Unbekannt verzogen
Eine falsche Telefonnummer stürzt den erfolgsverwöhnten Geschäftsmann Henry Pierce in einen Albtraum, in dem ihm alles verloren zu gehen droht: sein Vermögen, sein Ansehen und schließlich sogar sein Leben.
Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor...
Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor...
Leider schon ausverkauft
versandkostenfrei
Buch
7.95 €
Produktdetails
Produktinformationen zu „Unbekannt verzogen “
Eine falsche Telefonnummer stürzt den erfolgsverwöhnten Geschäftsmann Henry Pierce in einen Albtraum, in dem ihm alles verloren zu gehen droht: sein Vermögen, sein Ansehen und schließlich sogar sein Leben.
Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor einem revolutionären Durchbruch: Er arbeitet an einem Rechner, bei dem Informationen nicht mehr mittels Siliziumchips, sondern auf Molekularebene chemisch übertragen werden. Er verhandelt gerade mit einem Sponsor, der das aufwändige Projekt finanzieren soll. So gut es offensichtlich mit seiner Firma steht, so schlecht sieht es in seinem Privatleben aus. Seine Freundin hat ihn eben erst vor die Tür gesetzt, und er mußte sich eine neue Wohnung suchen. Dort erhält er vom ersten Tag an Anrufe von Männern, die eine gewisse Lilly sprechen wollen. Pierce verfolgt die Spuren dieser geheimnisvollen Frau und gerät dabei in eine Welt voller Internetseiten mit Call-Girls, Sex und Leidenschaften, in der ihm all sein Erfolg und sein Expertenwissen nichts mehr nützen. Er wird des Mordes verdächtigt, und nicht nur die Polizei heftet sich an seine Fersen.
Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor einem revolutionären Durchbruch: Er arbeitet an einem Rechner, bei dem Informationen nicht mehr mittels Siliziumchips, sondern auf Molekularebene chemisch übertragen werden. Er verhandelt gerade mit einem Sponsor, der das aufwändige Projekt finanzieren soll. So gut es offensichtlich mit seiner Firma steht, so schlecht sieht es in seinem Privatleben aus. Seine Freundin hat ihn eben erst vor die Tür gesetzt, und er mußte sich eine neue Wohnung suchen. Dort erhält er vom ersten Tag an Anrufe von Männern, die eine gewisse Lilly sprechen wollen. Pierce verfolgt die Spuren dieser geheimnisvollen Frau und gerät dabei in eine Welt voller Internetseiten mit Call-Girls, Sex und Leidenschaften, in der ihm all sein Erfolg und sein Expertenwissen nichts mehr nützen. Er wird des Mordes verdächtigt, und nicht nur die Polizei heftet sich an seine Fersen.
Klappentext zu „Unbekannt verzogen “
Henry Pierce steht mit seiner Firma kurz vor einem revolutionären Durchbruch: Er arbeitet an einem Rechner, bei dem Informationen nicht mehr mittels Siliziumchips, sondern auf Molekularebene chemisch übertragen werden. Er verhandelt gerade mit einem Sponsor, der das aufwändige Projekt finanzieren soll. So gut es offensichtlich mit seiner Firma steht, so schlecht sieht es in seinem Privatleben aus. Seine Freundin hat ihn eben erst vor die Tür gesetzt, und er mußte sich eine neue Wohnung suchen. Dort erhält er vom ersten Tag an Anrufe von Männern, die eine gewisse Lilly sprechen wollen. Pierce verfolgt die Spuren dieser geheimnisvollen Frau und gerät dabei in eine Welt voller Internetseiten mit Call-Girls, Sex und Leidenschaften, in der ihm all sein Erfolg und sein Expertenwissen nichts mehr nützen. Er wird des Mordes verdächtigt, und nicht nur die Polizei heftet sich an seine Fersen.
Lese-Probe zu „Unbekannt verzogen “
Die Stimme am Telefon war ein Flüstern. Sie hatte etwas Eindringliches, fast Verzweifeltes.Henry Pierce sagte dem Anrufer, er habe sich verwählt. Aber die Stimme wurde penetrant.
"Wo ist Lilly?", fragte der Mann.
"Das weiß ich nicht", sagte Pierce. "Ich weiß nichts über sie."
"Das ist ihre Nummer. Sie steht in der Website."
"Nein, Sie haben eine falsche Nummer gewählt. Hier gibt es keine Lilly. Und von einer Website weiß ich auch nichts. Okay?"
Ohne zu antworten, hängte der Anrufer ein. Dann legte Pierce auf, verärgert. Er hatte das neue Telefon erst fünfzehn Minuten zuvor eingesteckt und schon zwei Anrufe für eine Lilly erhalten.
Er stellte das Telefon auf den Boden und sah sich in der fast leeren Wohnung um. Alles, was er hatte, waren die schwarze Ledercouch, auf der er saß, die sechs Schachteln mit Kleidern im Schlafzimmer und das neue Telefon. Und jetzt gab es mit dem Telefon Ärger.
Nicole hatte alles behalten - die Möbel, die Bücher, die CDs und das Haus am Amalfi Drive. Eigentlich hatte sie es nicht behalten; er hatte ihr alles gegeben. Der Preis für seine Schuld, es so weit kommen zu lassen. Die neue Wohnung war schön, in puncto Komfort und Sicherheit top, eine erstklassige Adresse in Santa Monica. Aber das Haus am Amalfi Drive - und die Frau, die noch darin wohnte - würde ihm fehlen.
