Ein Netz so fein gesponnen
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Ein Netz so fein gesponnen von Barbara vonBellingen
LESEPROBE
Kätt hatte die schweren Übergardinen ausgestreiftem, hellgelbem
Damast zugezogen. Anfangs hatteFelicitas sich darüber
geärgert. Jetzt dagegen war es ihrvollkommen gleichgültig,
dass die Nachmittagssonne nicht mehrungehindert in ihr
Schlafzimmer hineinscheinenkonnte. Denn sie hatte genügend
damit zu tun, gegen die Wehenanzukämpfen, die sie in
immer kürzer werdenden Abständenüberkamen.
Gerade war wieder eine imAnschwellen begriffen. »Muss
das denn so wehtun?«,stieß Felicitas zornig hervor. »Wenn
ich hiermit fertig bin, werde ichmeiner Mutter gehörig die
Meinung sagen. Dass sie mir nichtverraten hat, was mich erwartet
- das verzeihe ich ihr nie Himmel,Arsch und !«
»Aber gnä Fraa!«, unterbrach Kätt ihre junge Hausherrin.
»So was sagt merdoch net - auch net, wenn snoch so zieht!«
»Du hast gut reden!«Felicitas presste die Luft zwischen den
zusammengebissenen Zähnen hervor.»Aber es reißt mich
dermaßen im Kreuz, dass mir dieganze verdammte Contenance
wahrhaftig gestohlen bleiben kann Bei so was versagen
mir die guten Manieren, Teufel nochmal!«
Kätt verkniff sich ein Lächeln undsetzte eine gespielt grimmige
Miene auf. »Aber wenn gleich die Hebamm kommt,
dann nehmt Ihr Euch zusammen - gell?Sonst müsst mer sich
ja schäme fürs ganze Haus Faber. Undder Herr Dokter
würd s bestimmt aachnet gutheiße.«
»Die Hebamme kann mir ebenfallsgestohlen bleiben.« Felicitas
atmete jetzt, da die Wehe endlichabebbte, tief durch.
»Hier im Haus hab immer noch ich dasSagen. Und ich bestimme
auch, wo s langgeht. Verstanden?«
Kätt machte ein zweifelndes Gesicht.»Das wird sich zeige«,
murmelte sie mit einer Spur vonSchadenfreude. »Beim Kinderkriege
geht s am Ende nämlich doch immerso, wie Mutter
Natur es will. Ganz egal, ob Euchdas passt oder net.
Gell?« Siedrehte sich zu der kleinen, drallen Person um, die
beinahe lautlos das Faber scheSchlafgemach betreten hatte.
»Gell, Gertrud, so isses doch?«
Die Hebamme - um die vierzig wie Kätt - war ihre alte
Duzfreundin. Sie nicktebereitwillig. Hut und Mantel musste
sie unten im Flur bei Leni abgegebenhaben, derem Kind sie
erst in der vergangenen Woche aufdie Welt geholfen hatte.
Leni war bereits wieder auf denBeinen - sehr zur Besorgnis
ihres Ehemannes, des jungen DoktorMerker.
»Hoffentlich habt Ihr der Leni daunten mal richtig den
Marsch geblasen«, sagte Felicitasund richtete sich steil in ihrem
Sessel auf, denn eine neue Wehe warim Anzug. »Ich
hatte ihr streng verboten, schonwieder die schweren Wassereimer
zu schleppen, aber mir will sieeinfach nicht gehorchen
- so wenig wie ihrem Mann!«
Gertrud Habermehl lachte undkrempelte sich die Ärmel
hoch. Über ihrem groben, blauenLeinenkleid trug sie eine
weiße Schürze, auf deren unteremRand ein winziger, doch
für Felicitas überaus beunruhigender Blutfleck zu sehen war.
»Die weiß schon, was sie tut«, gabGertrud fröhlich zurück.
»Macht Euch da mal keine Sorje, Fraa Dokter.Außerdem is
sie kerngesund, da schad t das bissche Arbeit nix.Und jetzt
seh n wir mal nach, wie weit s bei Euch is.«
Sie kramte in dem kleinen schwarzenHandkoffer, den sie
mitgebracht hatte. Das Instrument,das sie hervorholte, ein
hölzernes Hörrohr, war Felicitasvertraut. Aber jetzt machte
es dennoch einen beängstigendenEindruck auf sie. »Wozu
das?«,fragte sie die Hebamme.
