Verliebt in einen Vampir. Ein Vampir zum Vernaschen
Zwei Romane in einem Band
Dreihundert Jahre lang war der Vampir Etienne Argeneau Junggeselle. Die Entscheidung, die hübsche Rachel in eine Vampirin zu verwandeln, wird sein Leben verändern - auf immer und ewig! Der gut aussehende Vampir Lucern Argeneau schreibt unter Pseudonym...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Verliebt in einen Vampir. Ein Vampir zum Vernaschen “
Klappentext zu „Verliebt in einen Vampir. Ein Vampir zum Vernaschen “
Dreihundert Jahre lang war der Vampir Etienne Argeneau Junggeselle. Die Entscheidung, die hübsche Rachel in eine Vampirin zu verwandeln, wird sein Leben verändern - auf immer und ewig! Der gut aussehende Vampir Lucern Argeneau schreibt unter Pseudonym historische Liebesromane und geht nur selten aus dem Haus. Seine neue Lektorin Kate hat es jedoch darauf angelegt, den schüchternen Lucern aus der Reserve zu locken. Die ersten beiden Romane aus der erfolgreichen Argeneau-Serie von Lynsay Sands in einem Band!
Lese-Probe zu „Verliebt in einen Vampir. Ein Vampir zum Vernaschen “
Verliebt in einen Vampir & Ein Vampir zum Vernaschen von Lynsay Sands(Doppelband)
1
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„Hör mal, Rach! Ich hol mir jetzt einen Kaffee. Willst du auch irgendwas?"
Rachel Garrett richtete sich auf und fuhr sich mit dem Rücken ihrer behandschuhten Hand über die Stirn. Seit sie vor zwei Stunden zur Arbeit gekommen war, hatte sie zwischen Schüttelfrost und erhöhter Temperatur geschwankt. Im Augenblick befand sie sich wieder in der fiebrigen Phase. Schweißtröpfchen sammelten sich auf ihrem Rücken und ihrer Kopfhaut. Offenbar brütete sie gerade etwas Übles aus.
Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. Fast eins. Erst zwei Stunden vorbei - sechs lagen noch vor ihr. Sie hätte beinahe laut gestöhnt. Sechs lange Stunden. So, wie diese Grippe sich ankündigte, bezweifelte sie, dass sie auch nur die Hälfte durchhalten würde.
„He! Alles in Ordnung, Rach? Du siehst echt beschissen aus!"
Rachel verzog schmerzlich das Gesicht, als ihr Assistent auf sie zutrat und ihr die Stirn fühlte. Beschissen? Männer konnten so taktvoll sein.
„Kalt. Feucht." Er runzelte die Stirn und fragte: „Fieber und Schüttelfrost?"
„Es geht mir gut." Verlegen und gereizt schob Rachel seine Hand weg, dann holte sie ein paar Münzen aus der Tasche. „Also gut, Tony. Vielleicht kannst du mir einen Saft oder etwas Ähnliches mitbringen."
„Na klar. Ich kann ja sehen, dass es dir gut geht."
Etwas in seinem Ton irritierte Rachel. Dann wurde ihr plötzlich klar, dass sie den Kittel beiseite geschoben und die Hand in die Hosentasche gesteckt hatte, ohne den blutigen Gummihandschuh auszuziehen. Na wunderbar.
„Vielleicht solltest du -"
„Es geht mir wirklich gut", sagte sie erneut. „Es wird mir gleich wieder besser gehen. Verschwinde jetzt."
Tony zögerte, dann zuckte er die Achseln. „Na gut. Aber du könntest vielleicht in Erwägung ziehen, dich hinzusetzen, bis ich wiederkomme."
Rachel tat, als ob sie den Vorschlag nicht gehört hätte, und wandte sich wieder der Leiche zu, als Tony sich auf den Weg machte. Tony war ein netter Kerl. Na ja, vielleicht ein bisschen seltsam. zum Beispiel bestand er darauf, wie ein Goodfella aus der Bronx zu reden, obwohl er in Toronto geboren und aufgewachsen war und die Stadt nie verlassen hatte. Er war auch nicht italienischer Herkunft. Ebenso wenig, wie er wirklich Tony hieß. Sein Geburtsname lautete Teodozjusz Schweinberger. Rachel konnte gut verstehen, dass er seinen Namen geändert hatte, aber sie verstand nicht, wieso zu dem neuen Namen offenbar auch ein neuer Umgangston gehörte.
„Achtung!"
Rachel schaute kurz hoch zur offenen Tür des Sektionsraums. Sie legte das Skalpell hin, zog den Gummihandschuh von der rechten Hand und ging den Männern mit der Bahre entgegen. Dale und Fred. Nette Jungs. Sanitäter, die sie selten zu sehen bekam. Normalerweise brachten sie ihre Kunden lebendig ins Krankenhaus. Selbstverständlich starben einige nach der Ankunft, aber dann waren diese beiden für gewöhnlich schon wieder weg. Dieser Patient musste im Krankenwagen gestorben sein.
„Hallo, Rachel. Sie sehen, äh, gut aus."
Höflich ignorierte sie Dales kleines zögern. Tony hatte ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben, wie sie aussah. „Was haben wir denn da?"