Er sah auf das Telefon auf dem beigefarbenen Teppichboden hinab und überlegte, ob er Nicole anrufen und ihr sagen sollte, dass er vom Hotel in die Wohnung gezogen war und eine neue Nummer hatte. Doch dann schüttelte er den Kopf. Er hatte ihr bereits eine E-Mail mit allen neuen Informationen geschickt. Sie anzurufen wäre ein Verstoß gegen die von ihr aufgestellten Regeln, und er hatte an ihrem letzten gemeinsamen Abend versprochen, sich an sie zu halten.
Das Telefon klingelte. Er bückte sich, und diesmal sah er auf die Rufnummernanzeige. Der Anruf kam wieder aus dem Casa Del Mar. Es war derselbe Typ. Pierce überlegte, ob er ihn zur Mailbox
... mehr
durchläuten lassen sollte, die zu dem neuen Anschluss gehörte, aber dann nahm er doch ab und drückte auf die Gesprächstaste.
"Hören Sie, Mann, ich weiß nicht, was Ihr Problem ist. Sie haben eine falsche Nummer. Hier gibt es niemand, der ..."
Der Anrufer legte auf, ohne ein Wort zu sagen.
Pierce griff zu seinem Rucksack hinüber und holte den Notizblock heraus, auf den seine Assistentin die Bedienungsanweisungen für die Mailbox geschrieben hatte. Monica Purl hatte das neue Telefon für ihn bestellt, weil er im Labor die ganze Woche lang zu sehr damit beschäftigt gewesen war, die Präsentation für nächste Woche vorzubereiten. Und weil das etwas war, wofür es Assistentinnen gab.
Im schwindenden Licht des Tages versuchte er, die Anweisungen zu lesen. Die Sonne war gerade im Pazifik untergegangen, und er hatte für das Wohnzimmer der neuen Wohnung noch keine Lampen. Die meisten neuen Wohnungen hatten in die Decke eingelassene Leuchten. Diese nicht. Die Wohnungen waren frisch renoviert, mit neuen Küchen und Fenstern, aber das Gebäude selbst war alt. Und Plattendecken, unter denen keine Leitungen verlegt waren, ließen sich nicht kostengünstig renovieren. Daran hatte Pierce nicht gedacht, als er die Wohnung gemietet hatte. Tatsache war jedenfalls, er brauchte Lampen.
Rasch las er die Anweisungen für die Anruferidentifizierung und das Anruferverzeichnis. Er stellte fest, dass Monica ein so genanntes Allround-Paket für ihn bestellt hatte - Anruferidentifizierung, Anruferverzeichnis, Anklopfen, Anrufweiterleitung, Anruf dies, Anruf das. Außerdem hatte sie auf dem Zettel vermerkt, dass sie den Leuten in seinem VIP-Adressenverzeichnis die neue Nummer bereits gemailt hatte. Auf dieser Liste standen fast achtzig Personen. Leute, für die er jederzeit erreichbar sein wollte, fast ausnahmslos Geschäftspartner oder Geschäftspartner, die er auch als Freunde betrachtete.
Pierce drückte wieder auf die Gesprächstaste und wählte die Nummer, die ihm Monica zur Einrichtung und Abfrage seiner Mailbox aufgeschrieben hatte. Danach befolgte er die Anweisungen einer elektronischen Stimme, um eine Zugangscodenummer einzugeben. Er entschied sich für 21902 - den Tag, an dem ihm Nicole gesagt hatte, ihre dreijährige Beziehung sei zu Ende.
Er verzichtete darauf, eine persönliche Begrüßung auf Band zu sprechen, sondern beschloss, sich hinter der körperlosen elektronischen Stimme zu verstecken, die die Nummer ansagte und den Anrufer aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen. Es war unpersönlich, aber es war ja auch eine unpersönliche Welt. Er hatte nicht die Zeit, alles persönlich zu machen.
Als er mit der Einrichtung der Mailbox fertig war, teilte ihm eine andere elektronische Stimme mit, dass er neun Nachrichten hatte. Die Zahl überraschte Pierce - sein Anschluss war erst diesen Morgen eingerichtet worden -, aber er hoffte sofort, dass vielleicht eine von Nicole dabei war. Vielleicht sogar mehrere. Vielleicht hatte sie es sich anders überlegt. Er stellte sich plötzlich vor, sämtliche Möbel zurückzugeben, die Monica im Internet für ihn bestellt hatte. Er sah sich bereits die Kartons mit seinen Kleidern wieder in das Haus am Amalfi Drive tragen.
Aber keine der Nachrichten war von Nicole. Es war auch keine von einem Geschäftspartner oder Geschäftspartner/Freund dabei. Nur eine war für ihn - ein Willkommensgruß des Mail-box-Service, überbracht von der inzwischen vertrauten elektronischen Stimme.
Die anderen acht Nachrichten waren alle für Lilly, ein Nachname fiel nie. Dieselbe Frau, für die er bereits drei Anrufe abgewimmelt hatte. Alle Nachrichten waren von Männern. Die meisten gaben zwecks Rückruf Hotelnamen und Telefonnummern an. Einige nannten eine Handynummer oder eine direkte Bürodurchwahl. Einige wenige erwähnten, Lillys Nummer aus dem Internet oder von der Website zu haben, ohne sich jedoch näher dazu zu äußern.