»Na, ich muss doch hören, wie s demStammhalter geht«,
antwortete Gertrud Habermehlnüchtern. »Schlagt mal den
Schlafrock zurück, wenn ich bittendarf.«
Felicitas kam der Aufforderung derHebamme nach. Die
setzte das Stethoskop mitroutinierter Bewegung auf den
hochgewölbten Bauch der jungen Frau,legte das Ohr ans andere
Ende und lauschte aufmerksam. Dannnickte sie. »Schöner
kräftiger Herzschlag«, sagte siebefriedigt, während sie Felicitas
zuzwinkerte. »Warten wir einfach ab.«
Doktor Faber zog das Stethoskop vonder eingefallenen Brust
des kleinen Jungen zurück, der mitentblößtem Oberkörper
in der Wiege vor ihm lag. Erschüttelte den Kopf. Dann heftete
er den Blick müde auf die Mutter desKindes. »Was soll
ich sagen? AlleBehandlungsmöglichkeiten, die uns zur Verfügung
stehen, sind nun erschöpft. Gegenden Tod gibt es leider
keine Therapie, liebe MadameReichardt, und wenn nicht ein
Wunder geschieht «
»Aber unser Fränzchenwar doch bis gestern ganz gesund
und munter«, erwiderte AnnaReichardt. Ihr schönes braunes
Seidenkleid verriet Wohlstand, undfür eine Frau in den Dreißigern
sah sie noch recht unverbraucht aus.Doch ihr Gesicht
war blass, ihre Lippen zitterten.»Wie ist es möglich, dass der
Kleine so plötzlich «
»Sie sagten, er habe schon hin undwieder bei Tisch mitgegessen
«, unterbrach Doktor Faber sie.»Sehen Sie, Madame
Reichardt - es kommt oft vor, dassdie noch allzu zarten Eingeweide
eines Kleinkindes die NahrungErwachsener nicht
verdauen können. Ich pflege dieMütter junger Kinder wieder
und wieder davor zu warnen, ihreKleinen an den Tischmahlzeiten
teilnehmen zu lassen. Vor dem erstenLebensjahr tut
das nur selten gut «
»Aber er hat nur Milch bekommen, undein Stückchen eingeweichten
Weck mit Honig«, wandte AnnaReichardt heftig
ein. »Herr Doktor Faber - es kannnicht sein, dass solche milden
Speisen ihn krank gemacht haben!«
Sie schluchzte auf und schlug dieHände vors Gesicht.
Wieder schüttelte Doktor Faber denKopf. Er legte sacht zwei
Finger auf die runde, mit kaltemSchweiß bedeckte Stirn des
Kleinen. Das Kind gab einenerbärmlichen Schmerzenslaut
von sich und sog röchelnd Luft indie Lungen. Es hatte offenbar
große Mühe zu atmen und littsichtlich.
»Um der Liebe Gottes willen«,flüsterte Anna Reichardt,
»tun Sie etwas, Herr Doktor! HelfenSie meinem Kind!«
Doktor Faber strich mit einer zartenGeste über die papierdünne
Haut an der Wange des kleinenJungen. »Lassen Sie
ein Löffelchen Salz in einer Tasseabgekochtem Wasser auflösen
«, sagte er zu der Mutter. »Dannwollen wir gemeinsam
versuchen, dem Kind etwas davoneinzuflößen. Vielleicht
können wir «
Er sprach nicht weiter - war dieerhoffte Wirkung doch zu
unwahrscheinlich. Franz Reichardt,vier Monate alt, hatte
schon zu viel Flüssigkeit verloren,als dass noch berechtigte
Hoffnung auf seine Rettung bestandenhätte. Nach den Angaben
seiner Mutter hatte der Junge seit demvergangenen
Abend keinerlei Nahrung oderFlüssigkeit mehr bei sich behalten.
