Aus der Reihe gedrängt
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Aus der Reihe gedrängt von Justus Just
LESEPROBE
Pater Konrad wurde mit zwölf weiteren Häftlingen ineinem Arrestwagen nach
München gefahren. Auchder Kooperator Kagerer aus Ried war dabei. Natürlich
bekamen die Häftlingekein Frühstück, nachdem die Fahrt ohne Verzögerung um
fünf Uhr früh losging. In Salzburg wurde ein kurzer Aufenthalt eingelegt.
Ein begleitender Gestapo-Beamter bot den Gefangenen an, auf ihre Rechnung
Lebensmittel an der Reichsautobahn nach Münchenzu kaufen. Konrad lehnte
dieses Angebot dankend ab, denn er glaubte noch immer an die Worte des
Wachpersonals in Linz, das ihm zusicherte, er bekäme in Dachau eine
bekömmliche Verpflegung.
Die Gefangenen kamen in der Mittagsstunde inDachau an. Die Verköstigung
blieb aus; stattdessen ergriff die Angekommenen ein Schauder, als sie die
Lagerinsassen aus der Nähe sahen. Diese trugen an ihren abgemagerten
Körpern erbärmliche Häftlingskleider mit Streifenmuster. Konrad nannte
deshalb die Gefangenen "Zebras". Obendrein waren die Bedauernswerten ohne
Kopfbedeckung der prallen Mittagssonne ausgesetzt, weshalb ihre Gesichter
nahezu schwarz gebrannt waren. Angst und Not hatte ihren Gesichtsausdruck
eigentümlich verformt. Dem Pater Just waren die Köpfe derKZ-Häftlinge wie
Habichtgesichter erschienen, und interessanterweise sahen allegleich aus.
Jeder frische Ankömmling hatte das Gefühl, er befände sich mitten unter
Verbrechern und lichtscheuem Gesindel. Die SS-Aufsicht des
Konzentrationslagers bemühte sich besonders, dass fürAußenstehende dieser
Eindruck bestünde.
Der Empfang der Häftlinge in Dachau war brutal.Pater Konrad war mit guter
Hoffnung nach Dachau gekommen, umso bitterer war sein Erwachen vor der
rauen Wirklichkeit in einem Konzentrationslager.Konrads Gesicht war vom
Schrecken gezeichnet,als seine traurigen Augen Unmenschlichkeit, trostlose
Wachtürme und grässliche Stacheldrahtumzäunungen sahen. Das Auto fuhr die
österreichischen Gefangenen bis zum zweistöckigen Wachhaus der SS, dem
bewachten Durchgang indas Lager, was auch als "Jourhaus"bezeichnet worden
war. Barsch befahl die Wache den Häftlingen, rasch auszusteigen.Konrad
stieg als Letzter aus dem Auto und hörte schon die rauen Töne: "Komm her,
du verfluchter Schlawiner, auf dich haben wirnoch gewartet! So schaust du
aus - ihr Österreicher - ihr ginget uns gerade noch ab, ihrFresser. Was
anderes könnt ihr ja doch nicht. Euch haben wir nochgebraucht." In diesem
Ton ging es in Dachau pausenlos weiter. In Österreich brüllten die
nationalsozialistischen Unentwegten: "Heim ins Reich! Anschluss an
Deutschland! Ein Volk von Brüdern." - Dem Pater Konrad fuhr der verrückte
Gegensatz zu seiner Heimat richtig unter die Haut. In seinem Gedächtnis
tauchten die tolldreisten Erlebnisse in seinerHeimat auf, als Mitbürger
energisch den Anschluss ans Deutsche Reich forderten. Die Österreicher
gaben sich dabei einem wüsten Taumel der Freude hin. Und nun hörte Konrad
die Meinungen der deutschen Nazis überÖsterreich. So dachte Pater Just an
das alte Sprichwort: "Die dümmsten Kälberwählen sich den Metzger selber!"
- Und dasösterreichische Volk hatte es getan.
© Books on Demand
- Autor: Justus Just
- 2014, 2. Auflage, 360 Seiten, Maße: 17 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Books on Demand
- ISBN-10: 3833437588
- ISBN-13: 9783833437588
- Erscheinungsdatum: 21.02.2014
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