Commissaire Mazan und die Erben des Marquis
Die halbalgerische Drogenfahnderin Zadira Matéo wird in ein beschauliches provenzalisches Winzerdorf abgeschoben. Verbittert begegnet sie jedem mit Misstrauen, nur einen herrenlosen schwarzen Kater schließt sie ins Herz. Als die Leiche einer...
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Produktinformationen zu „Commissaire Mazan und die Erben des Marquis “
Klappentext zu „Commissaire Mazan und die Erben des Marquis “
Die halbalgerische Drogenfahnderin Zadira Matéo wird in ein beschauliches provenzalisches Winzerdorf abgeschoben. Verbittert begegnet sie jedem mit Misstrauen, nur einen herrenlosen schwarzen Kater schließt sie ins Herz. Als die Leiche einer jungen Frau auftaucht, wird der Streuner zu ihrem Partner, zu "Commissaire Mazan". Denn er kann dorthin, wo Zadira keinen Zutritt hat, er hört, was niemand wissen darf, und sieht, was geheim bleiben soll.
Lese-Probe zu „Commissaire Mazan und die Erben des Marquis “
Commissaire Mazan und die Erben des Marquis von Jean Bagnol Stunde null
Die Uhr tickte. Zeit verrann. Leben ging seinem Ende entgegen.
So wie bei der jungen Frau, die er beobachtete.
Doch nur er konnte es hören. Nur er konnte es sehen.
Mattia spürte, wie sich der schlafende Engel in seinem Inneren regte, die Flügel entfalten und seinen glühenden Blick erheben wollte. Ganz bestimmt ahnte er, dass sich mit seinem nächsten Erwachen ein Kreis schließen würde. Geburt, Leben und Tod. Doch noch war es nicht so weit. Manchmal spürten die Frauen, welche Kraft in ihm lebte. Nicht wenige fühlten sich davon angezogen. Das amüsierte Mattia. Und es erleichterte sein Vorgehen. Manchmal jedoch spürten sie auch die Gefahr, die von dem dunklen Engel ausging. Das machte dann alles viel schwieriger. Und gerade bei dieser Frau durfte er sich keinen Fehler erlauben. Sie war die wichtigste von allen.
Doch glücklicherweise konnte Mattia sich vollkommen unter Kontrolle halten. Kontrolle war alles. Und der Schlüssel dazu war: richtig zu atmen.
Langsam ließ er die Luft in seine Lungen fließen und wie der ausströmen. Ruhig und gleichmäßig. Mit jedem Atemzug beruhigte sich der Engel in seinem Inneren mehr und sank zurück in seine Schlafhaltung. Mattia wusste, dass er alles im Griff hatte, seine Augen, seine Gesichtsmuskeln, seine Haltung. Für die anderen Menschen war er damit wieder der, der er immer war. Ein Teil von ihm entsprach auch wirklich dem Mann, den sie sahen. Doch das war nicht der Teil, der ihn ausmachte, sondern nur eine Rolle, die er zu spielen hatte. Eine Rolle, der er sich unbemerkt entziehen konnte, indem er sich innerlich von ihr löste und dorthin ging, wo er Zugang zu dem anderen Universum hatte. Dem, in dem der schlafende Engel herrschte.
... mehr
Dort gab es keine Zeit. Alles war gegenwärtig. Das Leben und der Tod. Auch der Tod, der bereits über der jungen Frau schwebte.
Wie in einem kunstvollen Bogen sah er den Weg, den er gegangen war, um sie zu treffen. Die vermeintlichen Zufälle, die sie hier zusammengeführt hatten. Zufälle, an die er nicht wirklich glaubte. Denn seit der Engel zum ersten Mal erwacht war, gab es keine Zufälle mehr. Seitdem war alles Teil einer perfekten Inszenierung von Schicksal und Wille, die sich nun ihrem Höhepunkt näherte.
Der Inszenierung des vollkommenen Schmerzes.
Darum war es diesmal besonders wichtig, dass alles reibungslos ablief.
