Am Äquator
Roman
Sinnlichkeit, Magie und Melancholie.
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am...
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am...
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Produktinformationen zu „Am Äquator “
Sinnlichkeit, Magie und Melancholie.
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien Sao Tome und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die »Hundert Jahre Einsamkeit« von Gabriel Garcia Marquez.
Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel Sao Tome. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien Sao Tome und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die »Hundert Jahre Einsamkeit« von Gabriel Garcia Marquez.
Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel Sao Tome. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
Klappentext zu „Am Äquator “
Sinnlichkeit, Magie und Melancholie.Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien Sao Tome und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die »Hundert Jahre Einsamkeit« von Gabriel Garcia Marquez.
Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel Sao Tome. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
Sinnlichkeit, Magie und Melancholie.
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien São Tomé und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die "Hundert Jahre Einsamkeit" von Gabriel Garcia Marquez.
Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel São Tomé. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
"Ein realistischer, ernstzunehmender Roman, eine portugiesische Geschichte mit authentischen Figuren, die für ihre Ideale einstehen, in einem klaren Stil geschrieben, nach derlei hungern die Leute. Heftige Leidenschaften, große Ideale, exotische Schauplätze - damit gelingt dem Buch, was Leser am liebsten mögen: dass man ihnen Geschichten erzählt."
Visão
"Seit mindestens zwanzig Jahren habe ich keinen portugiesischen Roman mehr so verschlungen wie 'Am Äquator'."
Vasco Graça Moura
"Sousa Tavares' großes literarisches Können bürgt für eine gut gebaute Handlung, in der Liebe, Verrat, gescheiterter Idealismus und menschliche Niedertracht sich zu einer ergreifenden Tragödie und einem im besten Sinne des Wortes 'traditionellen' Lesevergnügen vereinen."
NRC Handelsblad
Als der Lissaboner Müßiggänger Luis Bernardo Tavares im Dezember 1905 von seinem König ein ungewöhnliches Angebot erhält, gibt eine Liebesaffäre den Ausschlag für die Entscheidung: Luis geht als Gouverneur in die am Äquator gelegenen portugiesischen Kolonien São Tomé und Príncipe. Dort soll er den Vorwurf der Engländer entkräften, Portugal dulde auf den Kakaoplantagen Sklavenarbeit. Auf den Inseln empfangen Luis die feuchte Hitze der Tropen, eine faszinierend fremde Wildnis und die Feindschaft der Plantagenbesitzer. Mit allen Sinnen erkundet er die neue Welt. Er ersehnt bald die tägliche Stunde des Regens und spürt die unendliche Trauer der schwarzen Plantagenarbeiter. Entschlossen, ihre Lage zu bessern, riskiert Luis den Krieg mit fast allen Weißen. Sie klammern sich an ihre überkommenen Privilegien und begreifen nicht, welche Gefahr am Horizont heraufzieht. Auch die Ankunft des englischen Konsuls David Jameson ändert daran nichts. Luis gewinnt David, auch er ein in die Tropen Verbannter, schnell zum Freund - bis eine gefährliche Leidenschaft für dessen Frau Ann Luis' Mission und seine Existenz erschüttert. Miguel Sousa Tavares erzählt in seinem opulenten Roman von einer obsessiven Liebe ohne Zukunft in einer Gesellschaft, deren Zeit abgelaufen ist. Dieser grandiose Abgesang auf eine versunkene Epoche erinnert an die "Hundert Jahre Einsamkeit" von Gabriel Garcia Marquez.
Miguel Sousa Tavares erzählt voller Hingabe eine ungewöhnliche Liebesgeschichte vor dem historischen Panorama der Kolonialinsel São Tomé. Standesbewusstes Ehrgefühl vermischt sich mit der Melancholie der tropischen Abgeschiedenheit - und eine Leidenschaft erblüht, die ihre Kraft nur aus dem erahnten Ende einer großen Epoche ziehen kann.
"Ein realistischer, ernstzunehmender Roman, eine portugiesische Geschichte mit authentischen Figuren, die für ihre Ideale einstehen, in einem klaren Stil geschrieben, nach derlei hungern die Leute. Heftige Leidenschaften, große Ideale, exotische Schauplätze - damit gelingt dem Buch, was Leser am liebsten mögen: dass man ihnen Geschichten erzählt."
Visão
"Seit mindestens zwanzig Jahren habe ich keinen portugiesischen Roman mehr so verschlungen wie 'Am Äquator'."
Vasco Graça Moura
"Sousa Tavares' großes literarisches Können bürgt für eine gut gebaute Handlung, in der Liebe, Verrat, gescheiterter Idealismus und menschliche Niedertracht sich zu einer ergreifenden Tragödie und einem im besten Sinne des Wortes 'traditionellen' Lesevergnügen vereinen."
NRC Handelsblad
Lese-Probe zu „Am Äquator “
1Sind die Dinge erst einmal geschehen, kommt man zwangsläufig ins Grübeln, wie wohl das Leben verlaufen wäre, hätte man anders gehandelt. Hätte Luís Bernardo Valença gewusst, was das Schicksal für ihn bereithielt, wäre er an diesem regnerischen Dezembermorgen des Jahres 1905 vielleicht niemals am Bahnhof Barreiro in den Zug gestiegen.
