Das Violett des Himmels verfärbte sich langsam zu Blau. Vorsichtig schritt sie den Rand des Hains ab, wo sie die am Boden liegenden Früchte bereits schemenhaft erkennen konnte. Mit der Hand ertastete sie die übrig gebliebenen Oliven an den Zweigen und konnte auf Anhieb sagen, ob sie genug Öl hergeben würden.
Das Wunder der Spinnweben war eine neue Geschichte, sie musste ihrer Tochter, ihrer Enkelin, und allen, die ihr zuhören würden, unbedingt davon erzählen. Es machte Anna Sorgen, dass die Generationen nach ihr so vieles nicht wussten. Sie musste jemanden finden, der ihr zuhörte, und zwar wirklich zuhörte. Die Menschen hassten alte Leute. Selbst in ihrer eigenen Familie dachten alle, sie hätten längst alles von Anna gelernt. Sie wurde nicht mehr um Rat gefragt und konnte keine Geschichte anfangen, ohne dass ihre Tochter oder ihre Enkelin ihr ins Wort fiel und sie zu Ende erzählte. Sie hatten ja keine Ahnung, was alles noch überliefert werden musste. Es würde ein ganzes Leben dauern, bis sie ihnen alle ihre Geheimnisse erzählt hätte, und zwei Menschenleben hatte sie schon hinter sich.
Über den Bergkuppen in der Ferne ging die Sonne auf, als Anna zwischen die Bäume trat.
»Mama!«, rief ihre Tochter.
»Grandma!«, hallte die hohe, dünne Stimme ihrer Enkelin wie ein Echo nach.
Die Rufe wurden dringlicher, sie klangen besorgt.
Seufzend ging Anna zurück zum Haus. Gut zu wissen, dass man gebraucht wurde. Der Tau auf den Olivenblättern löste sich unter den ersten warmen Strahlen in kleine Nebelwölkchen auf. Während sie den Hügel hinauflief, dankte sie Gott im Stillen, dass die Erstgeborenen stets in ihrer Nähe geblieben waren, bei dem Hain, der roten Erde und dem schönen großen Haus.
»Da bist du ja!«, rief Elizabeth, die von allen nur Bets genannt wurde.
»Du kannst doch nicht allein da draußen in der Dunkelheit herumwandern!«, rief Calliope.
»Der Hund war doch dabei«, murmelte Anna. Es überraschte sie immer wieder, wie alt ihre Tochter und ihre Enkelin schon aussahen.
»Mir ist es trotzdem nicht recht«, sagte Bets. Sie war eine robuste Frau mit sehr dunklem Teint, wie ihn außer Anna sonst niemand in der Familie hatte. Ihre ebenfalls dunklen Brauen waren buschig, und sie hatte tief liegende Augen. Nächstes Jahr würde sie neunzig werden, aber da sie die Gene der Kellers geerbt hatte, sah man ihr das hohe Alter kaum an. Ihre Haare waren vor zehn Jahren ergraut, doch in letzter Zeit wurden sie heller und glänzten nun in der Morgensonne wie Silber.
»Mir auch nicht«, rief Callie durch das Fliegengitter an der Tür.
Anna zog die matschigen Stiefel aus und setzte sich in einen der Schaukelstühle auf der Veranda. Callie sollte auch zu ihren grauen Haaren stehen, dachte sie. Momentan waren sie in einem ordinären Blond gefärbt und kräuselten sich an den Spitzen. Callie war Mitte sechzig, wollte sich aber nicht damit abfinden, dass sie langsam aus der Form geriet. Um ihrem Busen Kontur zu geben, zwängte sie sich in Bustiers und Korsetts, obwohl das längst aus der Mode war. Doch was Anna wirklich aufregte, war ihr seltsamer Gang. Sie hinkte seit dem Unfall und hatte das zu einer seitlich gebeugten, aufreizenden Körperhaltung stilisiert. Callie behauptete, sie wäre schon immer so gelaufen, doch Anna war sicher, dass ihre Enkelin damit erst angefangen hatte, nachdem ihr Bein zerfetzt worden war.
»Grandma, hörst du mir zu?«, fragte Callie durch die Fliegengittertür. »Was meinst du?«
»Was meine ich wozu?«, fragte Anna zurück.