Dale reichte ihr ein Klemmbrett mit mehreren Blättern Papier. „Schusswunde. Als wir ihn vom Tatort wegbrachten, glaubte ich für einen Moment noch einen Herzschlag zu hören, aber vielleicht hab ich mich auch geirrt. Für die Akten ist er unterwegs gestorben. Doc Westin hat ihn für tot erklärt, als wir hier eintrafen, und uns gebeten, ihn hierher zu bringen. Sie werden eine Autopsie wollen, die Kugel und so weiter."
„Hmm." Rachel ließ die Formulare wieder auf das Klemmbrett zurückfallen, dann ging sie zum Ende des Raums, um eine der speziellen Bahren aus rostfreiem Edelstahl zu holen, die bei Autopsien benutzt wurden. Sie rollte sie zu den Sanitätern. „Könnt ihr ihn hierhin legen, während ich unterschreibe?"
„Klar."
„Danke." Sie überließ die beiden ihrer Arbeit und ging währenddessen zu dem Schreibtisch in der Ecke, um einen Stift zu suchen. Nachdem sie alle notwendigen Formulare unterschrieben hatte, kehrte sie zu den Sanitätern zurück, die inzwischen den Toten umgebettet hatten. Das Laken, das ihn auf seinem Weg durch das Krankenhaus bedeckt hatte, fehlte nun. Rachel blieb stehen und starrte die Leiche an.
Der Neuzugang in der Prosektur war ein gut aussehender dunkelblonder Mann, nicht älter als dreißig. Rachel betrachtete sein blasses, scharf geschnittenes Gesicht und wünschte sich, sie hätte ihn gesehen, als er noch lebte, und würde wissen, wie er mit klarem Blick ausgesehen hatte. Der Gedanke, dass die Objekte ihrer Arbeit einmal lebendig gewesen waren, kam ihr nur selten. Sie hätte ihren Job nicht ausüben können, wenn sie sich jedes Mal vor Augen geführt hätte, dass die Toten, die man ihr als Pathologin zur Untersuchung brachte, Mütter waren, Brüder, Schwestern, Großväter ... Aber bei diesem Mann war das anders. Sie stellte sich vor, wie er lächelte und lachte, und in ihrer Fantasie hatte er silberne Augen, wie Rachel sie in Wirklichkeit noch nie gesehen hatte.
„Rachel?"
Sie blinzelte verwirrt und starrte Dale an. Die Tatsache, dass sie jetzt saß, erschreckte sie ein wenig. Die Sanitäter hatten offenbar den Schreibtischstuhl herübergerollt und sie dazu gebracht, sich hinzusetzen. Beide beugten sich besorgt über sie.
„Ich glaube, Sie waren kurz vor einer Ohnmacht", sagte Dale. „Sie schwankten und waren ganz blass. Wie geht es Ihnen jetzt?"
„Oh." Sie lachte verlegen und machte eine beschwichtigende Geste. „Mit geht es eigentlich ganz gut. Wirklich. Aber ich befürchte, bei mir ist eine Grippe im Anzug. Schüttelfrost und Fie ber." Sie zuckte die Achseln.
Dale legte ihr prüfend die Hand auf die Stirn und machte ein bedenkliches Gesicht. „Vielleicht sollten Sie heimgehen. Sie glühen ja richtig."
Rachel befühlte ihre Wangen und stellte erschrocken fest, dass er recht hatte. Und sogleich begann sie inständig zu hoffen, dass das Tempo und die Intensität, mit der diese Krankheit begann, kein Omen für einen schlimmen Verlauf wäre. Und wenn es doch so schlimm kommen sollte, dass sie dann ebenso schnell wieder gesund würde. Rachel fand es unerträglich krank zu sein.
„Rachel?"
„Was?" Sie sah die besorgten Gesichter der Sanitäter über sich und versuchte sich zusammenzureißen. „Oh, tut mir leid. Ja, ich sollte lieber heimgehen, wenn Tony wieder zurück ist. Ich habe die Papiere für den Toten unterzeichnet; es ist alles erledigt." Sie behielt die für sie wichtigen Unterlagen und gab ihnen den Rest auf dem Klemmbrett zurück. Dale nahm es entgegen, dann warf er Fred einen zweifelnden Blick zu. Beide schienen unschlüssig, ob sie sie allein lassen konnten.
1
Donnerstag, 11. September.
„Rachel schwört, dass sie in ihrem ganzen Leben keinen Sarg mehr sehen will."
Auf diese Bemerkung seiner Mutter antwortete Lucern nur mit einem Knurren, während er und sein jüngerer Bruder Bastien den Sarg auf den Kellerboden stellten. Er wusste alles über die Aversion seiner künftigen Schwägerin: Etienne hatte ausführlich darüber berichtet. Deshalb brachte er das Ding auch bei Lucern unter. Etienne hatte nichts dagegen, den Sarg aus seinem Haus zu schaffen, damit seine Verlobte sich nicht mehr darüber aufregte, aber aus sentimentalen Gründen konnte er sich nicht dazu durchringen, sich endgültig von ihm zu trennen. Etienne schwor, er hätte seine besten Ideen gehabt, wenn er im stillen Dunkel dieses Sargs lag. Er war eben ein wenig exzentrisch. Er war die einzige Person, an die Lucern sich erinnern konnte, die je einen Sarg zur Generalprobe ihrer eigenen Hochzeit mitgebracht hatte. Der Geistliche war entsetzt gewesen, als er zufällig Zeuge wurde, wie die drei Brüder ihn von Etiennes Pick-up in Bastiens Van luden.