Doch nun saß er bequem zurückgelehnt in den rotsamtenen Erste-Klasse-Polstern und ließ in aller Ruhe die Landschaft an sich vorüberziehen, sah zu, wie die weite Ebene des Alentejo mit ihren Korkeichen und Olivenbäumen sich vor ihm auftat, wie die Wolkendecke, die über Lissabon noch dicht geschlossen gewesen war, zaghaft aufriss und eine tröstliche Wintersonne zum Vorschein kommen ließ. Die trägen Reisestunden bis Vila Viçosa versuchte er mit der einschläfernden Lektüre seiner Tageszeitung zu füllen. O Mundo, ein gemäßigt monarchistisches und zugleich entschieden liberales Blatt, sorgte sich, wie schon der Name andeutete, um den Zustand der Welt und der "Eliten, die sie regieren". An diesem Morgen berichtete O Mundo über eine Regierungskrise in Frankreich, ausgelöst durch die Baukosten des Suezkanals, den der Ingenieur Lesseps wie ein Besessener vorantrieb, ohne dass ein Ende der Arbeiten abzusehen war. König Edward VII. dagegen feierte auch dieses Jahr seinen Geburtstag im trauten Kreis der Familie, beglückwünscht von allen Königen, Radschas, Scheichs und Stammeshäuptlingen des riesigen Imperiums, in dem, wie O Mundo in Erinnerung rief, die Sonne niemals unterging. Was Portugal betraf, gab es eine neuerliche Strafexpedition gegen die Eingeborenen im Hinterland von Angola zu vermelden, eine weitere Episode des heillosen Durcheinanders, in dem die Kolonie zu versinken drohte. Und in São Bento war es erneut zu Streitereien zwischen den Abgeordneten der Erneuerungspartei von Hintze Ribeiros und den Progressiven um José Luciano de Castro gekommen: Die Liste der von der öffentlichen Hand für den Unterhalt des Königshauses zu
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übernehmenden Aufwendungen wurde lang und länger, ohne dass das Geld je zu reichen schien.
Er war siebenunddreißig Jahre alt, Junggeselle und in dem Maße unsolide, wie die Umstände und seine Herkunft es ihm erlaubten - ein paar Chorsängerinnen und Tänzerinnen mit entsprechendem Ruf, gelegentlich eine Verkäuferin aus der Baixa, zwei, drei tugendhafte verheiratete Damen der besseren Gesellschaft sowie eine viel gerühmte und ebenso umstrittene deutsche Sopranistin, die drei Monate im São Carlos gastiert hatte; allerdings war er wohl nicht deren einziger Freier gewesen. Kurz, er war ein Mann, der sich gern den Frauen hingab, aber ebenso sehr auch der Melancholie.
Mit zweiundzwanzig hatte er in Coimbra sein Jurastudium abgeschlossen, doch zum Leidwesen seines inzwischen verstorbenen Vaters beschränkte sich die geplante Anwaltskarriere auf ein kurzes Praktikum bei einem angesehenen Rechtsanwalt in Coimbra, aus dem er erschöpft und von seiner vermeintlichen Berufung für immer geheilt hervorging. Er kehrte ins vertraute Lissabon zurück, wo er verschiedenen Tätigkeiten nachging, bis er vom Vater die Stellung des Haupteigners der Schifffahrtsgesellschaft Insular übernahm: drei Schiffe von jeweils rund zwölftausend Registertonnen, die zwischen der Insel Madeira und den Kanaren, den Azoren und den Kapverdischen Inseln Frachtgut und Passagiere beförderten. Die Büroräume der Companhia Insular befanden sich in einem Gebäude am Ende der Rua do Alecrim. Die fünfunddreißig Angestellten waren über die vier Stockwerke des im pombalinischen Stil errichteten Hauses verteilt, und Luís Bernardo selbst saß in einem weitläufigen Saal mit Blick auf den Tejo, welchen er tage-, monate- und jahrelang mit der Aufmerksamkeit eines Leuchtturmwärters beobachtete. Anfangs hatte er sich eingebildet, von dort aus eine atlantische Flotte und gleichsam einen Teil der Weltgeschichte zu kontrollieren: Gingen Telegramme oder Funksprüche seiner einzigen drei Schiffe ein, so versicherte er sich umgehend ihrer aktuellen Position, indem er kleine Fähnchen in eine riesige, die gesamte hintere Wand bedeckende Landkarte der Westküste Europas und Afrikas steckte. Doch mit der Zeit ließ sein Interesse am jeweiligen Aufenthaltsort von Catalina, Catarina und Catavento nach, und er steckte keine Fähnchen mehr in die Landkarte, obgleich er weiterhin gewissenhaft zu den Abfahrten und Ankünften der Schiffe an der Rocha Conde de Óbidos, dem Hafen von Lissabon, erschien. Nur ein einziges Mal war er, vielleicht aus Entdeckerlaune, vielleicht aber auch nur aus beruflichen Gründen, auf einem seiner Schiffe mitgereist: nach Mindelo auf São Vicente und von dort wieder zurück. Es war eine stürmische, wenig komfortable Reise gewesen, an einen Ort, der ihm trostlos und für einen Europäer seiner Zeit völlig uninteressant erschien. Man erklärte ihm, dies sei nicht das eigentliche Afrika, eher ein Stück ins Meer gefallener Mond, doch er verspürte keinerlei Bedürfnis, darüber hinaus dieses Afrika, von dem man ihm stets so begeistert berichtet hatte, näher kennen zu lernen.