Bets öffnete die Tür einen Spalt. »Ob wir dem Doktor ein Mittagessen anbieten sollen?«
»Sag Grandma, sie soll die matschigen Stiefel ins Gras stellen, ich werde sie später sauber machen«, sagte Callie. Dann zählte sie auf, was im Kühlschrank war, und überlegte, ob die Zeit noch reichte, um einen Braten aus der Tiefkühltruhe aufzutauen.
»Es ist doch bloß ein Mittagessen«, sagte Anna. Es war Callies glorreiche Idee gewesen, den Genforscher einzuladen. Ihre Enkelin mystifizierte ihre Familie und wollte sich immer von den anderen abheben, etwas Besonderes sein, schon seit frühester Jugend. Anna gab Callies Vater die Schuld dafür, denn er hatte ihr auch diesen sonderbaren Namen verpasst. Calliope dachte sie, ein hübsches Wort, aber ein grauenhafter Name. Sie kürzte ihn deshalb meistens ab.
»Alles in Ordnung, Grandma?«, rief Callie erneut durch die Gittertür.
Anna versicherte, dass alles in bester Ordnung sei, und bat um ein Glas heißes Wasser mit einem Tropfen Olivenöl und einem Zitronenschnitz. Mit dem Korb auf dem Schoß schaukelte sie leicht vor und zurück, sortierte die schlechten Oliven aus und warf sie den fetten Drosseln hin, die im Gras nach Regenwürmern stocherten.
»Ist das dein Geheimrezept?« Callie reichte ihr das Glas und setzte sich neben sie in den anderen Schaukelstuhl. Wegen ihres schlimmen Beines konnte sie nie lange stehen. »Sollen wir Amrit sagen, dass eine Blutanalyse nicht nötig ist, weil das Geheimnis unseres langen Lebens eine Mischung aus Zitronensäure, Olivenöl und Wasser ist?«
»Amrit? Ich dachte, sein Name wäre Hashmi. Doktor Hashmi«, sagte Anna. Fremde merkten oft nicht, dass sie noch im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten war. Nur weil sie alt war und ihre Haut wie verschrumpeltes Leinen aussah, gingen die Leute wie selbstverständlich davon aus, dass sie um sich herum nichts mehr mitbekam. Den Namen des Forschers hatte sie wochenlang geübt. Sie hatte sich sogar ein paar Kenntnisse über sein Forschungsgebiet angelesen, damit von Anfang an klar war, dass sie zwar alt aber noch lange nicht gebrechlich war.
Callie lief rot an. »Nein, nein, natürlich hast du recht, wir sollten ihn auf jeden Fall mit Doktor Hashmi anreden. Ich habe nur so oft mit ihm telefoniert, dass er mir schon vor kommt wie ein alter Bekannter.«
»Worüber habt ihr denn gesprochen?«, fragte Anna.
»Über uns, über dich, über alles eben.« Callie wandte den Kopf ab und blickte hinunter zum Hain. Dann zog sie eine weiße Pille aus der Tasche und schluckte sie. »Nicht nur dein hohes Alter ist für ihn so interessant, sondern auch die Tatsache, dass wir eine Generationenfolge von erstgeborenen Töchtern sind. Ich glaube, in Indien werden Töchter eher als Last angesehen.«
Anna konnte sich nicht verkneifen, eine Redensart zu zitieren, die sie von ihrer Mutter kannte: »Ein Sohn ist ein Sohn, bis er eine Frau findet, eine Tochter bleibt ihr Leben lang eine Tochter.«
Annas Söhne lebten nicht mehr, vor fünf Jahren war der letzte gestorben. Doch die Ahnenreihe der Töchter war ungebrochen, die Familie bestand aus fünf Generationen erstgeborener Töchter.
Anna schaukelte sachte und murmelte gebetsmühlenartig: »Anna zeugte Elizabeth, Elizabeth zeugte Calliope, Calliope zeugte Deborah, und Deborah zeugte Erin.«
»Für unsere Söhne ist hier immer Platz.« Bets war ebenfalls auf die Veranda gekommen. Anna wusste, wie stolz Bets auf ihre eigenen Söhne war, die alle vier aus Kalifornien weggegangen und in die Heimatstädte der Ehefrauen gezogen waren.