Pierce löschte jede Nachricht, nachdem er sie angehört hatte. Dann blätterte er auf die nächste Seite seines Notizblocks und schrieb den Namen Lilly darauf. Er unterstrich ihn, während er darüber nachdachte. Lilly - wer auch immer sie war - hatte offensichtlich aufgehört, die Nummer zu benutzen. Sie war von der Telefongesellschaft wieder in Umlauf gebracht und dann ihm zugeteilt worden. Aus der rein männlichen Anruferliste, aus der Anzahl der Anrufe, die aus Hotels kamen, und aus dem beklommenen und erwartungsvollen Ton der Stimmen, die er gehört hatte, schloss Pierce, dass Lilly möglicherweise eine Prostituierte war. Oder ein Callgirl, falls da ein Unterschied bestand. Er spürte einen schwachen Kitzel aus Neugier und Faszination. Als ob er ein Geheimnis entdeckt hätte, das er nicht erfahren sollte. Wie wenn er zum Beispiel im Büro die Überwachungskameras auf seinen Bildschirm legte und heimlich beobachtete, was in den Fluren und den für alle zugänglichen Bereichen des Büros vor sich ging.
Er fragte sich, wie lange der Anschluss abgemeldet gewesen war, bevor ihm die dazugehörige Nummer zugeteilt worden war. Die Anzahl der Anrufe an einem einzigen Tag deutete darauf hin, dass die Telefonnummer immer noch irgendwo kursierte - wahrscheinlich auf der von einigen Anrufern erwähnten Internetseite - und dass die Leute glaubten, es sei Lillys aktuelle Nummer.
"Falsch verbunden", sagte er laut, obwohl er selten mit sich selbst sprach, wenn er nicht gerade auf einen Computermonitor blickte oder im Labor ein Experiment durchführte.
Er blätterte zurück und überflog die Informationen, die ihm Monica aufgeschrieben hatte. Sie hatte auch die Kundenservicenummer der Telefongesellschaft hinzugefügt. An sich hätte er nur anzurufen brauchen und die Nummer ändern lassen. Ihm war aber auch klar, dass es ein lästiger Mehraufwand wäre, noch einmal alle per E-Mail auf die Nummernänderung aufmerksam zu machen.
Noch etwas anderes ließ ihn zögern, die Nummer ändern zu lassen. Er gestand sich ein, dass ihn die Sache reizte. Wer war Lilly? Wo war sie? Warum gab sie die Telefonnummer auf, ließ sie aber in der Website? Hier lag ein Fehler in der logischen Abfolge, und das war es vielleicht, was ihn faszinierte. Wie ging sie ihrer Arbeit nach, wenn die Website eine falsche Nummer an ihren Kundenstamm weitergab? Die Antwort lautete, dass sie ihr nicht nachging. Es war nicht möglich. Irgendetwas stimmte nicht, und Pierce wollte wissen, was und warum.
Es war Freitagabend. Er beschloss, bis Montag zu warten. Dann würde er anrufen, um die Nummer ändern zu lassen.
Pierce stand von der Couch auf und ging durch das leere Wohnzimmer ins Schlafzimmer, wo an einer Wand die sechs Kartons mit seinen Kleidern standen. An einer anderen Wand hatte er seinen Schlafsack ausgerollt. Bevor er in diese Wohnung gezogen war und den Schlafsack brauchte, hatte er ihn fast drei Jahre lang nicht mehr benutzt - seit einem Ausflug in den Yosemite National Park mit Nicole. Damals, als er noch Zeit genug hatte, um etwas zu unternehmen, bevor die Jagd begann, bevor sich sein Leben nur noch um eine einzige Sache drehte.
Er ging auf den Balkon und blickte auf den kalten blauen Ozean hinaus. Er war im zwölften Stock. Der Blick reichte von Venice im Süden bis zu der Bergkette, die bei Malibu im Norden zum Meer abfiel. Die Sonne war bereits untergegangen, aber im Himmel waren noch wilde Striche von Orange und Violett. So hoch oben war der Wind vom Meer kalt und belebend. Pierce schob die Hände in die Hosentaschen. Die Finger seiner linken Hand schlossen sich um eine Münze, und er holte sie heraus. Ein Dime, ein Zehncentstück. Ein weiterer Hinweis darauf, was aus seinem Leben geworden war.
Die Neonlichter des Riesenrads auf dem Santa Monica Pier waren an und gingen immer wieder nach demselben Schema an und aus. Das erinnerte ihn an das große Fest, für das die Firma zwei Jahre zuvor zur Feier ihrer ersten Patente für molekulare Speicherelemente den ganzen Vergnügungspark des Piers gemietet hatte. Keine Eintrittskarten, keine Warteschlangen und kein Zwang auszusteigen, wenn man noch Lust hatte weiterzufahren. Er und Nicole waren mindestens eine halbe Stunde in einer der offenen gelben Gondeln des Riesenrads geblieben. Auch an dem Abend damals war es kalt gewesen, und sie hatten sich eng aneinander geschmiegt. Sie hatten sich den Sonnenuntergang angesehen. Wenn er jetzt den Pier oder auch nur einen Sonnenuntergang sah, musste er unwillkürlich an sie denken.
Als ihm das klar wurde, merkte er, dass er eine Wohnung gemietet hatte, von der man genau die Dinge sah, die ihn an Nicole erinnern würden. Das hatte etwas unterschwellig Krankhaftes, mit dem er sich im Moment nicht auseinander setzen wollte.
Er legte sich den Dime auf den Daumennagel und schnippte ihn hoch. Er beobachtete ihn, bis er im Dunkeln verschwand. Unter ihm war ein Park, ein Streifen Grün zwischen dem Haus und dem Strand. Er hatte bereits mitbekommen, dass sich nachts Obdachlose einschlichen und in Schlafsäcken unter den Bäumen schliefen. Vielleicht würde einer von ihnen das hinuntergefallene Zehncentstück finden.