Er hatte sich dauerhaft in seinem Büro in der Rua do Alecrim und seinem Haus in Santos eingerichtet, wo er mit einer alten, von den Eltern übernommenen Gouvernante lebte, die regelmäßig die Meinung kundtat, der junge Herr müsse heiraten. Daneben gab es eine Küchenhilfe, ein Mädchen aus der Provinz, Beira Baixa, das hässlich wie die Nacht war. Zu Mittag aß er stets in seinem alten Club am Chiado, zu Abend im Bragança, im Grémio oder gemütlich zu Hause. Anschließend spielte er mit Freunden Karten oder machte Pflichtbesuche bei den Familien der besseren Gesellschaft. Gelegentlich ging er auch ins São Carlos oder zu Festivitäten im Turf oder Jockey. Er hatte gute Beziehungen, war geistreich, intelligent und unterhaltsam. Seine große Leidenschaft war die politische Entwicklung der Welt, welche er mit Hilfe der Abonnements einer englischen und einer französischen Zeitung verfolgte. Er sprach auch beide Sprachen fließend, was im Lissabon seiner Zeit keineswegs selbsterständlich war. Die Kolonialfrage interessierte ihn besonders. Er hatte alles über die Konferenz von Berlin gelesen, und als die Überseekolonien Gegenstand leidenschaftlicher öffentlicher Diskussionen wurden, veröffentlichte er zwei Artikel in O Mundo, die ihrer ungewohnt nüchternen und neutralen Analyse wegen viel zitiert wurden, zumal in einer Zeit wütend patriotischer und antimonarchistischer Stimmung, die sich mit der scheinbaren Nachgiebigkeit von König Dom Carlos nicht abfinden wollte. Luís Bernardo vertrat einen modernen, wirtschaftlich denkenden Kolonialismus, dessen Ziel die effiziente Nutzung derjenigen Ressourcen sein sollte, die Portugal tatsächlich gebrauchen konnte, und zwar mit Hilfe von eigens für Aktivitäten in Afrika ausgerüsteten Unternehmen, zu deren Führung Professionalität und "zivilisierte Geisteshaltung" vonnöten waren. Keinesfalls dürften sie dagegen weiterhin "dem Willen von Menschen unterworfen sein, die sich, weil sie hier nichts gelten, dort wie Negerhäuptlinge aufführen, ja schlimmer noch als diese, keineswegs jedoch wie Europäer im Dienste ihres Landes und Vertreter der Zivilisation des Fortschritts".
Seine Artikel wurden Gegenstand hitziger Diskussionen zwischen "Europäern" und "Afrikanisten", und der Ruhm, den sie ihm einbrachten, verleitete ihn dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen. In einer kleinen Publikation stellte er die Zahlen des Importhandels mit den afrikanischen Kolonien der letzten zehn Jahre zusammen, um seine These zu untermauern, dieser Handel sei im europäischen Vergleich unbedeutend, unzureichend für die Bedürfnisse des Landes und folglich eine systematische Verschwendung der Möglichkeiten, die eine rationale, intelligente Nutzung der kolonialen Reichtümer biete. "Es genügt nicht, vor der Welt zu verkünden, dass man ein Imperium besitzt", schloss er, "man muss auch erklären, warum man verdient hat, es zu besitzen und zu behalten." Die darauf folgende Debatte war heftig und leidenschaftlich, und die Gegenseite konterte mit einem Artikel in der Zeitung Clarim, in dem der "Afrikanist" Quintela Ribeiro, Besitzer riesiger Farmen in Moçâmedes, die Frage stellte: "Was weiß dieser studierte Valença schon von Afrika?" Der Beitrag endete damit, dass der Autor Luís Bernardos Formulierung umkehrte: "Es genügt nicht, der Welt zu verkünden, wie dieser Valença, dass man einen Kopf besitzt. Man muss auch erklären, warum man verdient hat, ihn zu besitzen und zu behalten."
Der Ausspruch Quintelas und die öffentliche Diskussion, die Luís Bernardos Artikel ausgelöst hatten, wurden für Letzteren zu einer Art Visitenkarte: Ein Großteil der Bewohner Lissabons hielt es von Stund an für reine Verschwendung, dass ein Mann seines Alters, mit seinen Fähigkeiten, seiner Intelligenz und Bildung, die besten Jahre seines Lebens damit vergeudete, aus einem Fenster auf den Tejo zu blicken oder auf der Suche nach amourösen Abenteuern durch die Stadt zu streifen.
All dies lag bereits einige Monate zurück. Luís Bernardo hatte, nicht ohne Erleichterung, sein friedliches Alltagsleben wieder aufgenommen: Die Unannehmlichkeit, im Mittelpunkt einer öffentlichen Auseinandersetzung zu stehen, wurde durch den daraus resultierenden Ruhm nicht aufgewogen; der schlug sich in vermehrten abendlichen Essenseinladungen nieder, bei denen Luís Bernardo unweigerlich törichte Ansichten zur Überseefrage anhören musste, die stets mit der gleichen Frage endeten: "Und Sie, Valença, wie denken Sie darüber?"
Im Augenblick dachte Luís Bernardo an die merkwürdige Einladung, die der König ihm über seinen Privatsekretär, den Grafen von Arnoso, hatte zukommen lassen: Er sollte an diesem Donnerstag im Palast von Vila Viçosa zum Mittagessen erscheinen. Bernardo de Pindela, der Graf von Arnoso, hatte ihn überraschend im Büro aufgesucht und ihm mit den folgenden Worten eigenhändig die Einladung übergeben: "Sie werden verstehen, mein Teuerster, dass ich Ihnen nicht verraten darf, was der König Ihnen zu sagen hat. Die Angelegenheit ist wichtig, und der König bittet darum, Stillschweigen über das Treffen zu bewahren. Im Übrigen werden Sie sehen, wie gut es Ihnen tun wird, einmal aus der Lissabonner Atmosphäre herauszukommen und einen Ausflug nach Vila Viçosa zu unternehmen, zumal ich Ihnen versichern kann, dass man dort hervorragend speist."