„Danke, dass du ihn hierher gefahren hast, Bastien", sagte Lucern, als er sich wieder aufrichtete.
Bastien zuckte die Achseln. „Er hätte wohl kaum in deinen BMW gepasst. Außerdem", fügte er hinzu, als sie die Treppe hinaufgingen, „ist es mir lieber, ihn zu transportieren, als ihn aufbewahren zu müssen. Meine Haushälterin würde Zustände kriegen."
Lucern lächelte nur. Er hatte keine Haushälterin mehr, um die er sich Gedanken machen musste, und die Reinigungsfirma, die er engagiert hatte, um einmal in der Woche vorbeizukommen, säuberte nur das Erdgeschoss. Er brauchte also nicht zu befürchten, dass sie den Sarg entdecken würden.
„Geht alles klar mit der Hochzeitsplanung?", fragte er, als er seiner Mutter und Bastien in die Küche folgte. Er knipste das Licht im Keller aus und schloss die Tür hinter sich, schaltete aber keine anderen Lampen ein. Die schwache Beleuchtung durch das Nachtlicht am Herd genügte, dass alle sicher zur Haustür gelangten.
„Ja. Endlich." Marguerite Argeneau klang erleichtert. „Und trotz Mrs. Garretts Bedenken, dass die Hochzeit übereilt stattfindet und Rachels Verwandte nicht genug Zeit hatten, ihre Teilnahme zu organisieren, werden sie alle kommen."
„Wie groß ist denn die Familie?" Lucern hoffte ehrlich, dass es nicht so viele Garretts gab, wie Hewitts auf Lissiannas Hochzeit erschienen waren. Die Vermählung seiner Schwester mit Gregory Hewitt war ein Albtraum gewesen. Der Mann hatte eine riesige Familie, und die Mehrheit seiner Verwandten schien aus Frauen zu bestehen - alleinstehenden Frauen, die Lucern, Etienne und Bastien betrachtet hatten, als wären sie der Hauptgang der Mahlzeit. Lucern konnte aggressive Frauen nicht ausstehen. Er war zu einer Zeit aufgewachsen, als ausschließlich Männer die Aggressoren gewesen waren und Frauen nur gelächelt und geschmachtet und ihren Platz gekannt hatten. An die Veränderungen der letzten Jahrzehnte hatte er sich noch nicht so recht gewöhnt und sehnte sich daher nicht gerade nach einem weiteren Debakel wie Lissiannas Hochzeit, wo er den größten Teil der Veranstaltung damit verbracht hatte, den weiblichen Gästen aus dem Weg zu gehen.
Zum Glück konnte Marguerite einige dieser Befürchtungen zerstreuen, indem sie zu berichten wusste: „Ziemlich klein, verglichen mit Gregs Familie, und nach der Gästeliste zu schließen überwiegend Männer."
„Gott sei Dank", murmelte Bastien und wechselte einen Blick mit seinem Bruder.
Lucern nickte zustimmend. „Ist Etienne nervös?"
„Überraschenderweise nicht." Bastien grinste schief. „Es macht ihm einen Riesenspaß, alles zu arrangieren. Er schwört, dass er die Hochzeit kaum erwarten kann. Rachel scheint ihn wirklich glücklich zu machen." Darüber wirkte er eher verwundert.
Lucern teilte die Ansicht seines Bruders. Er konnte sich ebenfalls nicht vorstellen, seine Freiheit für eine Ehefrau aufzugeben. An der Haustür blieb er stehen, drehte sich um und sah, wie seine Mutter die Post auf dem Flurtisch untersuchte.
„Luc, du hast hier Wochen alte, ungeöffnete Post! Liest du sie denn nicht?"
„Warum so überrascht, Mutter? Er geht doch auch nie ans Telefon. Wir können schon von Glück sagen, dass er sich manchmal dazu herablässt, die Tür zu öffnen."
Bastien sagte das durchaus gutmütig, aber der Blickwechsel zwischen ihm und ihrer Mutter entging Lucern nicht. Sie machten sich Sorgen um ihn. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen, aber in der letzten Zeit hatte das geradezu extreme Formen angenommen, und alle schienen sich Gedanken zu machen. Sie wussten, dass er das Leben inzwischen gefährlich langweilig fand.
„Was ist in diesem Karton?"
„Keine Ahnung", gab Lucern zu, als seine Mutter einen großen Karton vom Tisch nahm und ihn schüttelte, als wäre er federleicht.
„Denkst du nicht, es könnte vielleicht eine gute Idee sein, es herauszufinden?", fragte sie ungeduldig.
Lucern verdrehte die Augen. Ganz gleich, wie alt er inzwischen sein mochte - seine Mutter mischte sich ein und nörgelte. Er hatte schon lange resigniert, was das anging. „Ich komme schon noch dazu", murmelte er. „Es ist überwiegend lästiges Zeug von Leuten, die etwas von mir wollen."
„Was ist mit diesem Brief von deinem Verlag? Der ist vielleicht wichtig. Sie würden ihn wohl kaum per Kurier schicken, wenn er nicht wichtig wäre."
Lucern schaute verärgert drein, als seine Mutter nach dem FedEx-Umschlag griff und ihn neugierig hin und her drehte. „Nein, der Brief ist unwichtig. Sie gehen mir nur auf die Nerven. Der Verlag will, dass ich eine Lesereise unternehme."