Das Telefon läutete. Er ging ins Wohnzimmer zurück und sah die winzige LED-Anzeige im Dunkeln leuchten. Er griff nach dem Telefon und las die Nummer auf dem Display. Der Anruf kam vom Century Plaza Hotel. Er überlegte es sich bis zum dritten Läuten, dann ging er dran, ohne hallo zu sagen.
"Wollen Sie Lilly sprechen?", fragte er.
Ein langer Moment der Stille verstrich, aber Pierce wusste, es war jemand dran. Er konnte im Hintergrund einen Fernseher hören.
"Hallo? Ist dieser Anruf für Lilly?"
Schließlich antwortete eine Männerstimme.
"Ja, ist sie da?"
"Sie ist im Moment nicht hier. Dürfte ich fragen, woher Sie diese Nummer haben?"
"Von der Internetseite."
"Von welcher Internetseite?"
Der Anrufer hängte auf. Pierce hielt das Telefon noch einen Moment an sein Ohr, dann schaltete er es aus. Er wollte gerade zur Basisstation gehen, um es aufzulegen, als es wieder läutete. Ohne auf die Rufnummernanzeige zu schauen, drückte Pierce die Gesprächstaste.
"Sie sind falsch verbunden", sagte er.
"Augenblick, Einstein - bist du das?"
Pierce grinste. Diesmal war niemand falsch verbunden. Er erkannte die Stimme. Sie gehörte Cody Zeller, der auf seiner VIP-Liste stand und die neue Nummer schon erhalten hatte. Zeller nannte ihn häufig Einstein, einer der Spitznamen aus seiner Collegezeit, die Pierce noch trug. Zeller war in erster Linie ein Freund und erst in zweiter ein Geschäftspartner. Er war Spezialist für Computersecurity und hatte im Laufe der Jahre, in denen Pierces Firma wuchs und in immer größere Räumlichkeiten umzog, zahlreiche Systeme für ihn konzipiert.
"Entschuldige, Code", sagte Pierce. "Ich dachte, es wäre jemand anders. Unter dieser Nummer kommen massenhaft Anrufe für jemand anders rein."
"Neue Nummer, neue Wohnung, heißt das, du bist wieder ungebunden, weiß und Single?"
"Ich glaube schon."
"Mann, was ist mit Nicki passiert?"
"Ich weiß nicht. Darüber will ich nicht reden."
Wenn er mit Freunden darüber spräche, verliehe es dem Ende ihrer Beziehung zusätzliche Endgültigkeit.
"Dann werde ich dir sagen, was passiert ist", sagte Zeller. "Zu viel Zeit im Labor und zu wenig im Bett. Hab ich dich etwa nicht davor gewarnt, Mann?"
Zeller lachte. Er hatte schon immer die Fähigkeit gehabt, beim Analysieren einer Situation oder bestimmter Fakten zum Kern der Sache vorzudringen. Und sein Lachen sagte Pierce, dass er nicht sonderlich viel Mitgefühl für seine missliche Lage aufbrachte. Zeller war unverheiratet, und Pierce konnte sich nicht erinnern, dass er mal eine längere Beziehung gehabt hatte. Schon auf dem College hatte er Pierce und seinen Freunden geschworen, nie im Leben monogam zu werden. Er kannte auch die Frau, um die es ging. In seiner Funktion als Sicherheitsexperte war er auch dafür zuständig, über das Internet Nachforschungen über angehende Mitarbeiter und Investoren anzustellen. Dabei hatte er manchmal eng mit Nicole James zusammengearbeitet, der Leiterin des firmeneigenen Nachrichtendiensts. Das hieß, der ehemaligen Leiterin des firmeneigenen Nachrichtendiensts.
"Ja, ich weiß", sagte Pierce, obwohl er darüber nicht mit Zeller sprechen wollte. "Ich hätte auf dich hören sollen."
"Na ja, vielleicht heißt das ja, du denkst hin und wieder auch noch an was anderes als an deine Rente und triffst dich demnächst mal morgens draußen in Zuma mit mir."
Zeller wohnte in Malibu und ging jeden Morgen surfen. Es war fast zehn Jahre her, dass Pierce regelmäßig mit ihm auf den Wellen geritten war. Im Übrigen hatte er beim Auszug aus dem Haus am Amalfi Drive nicht einmal sein Board mitgenommen. Es war oben auf den Deckenbalken in der Garage.
"Ich weiß nicht, Code. Wie du weißt, habe ich immer noch das Projekt. Ich glaube nicht, dass sich an meiner Zeiteinteilung viel ändern wird, bloß weil sie ..."
"Ganz genau, sie war nur deine Verlobte, nicht das Projekt."
"So habe ich es nicht gemeint. Ich glaube nur nicht, dass ich ..."
"Was ist mit heute Abend? Ich komme bei dir vorbei. Wir ziehen wieder los wie in den alten Zeiten. Zieh deine schwarzen Jeans an, Alter."
Zeller lachte aufmunternd. Pierce nicht. Solche alte Zeiten hatte es nie gegeben. Pierce war nie ein Aufreißertyp gewesen. Er war der Bluejeans-, nicht der Blackjeanstyp. Lieber verbrachte er den Abend über einem Rasterelektronenmikroskop im Labor, als in einem Club alkoholbefeuert sexuelle Abenteuer zu suchen.
"Da muss ich dich leider enttäuschen, Code. Ich habe noch Verschiedenes zu tun und muss heute Abend noch mal ins Labor."