Und da war er also auf dem Weg zum Palast der Braganças, inmitten dieses Nichts, das sich Alentejo nannte, wo der ehrwürdige Dom Carlos Jahr für Jahr die beste Zeit des Herbstes und des Winters mit Jagen zubrachte und sich, wie die republikanischen Zungen der Hauptstadt behaupteten, von den wenigen verhassten Momenten erholte, in denen er sich um Regierungsangelegenheiten hatte kümmern müssen. Luís Bernardo und der König waren fast gleichaltrig, doch anders als dieser war Luís Bernardo schlank und elegant und kleidete sich mit der nur auf den ersten Blick nachlässigen Schlichtheit, die den echten gentleman auszeichnet. Dom Carlos von Bragança wirkte dagegen wie ein Bauerntölpel in königlichem Gewand, während Luís Bernardo ein Prinz hätte sein können, der sich als Bürger verkleidet hat. Alles an seinem Auftreten verriet seine Einstellung zum Leben: Er legte Wert auf sein Äußeres, aber doch nie so sehr, dass es unangenehm gewesen wäre; er wusste, was gerade Mode, was aktuell war, und doch vertrat er stets einen eigenen Standpunkt; nicht beachtet zu werden war für ihn ein Grund zur Beunruhigung, zu sehr aufzufallen war ihm zuwider. Seine Stärke war es, keine allzu großen Ambitionen zu hegen, seine Schwäche, dass er vermutlich gar keine hatte. Und dennoch, wenn er sich selbst mit kritischer Distanz betrachtete, erkannte Luís Bernardo, ohne übermäßig eitel zu sein, dass er seinen Mitmenschen in mehr als einer Hinsicht überlegen war: Er war besser erzogen als die direkt unter ihm und intelligenter, gebildeter und weniger oberflächlich als die über ihm Stehenden. Und so waren die Jahre verflogen, und mit ihnen seine Jugend. In der Liebe erging es ihm wie im Leben: Die Frauen, die er wirklich unwiderstehlich fand, erschienen ihm stets unerreichbar, und die verfügbaren blieben allesamt enttäuschend. Einmal war er verlobt gewesen, mit einer ziemlich jungen, hübschen und wohlhabenden Dame mit betörendem Jungmädchenbusen, der aus ihrem Dekolleté hervorsah und seinen Blick fesselte. Zweimal hatte er ihn gestreichelt, die Nase darin versinken lassen, ihn entblößt, um ihn ohne jede Scham eingehender Betrachtung zu unterziehen. Er hatte ihr sogar einen Verlobungsring offeriert, und Tante Guiomar, die gelegentlich die Mutterrolle übernahm, hatte mit dem vermeintlichen Schwiegervater bereits den Termin festgesetzt. Doch letztlich hatte sich die Ungebildetheit der Braut als unüberwindliches Hindernis erwiesen. Sie verwechselte Berlin mit Wien und glaubte, Frankreich sei noch immer eine Monarchie. Er stellte sich all die Jahre an der Seite dieses Turteltaubenbrüstchens vor, die Eintönigkeit der langen Abende, die Geistlosigkeit der Unterhaltungen, die Völlerei bei den sonntäglichen Mittagessen im Hause des Schwiegervaters, und machte dann im voll besetzten Grémio einen Rückzieher, ohne Glanz und Eleganz, wüst beschimpft vom Vater der Braut. Auf Zehenspitzen stahl er sich fort, gepeinigt und doch erleichtert, und dachte zu Recht, mit zwei Wochen übler Nachrede wäre alles abgetan und er hätte erneut sein ganzes Leben vor sich. Weitere Bemühungen darum, was man gemeinhin "ein Leben zu zweit" nennt, ließ er dann bleiben.
Dort in dem Zug nach Vila Viçosa dankte er dem Schicksal, dass er alleinstehend und Herr über sein Leben war. Er streckte die langen Beine aus, entnahm seinem Jackett ein silbernes Zigarettenetui, zog eine schlanke Azoren-Zigarette heraus, suchte in seiner Westentasche nach Streichhölzern und zündete die Zigarette an, deren Rauch er langsam und genüsslich einsog. Er war ein freier Mann: keine Ehe, ohne Parteibuch, hatte weder Schulden noch Kredite, kein Vermögen, aber auch keine Geldsorgen, neigte nicht zur Oberflächlichkeit und ließ sich ebenso wenig zum Exzess verleiten. Was auch immer der König ihm zu sagen, ihm vorzuschlagen, zu befehlen hätte, das letzte Wort würde stets er selbst behalten. Wie viele Menschen gab es, die das von sich behaupten konnten?
An diesem Abend zum Beispiel fand das wöchentliche Diner mit seinen Freunden im Hotel Central statt. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Männern zwischen dreißig und fünfzig, die sich jeden Donnerstagabend trafen, um die exquisite Küche des Central zu genießen und Neuigkeiten aus aller Welt zu diskutieren. In Luís Bernardos Augen ein Ritual unter Männern: ernsthafte, doch keineswegs langweilige, sorglose, doch keineswegs leichtfertige Männer.
An diesem Abend gab es jedoch einen ganz besonderen Grund, auf das Abendessen gespannt zu sein, weshalb er auch für die Rückfahrt einen Platz im Fünf-Uhr-Zug reserviert hatte, in der Hoffnung, die übliche Verspätung werde ihn nicht daran hindern, pünktlich im Central anzukommen. Luís Bernardo hoffte nämlich, dass João Forjaz, Mitglied der Donnerstagsgruppe und sein alter Freund aus Schulzeiten, ihm eine Nachricht von dessen Cousine Matilde überbringen werde. Er hatte Matilde diesen Sommer in Ericeira auf einer Abendgesellschaft im Haus gemeinsamer Freunde kennen gelernt, in einer Mondnacht wie aus einem Liebesroman. Als er Matilde im Salon an Joãos Arm auf sich zukommen sah, hatte er ein leises Zittern verspürt, eine Vorahnung drohender Gefahr.
"Luís, das ist meine Cousine Matilde, von der ich dir bereits erzählt habe. Das ist Luís Bernardo Valença, der skeptischste Geist meiner Generation."