Die ganze Nacht hindurch habe er geschrien, und die
Beinchen eng an den Leib gezogen vorBauchschmerzen. Alles
Massieren sei nutzlos gewesen, imGegenteil, die Schmerzen
des Kindes schienen sich nochverschlimmert zu haben.
Am Morgen sei der Durchfall, deranfangs wässrig gewesen
sei, blutig geworden. Und da endlichhatte Anna Reichardt in
ihrer Verzweiflung nach dem Arztgeschickt.
Viel zu spät.
Anna Reichardt rief nach demHausmädchen, das gleich
darauf erschien, und gab mitgebrochener Stimme Anweisung.
Dann drehte sie sich wieder zuDoktor Faber um.
»Glauben Sie, dass «
»Solange noch Leben vorhanden ist,darf man die Hoffnung
nicht fahren lassen.« Der Arzt ließ sich auf dem Schemel
neben der Wiege nieder und nahm dasschlaffe Händchen des
Kindes zwischen seine Finger. »Ichbleibe natürlich am Krankenbett.«
»Sehr gut.« Die Hebamme nickteFelicitas ermutigend zu.
»Wir haben eine Öffnung von vierZoll.«
»Was soll das heißen?« Felicitas holte tief Luft, denn eine
weitere Wehe kündigte sich an undließ ihren Leib von
neuem steinhart werden. »Warum, zumTeufel, strengt Ihr
Euch eigentlich nicht ein bisschenan und treibt die Angelegenheit
vorwärts?« Sie schoss der Hebammeeinen wütenden
Blick zu. »Ich habe es wirklichsatt, immer nur zu warten!«
Gertrud Habermehl richtete sich ausihrer gebückten Haltung
auf und grinste doch tatsächlich -grinste Felicitas mitten
ins Gesicht! »Anstrengen?«, sagte sie nachsichtig. »Anstrengen
müsst Ihr Euch. Nur - soweit sindwir noch lange
nicht, gnäFraa.«
Felicitas war wütend. »Aber ich habejetzt ununterbrochen
diese widerwärtigen Schmerzen«,sagte sie mit zerknirschtem
Gesicht. »Ihr werdet dochirgendeinen Kniff kennen, womit
das alles schneller über die Bühnegeht!«
Gertrud Habermehl grinste abermals.»Na, ununterbro-
chen würde ich die Wehen aber nichtnennen«, erwiderte sie
mit einem Blick auf die kleinevergoldete Uhr, die auf dem
Kaminsims eifrig vor sich hintickte. »Es liegen immerhin
noch zehn, zwölf Minutendazwischen.« Als wollte sie sich
vergewissern, sah sie rasch auf ihreeigene silberne Taschenuhr,
die sie aus der Rocktasche gezogenund aufgeklappt
hatte. »Und deswegen «
»Ihr seid eine ganz unausstehlichePerson!« Felicitas krallte
die Finger in die gepolsterteArmlehne des Sessels, in dem sie
mehr kauerte als saß. »Ich hätte niegedacht, dass Ihr so herzlos
und vor allem so unfähig wärt. Ihrhabt ja überhaupt keine
Ahnung und gebt es auch noch zu Verflixt und zugenäht
Wahrscheinlich wisst Ihr nicht malso recht, wie es einer werdenden
Mutter Herrgott noch mal überhaupt zumute ist!
Anstatt mir beizustehen verflucht stattdessen sitzt Ihr nur
herum und lasst den lieben Gotteinen guten Mann sein
Teufel noch mal!«
»Und was sollte ich Eurer Meinungnach tun?« Gertrud
Habermehl legte Felicitas begütigenddie Hand auf den Arm
und lächelte.