"Hank, Mann, du musst den Molekülen auch mal eine Pause gönnen. Wenigstens einen Abend mal einen drauf machen. Jetzt komm schon, das rückt dir den Kopf wieder gerade, bringt endlich mal auch deine Moleküle wieder auf Vordermann. Du kannst mir alles über dich und Nicki erzählen, und ich werde so tun, als würdest du mir Leid tun. Ich versprech's dir."
Zeller war der einzige Mensch auf Erden, der ihn Hank nannte, ein Name, den Pierce nicht ausstehen konnte. Allerdings wusste Pierce nur zu gut, dass es keinen Sinn hatte, Zeller zu sagen, er solle damit aufhören, weil es nur zur Folge hätte, dass ihn sein Freund ständig so nennen würde.
"Ruf mich ein andermal an, okay?"
Zeller gab widerstrebend auf, und Pierce versprach ihm, sich nächstes Wochenende einen Abend freizuhalten. Was das Surfen anging, machte er keine Versprechungen. Sie hängten auf, und Pierce legte das Telefon in die Basisstation. Er nahm seinen Rucksack und ging zur Wohnungstür.
Pierce benutzte seine Chipkarte, um in das Parkhaus von Amedeo Technologies zu fahren, und parkte den 540er auf seinem Stellplatz. Als er auf den Eingang des Firmengebäudes zuging, öffnete sich dieser, sobald ihn der Wachmann am Schalter hinter der Isolierglastür erkannt hatte.
"Danke, Rudolpho", sagte Pierce, als er an ihm vorbeiging.
Er benutzte seinen elektronischen Schlüssel, um mit dem Aufzug in die zweite Etage zu fahren, wo sich die Verwaltungsbüros befanden. Er blickte zu der Kamera in der Ecke hoch und nickte, obwohl er bezweifelte, dass Rudolpho ihn beobachten würde. Es wurde alles für später digitalisiert und aufgezeichnet. Falls es je benötigt würde.
Im zweiten Stock öffnete er das Kombinationsschloss an der Tür seines Büros und trat ein.
Er sagte: "Licht", und ging hinter seinen Schreibtisch.
Die Deckenbeleuchtung ging an. Er schaltete seinen Computer ein und gab nach dem Booten die Passwörter ein. Um noch kurz nach seinen E-Mails zu sehen, bevor er sich an die Arbeit machte, steckte er das Telefonkabel ein. Er arbeitete gern nachts, wenn er das Labor für sich allein hatte.
"Hören Sie, Mann, ich weiß nicht, was Ihr Problem ist. Sie haben eine falsche Nummer. Hier gibt es niemand, der ..."
Der Anrufer legte auf, ohne ein Wort zu sagen.
Pierce griff zu seinem Rucksack hinüber und holte den Notizblock heraus, auf den seine Assistentin die Bedienungsanweisungen für die Mailbox geschrieben hatte. Monica Purl hatte das neue Telefon für ihn bestellt, weil er im Labor die ganze Woche lang zu sehr damit beschäftigt gewesen war, die Präsentation für nächste Woche vorzubereiten. Und weil das etwas war, wofür es Assistentinnen gab.
Im schwindenden Licht des Tages versuchte er, die Anweisungen zu lesen. Die Sonne war gerade im Pazifik untergegangen, und er hatte für das Wohnzimmer der neuen Wohnung noch keine Lampen. Die meisten neuen Wohnungen hatten in die Decke eingelassene Leuchten. Diese nicht. Die Wohnungen waren frisch renoviert, mit neuen Küchen und Fenstern, aber das Gebäude selbst war alt. Und Plattendecken, unter denen keine Leitungen verlegt waren, ließen sich nicht kostengünstig renovieren. Daran hatte Pierce nicht gedacht, als er die Wohnung gemietet hatte. Tatsache war jedenfalls, er brauchte Lampen.
Rasch las er die Anweisungen für die Anruferidentifizierung und das Anruferverzeichnis. Er stellte fest, dass Monica ein so genanntes Allround-Paket für ihn bestellt hatte - Anruferidentifizierung, Anruferverzeichnis, Anklopfen, Anrufweiterleitung, Anruf dies, Anruf das. Außerdem hatte sie auf dem Zettel vermerkt, dass sie den Leuten in seinem VIP-Adressenverzeichnis die neue Nummer bereits gemailt hatte. Auf dieser Liste standen fast achtzig Personen. Leute, für die er jederzeit erreichbar sein wollte, fast ausnahmslos Geschäftspartner oder Geschäftspartner, die er auch als Freunde betrachtete.
Pierce drückte wieder auf die Gesprächstaste und wählte die Nummer, die ihm Monica zur Einrichtung und Abfrage seiner Mailbox aufgeschrieben hatte. Danach befolgte er die Anweisungen einer elektronischen Stimme, um eine Zugangscodenummer einzugeben. Er entschied sich für 21902 - den Tag, an dem ihm Nicole gesagt hatte, ihre dreijährige Beziehung sei zu Ende.
Er verzichtete darauf, eine persönliche Begrüßung auf Band zu sprechen, sondern beschloss, sich hinter der körperlosen elektronischen Stimme zu verstecken, die die Nummer ansagte und den Anrufer aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen. Es war unpersönlich, aber es war ja auch eine unpersönliche Welt. Er hatte nicht die Zeit, alles persönlich zu machen.