Matilde lachte über die Bemerkung und blickte Luís Bernardo direkt in die Augen. Sie war fast so groß wie er, der selbst recht groß war, aber ihr Lächeln und ihre Gesten waren die eines Mädchens. Nicht älter als sechsundzwanzig, dachte er. Und doch war sie bereits Mutter und verheiratet - das wusste
er. Er wusste auch, dass ihr Mann in Lissabon arbeitete, während sie mit den beiden Kindern die Ferien in Ericeira verbrachte. Er beugte sich vor und küsste die dargereichte Hand. Er liebte es, die Hände zu betrachten, die er küsste: Ihre Hand hatte lange, schlanke Finger, und genau darauf platzierte er seinen Kuss, der ein wenig länger war, als die Höflichkeit es gebot.
Er hob den Blick, und sie sah ihn noch immer an. Dann lächelte sie erneut.
"Was bedeutet skeptischer Geist? Heißt das ein müder Geist?"
João antwortete für ihn und gab das Stichwort.
"Luís und müde? Nein, es gibt Dinge, die ermüden ihn nie, nicht wahr, Luís?"
"Das stimmt. Zum Beispiel werde ich niemals müde, eine schöne Frau zu betrachten."
Das klang nicht wie ein Kompliment, sondern eher wie der Beginn von Feindseligkeiten. Ein peinliches Schweigen stellte sich ein, das João nutzte, um sich zurückzuziehen.
"Na schön, vorgestellt seid ihr jetzt. Dann könnt ihr ja das mit dem Skeptiker klären, während ich etwas zu trinken besorge. Aber Vorsicht, meine liebe Cousine, ich weiß nicht, ob dieser wandelnde Skeptiker in den Augen der Gesellschaft der richtige Umgang für dich ist. Ich komme jedenfalls gleich wieder, lasse euch nicht alleine in dieser misslichen Lage."
Sie sah ihm nach, während er verschwand, und trotz ihrer gespielten Sicherheit glaubte Luís Bernardo plötzlich einen kaum merklichen Schatten in ihrem Blick zu entdecken, eine leise Besorgnis in der Stimme, als sie sich an ihn wandte.
"Ist das eine missliche Lage?"
Luís Bernardo hatte das Gefühl, sich unpassend verhalten, sie mit seinem Satz über die schönen Frauen erschreckt zu haben. Daher antwortete er sanft: "Bestimmt nicht. Für mich jedenfalls nicht, und ich sehe auch nicht, warum es für Sie anders sein sollte. Sie kennen mich natürlich nicht, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht mit der Absicht durchs Leben gehe, anderen Menschen Böses anzutun." Diese Erklärung klang so aufrichtig, dass sie sich offensichtlich sofort entspannte.
"Dann ist's gut. Aber sagen Sie mir doch, nur aus Neugier, warum glaubt mein Cousin, Sie könnten nicht der richtige Umgang für mich sein?""In den Augen der Gesellschaft, hat er gesagt. Und wie Sie wissen, sind die Augen der Gesellschaft niemals unschuldig, selbst wenn das, was sie sehen, von Grund auf unschuldig ist. In diesem konkreten Fall nehme ich an, dass das Unschickliche schlicht und einfach die Tatsache ist, dass Sie verheiratet sind und ich ledig bin und wir hier beisammen sind und uns in einer so wunderschönen Nacht wie dieser unterhalten."
Er war siebenunddreißig Jahre alt, Junggeselle und in dem Maße unsolide, wie die Umstände und seine Herkunft es ihm erlaubten - ein paar Chorsängerinnen und Tänzerinnen mit entsprechendem Ruf, gelegentlich eine Verkäuferin aus der Baixa, zwei, drei tugendhafte verheiratete Damen der besseren Gesellschaft sowie eine viel gerühmte und ebenso umstrittene deutsche Sopranistin, die drei Monate im São Carlos gastiert hatte; allerdings war er wohl nicht deren einziger Freier gewesen. Kurz, er war ein Mann, der sich gern den Frauen hingab, aber ebenso sehr auch der Melancholie.
Mit zweiundzwanzig hatte er in Coimbra sein Jurastudium abgeschlossen, doch zum Leidwesen seines inzwischen verstorbenen Vaters beschränkte sich die geplante Anwaltskarriere auf ein kurzes Praktikum bei einem angesehenen Rechtsanwalt in Coimbra, aus dem er erschöpft und von seiner vermeintlichen Berufung für immer geheilt hervorging. Er kehrte ins vertraute Lissabon zurück, wo er verschiedenen Tätigkeiten nachging, bis er vom Vater die Stellung des Haupteigners der Schifffahrtsgesellschaft Insular übernahm: drei Schiffe von jeweils rund zwölftausend Registertonnen, die zwischen der Insel Madeira und den Kanaren, den Azoren und den Kapverdischen Inseln Frachtgut und Passagiere beförderten. Die Büroräume der Companhia Insular befanden sich in einem Gebäude am Ende der Rua do Alecrim. Die fünfunddreißig Angestellten waren über die vier Stockwerke des im pombalinischen Stil errichteten Hauses verteilt, und Luís Bernardo selbst saß in einem weitläufigen Saal mit Blick auf den Tejo, welchen er tage-, monate- und jahrelang mit der Aufmerksamkeit eines Leuchtturmwärters beobachtete. Anfangs hatte er sich eingebildet, von dort aus eine atlantische Flotte und gleichsam einen Teil der Weltgeschichte zu kontrollieren: Gingen Telegramme oder Funksprüche seiner einzigen drei Schiffe ein, so versicherte er sich umgehend ihrer aktuellen Position, indem er kleine Fähnchen in eine riesige, die gesamte hintere Wand bedeckende Landkarte der Westküste Europas und Afrikas steckte. Doch mit der Zeit ließ sein Interesse am jeweiligen Aufenthaltsort von Catalina, Catarina und Catavento nach, und er steckte keine Fähnchen mehr in die Landkarte, obgleich er weiterhin gewissenhaft zu den Abfahrten und Ankünften der Schiffe an der Rocha Conde de Óbidos, dem Hafen von Lissabon, erschien. Nur ein einziges Mal war er, vielleicht aus Entdeckerlaune, vielleicht aber auch nur aus beruflichen Gründen, auf einem seiner Schiffe mitgereist: nach Mindelo auf São Vicente und von dort wieder zurück. Es war eine stürmische, wenig komfortable Reise gewesen, an einen Ort, der ihm trostlos und für einen Europäer seiner Zeit völlig uninteressant erschien. Man erklärte ihm, dies sei nicht das eigentliche Afrika, eher ein Stück ins Meer gefallener Mond, doch er verspürte keinerlei Bedürfnis, darüber hinaus dieses Afrika, von dem man ihm stets so begeistert berichtet hatte, näher kennen zu lernen.