„Edwin will, dass du auf eine Lesereise gehst?" Marguerite verzog das Gesicht. „Ich dachte, du hättest ihm von Anfang an klargemacht, dass Publicity dich nicht interessiert."
„Nicht Edwin. Nein." Es überraschte Lucern nicht, dass seine Mutter sich an den Namen seines alten Lektors erinnerte; sie hatte ein hervorragendes Gedächtnis, und er hatte Edwin in den zehn Jahren, in denen er für Roundhouse Publishing schrieb, mehrmals erwähnt. Lucerns erste Werke waren als historische Fachbücher veröffentlicht und überwiegend an Universitäten gelesen worden. Diese Bücher wurden immer noch benutzt und waren vor allem deshalb beliebt, weil sie geschrieben waren, als hätte der Autor jedes Zeitalter, mit dem er sich beschäftigte, tatsächlich selbst erlebt. Was in Lucerns Fall selbstverständlich auch zutraf. Aber davon wusste die Öffentlichkeit nichts.
Lucerns letzte drei Bücher jedoch waren autobiografischer Natur gewesen. Eines von ihnen erzählte die Geschichte, wie seine Mutter und sein Vater sich kennengelernt hatten, eines berichtete, wie seine Schwester Lissianna ihrem Therapeuten-Ehemann Gregory begegnet war und sich in ihn verliebt hatte, und in einem anderen, das erst vor ein paar Wochen veröffentlicht worden war, ging es um seinen Bruder Etienne und Rachel Garrett. Lucern hatte die Bücher eigentlich nicht schreiben wollen, sie waren einfach irgendwie aus ihm herausgeflossen. Aber sobald er die Manuskripte vollendet hatte, war er zu dem Schluss gekommen, sie sollten für die Zukunft erhalten bleiben. Er hatte die Erlaubnis seiner Familie eingeholt und sie zu Edwin geschickt, der sie für brillante Romane hielt und als solche veröffentlichte. Und nicht nur als Romane, sondern als „paranormale Liebesromane". Lucern war plötzlich Autor von Liebesromanen geworden. Das alles fand er eher peinlich, also tat er im Allgemeinen sein Bestes, nicht daran zu denken.
„Edwin ist nicht mehr mein Lektor", erklärte er. „Er hatte Ende letzten Jahres einen Herzinfarkt und ist gestorben. Sie haben den Posten seiner Assistentin gegeben, und die geht mir seitdem gewaltig auf die Nerven." Wieder verzog er unwillig das Gesicht. „Diese Frau will mich benutzen, um Lorbeeren für sich selbst und den Verlag einzuheimsen. Sie ist der festen Überzeugung, dass ich bei ein paar Publicity-Ereignissen für die Romane anwesend sein soll."
Bastien sah aus, als wollte er etwas sagen, hielt dann aber inne und drehte sich um, als ein Auto in die Einfahrt bog. Lucern öffnete die Haustür, und die beiden Männer sahen - einer überraschter als der andere -, wie ein Taxi neben Bastiens Van anhielt.
„Falsche Adresse?", fragte Bastien, denn er wusste, dass sein Bruder nicht gerade gastfreundlich war.
„Muss wohl so sein", bemerkte Lucern. Er kniff die Augen zusammen, als der Fahrer ausstieg und die hintere Tür für eine junge Frau öffnete.
„Wer ist denn das?", fragte Bastien. Er klang sogar noch überraschter, als Lucern sich fühlte.
„Keine Ahnung", antwortete Lucern. Der Taxifahrer holte einen kleinen Koffer und eine Reisetasche aus dem Kofferraum.
„Ich glaube, das ist deine Lektorin", verkündete Marguerite.
Sowohl Lucern als auch Bastien fuhren herum, um ihre Mutter entgeistert anzustarren. Sie sahen, dass Marguerite den nun geöffneten FedEx-Brief las.
„Meine Lektorin? Was redest du denn da?" Lucern stapfte zu ihr und riss ihr den Brief aus der Hand.
Seine Mutter ignorierte seine Unhöflichkeit und spähte neugierig nach draußen. „Da die Post so langsam ist und weil das Interesse an Ihren Büchern immer mehr zunimmt, hat Ms. Kate C. Leever beschlossen, persönlich mit dir zu sprechen. Was", fügte Marguerite spitz hinzu, „dir schon lange bekannt wäre, wenn du dich dazu herablassen könntest, deine Post zu lesen."
Lucern zerknüllte den Brief. Er beinhaltete tatsächlich all das, was seine Mutter gerade in Worte gefasst hatte. Und die Tatsache, dass Kate C. Leever mit der Abendmaschine um acht aus New York eintreffen würde. Nun war es halb neun. Die Maschine musste pünktlich gewesen sein.
„Sie ist hübsch, nicht wahr?" Diese Bemerkung und der spekulative Tonfall seiner Mutter genügten, um Lucern in Alarmzustand zu versetzen. Marguerite klang wie eine Mutter, die sich auf den Ehestiftungspfad begeben hatte - ein Pfad, auf dem sie sich nur zu gut auskannte. Sie war schließlich auch als Erste auf die Idee gekommen, Etienne und Rachel zu verkuppeln, und wie das ausgegangen war, wusste man ja: Etienne steckte bis zum Hals in Hochzeitsvorbereitungen.
