Pillen, Pulver, Powerstoffe
Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel
Folsäure, probiotische Bakterien und Q 10 - Kunden, wollt ihr ewig leben'! Was wird den gesundheitsbeflissenen Kunden nicht alles versprochen! Kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit irgendeiner angeblich lebenswichtigen Substanz Â"angereichertÂ"...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Pillen, Pulver, Powerstoffe “
Folsäure, probiotische Bakterien und Q 10 - Kunden, wollt ihr ewig leben'! Was wird den gesundheitsbeflissenen Kunden nicht alles versprochen! Kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit irgendeiner angeblich lebenswichtigen Substanz Â"angereichertÂ" wurde. Glaubt man der Werbung, brauchen wir Fischöl für Herz und Gefäße, probiotische Bakterien für die Darmflora, Eisen und Zink für unser Wohlbefinden und so weiter, und so weiter. Dank Folsäure, Betain, Capsaicin, Grapefruitkernextrakt und allen möglichen Vitaminen sollen wir schöner, gesünder, älter, wenn nicht gleich unsterblich werden. Und obendrauf am besten noch täglich ein Tässchen Eigenurin. Den gibtÂs wenigstens umsonst! Gestützt auf unabhängige Untersuchungen und eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand verraten uns Udo Pollmer und Susanne Warmuth, was es mit Algen und Schwedenkräutern, Q 10 und Alpeneiern auf sich hat, und enthüllen schließlich noch das Geheimnis der Yeti-Spucke. Nach der Lektüre ist man schlauer und gerüstet für die immer neuen Marketinggeschütze, die die Gesundheitsverkäufer auffahren, um unsere natürliche Skepsis zu überlisten.
Klappentext zu „Pillen, Pulver, Powerstoffe “
Folsäure, probiotische Bakterien und Q 10 - Kunden, wollt ihr ewig leben?! Was wird den gesundheitsbeflissenen Kunden nicht alles versprochen! Kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit irgendeiner angeblich lebenswichtigen Substanz "angereichert" wurde. Glaubt man der Werbung, brauchen wir Fischöl für Herz und Gefäße, probiotische Bakterien für die Darmflora, Eisen und Zink für unser Wohlbefinden und so weiter, und so weiter. Dank Folsäure, Betain, Capsaicin, Grapefruitkernextrakt und allen möglichen Vitaminen sollen wir schöner, gesünder, älter, wenn nicht gleich unsterblich werden. Und obendrauf am besten noch täglich ein Tässchen Eigenurin. Den gibt's wenigstens umsonst!
Gestützt auf unabhängige Untersuchungen und eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand verraten uns Udo Pollmer und Susanne Warmuth, was es mit Algen und Schwedenkräutern, Q 10 und Alpeneiern auf sich hat, und enthüllen schließlich noch das Geheimnis der Yeti-Spucke. Nach der Lektüre ist man schlauer und gerüstet für die immer neuen Marketinggeschütze, die die Gesundheitsverkäufer auffahren, um unsere natürliche Skepsis zu überlisten.
Folsäure, probiotische Bakterien und Q 10 - Kunden, wollt ihr ewig leben?!
Was wird den gesundheitsbeflissenen Kunden nicht alles versprochen! Kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit irgendeiner angeblich lebenswichtigen Substanz "angereichert" wurde. Glaubt man der Werbung, brauchen wir Fischöl für Herz und Gefäße, probiotische Bakterien für die Darmflora, Eisen und Zink für unser Wohlbefinden und so weiter, und so weiter. Dank Folsäure, Betain, Capsaicin, Grapefruitkernextrakt und allen möglichen Vitaminen sollen wir schöner, gesünder, älter, wenn nicht gleich unsterblich werden. Und obendrauf am besten noch täglich ein Tässchen Eigenurin. Den gibt's wenigstens umsonst!
Gestützt auf unabhängige Untersuchungen und eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand verraten uns Udo Pollmer und Susanne Warmuth, was es mit Algen und Schwedenkräutern, Q 10 und Alpeneiern auf sich hat, und enthüllen schließlich noch das Geheimnis der Yeti-Spucke. Nach der Lektüre ist man schlauer und gerüstet für die immer neuen Marketinggeschütze, die die Gesundheitsverkäufer auffahren, um unsere natürliche Skepsis zu überlisten. Und vor allem wissen wir, was wir von Nahrungsergänzungsmitteln und Functional Food erwarten dürfen - und worauf wir in Zukunft getrost verzichten können.