Er hatte sich dauerhaft in seinem Büro in der Rua do Alecrim und seinem Haus in Santos eingerichtet, wo er mit einer alten, von den Eltern übernommenen Gouvernante lebte, die regelmäßig die Meinung kundtat, der junge Herr müsse heiraten. Daneben gab es eine Küchenhilfe, ein Mädchen aus der Provinz, Beira Baixa, das hässlich wie die Nacht war. Zu Mittag aß er stets in seinem alten Club am Chiado, zu Abend im Bragança, im Grémio oder gemütlich zu Hause. Anschließend spielte er mit Freunden Karten oder machte Pflichtbesuche bei den Familien der besseren Gesellschaft. Gelegentlich ging er auch ins São Carlos oder zu Festivitäten im Turf oder Jockey. Er hatte gute Beziehungen, war geistreich, intelligent und unterhaltsam. Seine große Leidenschaft war die politische Entwicklung der Welt, welche er mit Hilfe der Abonnements einer englischen und einer französischen Zeitung verfolgte. Er sprach auch beide Sprachen fließend, was im Lissabon seiner Zeit keineswegs selbsterständlich war. Die Kolonialfrage interessierte ihn besonders. Er hatte alles über die Konferenz von Berlin gelesen, und als die Überseekolonien Gegenstand leidenschaftlicher öffentlicher Diskussionen wurden, veröffentlichte er zwei Artikel in O Mundo, die ihrer ungewohnt nüchternen und neutralen Analyse wegen viel zitiert wurden, zumal in einer Zeit wütend patriotischer und antimonarchistischer Stimmung, die sich mit der scheinbaren Nachgiebigkeit von König Dom Carlos nicht abfinden wollte. Luís Bernardo vertrat einen modernen, wirtschaftlich denkenden Kolonialismus, dessen Ziel die effiziente Nutzung derjenigen Ressourcen sein sollte, die Portugal tatsächlich gebrauchen konnte, und zwar mit Hilfe von eigens für Aktivitäten in Afrika ausgerüsteten Unternehmen, zu deren Führung Professionalität und "zivilisierte Geisteshaltung" vonnöten waren. Keinesfalls dürften sie dagegen weiterhin "dem Willen von Menschen unterworfen sein, die sich, weil sie hier nichts gelten, dort wie Negerhäuptlinge aufführen, ja schlimmer noch als diese, keineswegs jedoch wie Europäer im Dienste ihres Landes und Vertreter der Zivilisation des Fortschritts".
Seine Artikel wurden Gegenstand hitziger Diskussionen zwischen "Europäern" und "Afrikanisten", und der Ruhm, den sie ihm einbrachten, verleitete ihn dazu, noch einen Schritt weiter zu gehen. In einer kleinen Publikation stellte er die Zahlen des Importhandels mit den afrikanischen Kolonien der letzten zehn Jahre zusammen, um seine These zu untermauern, dieser Handel sei im europäischen Vergleich unbedeutend, unzureichend für die Bedürfnisse des Landes und folglich eine systematische Verschwendung der Möglichkeiten, die eine rationale, intelligente Nutzung der kolonialen Reichtümer biete. "Es genügt nicht, vor der Welt zu verkünden, dass man ein Imperium besitzt", schloss er, "man muss auch erklären, warum man verdient hat, es zu besitzen und zu behalten." Die darauf folgende Debatte war heftig und leidenschaftlich, und die Gegenseite konterte mit einem Artikel in der Zeitung Clarim, in dem der "Afrikanist" Quintela Ribeiro, Besitzer riesiger Farmen in Moçâmedes, die Frage stellte: "Was weiß dieser studierte Valença schon von Afrika?" Der Beitrag endete damit, dass der Autor Luís Bernardos Formulierung umkehrte: "Es genügt nicht, der Welt zu verkünden, wie dieser Valença, dass man einen Kopf besitzt. Man muss auch erklären, warum man verdient hat, ihn zu besitzen und zu behalten."
Der Ausspruch Quintelas und die öffentliche Diskussion, die Luís Bernardos Artikel ausgelöst hatten, wurden für Letzteren zu einer Art Visitenkarte: Ein Großteil der Bewohner Lissabons hielt es von Stund an für reine Verschwendung, dass ein Mann seines Alters, mit seinen Fähigkeiten, seiner Intelligenz und Bildung, die besten Jahre seines Lebens damit vergeudete, aus einem Fenster auf den Tejo zu blicken oder auf der Suche nach amourösen Abenteuern durch die Stadt zu streifen.