Als er mit der Einrichtung der Mailbox fertig war, teilte ihm eine andere elektronische Stimme mit, dass er neun Nachrichten hatte. Die Zahl überraschte Pierce - sein Anschluss war erst diesen Morgen eingerichtet worden -, aber er hoffte sofort, dass vielleicht eine von Nicole dabei war. Vielleicht sogar mehrere. Vielleicht hatte sie es sich anders überlegt. Er stellte sich plötzlich vor, sämtliche Möbel zurückzugeben, die Monica im Internet für ihn bestellt hatte. Er sah sich bereits die Kartons mit seinen Kleidern wieder in das Haus am Amalfi Drive tragen.
Aber keine der Nachrichten war von Nicole. Es war auch keine von einem Geschäftspartner oder Geschäftspartner/Freund dabei. Nur eine war für ihn - ein Willkommensgruß des Mail-box-Service, überbracht von der inzwischen vertrauten elektronischen Stimme.
Die anderen acht Nachrichten waren alle für Lilly, ein Nachname fiel nie. Dieselbe Frau, für die er bereits drei Anrufe abgewimmelt hatte. Alle Nachrichten waren von Männern. Die meisten gaben zwecks Rückruf Hotelnamen und Telefonnummern an. Einige nannten eine Handynummer oder eine direkte Bürodurchwahl. Einige wenige erwähnten, Lillys Nummer aus dem Internet oder von der Website zu haben, ohne sich jedoch näher dazu zu äußern.
Pierce löschte jede Nachricht, nachdem er sie angehört hatte. Dann blätterte er auf die nächste Seite seines Notizblocks und schrieb den Namen Lilly darauf. Er unterstrich ihn, während er darüber nachdachte. Lilly - wer auch immer sie war - hatte offensichtlich aufgehört, die Nummer zu benutzen. Sie war von der Telefongesellschaft wieder in Umlauf gebracht und dann ihm zugeteilt worden. Aus der rein männlichen Anruferliste, aus der Anzahl der Anrufe, die aus Hotels kamen, und aus dem beklommenen und erwartungsvollen Ton der Stimmen, die er gehört hatte, schloss Pierce, dass Lilly möglicherweise eine Prostituierte war. Oder ein Callgirl, falls da ein Unterschied bestand. Er spürte einen schwachen Kitzel aus Neugier und Faszination. Als ob er ein Geheimnis entdeckt hätte, das er nicht erfahren sollte. Wie wenn er zum Beispiel im Büro die Überwachungskameras auf seinen Bildschirm legte und heimlich beobachtete, was in den Fluren und den für alle zugänglichen Bereichen des Büros vor sich ging.
Er fragte sich, wie lange der Anschluss abgemeldet gewesen war, bevor ihm die dazugehörige Nummer zugeteilt worden war. Die Anzahl der Anrufe an einem einzigen Tag deutete darauf hin, dass die Telefonnummer immer noch irgendwo kursierte - wahrscheinlich auf der von einigen Anrufern erwähnten Internetseite - und dass die Leute glaubten, es sei Lillys aktuelle Nummer.
"Falsch verbunden", sagte er laut, obwohl er selten mit sich selbst sprach, wenn er nicht gerade auf einen Computermonitor blickte oder im Labor ein Experiment durchführte.
Er blätterte zurück und überflog die Informationen, die ihm Monica aufgeschrieben hatte. Sie hatte auch die Kundenservicenummer der Telefongesellschaft hinzugefügt. An sich hätte er nur anzurufen brauchen und die Nummer ändern lassen. Ihm war aber auch klar, dass es ein lästiger Mehraufwand wäre, noch einmal alle per E-Mail auf die Nummernänderung aufmerksam zu machen.
Noch etwas anderes ließ ihn zögern, die Nummer ändern zu lassen. Er gestand sich ein, dass ihn die Sache reizte. Wer war Lilly? Wo war sie? Warum gab sie die Telefonnummer auf, ließ sie aber in der Website? Hier lag ein Fehler in der logischen Abfolge, und das war es vielleicht, was ihn faszinierte. Wie ging sie ihrer Arbeit nach, wenn die Website eine falsche Nummer an ihren Kundenstamm weitergab? Die Antwort lautete, dass sie ihr nicht nachging. Es war nicht möglich. Irgendetwas stimmte nicht, und Pierce wollte wissen, was und warum.
Es war Freitagabend. Er beschloss, bis Montag zu warten. Dann würde er anrufen, um die Nummer ändern zu lassen.
Pierce stand von der Couch auf und ging durch das leere Wohnzimmer ins Schlafzimmer, wo an einer Wand die sechs Kartons mit seinen Kleidern standen. An einer anderen Wand hatte er seinen Schlafsack ausgerollt. Bevor er in diese Wohnung gezogen war und den Schlafsack brauchte, hatte er ihn fast drei Jahre lang nicht mehr benutzt - seit einem Ausflug in den Yosemite National Park mit Nicole. Damals, als er noch Zeit genug hatte, um etwas zu unternehmen, bevor die Jagd begann, bevor sich sein Leben nur noch um eine einzige Sache drehte.
Er ging auf den Balkon und blickte auf den kalten blauen Ozean hinaus. Er war im zwölften Stock. Der Blick reichte von Venice im Süden bis zu der Bergkette, die bei Malibu im Norden zum Meer abfiel. Die Sonne war bereits untergegangen, aber im Himmel waren noch wilde Striche von Orange und Violett. So hoch oben war der Wind vom Meer kalt und belebend. Pierce schob die Hände in die Hosentaschen. Die Finger seiner linken Hand schlossen sich um eine Münze, und er holte sie heraus. Ein Dime, ein Zehncentstück. Ein weiterer Hinweis darauf, was aus seinem Leben geworden war.