Was wird den gesundheitsbeflissenen Kunden nicht alles versprochen! Kaum ein Nahrungsmittel, das nicht mit irgendeiner angeblich lebenswichtigen Substanz "angereichert" wurde. Glaubt man der Werbung, brauchen wir Fischöl für Herz und Gefäße, probiotische Bakterien für die Darmflora, Eisen und Zink für unser Wohlbefinden und so weiter, und so weiter. Dank Folsäure, Betain, Capsaicin, Grapefruitkernextrakt und allen möglichen Vitaminen sollen wir schöner, gesünder, älter, wenn nicht gleich unsterblich werden. Und obendrauf am besten noch täglich ein Tässchen Eigenurin. Den gibt's wenigstens umsonst!
Gestützt auf unabhängige Untersuchungen und eine gehörige Portion gesunden Menschenverstand verraten uns Udo Pollmer und Susanne Warmuth, was es mit Algen und Schwedenkräutern, Q 10 und Alpeneiern auf sich hat, und enthüllen schließlich noch das Geheimnis der Yeti-Spucke. Nach der Lektüre ist man schlauer und gerüstet für die immer neuen Marketinggeschütze, die die Gesundheitsverkäufer auffahren, um unsere natürliche Skepsis zu überlisten. Und vor allem wissen wir, was wir von Nahrungsergänzungsmitteln und Functional Food erwarten dürfen - und worauf wir in Zukunft getrost verzichten können.
Lese-Probe zu „Pillen, Pulver, Powerstoffe “
Pillen, Pulver, Powerstoffe von Udo Pollmer und Susanne Warmuth LESEPROBE »Sie haben drei Wünsche frei!«,
säuselt die Functional-Food-Fee und zaubert mit professionellem Lächeln ewige Jugend, strahlende Schönheit und pralle Gesundheit in Saftflaschen und Margarinetöpfchen auf die Mattscheibe. Eine Werbeunterbrechung später zieht der beschlipste Kollege von der Nahrungsergänzungsfraktion elegant Kapseln, Pillen und Brausetabletten aus dem Hut und verheißt mit sonorer Stimme die Erfüllung derselben Herzenswünsche. Bei diesem Supersondersparpreis – nur für kurze Zeit! Im praktischen 500er-Pack! – sollten Sie unbedingt gleich zugreifen. Natürlich waren nur die Wünsche frei, die Ware kostet selbstverständlich…
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Manche Dinge ändern sich nie, zum Beispiel der Wunsch, gesund, schön und potent zu sein. Wider besseres Wissen – das heißt gegen die alltägliche Erfahrung – hört die Menschheit offenbar nie auf zu hoffen, dass soeben ein Wundermittel gegen Krankheit und Verfall entdeckt wurde. Unsere Altvorderen bauten auf Ziegenkot und Einhornpulver gegen Zahnwurm oder Hexenwerk. Die aufgeklärten Zeitgenossen von heute bestellen Schönheitsvitamine, Powerstoffe und Muschelpulver gegen Krebs, Cellulitis und die Angst vor dem Tod. Natürlich will niemand mehr an Zauberei glauben, aber das, was moderne Wundermittel versprechen, ist nichts anderes. Da auch der Nepp mit der Zeit geht, sind die Begründungen, warum sie wirken müssen, allerdings nur noch selten dem magisch-religiösen Wortschatz entlehnt; dem Hokuspokus von heute hängt man stattdessen mit allerlei biochemischen Phrasen ein pseudowissenschaftliches Mäntelchen um. Keck wie Mäusedreck!
Doch das sind Äußerlichkeiten. Am Ende werden Kunden immer damit geködert, dass ihnen andere Menschen im Brustton der Überzeugung versichern, das Produkt funktioniere genau so, wie sie es sich wünschen. Wenn der seriös wirkende Fernsehzahnarzt eine bestimmte Zahnbürste empfiehlt, wenn Mutter und Tochter in der heimischen Küche über Abführmittel philosophieren, wenn Oma und Opa auf die Kraft der zwei Herzen schwören oder wenn der sympathische Wetterfrosch mit windzerzaustem Haar probiotische Milchprodukte schlürft, dann sind das nur ein paar Varianten des großen Glaub-mir-und-kauf-das- Spiels. Dabei spielt es nicht die geringste Rolle, ob der beworbene Artikel hält, was die Akteure behaupten – oder ob die Akteure überhaupt irgendeine Ahnung davon haben, was sie da gerade vertickern.