All dies lag bereits einige Monate zurück. Luís Bernardo hatte, nicht ohne Erleichterung, sein friedliches Alltagsleben wieder aufgenommen: Die Unannehmlichkeit, im Mittelpunkt einer öffentlichen Auseinandersetzung zu stehen, wurde durch den daraus resultierenden Ruhm nicht aufgewogen; der schlug sich in vermehrten abendlichen Essenseinladungen nieder, bei denen Luís Bernardo unweigerlich törichte Ansichten zur Überseefrage anhören musste, die stets mit der gleichen Frage endeten: "Und Sie, Valença, wie denken Sie darüber?"
Im Augenblick dachte Luís Bernardo an die merkwürdige Einladung, die der König ihm über seinen Privatsekretär, den Grafen von Arnoso, hatte zukommen lassen: Er sollte an diesem Donnerstag im Palast von Vila Viçosa zum Mittagessen erscheinen. Bernardo de Pindela, der Graf von Arnoso, hatte ihn überraschend im Büro aufgesucht und ihm mit den folgenden Worten eigenhändig die Einladung übergeben: "Sie werden verstehen, mein Teuerster, dass ich Ihnen nicht verraten darf, was der König Ihnen zu sagen hat. Die Angelegenheit ist wichtig, und der König bittet darum, Stillschweigen über das Treffen zu bewahren. Im Übrigen werden Sie sehen, wie gut es Ihnen tun wird, einmal aus der Lissabonner Atmosphäre herauszukommen und einen Ausflug nach Vila Viçosa zu unternehmen, zumal ich Ihnen versichern kann, dass man dort hervorragend speist."
Und da war er also auf dem Weg zum Palast der Braganças, inmitten dieses Nichts, das sich Alentejo nannte, wo der ehrwürdige Dom Carlos Jahr für Jahr die beste Zeit des Herbstes und des Winters mit Jagen zubrachte und sich, wie die republikanischen Zungen der Hauptstadt behaupteten, von den wenigen verhassten Momenten erholte, in denen er sich um Regierungsangelegenheiten hatte kümmern müssen. Luís Bernardo und der König waren fast gleichaltrig, doch anders als dieser war Luís Bernardo schlank und elegant und kleidete sich mit der nur auf den ersten Blick nachlässigen Schlichtheit, die den echten gentleman auszeichnet. Dom Carlos von Bragança wirkte dagegen wie ein Bauerntölpel in königlichem Gewand, während Luís Bernardo ein Prinz hätte sein können, der sich als Bürger verkleidet hat. Alles an seinem Auftreten verriet seine Einstellung zum Leben: Er legte Wert auf sein Äußeres, aber doch nie so sehr, dass es unangenehm gewesen wäre; er wusste, was gerade Mode, was aktuell war, und doch vertrat er stets einen eigenen Standpunkt; nicht beachtet zu werden war für ihn ein Grund zur Beunruhigung, zu sehr aufzufallen war ihm zuwider. Seine Stärke war es, keine allzu großen Ambitionen zu hegen, seine Schwäche, dass er vermutlich gar keine hatte. Und dennoch, wenn er sich selbst mit kritischer Distanz betrachtete, erkannte Luís Bernardo, ohne übermäßig eitel zu sein, dass er seinen Mitmenschen in mehr als einer Hinsicht überlegen war: Er war besser erzogen als die direkt unter ihm und intelligenter, gebildeter und weniger oberflächlich als die über ihm Stehenden. Und so waren die Jahre verflogen, und mit ihnen seine Jugend. In der Liebe erging es ihm wie im Leben: Die Frauen, die er wirklich unwiderstehlich fand, erschienen ihm stets unerreichbar, und die verfügbaren blieben allesamt enttäuschend. Einmal war er verlobt gewesen, mit einer ziemlich jungen, hübschen und wohlhabenden Dame mit betörendem Jungmädchenbusen, der aus ihrem Dekolleté hervorsah und seinen Blick fesselte. Zweimal hatte er ihn gestreichelt, die Nase darin versinken lassen, ihn entblößt, um ihn ohne jede Scham eingehender Betrachtung zu unterziehen. Er hatte ihr sogar einen Verlobungsring offeriert, und Tante Guiomar, die gelegentlich die Mutterrolle übernahm, hatte mit dem vermeintlichen Schwiegervater bereits den Termin festgesetzt. Doch letztlich hatte sich die Ungebildetheit der Braut als unüberwindliches Hindernis erwiesen. Sie verwechselte Berlin mit Wien und glaubte, Frankreich sei noch immer eine Monarchie. Er stellte sich all die Jahre an der Seite dieses Turteltaubenbrüstchens vor, die Eintönigkeit der langen Abende, die Geistlosigkeit der Unterhaltungen, die Völlerei bei den sonntäglichen Mittagessen im Hause des Schwiegervaters, und machte dann im voll besetzten Grémio einen Rückzieher, ohne Glanz und Eleganz, wüst beschimpft vom Vater der Braut. Auf Zehenspitzen stahl er sich fort, gepeinigt und doch erleichtert, und dachte zu Recht, mit zwei Wochen übler Nachrede wäre alles abgetan und er hätte erneut sein ganzes Leben vor sich. Weitere Bemühungen darum, was man gemeinhin "ein Leben zu zweit" nennt, ließ er dann bleiben.
Dort in dem Zug nach Vila Viçosa dankte er dem Schicksal, dass er alleinstehend und Herr über sein Leben war. Er streckte die langen Beine aus, entnahm seinem Jackett ein silbernes Zigarettenetui, zog eine schlanke Azoren-Zigarette heraus, suchte in seiner Westentasche nach Streichhölzern und zündete die Zigarette an, deren Rauch er langsam und genüsslich einsog. Er war ein freier Mann: keine Ehe, ohne Parteibuch, hatte weder Schulden noch Kredite, kein Vermögen, aber auch keine Geldsorgen, neigte nicht zur Oberflächlichkeit und ließ sich ebenso wenig zum Exzess verleiten. Was auch immer der König ihm zu sagen, ihm vorzuschlagen, zu befehlen hätte, das letzte Wort würde stets er selbst behalten. Wie viele Menschen gab es, die das von sich behaupten konnten?