»Callie meinte gerade, dass dort, wo der Doktor anscheinend herkommt, Töchter als Last empfunden werden«, sagte Anna.
»Alle wünschen sich Söhne. Allerdings hat sich viel verändert, heutzutage müssen sie wegziehen, hinaus in die Welt gehen«, sagte Bets. »Seit mehr als zwei Jahren habe ich meine Jungs nicht mehr gesehen, nicht einmal zu Weihnachten. Obwohl Matthew letztes Jahr versucht hat, mich nach Boston zu locken.«
»In Indien ist es anders«, erwiderte Callie. »Da muss man für seine Töchter noch extra Geld bezahlen, damit jemand sie heiratet.«
Anna hatte den Verdacht, dass Callie sich in den Doktor verguckt hatte. Obwohl sie selbst schon seit Jahrzehnten Witwe war, hatte sie nie wieder einen Mann in ihrem Leben gewollt. Aber ihre Enkelin hatte eine Schwäche für Männer und war leicht entflammbar.
»Wie viel Geld hätte ich wohl bekommen mit meinen fünf kräftigen, gesunden Söhnen! Bestimmt genug, um Kidron für immer den Rücken zu kehren und nach Australien zurückzugehen«, rief Anna.
»Körperlich waren sie vielleicht kräftig, aber geistig ganz bestimmt nicht«, antwortete Bets, die auch nach dem Tod ihrer Brüder keine Gelegenheit ausließ, um auf ihnen herumzuhacken.
»Ich find's romantisch«, sagte Callie.
Anna sah ihre Enkelin prüfend an. Sie hatte ihr Festtags-Make- up aufgelegt, obwohl es ein ganz normaler Samstag war, und trug die teuren Jeans, die ihr die Verkäuferin in Nordstrom mit den Worten angedreht hatte, sie sehe darin aus wie fünfzig. Anna fand Arbeitshosen albern, egal, wer sie trug. Sorgfältig strich sie ihren Rock glatt und zupfte ein heraushängendes Fädchen vom Saum.
»Es geht um wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht um eine Romanze«, erwiderte Anna, um Callies Erwartungen zu dämpfen. Sie hoffte immer sofort auf die große Liebe, wenn einer der Lieferanten einmal nett am Telefon mit ihr plauderte.
»Das weiß Callie doch«, sagte Bets. Ihre Tochter ging Streitigkeiten gern aus dem Weg, und deshalb wunderte Anna sich nicht, als Bets rasch das Thema wechselte. »Wann kommt der Doktor denn an?«
»Noch vor dem Mittagessen«, antwortete Callie und zupfte am Ausschnitt ihrer Bluse, bis sie den Busen züchtig bedeckte.
»Dann kannst du mir ja bei der Auslese helfen«, schlug Anna vor. »Damit wir frisches Olivenöl zum Essen haben.«
»Die Pflücker waren dieses Jahr wirklich fleißig. Die Lindseys erzählten, die Männer hätten eine Tonne pro Morgen Land geschafft, bei uns war es mindestens ebenso viel«, sagte Bets.
Anna sah das anders. »Es sind noch viele Früchte übrig.«
Bets seufzte und nahm die Herausforderung an. »Du meinst also, sie hätten die Arbeit nicht gründlich erledigt? Benny hat einen neuen Vorarbeiter eingestellt, es ist Diegos Sohn, und der musste seinem Vater auf den Plantagen schon als Kind zur Hand gehen, das weißt du genau.«
Anna blickte in den Einfülltrichter der kleinen Handpresse, die auf der Veranda stand. Noch ein weiterer Korb Oliven, dann war er voll. »Die Pflücker waren nicht schlechter als sonst. Aber trotzdem nicht so gut wie wir Frauen während der Kriegsjahre, als wir die Ernte allein einbringen mussten.«
»Daddy hat auch immer gesagt, dass Frauen die besseren Pflücker sind. Wie heißt das Sprichwort so schön?«
Grinsend zitierte Anna: »Im Hain brauchst du einen sicheren Tritt und einen wilden Geist.« Versonnen lächelnd dachte sie an ihren Vater, der der Meinung war, nur Frauen seien so wild, einen Olivenbaum vollständig abernten zu wollen. Obwohl es nicht so gemeint war, hatte Anna es stets als ein Kompliment verstanden.