„Sie denkt schon wieder ans Ehestiften, Bastien. Bring sie nach Hause. Sofort", befahl Lucern. Sein Bruder brach in Gelächter aus, was Lucern zu der Bemerkung veranlasste: „Vergiss nicht, wenn sie mit mir fertig ist, wird sie sich ganz darauf konzentrieren können, dir eine Frau zu finden."
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
„Hör mal, Rach! Ich hol mir jetzt einen Kaffee. Willst du auch irgendwas?"
Rachel Garrett richtete sich auf und fuhr sich mit dem Rücken ihrer behandschuhten Hand über die Stirn. Seit sie vor zwei Stunden zur Arbeit gekommen war, hatte sie zwischen Schüttelfrost und erhöhter Temperatur geschwankt. Im Augenblick befand sie sich wieder in der fiebrigen Phase. Schweißtröpfchen sammelten sich auf ihrem Rücken und ihrer Kopfhaut. Offenbar brütete sie gerade etwas Übles aus.
Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. Fast eins. Erst zwei Stunden vorbei - sechs lagen noch vor ihr. Sie hätte beinahe laut gestöhnt. Sechs lange Stunden. So, wie diese Grippe sich ankündigte, bezweifelte sie, dass sie auch nur die Hälfte durchhalten würde.
„He! Alles in Ordnung, Rach? Du siehst echt beschissen aus!"
Rachel verzog schmerzlich das Gesicht, als ihr Assistent auf sie zutrat und ihr die Stirn fühlte. Beschissen? Männer konnten so taktvoll sein.
„Kalt. Feucht." Er runzelte die Stirn und fragte: „Fieber und Schüttelfrost?"
„Es geht mir gut." Verlegen und gereizt schob Rachel seine Hand weg, dann holte sie ein paar Münzen aus der Tasche. „Also gut, Tony. Vielleicht kannst du mir einen Saft oder etwas Ähnliches mitbringen."
„Na klar. Ich kann ja sehen, dass es dir gut geht."
Etwas in seinem Ton irritierte Rachel. Dann wurde ihr plötzlich klar, dass sie den Kittel beiseite geschoben und die Hand in die Hosentasche gesteckt hatte, ohne den blutigen Gummihandschuh auszuziehen. Na wunderbar.
„Vielleicht solltest du -"
„Es geht mir wirklich gut", sagte sie erneut. „Es wird mir gleich wieder besser gehen. Verschwinde jetzt."
Tony zögerte, dann zuckte er die Achseln. „Na gut. Aber du könntest vielleicht in Erwägung ziehen, dich hinzusetzen, bis ich wiederkomme."
Rachel tat, als ob sie den Vorschlag nicht gehört hätte, und wandte sich wieder der Leiche zu, als Tony sich auf den Weg machte. Tony war ein netter Kerl. Na ja, vielleicht ein bisschen seltsam. zum Beispiel bestand er darauf, wie ein Goodfella aus der Bronx zu reden, obwohl er in Toronto geboren und aufgewachsen war und die Stadt nie verlassen hatte. Er war auch nicht italienischer Herkunft. Ebenso wenig, wie er wirklich Tony hieß. Sein Geburtsname lautete Teodozjusz Schweinberger. Rachel konnte gut verstehen, dass er seinen Namen geändert hatte, aber sie verstand nicht, wieso zu dem neuen Namen offenbar auch ein neuer Umgangston gehörte.
„Achtung!"
Rachel schaute kurz hoch zur offenen Tür des Sektionsraums. Sie legte das Skalpell hin, zog den Gummihandschuh von der rechten Hand und ging den Männern mit der Bahre entgegen. Dale und Fred. Nette Jungs. Sanitäter, die sie selten zu sehen bekam. Normalerweise brachten sie ihre Kunden lebendig ins Krankenhaus. Selbstverständlich starben einige nach der Ankunft, aber dann waren diese beiden für gewöhnlich schon wieder weg. Dieser Patient musste im Krankenwagen gestorben sein.
„Hallo, Rachel. Sie sehen, äh, gut aus."
Höflich ignorierte sie Dales kleines zögern. Tony hatte ihr sehr deutlich zu verstehen gegeben, wie sie aussah. „Was haben wir denn da?"
Dale reichte ihr ein Klemmbrett mit mehreren Blättern Papier. „Schusswunde. Als wir ihn vom Tatort wegbrachten, glaubte ich für einen Moment noch einen Herzschlag zu hören, aber vielleicht hab ich mich auch geirrt. Für die Akten ist er unterwegs gestorben. Doc Westin hat ihn für tot erklärt, als wir hier eintrafen, und uns gebeten, ihn hierher zu bringen. Sie werden eine Autopsie wollen, die Kugel und so weiter."
„Hmm." Rachel ließ die Formulare wieder auf das Klemmbrett zurückfallen, dann ging sie zum Ende des Raums, um eine der speziellen Bahren aus rostfreiem Edelstahl zu holen, die bei Autopsien benutzt wurden. Sie rollte sie zu den Sanitätern. „Könnt ihr ihn hierhin legen, während ich unterschreibe?"
„Klar."