An diesem Abend zum Beispiel fand das wöchentliche Diner mit seinen Freunden im Hotel Central statt. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Männern zwischen dreißig und fünfzig, die sich jeden Donnerstagabend trafen, um die exquisite Küche des Central zu genießen und Neuigkeiten aus aller Welt zu diskutieren. In Luís Bernardos Augen ein Ritual unter Männern: ernsthafte, doch keineswegs langweilige, sorglose, doch keineswegs leichtfertige Männer.
An diesem Abend gab es jedoch einen ganz besonderen Grund, auf das Abendessen gespannt zu sein, weshalb er auch für die Rückfahrt einen Platz im Fünf-Uhr-Zug reserviert hatte, in der Hoffnung, die übliche Verspätung werde ihn nicht daran hindern, pünktlich im Central anzukommen. Luís Bernardo hoffte nämlich, dass João Forjaz, Mitglied der Donnerstagsgruppe und sein alter Freund aus Schulzeiten, ihm eine Nachricht von dessen Cousine Matilde überbringen werde. Er hatte Matilde diesen Sommer in Ericeira auf einer Abendgesellschaft im Haus gemeinsamer Freunde kennen gelernt, in einer Mondnacht wie aus einem Liebesroman. Als er Matilde im Salon an Joãos Arm auf sich zukommen sah, hatte er ein leises Zittern verspürt, eine Vorahnung drohender Gefahr.
"Luís, das ist meine Cousine Matilde, von der ich dir bereits erzählt habe. Das ist Luís Bernardo Valença, der skeptischste Geist meiner Generation."
Matilde lachte über die Bemerkung und blickte Luís Bernardo direkt in die Augen. Sie war fast so groß wie er, der selbst recht groß war, aber ihr Lächeln und ihre Gesten waren die eines Mädchens. Nicht älter als sechsundzwanzig, dachte er. Und doch war sie bereits Mutter und verheiratet - das wusste
er. Er wusste auch, dass ihr Mann in Lissabon arbeitete, während sie mit den beiden Kindern die Ferien in Ericeira verbrachte. Er beugte sich vor und küsste die dargereichte Hand. Er liebte es, die Hände zu betrachten, die er küsste: Ihre Hand hatte lange, schlanke Finger, und genau darauf platzierte er seinen Kuss, der ein wenig länger war, als die Höflichkeit es gebot.
Er hob den Blick, und sie sah ihn noch immer an. Dann lächelte sie erneut.
"Was bedeutet skeptischer Geist? Heißt das ein müder Geist?"
João antwortete für ihn und gab das Stichwort.
"Luís und müde? Nein, es gibt Dinge, die ermüden ihn nie, nicht wahr, Luís?"
"Das stimmt. Zum Beispiel werde ich niemals müde, eine schöne Frau zu betrachten."
Das klang nicht wie ein Kompliment, sondern eher wie der Beginn von Feindseligkeiten. Ein peinliches Schweigen stellte sich ein, das João nutzte, um sich zurückzuziehen.
"Na schön, vorgestellt seid ihr jetzt. Dann könnt ihr ja das mit dem Skeptiker klären, während ich etwas zu trinken besorge. Aber Vorsicht, meine liebe Cousine, ich weiß nicht, ob dieser wandelnde Skeptiker in den Augen der Gesellschaft der richtige Umgang für dich ist. Ich komme jedenfalls gleich wieder, lasse euch nicht alleine in dieser misslichen Lage."
Sie sah ihm nach, während er verschwand, und trotz ihrer gespielten Sicherheit glaubte Luís Bernardo plötzlich einen kaum merklichen Schatten in ihrem Blick zu entdecken, eine leise Besorgnis in der Stimme, als sie sich an ihn wandte.
"Ist das eine missliche Lage?"
Luís Bernardo hatte das Gefühl, sich unpassend verhalten, sie mit seinem Satz über die schönen Frauen erschreckt zu haben. Daher antwortete er sanft: "Bestimmt nicht. Für mich jedenfalls nicht, und ich sehe auch nicht, warum es für Sie anders sein sollte. Sie kennen mich natürlich nicht, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht mit der Absicht durchs Leben gehe, anderen Menschen Böses anzutun." Diese Erklärung klang so aufrichtig, dass sie sich offensichtlich sofort entspannte.
"Dann ist's gut. Aber sagen Sie mir doch, nur aus Neugier, warum glaubt mein Cousin, Sie könnten nicht der richtige Umgang für mich sein?""In den Augen der Gesellschaft, hat er gesagt. Und wie Sie wissen, sind die Augen der Gesellschaft niemals unschuldig, selbst wenn das, was sie sehen, von Grund auf unschuldig ist. In diesem konkreten Fall nehme ich an, dass das Unschickliche schlicht und einfach die Tatsache ist, dass Sie verheiratet sind und ich ledig bin und wir hier beisammen sind und uns in einer so wunderschönen Nacht wie dieser unterhalten."
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Autoren-Porträt von Miguel Sousa Tavares
Miguel Sousa Tavares, geboren 1952 in Porto, Sohn der bekannten Lyrikerin Sophia de Mello Breyner Andersen, gehört zu den wichtigsten politischen Kommentatoren Portugals.Marianne Gareis, geboren 1957 in Illertissen, lebt als Übersetzerin, u. a. von José Saramago, in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Miguel Sousa Tavares
- 2005, 472 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Gareis, Marianne
- Übersetzer: Marianne Gareis
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570008711
- ISBN-13: 9783570008713
Rezension zu „Am Äquator “
"Eines der Bücher in diesem Jahr, die mich am meisten fasziniert haben."
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