Callie schüttelte den Kopf. »Ich habe das nie verstanden. Mir leuchtet nicht ein, warum wir nicht endlich diese Maschinen einsetzen. Das brächte uns bestimmt eineinviertel Tonnen pro Morgen ein.« Callie sprach damit einen alten Streitpunkt an, doch Anna spürte, dass sie das nur sagte, um das Gespräch am Laufen zu halten.
»Der Lärm würde mich umbringen, und von dem Gerüttel gehen die Bäume kaputt.« Anna sagte es mit einem Lächeln, denn sie wusste, dass ihre Enkelin nach einem Vorwand zum Streiten suchte. Callie war verstimmt, weil Bets das Gespräch über den Doktor unterbrochen hatte. Das war auch besser so. Callie erzählte gerne herum, dass sie sich erst dann Gedanken über die Beerdigung ihrer Großmutter machen würde, wenn diese sich mal nicht mehr über irgendetwas aufregte. Vor allem junge Menschen lachten dann herzlich, denn sie konnten sich kaum vorstellen, dass man in Annas Alter die Beisetzung nicht schon doppelt und dreifach geplant hatte.
So standen sie also auf der Veranda und wälzten alte Probleme, bis der trockene Novemberwind sie ins Haus zurücktrieb. Anna wollte sich gerade noch einmal in den Hain aufmachen, als sie auf der Kiesauffahrt vor dem Haus Autoreifen knirschen hörte.
»Der kommt aber früh«, sagte Callie, erhob sich vom Stuhl und lief mit ihrem aufreizenden Gang zur Eingangstür. Der Hund, der schon fast taub war, trottete aus Gewohnheit hinterher.
Bets hielt Anna die Verandatür auf, während sie rasch im vorderen Zimmer einen Blick auf die vergoldete Uhr auf dem Klavier warf. »Keine Ahnung, wie er es in so kurzer Zeit vom Flughafen hierher geschafft hat. Rund um Oakland ist doch permanent Stau.«
An der Vorderseite hatte das Haus keinen Vorbau, sondern nur eine Treppe, deren Stufen direkt zum Halbrund der mit Kies ausgelegten Auffahrt führten. Anna stand an der Tür und hielt sich wegen des hellen Sonnenlichts schützend die Hand über die Augen. Langsam näherte sich ein dunkelblauer Wagen.
»Wieso lässt der sich so viel Zeit?«, fragte Callie.
»Vielleicht muss er vorsichtig fahren, weil er sich keine Vollkaskoversicherung für den Mietwagen leisten konnte. Das sind ja heutzutage Unsummen«, mutmaßte Bets.
Anna erkannte erst nach mehrmaligem Blinzeln, dass eine Frau am Steuer saß. Plötzlich stellte sich Bobo auf die Hinterbeine, wedelte mit den Pfoten in der Luft und drehte eine Pirouette. Das Kunststück hatte er seit Jahren nicht mehr aufgeführt. Als der Wagen endlich hielt, stellte Anna fest, dass sie auf diesen Besuch nicht vorbereitet waren. Denn aus dem Wagen stieg ihre Ururenkelin Erin.
Kapitel 2.
Erin
Erin hatte Kidron nach ihrem Collegeabschluss vor zwei Jahren verlassen und war seitdem nicht mehr zu Hause gewesen. Sie redete viel zu schnell, sodass Anna kaum die Hälfte verstand, doch es war offensichtlich, dass ihre Ururenkelin in Schwierigkeiten steckte. Ihre Stimme hörte sich kläglich an, ihre Haut war aschfahl, und ihre Gesten standen nicht im Einklang mit ihren Worten. Eben hörte Anna sie sagen: »Ich brauche eine Pause, der Stress ist ...«, dann malte sie mit den Händen einen Kreis in die Luft, als wollte sie ein großes Problem andeuten, für das sie nicht die richtigen Worte fand. Callie setzte sich neben sie aufs Sofa, und Bobo kletterte auf Erins Schoß und rollte sich ein.