»Na, mich endlich von dem Kindentbinden«, sagte Felicitas
böse. »Dazu seid Ihr doch hier -oder etwa nicht?«
Die Hebamme blickte verdutzt drein,schüttelte dann den
Kopf und lachte leise. »Schon«,sagte sie, »aber bis es soweit
ist, dauert es noch ein Weilchen -da führt kein Weg dran
vorbei.«
»Mir reicht s!Am Ende wollt Ihr erst Kaffee trinken, bevor
es an die wichtigen Dinge geht!«
»Eine wunderbare Idee, gnä Fraa«, gab die Hebammetrocken
zurück und heftete den Blick auf dieMagd, die untätig
an der Tür stand. »Wenn s deinerHerrschaft recht ist, dann
brüh uns doch eine Kanne auf, Kätt!«
Felicitas zog eine Grimasse. »Nein,es ist mir absolut nicht
recht«, sagte sie, gegen eine neueWehe ankämpfend. »Wir
haben wirklich Besseres zu tun, alsherumzusitzen und einen
Kaffeeklatsch abzuhalten. Habermehl sche, mal ehrlich -
wisst Ihr tatsächlich nicht weiter?«
Gertrud Habermehl zückte ihrhölzernes Hörrohr und
setzte es erneut auf Felicitas festen runden Bauch. Sie
horchte. Dann richtete sie sich auf.»Schade, dass Euer Hals
nicht lang genug ist«, murmelte siesanft, »dann würdet Ihr
bestimmt nicht weiter lamentieren «
»Hals zu kurz?«Felicitas geriet schon wieder in Harnisch.
»Mein Hals ist nicht zu kurz, imGegenteil. Immer ist mir bestätigt
worden, dass ich einen sehr schönenlangen Hals habe.
Ich verbitte mir jeglicheBeleidigungen - zumal ich Kreuzdonnerwetter
noch mal im Augenblick so ekelhaftwehrlos
bin!«
Die Hebamme betrachtete Felicitasmit nachsichtigem
Blick. »Schade«, fuhr sie fort,»dass Ihr nicht selbst horchen
könnt, gnäFraa. Dann würdet Ihr den kräftigenHerzschlag
Eures Stammhalters hören und EureUngeduld gewiss vergessen.«
Felicitas blies die Backen auf, zogden Schlafrock über dem
Bauch zusammen und erhob sich mitzusammengebissenen
Zähnen aus dem Sessel. Langsam undvorsichtig ging sie ans
Fenster, sah hinunter auf die Gasse,drehte sich wieder zu
Gertrud Habermehl um und holte tiefLuft. »Ist es denn so
schwer zu verstehen, dass ich dieseMühsal hinter mich bringen
will?« Sieschnaufte zornig. »Habermehl sche, ich fordere
Euch zum letzten Mal auf, endlichHand anzulegen, statt untätig
hier herumzulungern. Wenn Ihr dasnicht könnt, dann
soll nach dem alten Doktor Bartholdgeschickt werden. Der
wird schon wissen, was zu tun ist,damit es vorangeht!«
Gertrud Habermehl war nebenFelicitas getreten und legte
ihr jetzt in einer mütterlichenGeste den Arm um die Schultern.
»Ich hätte gedacht, Ihr als Fraueines Arztes wüsstet besser
Bescheid als andere junge Frauen«,sagte sie. »Aber offenbar
hat auch Euch keiner erklärt, wasEuch erwartet.« Sie
führte Felicitas wieder zum Sessel.»Seht mal, eine Geburt «
» ist ziemlich schmerzhaft«,unterbrach Felicitas die Hebamme
ungnädig. »Als ob meine Mutter mirdas nicht gesagt
hätte!«
Gertrud Habermehl drückte dieGebärende sanft in den
Sessel und setzte unbeirrt ihreErklärung fort. »Eine Geburt
dauert beim ersten Mal etwas länger.Da ist Geduld nötig - ich
schätze, noch mindestens zwei, dreiStunden, von jetzt an gerechnet.