Die Neonlichter des Riesenrads auf dem Santa Monica Pier waren an und gingen immer wieder nach demselben Schema an und aus. Das erinnerte ihn an das große Fest, für das die Firma zwei Jahre zuvor zur Feier ihrer ersten Patente für molekulare Speicherelemente den ganzen Vergnügungspark des Piers gemietet hatte. Keine Eintrittskarten, keine Warteschlangen und kein Zwang auszusteigen, wenn man noch Lust hatte weiterzufahren. Er und Nicole waren mindestens eine halbe Stunde in einer der offenen gelben Gondeln des Riesenrads geblieben. Auch an dem Abend damals war es kalt gewesen, und sie hatten sich eng aneinander geschmiegt. Sie hatten sich den Sonnenuntergang angesehen. Wenn er jetzt den Pier oder auch nur einen Sonnenuntergang sah, musste er unwillkürlich an sie denken.
Als ihm das klar wurde, merkte er, dass er eine Wohnung gemietet hatte, von der man genau die Dinge sah, die ihn an Nicole erinnern würden. Das hatte etwas unterschwellig Krankhaftes, mit dem er sich im Moment nicht auseinander setzen wollte.
Er legte sich den Dime auf den Daumennagel und schnippte ihn hoch. Er beobachtete ihn, bis er im Dunkeln verschwand. Unter ihm war ein Park, ein Streifen Grün zwischen dem Haus und dem Strand. Er hatte bereits mitbekommen, dass sich nachts Obdachlose einschlichen und in Schlafsäcken unter den Bäumen schliefen. Vielleicht würde einer von ihnen das hinuntergefallene Zehncentstück finden.
Das Telefon läutete. Er ging ins Wohnzimmer zurück und sah die winzige LED-Anzeige im Dunkeln leuchten. Er griff nach dem Telefon und las die Nummer auf dem Display. Der Anruf kam vom Century Plaza Hotel. Er überlegte es sich bis zum dritten Läuten, dann ging er dran, ohne hallo zu sagen.
"Wollen Sie Lilly sprechen?", fragte er.
Ein langer Moment der Stille verstrich, aber Pierce wusste, es war jemand dran. Er konnte im Hintergrund einen Fernseher hören.
"Hallo? Ist dieser Anruf für Lilly?"
Schließlich antwortete eine Männerstimme.
"Ja, ist sie da?"
"Sie ist im Moment nicht hier. Dürfte ich fragen, woher Sie diese Nummer haben?"
"Von der Internetseite."
"Von welcher Internetseite?"
Der Anrufer hängte auf. Pierce hielt das Telefon noch einen Moment an sein Ohr, dann schaltete er es aus. Er wollte gerade zur Basisstation gehen, um es aufzulegen, als es wieder läutete. Ohne auf die Rufnummernanzeige zu schauen, drückte Pierce die Gesprächstaste.
"Sie sind falsch verbunden", sagte er.
"Augenblick, Einstein - bist du das?"
Pierce grinste. Diesmal war niemand falsch verbunden. Er erkannte die Stimme. Sie gehörte Cody Zeller, der auf seiner VIP-Liste stand und die neue Nummer schon erhalten hatte. Zeller nannte ihn häufig Einstein, einer der Spitznamen aus seiner Collegezeit, die Pierce noch trug. Zeller war in erster Linie ein Freund und erst in zweiter ein Geschäftspartner. Er war Spezialist für Computersecurity und hatte im Laufe der Jahre, in denen Pierces Firma wuchs und in immer größere Räumlichkeiten umzog, zahlreiche Systeme für ihn konzipiert.
"Entschuldige, Code", sagte Pierce. "Ich dachte, es wäre jemand anders. Unter dieser Nummer kommen massenhaft Anrufe für jemand anders rein."
"Neue Nummer, neue Wohnung, heißt das, du bist wieder ungebunden, weiß und Single?"
"Ich glaube schon."
"Mann, was ist mit Nicki passiert?"
"Ich weiß nicht. Darüber will ich nicht reden."
Wenn er mit Freunden darüber spräche, verliehe es dem Ende ihrer Beziehung zusätzliche Endgültigkeit.
"Dann werde ich dir sagen, was passiert ist", sagte Zeller. "Zu viel Zeit im Labor und zu wenig im Bett. Hab ich dich etwa nicht davor gewarnt, Mann?"
Zeller lachte. Er hatte schon immer die Fähigkeit gehabt, beim Analysieren einer Situation oder bestimmter Fakten zum Kern der Sache vorzudringen. Und sein Lachen sagte Pierce, dass er nicht sonderlich viel Mitgefühl für seine missliche Lage aufbrachte. Zeller war unverheiratet, und Pierce konnte sich nicht erinnern, dass er mal eine längere Beziehung gehabt hatte. Schon auf dem College hatte er Pierce und seinen Freunden geschworen, nie im Leben monogam zu werden. Er kannte auch die Frau, um die es ging. In seiner Funktion als Sicherheitsexperte war er auch dafür zuständig, über das Internet Nachforschungen über angehende Mitarbeiter und Investoren anzustellen. Dabei hatte er manchmal eng mit Nicole James zusammengearbeitet, der Leiterin des firmeneigenen Nachrichtendiensts. Das hieß, der ehemaligen Leiterin des firmeneigenen Nachrichtendiensts.
"Ja, ich weiß", sagte Pierce, obwohl er darüber nicht mit Zeller sprechen wollte. "Ich hätte auf dich hören sollen."