»Du musst mehr essen«, sagte Bets und stellte einen Teller mit Oliven und Crackern auf den Tisch. »Deine Wangen sind ganz eingefallen, und spindeldürr bist du. Habt ihr nichts Gescheites zu essen bekommen? Ich dachte, in Italien gibt es genug Pasta und Brot?«
Callie setzte ein, als ihre Mutter eine Pause machte. »Bist du in New York zwischengelandet? Warum hast du nicht gesagt, dass du kommst, wir hätten dich doch abgeholt. Das Geld für den Mietwagen hättest du dir wirklich sparen können. «
Erin lehnte sich an Callies Schulter und schloss die Augen.
»Wir sollten sie erst einmal ins Bett schicken«, drängte Anna, die zunächst ohne Erin mit den anderen reden wollte. Sie mussten eine Erklärung für das merkwürdige Verhalten des Kindes finden.
»Ich bin alt genug, um mich selbst ins Bett zu schicken«, sagte Erin mit geschlossenen Lidern. Anna hatte den Verdacht, dass sie weinte. »Außerdem hab ich selbst nicht gewusst, dass ich nach Hause will, bis ich dann plötzlich hier war. Da war es schon zu spät für eine Ankündigung.«
Bets strich ihr durchs Haar und flüsterte besänftigende Worte. Es war eine Szene, wie sie sich früher oft zugetragen hatte, als die kleine Erin zu ihnen nach Hill House ziehen musste, weil sie plötzlich beide Eltern verloren hatte. Anna lauschte Bets' hypnotisierender Stimme; mit ihrem Singsang und dem einlullenden Sprechrhythmus besänftigte sie jeden Fluchtimpuls. Dann sah sie zu, wie ihre Tochter, alt genug, um selbst Hilfe zu brauchen, ihre Urenkelin behutsam auf ihr Zimmer führte. Bobo heftete sich an ihre Fersen.
Anna zog die Schublade des Sekretärs auf, in der sie Erins Briefe aus Italien aufbewahrte. Es war eine Handvoll Luftpostbriefe mit diffusen Beschreibungen der Kollegen an der Oper, Anekdoten über Ausflüge ins Umland, und einmal hatte sie lang und breit darüber berichtet, wie sie fast ihre Notenblätter in einem Bus hätte liegen lassen. Sie fand auch das Informationsschreiben, in dem Erin die Bedingungen für ihre befristete Anstellung als Mezzosopranistin an der Musikakademie von Santa Cecilia erläutert worden waren.
Callie und Bets kamen zurück ins Wohnzimmer und machten es sich auf der Couch gemütlich. Beide wirkten nach der lebhaften Unterhaltung mit Erin um Jahre verjüngt. Sie redeten leise miteinander, doch Anna gab sich keine Mühe, dem Gespräch zu folgen. Nur ungern gab sie zu, dass ihr Hörvermögen in letzter Zeit nachgelassen hatte. Sie suchte weiter nach dem Vertrag, den ihr Erin gezeigt hatte, nachdem Anna wissen wollte, wovon sie in Italien ihren Lebensunterhalt bestreiten wollte. Es gab zwar noch etwas Geld, von dem Erin nichts wusste. Es stammte aus einer Versicherungspolice, die nach dem Tod ihres Vaters fällig geworden war, und Anna hatte es zurückgehalten. Wenn die Zeit reif war, wollte sie es ihr geben. Endlich fand Anna, was sie suchte. Beim Auseinanderfalten des Dokuments stellte sie allerdings fest, dass es auf Italienisch verfasst war. Es brachte sie also keinen Schritt weiter.
»Sie steckt in Schwierigkeiten«, sagte Bets, um Anna wieder ins Gespräch einzubeziehen.
»Sie sieht ihrer Mutter im Augenblick unglaublich ähnlich «, meinte Callie. »Sollen wir im Auto nachschauen, ob wir einen Anhaltspunkt finden? Es muss doch irgendeinen Grund geben, warum sie hier aufgetaucht ist.«
Bets nahm Anna das Schreiben aus der Hand und überflog es. »Du kannst das bestimmt lesen«, sagte sie dann zu ihrer Tochter. »Spanisch ist doch so ähnlich wie Italienisch, es sind ja beide romanische Sprachen, oder?«
»Ja, aber grundverschiedene«, erwiderte Callie, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Eigentlich sollten wir ihr nicht hinterherspionieren. Sie wird uns schon alles erzählen, wenn sie so weit ist.«
»Ihre Mutter hat uns auch nie etwas erzählt«, warf Bets ein und strich eine Strähne zurück, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte.