« Sie warf einen Blick auf dieKaminuhr. »Gegen sechs
oder sieben wird s dann richtiglosgehen, gnä Fraa.«
Felicitas schnaubte entrüstet. »Ichglaub Euch aber nicht,
dass es kein Mittel gibt, um dieseunglückselige Angelegenheit
zu beschleunigen. Und ich willjetzt, dass der Frieder auf
der Stelle den alten Doktor Bartholdholt. Wo mein eigener
Herr Gemahl sich gerade aufhält,weiß ja wieder kein
Mensch!« Sie zog ein kleines,spitzenbesetztes Schnupftüchlein
aus der Tasche ihres Schlafrocks,betupfte sich damit die
Stirn und zerknüllte es dann wütend.»Immer muss ich alles
allein machen!«
»Aber ich bin ja da«, versuchte dieHebamme Felicitas zu
beschwichtigen. »Glaubt mir, essteht zum Besten, und wir
haben keinen Grund, den Doktor zubemühen. In zwei, drei
Stunden «
»Nein, nein, nein!« Felicitasschleuderte das zu einer Kugel
zusammengeknüllte Tüchlein auf dieBodendielen. »Ich warte
nicht länger als unbedingt nötig. Daskann keiner von mir
verlangen, dass ich derartigeSchmerzen noch stundenlang er-
trage. Der Frieder soll sofortloslaufen und Doktor Barthold
holen, damit er mich erlöst!«
»Der Bub hat zu tun«, sagte Kätt energisch, »der holt ja den
Geburtsstuhl. Wenn gnä Fraa nix dagegehabbe, geh ich selber
zum Herrn DokterBarthold. Ich kann ihm aach besser erkläre,
wo s fehlt.«Dann, mit einem bedeutsamen Blick zu ihrer
Busenfreundin hinüber und ohne dieBestätigung ihrer
jungen Herrin abzuwarten, verließ sie das Schlafzimmer.
»Gut so«, murmelte Gertrud Habermehlbefriedigt und
ließ sich auf dem gepolstertenSchemel neben der ehelichen
Lagerstätte nieder. Sie sahFelicitas mit geduldiger Miene an.
»Atmet ganz tief, wenn die nächsteWehe kommt«, wies sie
die junge Frau an. »Das nimmt denSchmerzen die Schärfe.«
»Pah !« Felicitas schnaufte schwer.
Und dieser Laut hörte sich fürGertrud Habermehl schon
besser an. »Recht so«, feuerte sieFelicitas an, »Ihr müsst hecheln
- macht es wie ein Hund bei heißemWetter!«
»Pah!«,stieß Felicitas noch einmal hervor. »Das könnte
Euch so passen! Ich mach mich dochnicht lächerlich nicht
mal vor Euch, wo s gar nicht zählt!«Sie presste beide Handflächen
auf den Bauch, der sich erneutanspannte. Und dann,
als die Wehe anschwoll, tat siedoch, wie Gertrud Habermehl
sie geheißen hatte. »Es ist zumAuswachsen «, sagte sie
zwischen den kurzen Atemstößen, »undeins ist sicher ein
zweites Kind kommt für mich überhaupt nicht in Frage
da könnt Ihr aber Gift drauf nehmen !«
Doktor Faber hatte sich aus demLehnstuhl bei der Wiege erhoben
und war ans Fenster getreten. ImLicht der Nachmittagssonne
war die weiß getünchte Mauer desHauses auf der
anderen Seite der Gasse wie in Goldgetaucht. Die blank geputzten
Scheiben in den hohenSprossenfenstern glitzerten
Oben auf der Dachrinne saßen einigeSpatzen. Es waren
offenbar Jungspatzen, die ihre nochziemlich kurzen Flügel
im Sitzen durch die Luft schwirrenließen, so als trauten sie
sich noch nicht, den Flug hinab auf diePflastersteine zu den
frisch und einladend daliegendenPferdeäpfeln zu wagen. Unten
zankte sich bereits eine ganzeschilpende Schar anderer
Spatzen um die unverdautenHaferkörner, als wollten sie die
Jungen zum Mitmachen herausfordern.
Frühling. Allenthalben zeigte sichjunges Leben. Doktor
Faber wischte sich über die Stirnund schloss für einen Moment
die Augen. Mit einem Mal wünschte ersich voll brennender
Sehnsucht nach Hause - an die Seiteseiner Frau, die
in den Wehen lag und bald schonebenfalls ein junges Leben
zur Welt bringen würde. Ein Baby ein Söhnchen, Töchterchen
sein Kind. ( )
© Wilhelm Heyne Verlag
- Autor: Barbara von Bellingen
- 2004, 285 Seiten, Maße: 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ludwig bei Heyne
- ISBN-10: 3453877837
- ISBN-13: 9783453877832
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