Papa, der Wein korkt!
Roman. Deutsche Erstausgabe
Zwei Wochen mit dem Auto durch Frankreichs berühmteste Weinanbaugebiete, vom Elsass bis nach Bordeaux - das klingt paradiesisch. Doch nicht, wenn man Philippe an Bord hat. Kathryns Vater, Ende sechzig, ist ehemaliger Chefkoch und Sommelier, weiß...
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Produktinformationen zu „Papa, der Wein korkt! “
Zwei Wochen mit dem Auto durch Frankreichs berühmteste Weinanbaugebiete, vom Elsass bis nach Bordeaux - das klingt paradiesisch.
Doch nicht, wenn man Philippe an Bord hat. Kathryns Vater, Ende sechzig, ist ehemaliger Chefkoch und Sommelier, weiß alles besser und wird unausstehlich, wenn er im Lokal nicht binnen Sekunden die Weinkarte gereicht bekommt. Und täglich drei Weinproben mit entsprechendem Kater machen das Ganze auch nicht leichter ...
Klappentext zu „Papa, der Wein korkt! “
Zwei Wochen mit dem Auto durch Frankreichs berühmteste Weinanbaugebiete, vom Elsass bis nach Bordeaux - das klingt paradiesisch. Doch nicht, wenn man Philippe an Bord hat. Kathryns Vater, Ende sechzig, ist ehemaliger Chefkoch und Sommelier, weiß alles besser und wird unausstehlich, wenn er im Lokal nicht binnen Sekunden die Weinkarte gereicht bekommt. Und täglich drei Weinproben mit entsprechendem Kater machen das Ganze auch nicht leichter
Lese-Probe zu „Papa, der Wein korkt! “
Papa, der Wein korkt! von Kathryn BorelKapitel Eins
Für Champagner gilt in unserer Familie nur die eine, von meinem Vater aufgestellte Regel: Wenn wir traurig sind, trinken wir ihn nicht. Im Innenhof des typisch französischen Bed & Breakfast recken und strecken wir unsere Glieder. Mein Vater breitet die Arme aus und spreizt die Finger, so als griffe er sich die weltgrößte Heckenschere und wollte einen Busch in Form schneiden.
Zu einem gallischen Hahn beispielsweise. Er breitet sie so weit wie möglich aus und lässt sie immer wieder zurückfedern.
Dabei stößt er eine Folge von Vokalen aus, die er in holländischen Wörtern gefunden hat: »Oo!«, »Ee!«, »Aa!« ... »Oo!«, »Ee!«, »Aaaa!«
Ich lasse meinen Oberkörper nach vorn fallen, bis mein Kopf die Knie berührt, und spüre meine Wirbel knacken wie ein Holzxylophon. Ich schnuppere die Luft, die der Wind uns heranträgt. Sie ist frisch und lebendig, voller unsichtbarer Partikel von den Trauben der Weinberge, die das B&B umgeben. Überall Weinberge, unendliche Gitter unendlicher Reihen unendlich vieler Trauben.
Das Steinhaus wirkt wie belagert von Wein, so als könnte es jeden Moment von diesen kräftigen stachligen Pflanzen überwältigt werden sie müssten sich nur entschließen, ihre Wurzeln zu lösen, einen Plan zu schmieden, die kurze Strecke zu überwinden, und dann eine gute alte Erstürmung starten, in der Wein und Mörtel nur so spritzen.
Ich presse auch das letzte Quäntchen Luft aus meinen Lungen, schnelle wieder hoch und jogge schattenboxend zu meinem Vater. Bei ihm angekommen, strecke ich die Hand aus, forme eine Kralle und tue so, als würde ich ihm das Herz aus seiner aufgeblähten Brust reißen. Ich halte das Herz in der Hand, drehe mich um,
... mehr
lasse es fallen und kicke es aufs nächste Feld, das vor dem dunkler werdenden endlosen Himmel nun in Gold und Irisblau getaucht ist.
»Danke, Tou Tou. Das alte Ding hab ich sowieso nicht mehr gebraucht«, sagt er. Tou Tou ist mein französischer Kosename und bedeutet Hündchen.
»Suze-la-Rousse«, verkündige ich. Das ist der Name des Ortes, in dem wir uns befinden.