Anna wusste, dass sie einschreiten musste. Die Gewissensbisse und die Scham über das, was mit Erins Mutter geschehen war, hatten einen Keil zwischen die beiden getrieben und belasteten ihre Beziehung seit Jahren.
»Eine Frau darf ihre Geheimnisse haben«, sagte Anna und erinnerte sich daran, wie viel sie ihrer eigenen Mutter nicht erzählt hatte. Auch ihrer Tochter hatte sie manches verschwiegen, zum Beispiel den Verdacht, dass keine von ihnen die war, die sie zu sein glaubte.
Bets stand auf und sammelte die Unterlagen wieder ein. Ihre Statur und das spitze, scharfkantige Kinn hatte sie von ihrem Vater, der allerdings stets einen Bart getragen hatte, sodass seine Züge weicher wirkten. Diese Möglichkeit hatte Bets nicht, weshalb sich viele Menschen von ihr angegriffen fühlten, wenn sie mit ihnen sprach. »Wenn wir damals Bescheid gewusst hätten, hätten wir etwas unternehmen können. Ich werde in dieser Familie keine schwelenden Geheimnisse mehr dulden, nur weil es bequemer ist, sich vorzumachen, die Privatsphäre sei heilig. Zum Teufel mit der Privatsphäre!«
Anna hörte noch, wie die Haustür zuschlug, und danach knirschten Bets' schwere Schritte auf dem Kies. »Sie wird bestimmt nichts finden«, sagte sie zu Callie. »Ich habe gesehen, dass Erin weinte, als sie aus dem Wagen stieg. Es gibt keine Spuren, kein Gepäck, noch nicht einmal ein zerknülltes Hamburgerpapier auf der Armatur.«
»Darum geht's doch nicht. Mum denkt, du bist wieder einmal auf meiner Seite.« Callie blickte den Flur entlang, um sicherzugehen, dass Erins Zimmertür noch geschlossen war.
»Ich stehe auf keiner Seite.« Anna nahm die Hand ihrer Enkelin. »Es hat nie zwei Seiten gegeben, alles ist ein unaufhörlicher Kreislauf ohne Anfang und Ende.«
»Wenn sie zurückkommt, will ich nicht mehr hier sitzen«, sagte Callie.
Sie klang bockig, wie damals als Jugendliche, als ihr Teint noch frisch und von der Sonne gebräunt war und widerspenstige Locken ihr hübsches Gesicht rahmten. Schon als kleines Kind war sie dauernd weggerannt von zu Hause, von Bets und Hill House, weil sie sich beengt fühlte. Alles, was sie tat, war durchdrungen von dem Wunsch, Kidron zu entfliehen. Callie dachte damals, die große weite Welt warte nur auf sie.
»Komm mit in den Hain, ich will noch einen Korb Oliven sammeln für das Öl heute Mittag«, schlug Anna vor. Im Olivenhain beruhigten sich die Gemüter meistens wieder.
Callie rieb ihr Bein durch den dicken Jeansstoff. »Mehr als ein paar Schritte kann ich bei den Schmerzen nicht gehen. Ich kümmere mich ums Essen, ich muss mir dringend eine weitere Gemüsebeilage einfallen lassen. Erin isst garantiert kein Stück von dem schönen Schweinebraten.«
Anna stand auf und dankte Gott, dass ihr eigener Körper noch so gut in Schuss war und sie keine Probleme beim Gehen hatte. Müßiggang war nie ihre Sache gewesen, was nicht heißen sollte, dass ihre Enkelin durch die Geschichte mit dem Bein faul geworden wäre. Aber sie erlaubte ihr, sich in die Küche oder Vorratskammer zu verziehen und nur die Arbeiten zu verrichten, die ihr lagen. Anna zog einen dicken Pullover aus dem Schrank, griff nach dem Korb und ging durch die Hintertür hinunter zur Plantage. Seit Erins Ankunft schien es kühler geworden zu sein.
Alles war in Unordnung geraten, und das kurz bevor der Genforscher eintreffen sollte. Anna überlegte, welcher Typ Mann der Doktor sein mochte, und ob er die schlechte Stimmung bemerken würde. Für gewöhnlich hatten Männer nicht die Intuition der Frauen.