"Na ja, vielleicht heißt das ja, du denkst hin und wieder auch noch an was anderes als an deine Rente und triffst dich demnächst mal morgens draußen in Zuma mit mir."
Zeller wohnte in Malibu und ging jeden Morgen surfen. Es war fast zehn Jahre her, dass Pierce regelmäßig mit ihm auf den Wellen geritten war. Im Übrigen hatte er beim Auszug aus dem Haus am Amalfi Drive nicht einmal sein Board mitgenommen. Es war oben auf den Deckenbalken in der Garage.
"Ich weiß nicht, Code. Wie du weißt, habe ich immer noch das Projekt. Ich glaube nicht, dass sich an meiner Zeiteinteilung viel ändern wird, bloß weil sie ..."
"Ganz genau, sie war nur deine Verlobte, nicht das Projekt."
"So habe ich es nicht gemeint. Ich glaube nur nicht, dass ich ..."
"Was ist mit heute Abend? Ich komme bei dir vorbei. Wir ziehen wieder los wie in den alten Zeiten. Zieh deine schwarzen Jeans an, Alter."
Zeller lachte aufmunternd. Pierce nicht. Solche alte Zeiten hatte es nie gegeben. Pierce war nie ein Aufreißertyp gewesen. Er war der Bluejeans-, nicht der Blackjeanstyp. Lieber verbrachte er den Abend über einem Rasterelektronenmikroskop im Labor, als in einem Club alkoholbefeuert sexuelle Abenteuer zu suchen.
"Da muss ich dich leider enttäuschen, Code. Ich habe noch Verschiedenes zu tun und muss heute Abend noch mal ins Labor."
"Hank, Mann, du musst den Molekülen auch mal eine Pause gönnen. Wenigstens einen Abend mal einen drauf machen. Jetzt komm schon, das rückt dir den Kopf wieder gerade, bringt endlich mal auch deine Moleküle wieder auf Vordermann. Du kannst mir alles über dich und Nicki erzählen, und ich werde so tun, als würdest du mir Leid tun. Ich versprech's dir."
Zeller war der einzige Mensch auf Erden, der ihn Hank nannte, ein Name, den Pierce nicht ausstehen konnte. Allerdings wusste Pierce nur zu gut, dass es keinen Sinn hatte, Zeller zu sagen, er solle damit aufhören, weil es nur zur Folge hätte, dass ihn sein Freund ständig so nennen würde.
"Ruf mich ein andermal an, okay?"
Zeller gab widerstrebend auf, und Pierce versprach ihm, sich nächstes Wochenende einen Abend freizuhalten. Was das Surfen anging, machte er keine Versprechungen. Sie hängten auf, und Pierce legte das Telefon in die Basisstation. Er nahm seinen Rucksack und ging zur Wohnungstür.
Pierce benutzte seine Chipkarte, um in das Parkhaus von Amedeo Technologies zu fahren, und parkte den 540er auf seinem Stellplatz. Als er auf den Eingang des Firmengebäudes zuging, öffnete sich dieser, sobald ihn der Wachmann am Schalter hinter der Isolierglastür erkannt hatte.
"Danke, Rudolpho", sagte Pierce, als er an ihm vorbeiging.
Er benutzte seinen elektronischen Schlüssel, um mit dem Aufzug in die zweite Etage zu fahren, wo sich die Verwaltungsbüros befanden. Er blickte zu der Kamera in der Ecke hoch und nickte, obwohl er bezweifelte, dass Rudolpho ihn beobachten würde. Es wurde alles für später digitalisiert und aufgezeichnet. Falls es je benötigt würde.
Im zweiten Stock öffnete er das Kombinationsschloss an der Tür seines Büros und trat ein.
Er sagte: "Licht", und ging hinter seinen Schreibtisch.
Die Deckenbeleuchtung ging an. Er schaltete seinen Computer ein und gab nach dem Booten die Passwörter ein. Um noch kurz nach seinen E-Mails zu sehen, bevor er sich an die Arbeit machte, steckte er das Telefonkabel ein. Er arbeitete gern nachts, wenn er das Labor für sich allein hatte.
... weniger
Autoren-Porträt von Michael Connelly
Michael Connelly, geboren 1956 in Philadelphia, studierte zunächst Journalismus und Kreatives Schreiben in Florida. Anschließend (ab 1980) arbeitete er für verschiedene Zeitungen in Fort Lauderdale und Daytona Beach, wo er sich auf Polizeireportagen spezialisierte. Nachdem 1986 eine seiner Reportagen für den Pulitzer Preis nominiert worden war, wechselte er als Polizeireporter zur "Los Angeles Times". Für sein Thrillerdebüt erhielt er 1992 auf Anhieb den Edgar Award, den renommiertesten amerikanischen Krimipreis. Heute lebt er mit seiner Familie wieder in Florida.Sepp Leeb studierte Amerikanistik und übersetzt vor allem Spannungsliteratur. Unter vielen anderen hat er Thomas Harris, Lawrence Block und Michael Connelly ins Deutsche übertragen. Von Tom Knox hat er bisher die Thriller Genesis Secret und Cagot übersetzt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Michael Connelly
- 2004, 400 Seiten, Maße: 14,7 x 22,4 cm, Gebunden, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Sepp Leeb
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453000811
- ISBN-13: 9783453000810
Rezension zu „Unbekannt verzogen “
"Der Beste unter den neuen amerikanischen Thrillerautoren." (Los Angeles Times)
Kommentar zu "Unbekannt verzogen"
0 Gebrauchte Artikel zu „Unbekannt verzogen“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Unbekannt verzogen".
Kommentar verfassen