»Suce la rousse«, wiederholt mein Vater und spricht es absichtlich falsch aus.
»Leck die Rothaarige«, übersetze ich.
»Jaaaa! 'abe isch oft gemacht.« Vielleicht soll das ein Witz sein.
»Das ist ja ekelhaft. Leck die Rothaarige! Ekelhaft.« Aber ich lache, weil wir gerade von einer herrlichen Weinverkostung im berühmten Rhônetal kommen, in den Weinbergen von Châteauneuf-du-Pape. Die Weine des Besitzers schmeckten nach köstlichem Kuchen, und in seiner entspannten französischen Art öffnete er über ein Dutzend Flaschen für uns.
Da ich es nicht über mich bringen konnte, auch nur einen von ihnen auszuspucken, habe ich Tropfen für Tropfen dieses köstlichen Kuchenweins geschluckt. Jetzt bin ich ein bisschen berauscht, vom Alkohol und der frischen Luft, die ich gerade tief eingeatmet habe. Mein Vater hätte mich nicht fahren lassen dürfen. Ich hätte mich nicht fahren lassen dürfen.
Als wir an die Glastür des Natursteinhauses klopfen, öffnet uns eine kleine Frau, die Ähnlichkeit mit einem Pitbull hat. Sie ist Anfang dreißig und trägt ein großäugiges, mondgesichtiges Baby auf der Hüfte. Sie erlaubt uns einzutreten, blockiert jedoch nach zwei Schritten unseren Weg. Sie hat sofort meinen Akzent gewittert.
»Amerikaner?«, fragt sie auf Englisch. Ihr Akzent ist überzeugend gut. In meiner Benommenheit ist das ein Schock für mich, schließlich steht ihr Haus in einem winzigen Dorf und sie sieht täglich mehr Pflanzen als Menschen.
»Genauer gesagt: Kanadier«, antworte ich auf Englisch.
»Aber mein Vater hier ist französisch Franzose, aus Frankreich. Aus diesem Frankreich hier.« Ich zeige zweimal auf den Boden, um ihr zu verdeutlichen, welches Frankreich ich meine. »Paris«, erläutere ich und zeige ihr auch, wo Paris liegt.
»Ach.« Sie wirkt enttäuscht. »Ich habe früher in Amerika gearbeitet, als Catering Manager in einem Hotel in Washington, D. C.«
Das sagt sie so schnell, als wäre sie ausgehungert nach Konversation.
»Das macht mein Vater auch. Er ist Hotelier.« Mein Vater löst seine Aufmerksamkeit einen Moment von dem Baby, dem er mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht herumgewedelt hat, und nickt bestätigend.
Doch dann wendet er sich sofort wieder dem Baby zu und fährt mit dem Finger langsam durch die Luft. Links, rechts, links, rechts. Das sieht aus wie ein Alkoholtest bei einem winzigen, behinderten Fahrer.
»Ich bewundere das Arbeitsethos der Amerikaner. Und ich will wieder zurück. Wussten Sie, dass französische Gewerkschaften noch kürzere Arbeitszeiten fordern? Einunddreißigeinhalb Stunden pro Woche. Das ist doch pure Faulheit. Einfach nicht auszuhalten! Aber mein Mann kommt von hier. Deshalb habe ich das B&B eröffnet. Doch ich will hier weg aus diesem Drecksloch!«, stößt sie hervor. Ich drehe mich einmal um 180 Grad und werfe einen Blick aus ihrer Tür.
Die magische Stunde hat ihren vollen geheimnisvollen Zauber entwickelt und die knorrigen Weinstöcke mit Platin überzogen. Goldenes Licht fällt durch die Äste der umstehenden Bäume, von denen die meisten noch leuchtend orangefarbene Blätter tragen.
Eine Schar heller Vögel steigt in den Himmel, aufgeschreckt durch etwas, was wir nicht sehen können. Ich drehe mich wieder um und betrachte das Innere des Hauses: die dicken graubraunen Deckenbalken, die nackten Steinwände, die glatten, achteckigen Terrakottafliesen, die breiten Erkerfenster, vor denen hauchfeine, durchsichtige Leinenvorhänge hängen.