Vom Fuße des Hügels aus blickte sie zurück zum Haus. Es war Stück um Stück erweitert worden. Je größer und reicher die Familie geworden war, desto mehr Anbauten folgten. Wie so viele Häuser in Sacramento Valley war es im Stil der einstigen Missionsstationen erbaut, die die Spanier nach ihrer Niederlage fluchtartig verlassen hatten. Es war einstöckig mit einem Dach aus Lehm und Wänden aus Gips. Von der Hinterseite aus konnte man die beiden rechtwinklig angebauten Flügel gut erkennen. Die Küche, in der lange Zeit die Oliven verarbeitet worden waren, nahm fast den gesamten Nordflügel ein. Der südliche Flügel war etwas länger, in ihm befanden sich drei weitere Zimmer und ein Bad, während im Hauptgebäude das große, frisch renovierte elterliche Schlafzimmer, das Wohnzimmer, ein Esszimmer und die Bibliothek untergebracht waren.
Hill House, Annas Zuhause, war von ihrem Vater Percy Davison erbaut worden. Im Lauf ihres langen Lebens hatte sie sich immer wieder gefragt, wie es einem Mann gelungen war, ein Haus zu konstruieren, das den weiblichen Bedürfnissen so mustergültig entsprach. Als sie damals aus dem provisorischen Zelt am Rande des noch jungen Olivenhains umzogen, nachdem sie lange darauf gewartet hatten, dass er endlich genug abwarf, um die Schulden bei der Bank zu begleichen, verkündete ihr Vater feierlich, dass dort oben ein Tempel auf sie wartete.
Hill House war nicht das älteste Gebäude der Stadt, doch weil es so exponiert auf einem Hügel lag und der Olivenhain seit Generationen in Familienhand war, war es zu einer Touristenattraktion geworden. Das hatte sich die örtliche Behörde ausgedacht, die auch einen Prospekt herausgab, der nun bei Anna am Kühlschrank hing. Darin stand, Hill House sei Kidrons Antwort auf das pittoreske Hearst Castle in San Simeon. Natürlich war Hill House nicht annähernd so groß wie das Schloss in San Simeon, doch Anna stimmte dem Vergleich trotzdem gerne zu. Allerdings sprach sie mit niemandem darüber, denn sie fürchtete insgeheim, dass ihre Wirklichkeit und das Bild, das die Welt sich von Kidron und ihrem Haus machte, nicht übereinstimmen könnten.
Je näher sie dem Hain kam, desto jünger fühlte sie sich. Die niedrigen Bäume überragten sie nur um wenige Zentimeter. Sie roch den leichten Moschusgeruch der Erde. Es war zwar Herbst geworden, doch unter dem silbrig grünen Blätterdach schien noch Sommer zu sein. Die Früchte hatten gerade erst begonnen, sich violett zu verfärben. Sie hob die Hand, umschloss einen Zweig mit den Fingern und streifte gegen die Wuchsrichtung am Ast entlang. Das Rascheln der Blätter und das Pollern der in den Korb fallenden Früchte erinnerte sie an die Stimme ihres Vaters, der so viele Geschichten auf Lager gehabt hatte, wie es Sterne am Himmel gab. Und jede einzelne begann und endete bei den Olivenbäumen.
© 2013 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Courtney Miller Santo
Courtney Miller Santo wuchs in Pacific Northwest auf und belegte mit neun Jahren ihren ersten Schreibkurs. Sie studierte Creative Writing in Memphis und schrieb während ihres Studiums für verschiedene Literaturzeitschriften. Heute unterrichtet Courtney Miller Santo selbst Creative Writing. Sie ist seit 1999 mit ihrer Jugendliebe verheiratet, und die beiden haben zwei Kinder.Carina Tessari, geb. 1978, studierte Übersetzen in Berlin und übertrug u. a. Curtis Sittenfeld und Lindsay Graves ins Deutsche. Sie lebt in Mannheim.
Bibliographische Angaben
- Autor: Courtney Miller Santo
- 2013, 384 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Seifried, Bettina; Tessari, Carina
- Übersetzer: Bettina Seifried, Carina Tessari
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453409884
- ISBN-13: 9783453409880
- Erscheinungsdatum: 11.03.2013
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