Es ist schon erstaunlich, wie wenig sich das offenkundig Irrationale und das scheinbar Logische unterscheiden, wenn es darum geht, potenziellen Kunden das Geld aus der Tasche zu leiern! Da praktisch jeden Tag irgendein neues »Vitalisierungsprodukt « aus irgendwelchen Reststoffen nach immer dem gleichen Muster generiert wird, wie eine Flut von einschlägigen Patentschriften aus vieler Herren Länder belegt, war uns weniger daran gelegen, ein umfassendes Lexikon der Nahrungsergänzungsmittel zusammenzustellen. Wir wollen Ihnen vielmehr die Highlights der Wunderstoffe zeigen, ihren Aufstieg, ihren Fall und ihre Wandlungsfähigkeit.
Neben Nahrungsergänzung oder Functional Food aus dem aktuellen Angebot werden Sie auch auf Mittel stoßen, die schon wieder aus der Mode gekommen sind, wie Mumienpulver (einst einer der ganz großen Renner der Szene), oder die ihren ehemals omnipotenten Gesundheitscharakter durch Profanisierung verloren haben, wie Coca-Cola. Daneben stellen wir einige Kandidaten aus der ganz gewöhnlichen Lebensmittelwelt vor, die man mit Fug und Recht als »funktionell« bezeichnen könnte, denen die Experten diesen Titel aber beharrlich vorenthalten, zum Beispiel Kaffee, Kaugummi oder Bärendreck (Lakritz). Last not least werden Sie auf ein paar schier unglaubliche Geschichten stoßen..., aber wir wollen nicht zu viel verraten. Lesen Sie los! Und lassen Sie sich bloß keinen Bären aufbinden!
Algen: gut & giftig
Algen sind gesund. Denn die Japaner, die uns in Sachen »gesunder Ernährung« regelmäßig als leuchtendes Vorbild vor Augen gehalten werden, essen fleißig Nori, Dulse, Kombu und Konsorten. Noch lieber als Algen essen die Japaner natürlich Walfleisch oder gar Kugelfisch. Aber das gehört jetzt wirklich nicht hierher. Auf jeden Fall stehen Algen an Asiens Küsten seit jeher auf dem Speiseplan, vorzugsweise als Eiweißzulage. Also wird das glibberige Zeug auch uns Europäern als apartes Meeresgemüse anempfohlen.
Die ganze pralle Gesundheit versprechen Algen jedoch erst, wenn sie als Pulver oder Pillchen verpackt und mit exotischen Etiketten versehen wurden. »Sensationeller Reichtum an Vitalstoffen«, »natürliches Jod«, »Tausende von Enzymen« mit »fast allen Aminosäuren« bewahren uns, die wir vom westlichen Lebensstil gebeutelt werden, diversen Anbietern zufolge nicht nur vor hohem Blutdruck und Depression, sondern auch vor Krebs, AIDS und Grippe. Außerdem vermag das leckere Naschwerk angeblich den Appetit zu zügeln und so Schlankheit herbeizuführen.
Den Katalog der Wohltaten beurteilen die zuständigen Bundesbehörden allerdings ein klein wenig anders. Nicht dass sie die Existenz von Aminosäuren, sprich Eiweißbausteinen, oder von Jod in Abrede stellen würden. Ganz im Gegenteil. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) warnte explizit vor Algenerzeugnissen: »aufgrund ihres hohen Jodgehaltes« . . . Viele Arten reichern nämlich Jod an, teilweise bis zu zehn Gramm (!) pro Kilo Trockenmasse. So kam es bei einigen besonders gesundheitsbewussten Europäern bereits zu Vergiftungen. Selbst für die in Sachen Jod hartgesottenen asiatischen Küstenanrainer bestünden »durchaus toxikologische Bedenken gegen den Verzehr jodreicher Algenprodukte«, so das BgVV. Die vertretbare Höchstmenge liegt nach Angaben der Behörde bei 20 Milligramm pro Kilo Alge.