„Danke." Sie überließ die beiden ihrer Arbeit und ging währenddessen zu dem Schreibtisch in der Ecke, um einen Stift zu suchen. Nachdem sie alle notwendigen Formulare unterschrieben hatte, kehrte sie zu den Sanitätern zurück, die inzwischen den Toten umgebettet hatten. Das Laken, das ihn auf seinem Weg durch das Krankenhaus bedeckt hatte, fehlte nun. Rachel blieb stehen und starrte die Leiche an.
Der Neuzugang in der Prosektur war ein gut aussehender dunkelblonder Mann, nicht älter als dreißig. Rachel betrachtete sein blasses, scharf geschnittenes Gesicht und wünschte sich, sie hätte ihn gesehen, als er noch lebte, und würde wissen, wie er mit klarem Blick ausgesehen hatte. Der Gedanke, dass die Objekte ihrer Arbeit einmal lebendig gewesen waren, kam ihr nur selten. Sie hätte ihren Job nicht ausüben können, wenn sie sich jedes Mal vor Augen geführt hätte, dass die Toten, die man ihr als Pathologin zur Untersuchung brachte, Mütter waren, Brüder, Schwestern, Großväter ... Aber bei diesem Mann war das anders. Sie stellte sich vor, wie er lächelte und lachte, und in ihrer Fantasie hatte er silberne Augen, wie Rachel sie in Wirklichkeit noch nie gesehen hatte.
„Rachel?"
Sie blinzelte verwirrt und starrte Dale an. Die Tatsache, dass sie jetzt saß, erschreckte sie ein wenig. Die Sanitäter hatten offenbar den Schreibtischstuhl herübergerollt und sie dazu gebracht, sich hinzusetzen. Beide beugten sich besorgt über sie.
„Ich glaube, Sie waren kurz vor einer Ohnmacht", sagte Dale. „Sie schwankten und waren ganz blass. Wie geht es Ihnen jetzt?"
„Oh." Sie lachte verlegen und machte eine beschwichtigende Geste. „Mit geht es eigentlich ganz gut. Wirklich. Aber ich befürchte, bei mir ist eine Grippe im Anzug. Schüttelfrost und Fie ber." Sie zuckte die Achseln.
Dale legte ihr prüfend die Hand auf die Stirn und machte ein bedenkliches Gesicht. „Vielleicht sollten Sie heimgehen. Sie glühen ja richtig."
Rachel befühlte ihre Wangen und stellte erschrocken fest, dass er recht hatte. Und sogleich begann sie inständig zu hoffen, dass das Tempo und die Intensität, mit der diese Krankheit begann, kein Omen für einen schlimmen Verlauf wäre. Und wenn es doch so schlimm kommen sollte, dass sie dann ebenso schnell wieder gesund würde. Rachel fand es unerträglich krank zu sein.
„Rachel?"
„Was?" Sie sah die besorgten Gesichter der Sanitäter über sich und versuchte sich zusammenzureißen. „Oh, tut mir leid. Ja, ich sollte lieber heimgehen, wenn Tony wieder zurück ist. Ich habe die Papiere für den Toten unterzeichnet; es ist alles erledigt." Sie behielt die für sie wichtigen Unterlagen und gab ihnen den Rest auf dem Klemmbrett zurück. Dale nahm es entgegen, dann warf er Fred einen zweifelnden Blick zu. Beide schienen unschlüssig, ob sie sie allein lassen konnten.
1
Donnerstag, 11. September.
„Rachel schwört, dass sie in ihrem ganzen Leben keinen Sarg mehr sehen will."
Auf diese Bemerkung seiner Mutter antwortete Lucern nur mit einem Knurren, während er und sein jüngerer Bruder Bastien den Sarg auf den Kellerboden stellten. Er wusste alles über die Aversion seiner künftigen Schwägerin: Etienne hatte ausführlich darüber berichtet. Deshalb brachte er das Ding auch bei Lucern unter. Etienne hatte nichts dagegen, den Sarg aus seinem Haus zu schaffen, damit seine Verlobte sich nicht mehr darüber aufregte, aber aus sentimentalen Gründen konnte er sich nicht dazu durchringen, sich endgültig von ihm zu trennen. Etienne schwor, er hätte seine besten Ideen gehabt, wenn er im stillen Dunkel dieses Sargs lag. Er war eben ein wenig exzentrisch. Er war die einzige Person, an die Lucern sich erinnern konnte, die je einen Sarg zur Generalprobe ihrer eigenen Hochzeit mitgebracht hatte. Der Geistliche war entsetzt gewesen, als er zufällig Zeuge wurde, wie die drei Brüder ihn von Etiennes Pick-up in Bastiens Van luden.
„Danke, dass du ihn hierher gefahren hast, Bastien", sagte Lucern, als er sich wieder aufrichtete.
Bastien zuckte die Achseln. „Er hätte wohl kaum in deinen BMW gepasst. Außerdem", fügte er hinzu, als sie die Treppe hinaufgingen, „ist es mir lieber, ihn zu transportieren, als ihn aufbewahren zu müssen. Meine Haushälterin würde Zustände kriegen."
Lucern lächelte nur. Er hatte keine Haushälterin mehr, um die er sich Gedanken machen musste, und die Reinigungsfirma, die er engagiert hatte, um einmal in der Woche vorbeizukommen, säuberte nur das Erdgeschoss. Er brauchte also nicht zu befürchten, dass sie den Sarg entdecken würden.