»Ich weiß, was Sie meinen«, antworte ich. Dann strecke ich die Hand aus und tippe sacht mit den Fingern gegen den Daumen. Sie legt mir die Schlüssel in die Hand und sagt uns, wo unsere Zimmer sind. Wir danken ihr, verlassen das Haus und gehen über den Graspfad, der zu einer Reihe freistehender Remisen führt.
Dann bringen wir unser Gepäck in unsere nebeneinanderliegenden Zimmer und inspizieren die Räumlichkeiten. Wir haben beide eine Steinterrasse mit einem fragilen schmiedeeisernen Tisch. Drinnen Himmelbetten mit Moskitonetzen und große Bäder mit heller Keramik und Badewannen mit Klauenfüßen.
»Sie hat recht, Dad, das ist wirklich ein Drecksloch.«
»Lass uns gehen, Toots, und dieses Dreckslochdorf und diese Dreckslochreise feiern«, erwidert er. »Wir gönnen uns ein schönes Abendessen, mit Champagner.«
Ich spritze mir einen Viertelliter eiskaltes Wasser ins Gesicht und übe mich fünfzigmal in der vergessenen Kunst des Hampelmanns um nüchtern zu werden , dann steigen wir wieder in unseren geliehenen Citroën Picasso und steuern südwärts zu einem Restaurant in Châteauneuf.
Mein Dad hat nebulöse Erinnerungen an ein unvergessliches Essen, das er vor einigen Jahren auf einer anderen Weinreise mit meiner Mutter Kathryn Borel Sr. just dort hatte.
Der Kosename meiner Mutter ist Blondie, ihrer Haare wegen. Hitlers Hund hieß auch so, aber mein Vater behauptet, das eine habe nichts mit dem anderen zu tun.
»Danke, Tou Tou. Das alte Ding hab ich sowieso nicht mehr gebraucht«, sagt er. Tou Tou ist mein französischer Kosename und bedeutet Hündchen.
»Suze-la-Rousse«, verkündige ich. Das ist der Name des Ortes, in dem wir uns befinden.
»Suce la rousse«, wiederholt mein Vater und spricht es absichtlich falsch aus.
»Leck die Rothaarige«, übersetze ich.
»Jaaaa! 'abe isch oft gemacht.« Vielleicht soll das ein Witz sein.
»Das ist ja ekelhaft. Leck die Rothaarige! Ekelhaft.« Aber ich lache, weil wir gerade von einer herrlichen Weinverkostung im berühmten Rhônetal kommen, in den Weinbergen von Châteauneuf-du-Pape. Die Weine des Besitzers schmeckten nach köstlichem Kuchen, und in seiner entspannten französischen Art öffnete er über ein Dutzend Flaschen für uns.
Da ich es nicht über mich bringen konnte, auch nur einen von ihnen auszuspucken, habe ich Tropfen für Tropfen dieses köstlichen Kuchenweins geschluckt. Jetzt bin ich ein bisschen berauscht, vom Alkohol und der frischen Luft, die ich gerade tief eingeatmet habe. Mein Vater hätte mich nicht fahren lassen dürfen. Ich hätte mich nicht fahren lassen dürfen.
Als wir an die Glastür des Natursteinhauses klopfen, öffnet uns eine kleine Frau, die Ähnlichkeit mit einem Pitbull hat. Sie ist Anfang dreißig und trägt ein großäugiges, mondgesichtiges Baby auf der Hüfte. Sie erlaubt uns einzutreten, blockiert jedoch nach zwei Schritten unseren Weg. Sie hat sofort meinen Akzent gewittert.
»Amerikaner?«, fragt sie auf Englisch. Ihr Akzent ist überzeugend gut. In meiner Benommenheit ist das ein Schock für mich, schließlich steht ihr Haus in einem winzigen Dorf und sie sieht täglich mehr Pflanzen als Menschen.
»Genauer gesagt: Kanadier«, antworte ich auf Englisch.
»Aber mein Vater hier ist französisch Franzose, aus Frankreich. Aus diesem Frankreich hier.« Ich zeige zweimal auf den Boden, um ihr zu verdeutlichen, welches Frankreich ich meine. »Paris«, erläutere ich und zeige ihr auch, wo Paris liegt.