Viele Meeresalgen stellen mit Jod, Chlor oder Brom aus dem Meerwasser sogenannte halogenorganische Verbindungen her. Also genau jene Stoffe, die unsere Umweltorganisationen unter dem Schlagwort »Chlorchemie« so vehement bekämpfen. Auch wenn viele Verbraucher glauben, giftige Chlorchemie sei eine Erfindung des Menschen, so hat es die Natur den Chemikern längst vorgemacht. Algen wehren sich gegen Fraßfeinde wie Wasserschnecken oder Seeigel und bedienen sich dabei ähnlicher Mittel wie der Landwirt, der der Möhrenfliege den Garaus macht, oder der Arzt, der Filzläuse bekämpft. Einige dieser Abwehrstoffe sind in ihrer Wirkung durchaus mit Pflanzenschutzmitteln vergleichbar. Aber Algen produzieren nicht nur selbst Chlor-, Jod- oder Bromchemie, sie reichern darüber hinaus auch menschengemachte Pestizide aus dem Meerwasser an. Hier ist die Auswahl ja groß.
Daneben haben viele Vertreter der Sippe ein Faible für Schwermetalle und Arsen. Allein die Gehalte an Arsen in Gesundheitsalgen wie Hijiki (Hizikia fusiforme) sind mit bis zu 140 Milligramm pro Kilo Trockenmasse so beachtlich, dass ein paar Gramm am Tag genügen, um die vorläufige duldbare Aufnahme zu überschreiten. Bei einem kontrollierten Versuch japanischer Forscher, bei dem ein freiwilliges Opfer von diesen Algen kosten durfte, schied dieses nach einer einzigen Mahlzeit ähnlich viel Arsen aus »wie Menschen, die eine Arsenvergiftung erlitten haben«. Um das Arsen zu entfernen, werden die Algen vielerorts gekocht und das Kochwasser mit den ach so wertvollen »Vitalstoffen« einfach abgegossen, geradeso wie bei uns bei der Zubereitung von Kartoffeln. Wegen der »Tausende von Enzymen« brauchen Sie sich ebenfalls keinen Kopf zu machen: Das ist reine Werbelyrik und trifft für den Inhalt eines Mäusekötels gleichermaßen zu.
Brisanter als die Fähigkeit, Arsen aus dem Wasser zu fischen oder Chlorchemie zu erzeugen, ist jedoch die unangenehme Angewohnheit mancher Algen, in Eigenregie richtig üble Gifte herzustellen. Zu den Giftproduzenten zählen laut BgVV auch angebliche »Wunderalgen« wie Aphanizomenon flos-aquae (AFAAlge), die im harten Überlebenskampf auf die Verderben bringende Kraft der Microcystine setzt. Amerikanische Gesundheitsbehörden konnten diese Stoffe in fast allen Nahrungsergänzungen nachweisen, die aus Blaualgen (unter anderem auch Spirulina) gewonnen wurden. Womöglich kam es durch die gleichzeitige Anwesenheit der Alge Microcystis aeruginosa im Erntegut zu einer Kontamination. Die meisten Präparate überschritten sogar die Höchstmenge von einem Milligramm pro Kilo. Inzwischen liegen ähnliche Ergebnisse auch vom deutschen und vom schweizerischen Markt vor. Microcystine sind potente Lebergifte, die vermutlich auch Krebs fördern können. Bei regelmäßiger Zufuhr reichern sie sich in der Leber an. In ihrer Wirkung entsprechen sie dem Gift des Knollenblätterpilzes.
Algengifte stecken auch hinter den gefürchteten Muschelvergiftungen. Wenn die Umweltbedingungen für Algen günstig sind, kommt es zu einer Massenvermehrung. Handelt es sich dabei um Giftproduzenten, kann eine »Algenblüte« ganze Gewässer vergiften und große Fischsterben verursachen. Eine solche Algenblüte, die Flüsse und sogar das Meer in beängstigender Weise rot färbt (»rote Tide«), wurde bereits als biblische Plage beschrieben. Muscheln sind allerdings gegen Algengifte weniger empfindlich als Wirbeltiere, sie filtern sie aus dem Wasser, reichern sie in ihrem Fleisch an und geben sie an die Nächsten in der Nahrungskette weiter... Insofern wären die versprochenen appetitzügelnden Wirkungen von Algenprodukten durchaus nachvollziehbar, zumindest für diejenigen, die wissen, was ihnen mit Algen blühen kann.