„Geht alles klar mit der Hochzeitsplanung?", fragte er, als er seiner Mutter und Bastien in die Küche folgte. Er knipste das Licht im Keller aus und schloss die Tür hinter sich, schaltete aber keine anderen Lampen ein. Die schwache Beleuchtung durch das Nachtlicht am Herd genügte, dass alle sicher zur Haustür gelangten.
„Ja. Endlich." Marguerite Argeneau klang erleichtert. „Und trotz Mrs. Garretts Bedenken, dass die Hochzeit übereilt stattfindet und Rachels Verwandte nicht genug Zeit hatten, ihre Teilnahme zu organisieren, werden sie alle kommen."
„Wie groß ist denn die Familie?" Lucern hoffte ehrlich, dass es nicht so viele Garretts gab, wie Hewitts auf Lissiannas Hochzeit erschienen waren. Die Vermählung seiner Schwester mit Gregory Hewitt war ein Albtraum gewesen. Der Mann hatte eine riesige Familie, und die Mehrheit seiner Verwandten schien aus Frauen zu bestehen - alleinstehenden Frauen, die Lucern, Etienne und Bastien betrachtet hatten, als wären sie der Hauptgang der Mahlzeit. Lucern konnte aggressive Frauen nicht ausstehen. Er war zu einer Zeit aufgewachsen, als ausschließlich Männer die Aggressoren gewesen waren und Frauen nur gelächelt und geschmachtet und ihren Platz gekannt hatten. An die Veränderungen der letzten Jahrzehnte hatte er sich noch nicht so recht gewöhnt und sehnte sich daher nicht gerade nach einem weiteren Debakel wie Lissiannas Hochzeit, wo er den größten Teil der Veranstaltung damit verbracht hatte, den weiblichen Gästen aus dem Weg zu gehen.
Zum Glück konnte Marguerite einige dieser Befürchtungen zerstreuen, indem sie zu berichten wusste: „Ziemlich klein, verglichen mit Gregs Familie, und nach der Gästeliste zu schließen überwiegend Männer."
„Gott sei Dank", murmelte Bastien und wechselte einen Blick mit seinem Bruder.
Lucern nickte zustimmend. „Ist Etienne nervös?"
„Überraschenderweise nicht." Bastien grinste schief. „Es macht ihm einen Riesenspaß, alles zu arrangieren. Er schwört, dass er die Hochzeit kaum erwarten kann. Rachel scheint ihn wirklich glücklich zu machen." Darüber wirkte er eher verwundert.
Lucern teilte die Ansicht seines Bruders. Er konnte sich ebenfalls nicht vorstellen, seine Freiheit für eine Ehefrau aufzugeben. An der Haustür blieb er stehen, drehte sich um und sah, wie seine Mutter die Post auf dem Flurtisch untersuchte.
„Luc, du hast hier Wochen alte, ungeöffnete Post! Liest du sie denn nicht?"
„Warum so überrascht, Mutter? Er geht doch auch nie ans Telefon. Wir können schon von Glück sagen, dass er sich manchmal dazu herablässt, die Tür zu öffnen."
Bastien sagte das durchaus gutmütig, aber der Blickwechsel zwischen ihm und ihrer Mutter entging Lucern nicht. Sie machten sich Sorgen um ihn. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen, aber in der letzten Zeit hatte das geradezu extreme Formen angenommen, und alle schienen sich Gedanken zu machen. Sie wussten, dass er das Leben inzwischen gefährlich langweilig fand.
„Was ist in diesem Karton?"
„Keine Ahnung", gab Lucern zu, als seine Mutter einen großen Karton vom Tisch nahm und ihn schüttelte, als wäre er federleicht.
„Denkst du nicht, es könnte vielleicht eine gute Idee sein, es herauszufinden?", fragte sie ungeduldig.
Lucern verdrehte die Augen. Ganz gleich, wie alt er inzwischen sein mochte - seine Mutter mischte sich ein und nörgelte. Er hatte schon lange resigniert, was das anging. „Ich komme schon noch dazu", murmelte er. „Es ist überwiegend lästiges Zeug von Leuten, die etwas von mir wollen."
„Was ist mit diesem Brief von deinem Verlag? Der ist vielleicht wichtig. Sie würden ihn wohl kaum per Kurier schicken, wenn er nicht wichtig wäre."
Lucern schaute verärgert drein, als seine Mutter nach dem FedEx-Umschlag griff und ihn neugierig hin und her drehte. „Nein, der Brief ist unwichtig. Sie gehen mir nur auf die Nerven. Der Verlag will, dass ich eine Lesereise unternehme."
„Edwin will, dass du auf eine Lesereise gehst?" Marguerite verzog das Gesicht. „Ich dachte, du hättest ihm von Anfang an klargemacht, dass Publicity dich nicht interessiert."
„Nicht Edwin. Nein." Es überraschte Lucern nicht, dass seine Mutter sich an den Namen seines alten Lektors erinnerte; sie hatte ein hervorragendes Gedächtnis, und er hatte Edwin in den zehn Jahren, in denen er für Roundhouse Publishing schrieb, mehrmals erwähnt. Lucerns erste Werke waren als historische Fachbücher veröffentlicht und überwiegend an Universitäten gelesen worden. Diese Bücher wurden immer noch benutzt und waren vor allem deshalb beliebt, weil sie geschrieben waren, als hätte der Autor jedes Zeitalter, mit dem er sich beschäftigte, tatsächlich selbst erlebt. Was in Lucerns Fall selbstverständlich auch zutraf. Aber davon wusste die Öffentlichkeit nichts.
