Das Geschmeide der Königin
DasGeschmeide der Königin von Carl JonasLove Almqvist
LESEPROBE
Zeiten der Duelle und doppelter Eifersucht, und doch, was für Zeitenaufregender Abenteuer, umstürmter Locken, feuriger Herzen?
Vorüber sind sie, zumindest Erstere. Gesunder Menschenverstand,Herr Hugo, hat die Angewohnheit überwunden, einem Freund wegen eines übereiltenWortes, einer missverstandenen Tat eine Kugel in den Kopf zu jagen. WennRitter unserer Tage, ich meine Offiziere, sich miteinander zu messen trachten,so schützt sie, wenn die höchste Autorität sie bestraft, nicht mehr dieallgemeine Meinung. Wohl spricht man über die Begebenheit, was den Geschmack einesMandelsplitters oder Biskuits um einiges hebt und Zunge und Gaumen inlebhaftere Tätigkeit versetzt, als wenn man schwiege. Aber die Frage vonDuellen trainiert diese Hebung des Geschmacks, die der Sinn all unserer Gespräche,all unseren Umgangs ist und sein soll, in unseren Tagen weder mehr noch besserals irgendein anderer Gesprächsstoff. Zwar lobt man die höchste Autoritätnicht unbedingt für ihr Eingreifen bei einem solchen Abenteuer, aber den Kämpfendennickt man auch nicht allzu beifällig zu, wenn sie ihren größten,uneigennützigsten Mut beweisen. Doch ich frage im Ernst, kann es einevollkommenere Couragegeben als die, für so gar nichts zu sterben? Derart muss absoluter Mutsein.
Dabei geht es vielleicht nicht immer um nichts?
Die Eifersucht hat sich stärker gehalten. Zwar nennt man sieeine schreckliche Krankheit, welche die Wangen bleicht und jede Brust welkenlässt, in der sie ihren Tempel errichtet. Gleichwohl - wenn die Eifersucht eindüsteres Gespenst ist, erhebt sie sich nur selten, es sei denn als Hüterineiner heiligen Flamme. Zeig mir ein Weib, das dieser grässliche Dämonverzehrt; wäre der Grund nicht, dass sie tief und unsterblich liebt? Wie einSternbild im klarsten Bach funkelt, so rein lodert ihr Wesen. Ihr Herz, allihre Gedanken hat sie geopfert - ihr ganzes Universum hat sie in eine warmeHand gelegt. Wenn aber die Hand des Geliebten schon vor dem Tod erkaltet?dann jagt eine Dezember-Bö durch ihre Adern! Mit der hohen, zarten Empfindsamkeit,wie sie einzig einer edlen, vergeistigten Neigung zukommt, gewahrt sie eineGleichgültigkeit bei dem, dem nie andres als ungeteiltes Gefallen an demSchönen und Großen hätte zu Eigen sein sollen, welches ihr selbst groß undschön erscheint. Verdorrt sind die Wiesen ihres Landes; an ihrem Himmelgefriert der Mond; die Sonne selbst läuft zitternd und fahl durch dieLuftsphären ihrer erkalteten Welt. Man tadelt die Eifersucht, Herr Hugo, undvermutlich begeht sie häufig den Fehler, sich zu irren, glaubt, etwas zusehen, was nicht da ist: Aber allem Unglück gebührt unsre Achtung, und diesesist durch seine Ursache doppelt Ehrfurcht gebietend. Empfinde keine Liebe außereiner frechen und prahle dann ohne zu zögern, dass dich das heulendeNachtgespenst nie belästigt. Du, weshalb sollte deine Brusterbeben? Verlierst du heute eine Sorte Freund, hast du morgen Mittag schon dennächsten, ebenso vortrefflichen.
Verzeihen Sie mir aber, Herr Hugo - fuhr Richard Furumo imgelben Kabinett des Jagdschlosses fort, wo er eines Abends im Kreise derversammelten Verwandtschaft saß -, verzeihen Sie mir, dass ich die Begeisterungmeines Herrn über Calderons Mariamne nicht völlig zu teilen vermag, was den Schimpfbetrifft, den Aristobulus,dies Opfer des Genius der Eifersucht, durch die Komposition des Stückeswie durch die scharfen Auslassungen seiner Gemahlin zu tragen hat. InnereHumanität spiegelt sich hierin nicht. Allerdings gebe ich gern zu, dass einGeschöpf, das unverdient zum Gegenstand der Eifersucht wurde, es tief kränkendfinden muss, grundlos verdächtigt zu werden.
Eifersuchtist schwer - doppelteEifersucht jedoch ist weit schlimmer und umso verwunderlicher.
Meine Erinnerung schweift an einen Punkt in Östergötland;ein Herrenhaus oder Schloss. Hier wurde ich Zeuge eines Schauspiels. ZweiSchwestern, die ein abgeschiedenes Leben führten, bewohnten das Schloss, vonVerwandten gepflegt, die ihre Besitztümer verwalteten und sie selber betreuten.
Die beiden Unglücklichen verbrachten ihre Zeit im oberenStockwerk, das allein ihren Bedürfnissen vorbehalten und mit allen häuslichenAnnehmlichkeiten ausgestattet war. Mit Ausnahme einer Dienerin, die sich zuihrer Aufwartung einfand, waren sie alle Tage sich selbst überlassen. Dies fandman mit ihrer Gemütsverfassung am besten in Übereinstimmung. Sie wollten mitihren Blicken niemanden treffen.
(...)
© deutsche Ausgabe: 2005 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek beiHamburg
Übersetzung: Klaus-Jürgen Liedtke
- Autor: Carl J. L. Almqvist
- 2005, 1, 416 Seiten, Maße: 13 x 20,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Liedtke, Klaus-Jürgen
- Verlag: Kindler
- ISBN-10: 3463404788
- ISBN-13: 9783463404783
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Das Geschmeide der Königin".
Kommentar verfassen