Dennoch besteht kein Grund, Algen rundweg zu verteufeln. Schließlich essen wir Mitteleuropäer Tag für Tag reichlich Algenprodukte – allerdings meist ohne dass uns dies bewusst wäre – zum Beispiel mit Desserts, Süßwaren, Trinkjoghurts, Eierlikör oder Speiseeis, wo sie als Stabilisatoren und Verdickungsmittel dienen. Die fraglichen Algenextrakte lassen sich an ihren E-Nummern erkennen: E 400 bis E 405 stammen aus Braunalgen, E 406 und E 407 hingegen aus Rotalgen. Allein um den Bedarf an Alginaten aus Braunalgen zu decken, erntet die Industrie Jahr für Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen Kelp. Allerdings müssen die Rohstoffe aufwendig gereinigt werden, denn bei Lebensmitteln gelten im Gegensatz zur Nahrungsergänzung detaillierte Reinheitsvorschriften. Schon allein deshalb ist das Risiko nicht mit dem vergleichbar, das mit Gesundheitsalgenpulvern verbunden ist.
© Eichborn Verlag
Doch das sind Äußerlichkeiten. Am Ende werden Kunden immer damit geködert, dass ihnen andere Menschen im Brustton der Überzeugung versichern, das Produkt funktioniere genau so, wie sie es sich wünschen. Wenn der seriös wirkende Fernsehzahnarzt eine bestimmte Zahnbürste empfiehlt, wenn Mutter und Tochter in der heimischen Küche über Abführmittel philosophieren, wenn Oma und Opa auf die Kraft der zwei Herzen schwören oder wenn der sympathische Wetterfrosch mit windzerzaustem Haar probiotische Milchprodukte schlürft, dann sind das nur ein paar Varianten des großen Glaub-mir-und-kauf-das- Spiels. Dabei spielt es nicht die geringste Rolle, ob der beworbene Artikel hält, was die Akteure behaupten – oder ob die Akteure überhaupt irgendeine Ahnung davon haben, was sie da gerade vertickern.
Es ist schon erstaunlich, wie wenig sich das offenkundig Irrationale und das scheinbar Logische unterscheiden, wenn es darum geht, potenziellen Kunden das Geld aus der Tasche zu leiern! Da praktisch jeden Tag irgendein neues »Vitalisierungsprodukt « aus irgendwelchen Reststoffen nach immer dem gleichen Muster generiert wird, wie eine Flut von einschlägigen Patentschriften aus vieler Herren Länder belegt, war uns weniger daran gelegen, ein umfassendes Lexikon der Nahrungsergänzungsmittel zusammenzustellen. Wir wollen Ihnen vielmehr die Highlights der Wunderstoffe zeigen, ihren Aufstieg, ihren Fall und ihre Wandlungsfähigkeit.
Neben Nahrungsergänzung oder Functional Food aus dem aktuellen Angebot werden Sie auch auf Mittel stoßen, die schon wieder aus der Mode gekommen sind, wie Mumienpulver (einst einer der ganz großen Renner der Szene), oder die ihren ehemals omnipotenten Gesundheitscharakter durch Profanisierung verloren haben, wie Coca-Cola. Daneben stellen wir einige Kandidaten aus der ganz gewöhnlichen Lebensmittelwelt vor, die man mit Fug und Recht als »funktionell« bezeichnen könnte, denen die Experten diesen Titel aber beharrlich vorenthalten, zum Beispiel Kaffee, Kaugummi oder Bärendreck (Lakritz). Last not least werden Sie auf ein paar schier unglaubliche Geschichten stoßen..., aber wir wollen nicht zu viel verraten. Lesen Sie los! Und lassen Sie sich bloß keinen Bären aufbinden!
