Alice

In ihrer neuen Publikation führt Judith Hermann den Leser durch fünf hochliterarische Variationen über den Tod. Man erlebt mit der Protagonistin Alice den Verlust naher Menschen und die darauf folgende Leere, die der Abschied bei ihr zurück lässt. Der Text geht in die Tiefe. Hermann bringt kleine Alltagsdinge und Beobachtungen im Zusammenhang mit Alice und den Verstorbenen zum Leuchten. Aus Hermanns Zeilen atmen Vereinsamung und Orientierungslosigkeit der atomisierten Gesellschaft von heute, doch das Leben geht mit seiner Eigendynamik einfach weiter, was gewisse Hoffnung aufkommen lässt. J. Hermanns asymmetrische Form des Textes, ihre virtuose Schreibweise, Beobachtungsgabe und ihr ausgeprägtes Gefühl für das Atmosphärische und das Wesentliche in der jeweiligen Situation, machen "Alice" zu etwas ganz besonderem in der zeitgenössischen Literatur.

Judith Hermann zwingt uns mit ihrem Schreibstil der Schnelligkeit adieuzu sagen. Sie nimmt uns das Tempo, indem sie Sätze aneinanderreiht die man immer wieder lesen möchte.
In diesem Buch finden wir 5 Geschichten die einladen, zeigen dass alles ein Ende hat, aber auch einen Anfang. Ein Buch nicht nur über den Tod, sondern auch über das Leben. Alice ist die Hauprotagonistin, es wird der Umgang, ihr Umgang mit dem Tod und dem "Weiter"Leben danach geschildert. Judith Hermann schafft es philosophisch nicht auszubrechen, poetisch und Wortgewandt lässt sie uns eintauchen und teilhaben und dabei die Zeit vergessen.

Ich persönlich habe mir sehr viel aus den Botschaften des Buches für mein Leben ziehen können.

Die Titel der fünf lose miteinander verflochtenen Erzählungen sind zugleich die Namen der Toten bzw. Sterbenden, um die es geht. Alice, die titelgebende Protagonistin des Buches, ist eine 40-45 Jahre alte Frau, die in Berlin lebt und in irgendeiner Weise mit den Sterbenden bzw. den Toten verbunden ist. Es geht also auch um das Leben, denn wir erfahren andeutungsweise, was der Tod mit Alice macht, wie ihr Leben sich verändert. Judith Hermann erzählt auf ihre gewohnt lakonische Art. Ein Erzählton, der trotzdem reich genannt werden darf, weil er voller fein beobachteter Details ist und Deutungsräume eröffnet, die sich jede/r Lesende selbst erschließen mag. Die Erzählungen sind getragen von einem dezent melancholischen Ton, der nie aufgesetzt wirkt. Man wird das Buch gewiss nicht nur einmal zur Hand nehmen, denn die Erzählungen sind voller Anspielungen, Vor- und Rückbezüge.