Lucerns letzte drei Bücher jedoch waren autobiografischer Natur gewesen. Eines von ihnen erzählte die Geschichte, wie seine Mutter und sein Vater sich kennengelernt hatten, eines berichtete, wie seine Schwester Lissianna ihrem Therapeuten-Ehemann Gregory begegnet war und sich in ihn verliebt hatte, und in einem anderen, das erst vor ein paar Wochen veröffentlicht worden war, ging es um seinen Bruder Etienne und Rachel Garrett. Lucern hatte die Bücher eigentlich nicht schreiben wollen, sie waren einfach irgendwie aus ihm herausgeflossen. Aber sobald er die Manuskripte vollendet hatte, war er zu dem Schluss gekommen, sie sollten für die Zukunft erhalten bleiben. Er hatte die Erlaubnis seiner Familie eingeholt und sie zu Edwin geschickt, der sie für brillante Romane hielt und als solche veröffentlichte. Und nicht nur als Romane, sondern als „paranormale Liebesromane". Lucern war plötzlich Autor von Liebesromanen geworden. Das alles fand er eher peinlich, also tat er im Allgemeinen sein Bestes, nicht daran zu denken.
„Edwin ist nicht mehr mein Lektor", erklärte er. „Er hatte Ende letzten Jahres einen Herzinfarkt und ist gestorben. Sie haben den Posten seiner Assistentin gegeben, und die geht mir seitdem gewaltig auf die Nerven." Wieder verzog er unwillig das Gesicht. „Diese Frau will mich benutzen, um Lorbeeren für sich selbst und den Verlag einzuheimsen. Sie ist der festen Überzeugung, dass ich bei ein paar Publicity-Ereignissen für die Romane anwesend sein soll."
Bastien sah aus, als wollte er etwas sagen, hielt dann aber inne und drehte sich um, als ein Auto in die Einfahrt bog. Lucern öffnete die Haustür, und die beiden Männer sahen - einer überraschter als der andere -, wie ein Taxi neben Bastiens Van anhielt.
„Falsche Adresse?", fragte Bastien, denn er wusste, dass sein Bruder nicht gerade gastfreundlich war.
„Muss wohl so sein", bemerkte Lucern. Er kniff die Augen zusammen, als der Fahrer ausstieg und die hintere Tür für eine junge Frau öffnete.
„Wer ist denn das?", fragte Bastien. Er klang sogar noch überraschter, als Lucern sich fühlte.
„Keine Ahnung", antwortete Lucern. Der Taxifahrer holte einen kleinen Koffer und eine Reisetasche aus dem Kofferraum.
„Ich glaube, das ist deine Lektorin", verkündete Marguerite.
Sowohl Lucern als auch Bastien fuhren herum, um ihre Mutter entgeistert anzustarren. Sie sahen, dass Marguerite den nun geöffneten FedEx-Brief las.
„Meine Lektorin? Was redest du denn da?" Lucern stapfte zu ihr und riss ihr den Brief aus der Hand.
Seine Mutter ignorierte seine Unhöflichkeit und spähte neugierig nach draußen. „Da die Post so langsam ist und weil das Interesse an Ihren Büchern immer mehr zunimmt, hat Ms. Kate C. Leever beschlossen, persönlich mit dir zu sprechen. Was", fügte Marguerite spitz hinzu, „dir schon lange bekannt wäre, wenn du dich dazu herablassen könntest, deine Post zu lesen."
Lucern zerknüllte den Brief. Er beinhaltete tatsächlich all das, was seine Mutter gerade in Worte gefasst hatte. Und die Tatsache, dass Kate C. Leever mit der Abendmaschine um acht aus New York eintreffen würde. Nun war es halb neun. Die Maschine musste pünktlich gewesen sein.
„Sie ist hübsch, nicht wahr?" Diese Bemerkung und der spekulative Tonfall seiner Mutter genügten, um Lucern in Alarmzustand zu versetzen. Marguerite klang wie eine Mutter, die sich auf den Ehestiftungspfad begeben hatte - ein Pfad, auf dem sie sich nur zu gut auskannte. Sie war schließlich auch als Erste auf die Idee gekommen, Etienne und Rachel zu verkuppeln, und wie das ausgegangen war, wusste man ja: Etienne steckte bis zum Hals in Hochzeitsvorbereitungen.
„Sie denkt schon wieder ans Ehestiften, Bastien. Bring sie nach Hause. Sofort", befahl Lucern. Sein Bruder brach in Gelächter aus, was Lucern zu der Bemerkung veranlasste: „Vergiss nicht, wenn sie mit mir fertig ist, wird sie sich ganz darauf konzentrieren können, dir eine Frau zu finden."
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Lynsay Sands
Die kanadische Autorin Lynsay Sands hat zahlreiche zeitgenössische und historische Romane verfasst. Sie studierte Psychologie, liest gern Horror- und Liebesromane und ist der Ansicht, dass ein wenig Humor "in allen Lebenslagen hilft". Mit der Argeneau-Serie gelang ihr der internationale Durchbruch.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lynsay Sands
- 2011, 704 Seiten, Maße: 12,4 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Regina Winter
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802584732
- ISBN-13: 9783802584732
- Erscheinungsdatum: 10.05.2011
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