Algen: gut & giftig
Algen sind gesund. Denn die Japaner, die uns in Sachen »gesunder Ernährung« regelmäßig als leuchtendes Vorbild vor Augen gehalten werden, essen fleißig Nori, Dulse, Kombu und Konsorten. Noch lieber als Algen essen die Japaner natürlich Walfleisch oder gar Kugelfisch. Aber das gehört jetzt wirklich nicht hierher. Auf jeden Fall stehen Algen an Asiens Küsten seit jeher auf dem Speiseplan, vorzugsweise als Eiweißzulage. Also wird das glibberige Zeug auch uns Europäern als apartes Meeresgemüse anempfohlen.
Die ganze pralle Gesundheit versprechen Algen jedoch erst, wenn sie als Pulver oder Pillchen verpackt und mit exotischen Etiketten versehen wurden. »Sensationeller Reichtum an Vitalstoffen«, »natürliches Jod«, »Tausende von Enzymen« mit »fast allen Aminosäuren« bewahren uns, die wir vom westlichen Lebensstil gebeutelt werden, diversen Anbietern zufolge nicht nur vor hohem Blutdruck und Depression, sondern auch vor Krebs, AIDS und Grippe. Außerdem vermag das leckere Naschwerk angeblich den Appetit zu zügeln und so Schlankheit herbeizuführen.
Den Katalog der Wohltaten beurteilen die zuständigen Bundesbehörden allerdings ein klein wenig anders. Nicht dass sie die Existenz von Aminosäuren, sprich Eiweißbausteinen, oder von Jod in Abrede stellen würden. Ganz im Gegenteil. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) warnte explizit vor Algenerzeugnissen: »aufgrund ihres hohen Jodgehaltes« . . . Viele Arten reichern nämlich Jod an, teilweise bis zu zehn Gramm (!) pro Kilo Trockenmasse. So kam es bei einigen besonders gesundheitsbewussten Europäern bereits zu Vergiftungen. Selbst für die in Sachen Jod hartgesottenen asiatischen Küstenanrainer bestünden »durchaus toxikologische Bedenken gegen den Verzehr jodreicher Algenprodukte«, so das BgVV. Die vertretbare Höchstmenge liegt nach Angaben der Behörde bei 20 Milligramm pro Kilo Alge.
Viele Meeresalgen stellen mit Jod, Chlor oder Brom aus dem Meerwasser sogenannte halogenorganische Verbindungen her. Also genau jene Stoffe, die unsere Umweltorganisationen unter dem Schlagwort »Chlorchemie« so vehement bekämpfen. Auch wenn viele Verbraucher glauben, giftige Chlorchemie sei eine Erfindung des Menschen, so hat es die Natur den Chemikern längst vorgemacht. Algen wehren sich gegen Fraßfeinde wie Wasserschnecken oder Seeigel und bedienen sich dabei ähnlicher Mittel wie der Landwirt, der der Möhrenfliege den Garaus macht, oder der Arzt, der Filzläuse bekämpft. Einige dieser Abwehrstoffe sind in ihrer Wirkung durchaus mit Pflanzenschutzmitteln vergleichbar. Aber Algen produzieren nicht nur selbst Chlor-, Jod- oder Bromchemie, sie reichern darüber hinaus auch menschengemachte Pestizide aus dem Meerwasser an. Hier ist die Auswahl ja groß.
Daneben haben viele Vertreter der Sippe ein Faible für Schwermetalle und Arsen. Allein die Gehalte an Arsen in Gesundheitsalgen wie Hijiki (Hizikia fusiforme) sind mit bis zu 140 Milligramm pro Kilo Trockenmasse so beachtlich, dass ein paar Gramm am Tag genügen, um die vorläufige duldbare Aufnahme zu überschreiten. Bei einem kontrollierten Versuch japanischer Forscher, bei dem ein freiwilliges Opfer von diesen Algen kosten durfte, schied dieses nach einer einzigen Mahlzeit ähnlich viel Arsen aus »wie Menschen, die eine Arsenvergiftung erlitten haben«. Um das Arsen zu entfernen, werden die Algen vielerorts gekocht und das Kochwasser mit den ach so wertvollen »Vitalstoffen« einfach abgegossen, geradeso wie bei uns bei der Zubereitung von Kartoffeln. Wegen der »Tausende von Enzymen« brauchen Sie sich ebenfalls keinen Kopf zu machen: Das ist reine Werbelyrik und trifft für den Inhalt eines Mäusekötels gleichermaßen zu.