»Ach.« Sie wirkt enttäuscht. »Ich habe früher in Amerika gearbeitet, als Catering Manager in einem Hotel in Washington, D. C.«
Das sagt sie so schnell, als wäre sie ausgehungert nach Konversation.
»Das macht mein Vater auch. Er ist Hotelier.« Mein Vater löst seine Aufmerksamkeit einen Moment von dem Baby, dem er mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht herumgewedelt hat, und nickt bestätigend.
Doch dann wendet er sich sofort wieder dem Baby zu und fährt mit dem Finger langsam durch die Luft. Links, rechts, links, rechts. Das sieht aus wie ein Alkoholtest bei einem winzigen, behinderten Fahrer.
»Ich bewundere das Arbeitsethos der Amerikaner. Und ich will wieder zurück. Wussten Sie, dass französische Gewerkschaften noch kürzere Arbeitszeiten fordern? Einunddreißigeinhalb Stunden pro Woche. Das ist doch pure Faulheit. Einfach nicht auszuhalten! Aber mein Mann kommt von hier. Deshalb habe ich das B&B eröffnet. Doch ich will hier weg aus diesem Drecksloch!«, stößt sie hervor. Ich drehe mich einmal um 180 Grad und werfe einen Blick aus ihrer Tür.
Die magische Stunde hat ihren vollen geheimnisvollen Zauber entwickelt und die knorrigen Weinstöcke mit Platin überzogen. Goldenes Licht fällt durch die Äste der umstehenden Bäume, von denen die meisten noch leuchtend orangefarbene Blätter tragen.
Eine Schar heller Vögel steigt in den Himmel, aufgeschreckt durch etwas, was wir nicht sehen können. Ich drehe mich wieder um und betrachte das Innere des Hauses: die dicken graubraunen Deckenbalken, die nackten Steinwände, die glatten, achteckigen Terrakottafliesen, die breiten Erkerfenster, vor denen hauchfeine, durchsichtige Leinenvorhänge hängen.
»Ich weiß, was Sie meinen«, antworte ich. Dann strecke ich die Hand aus und tippe sacht mit den Fingern gegen den Daumen. Sie legt mir die Schlüssel in die Hand und sagt uns, wo unsere Zimmer sind. Wir danken ihr, verlassen das Haus und gehen über den Graspfad, der zu einer Reihe freistehender Remisen führt.
Dann bringen wir unser Gepäck in unsere nebeneinanderliegenden Zimmer und inspizieren die Räumlichkeiten. Wir haben beide eine Steinterrasse mit einem fragilen schmiedeeisernen Tisch. Drinnen Himmelbetten mit Moskitonetzen und große Bäder mit heller Keramik und Badewannen mit Klauenfüßen.
»Sie hat recht, Dad, das ist wirklich ein Drecksloch.«
»Lass uns gehen, Toots, und dieses Dreckslochdorf und diese Dreckslochreise feiern«, erwidert er. »Wir gönnen uns ein schönes Abendessen, mit Champagner.«
Ich spritze mir einen Viertelliter eiskaltes Wasser ins Gesicht und übe mich fünfzigmal in der vergessenen Kunst des Hampelmanns um nüchtern zu werden , dann steigen wir wieder in unseren geliehenen Citroën Picasso und steuern südwärts zu einem Restaurant in Châteauneuf.
Mein Dad hat nebulöse Erinnerungen an ein unvergessliches Essen, das er vor einigen Jahren auf einer anderen Weinreise mit meiner Mutter Kathryn Borel Sr. just dort hatte.
Der Kosename meiner Mutter ist Blondie, ihrer Haare wegen. Hitlers Hund hieß auch so, aber mein Vater behauptet, das eine habe nichts mit dem anderen zu tun.
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Autoren-Porträt von Kathryn Borel
Kathryn Borel arbeitet in Toronto als Journalistin fürs Radio und Fernsehen und schreibt dort außerdem eine beliebte Restaurant-Kolumne für eine Wochenzeitung.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kathryn Borel
- 2010, 320 Seiten, Maße: 12,1 x 19,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Engl. v. Rahn, Marie
- Übersetzer: Marie Rahn
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548282113
- ISBN-13: 9783548282114
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