Brisanter als die Fähigkeit, Arsen aus dem Wasser zu fischen oder Chlorchemie zu erzeugen, ist jedoch die unangenehme Angewohnheit mancher Algen, in Eigenregie richtig üble Gifte herzustellen. Zu den Giftproduzenten zählen laut BgVV auch angebliche »Wunderalgen« wie Aphanizomenon flos-aquae (AFAAlge), die im harten Überlebenskampf auf die Verderben bringende Kraft der Microcystine setzt. Amerikanische Gesundheitsbehörden konnten diese Stoffe in fast allen Nahrungsergänzungen nachweisen, die aus Blaualgen (unter anderem auch Spirulina) gewonnen wurden. Womöglich kam es durch die gleichzeitige Anwesenheit der Alge Microcystis aeruginosa im Erntegut zu einer Kontamination. Die meisten Präparate überschritten sogar die Höchstmenge von einem Milligramm pro Kilo. Inzwischen liegen ähnliche Ergebnisse auch vom deutschen und vom schweizerischen Markt vor. Microcystine sind potente Lebergifte, die vermutlich auch Krebs fördern können. Bei regelmäßiger Zufuhr reichern sie sich in der Leber an. In ihrer Wirkung entsprechen sie dem Gift des Knollenblätterpilzes.
Algengifte stecken auch hinter den gefürchteten Muschelvergiftungen. Wenn die Umweltbedingungen für Algen günstig sind, kommt es zu einer Massenvermehrung. Handelt es sich dabei um Giftproduzenten, kann eine »Algenblüte« ganze Gewässer vergiften und große Fischsterben verursachen. Eine solche Algenblüte, die Flüsse und sogar das Meer in beängstigender Weise rot färbt (»rote Tide«), wurde bereits als biblische Plage beschrieben. Muscheln sind allerdings gegen Algengifte weniger empfindlich als Wirbeltiere, sie filtern sie aus dem Wasser, reichern sie in ihrem Fleisch an und geben sie an die Nächsten in der Nahrungskette weiter... Insofern wären die versprochenen appetitzügelnden Wirkungen von Algenprodukten durchaus nachvollziehbar, zumindest für diejenigen, die wissen, was ihnen mit Algen blühen kann.
Dennoch besteht kein Grund, Algen rundweg zu verteufeln. Schließlich essen wir Mitteleuropäer Tag für Tag reichlich Algenprodukte – allerdings meist ohne dass uns dies bewusst wäre – zum Beispiel mit Desserts, Süßwaren, Trinkjoghurts, Eierlikör oder Speiseeis, wo sie als Stabilisatoren und Verdickungsmittel dienen. Die fraglichen Algenextrakte lassen sich an ihren E-Nummern erkennen: E 400 bis E 405 stammen aus Braunalgen, E 406 und E 407 hingegen aus Rotalgen. Allein um den Bedarf an Alginaten aus Braunalgen zu decken, erntet die Industrie Jahr für Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen Kelp. Allerdings müssen die Rohstoffe aufwendig gereinigt werden, denn bei Lebensmitteln gelten im Gegensatz zur Nahrungsergänzung detaillierte Reinheitsvorschriften. Schon allein deshalb ist das Risiko nicht mit dem vergleichbar, das mit Gesundheitsalgenpulvern verbunden ist.
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Autoren-Porträt von Udo Pollmer, Susanne Warmuth
Udo Pollmer, geb. 1954, arbeitet seit seinem Staatsexamen für Lebensmittelchemie 1981 als freiberuflicher Dozent und Publizist und als Unternehmensberater im In- und Ausland. Er publiziert u.a. Kolumnen im Catering Management Magazin sowie Sendungen für Hörfunk und Fernsehen. 1994 übernahm er die wissenschaftliche Leitung des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften e.V. (EU.L.E.).Susanne Warmuth, geboren 1959, ist Biologin und als Lektorin und Übersetzerin naturwissenschaftlicher Bücher tätig. Mit Udo Pollmer verfaßte sie das "Lexikon der populären Ernährungsirrtümer". Sie lebt in Darmstadt.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Udo Pollmer , Susanne Warmuth
- 2008, 240 Seiten, Maße: 15,4 x 22,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Eichborn
- ISBN-10: 382185622X
- ISBN-13: 9783821856223
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