Vorher galt es allerdings, das Ritual zu vollziehen. So wie er es jedes Mal tat, denn es schnitt dem Bösen eine weitere seiner giftigen Tentakeln ab. Und es würde die junge Frau ablenken und sie nicht ahnen lassen, welche entscheidende Rolle sie in dem großen Theater des Lebens spielen würde. Die Uhr tickte. Zeit verrann. Leben ging seinem Ende entgegen.
1
Das heisere, bissige Röhren des alten Lancia-Rally- Motors zerschnitt die abendliche Ruhe am Mont Ventoux. Der Wagen raste die kurvigen Straßen am Südhang des Berges entlang auf das Dorf Bédoin zu, überholte Feierabendpendler und Hobbyrennradler in engen Hosen. Zadira Matéo riss bei unvermindertem Tempo das Handschuhfach auf, lenkte mit der linken Hand, während sie mit der rechten nach Zigaretten wühlte, ohne die Straße aus den Augen zu lassen. Sie fand die Schachtel, zog mit den Zähnen eine Gauloises heraus.
Ein Radler zeigte ihr den Mittelfinger, als der Lancia an ihm vorbeifegte.
»Trou de balle!«, schimpfte sie zurück.
Sie suchte nach dem Feuerzeug, grub sich ungeduldig tiefer ins Fach, schaufelte einen mit Gummiband umwickelten Stapel Visitenkarten in den Fußraum, einen abgegriffenen Rumi-Gedichtband und drei Bee-Gees-CDs hinter her. Als sie das Einwegfeuerzeug erwischte und die Flamme gierig an den Tabak hielt, sah sie für einen Moment ihre Augen im Rückspiegel.
Merde.
Sie ließ das Feuerzeug sinken. Dann spuckte sie die Zigarette wütend aus. Die Kippe landete auf ihrer sandfarbenen Cargohose, die sie zu einem grauen Trägershirt samt offenem Herrenhemd trug.
»Nicht wegen euch Mistkerlen, ich schwör's euch.«
Zadira Matéo hatte aufgehört zu rauchen. Und zwar an dem Tag, an dem sie es nur knapp geschafft hatte, diesem halbwüchsigen Drogendealer durch das halbe Panier-Viertel nachzulaufen, über Dutzende Treppen und durch steile Gassen. Sie hatte ihn fünf Minuten lang im Polizeigriff auf ein sonnenglühendes Autodach pressen müssen, bis ihr Seitenstechen nachgelassen und sie nicht mehr das Gefühl gehabt hatte, ein Sauerstoffzelt zu brauchen.
Sie würde jetzt nicht wieder mit den Krebsstäbchen anfangen. Oh, nein, nicht wegen dieser Widerlinge, und nicht wegen dir, Javier. Und schon gar nicht wegen Morel. Nicht wegen Mazan und schon gar nicht wegen dem Tod. Diesem Bastard.
Hart schaltete Zadira einen Gang runter. Im Abendlicht überholte sie nun nur noch Radfahrer, die sich rotgesichtig und verbissen die steilen Haarnadelkurven hinauf an Kreuzmalen vorbeiquälten. Jedes Jahr ließen ein Dutzend Freizeitradler bei der Tour-de-France-Auffahrt zum Mont Ventoux, dem »Windberg«, keuchend ihr Leben.
Blut, Tod und Zerstörung.
Manchmal kam es Zadira vor, als teilte sich die Menschheit in zwei Lager der Zerstörungslust. Jene, die am liebsten sich selbst zerstörten. Mit Beziehungen, Extremsport, Drogen. Und die, die zu gern andere zerstörten. Die Mörder. Die Volksfresser. Die Frauenhasser.
Sie dachte an die junge Theaterstudentin, die die Crim, die Kriminalpolizei, heute in Aubignan gefunden hatte. Bäuchlings, die Hände hinter dem Rücken mit einem rauhen Kälberstrick gefesselt. Die Fersen bis zum Po hinauf gebogen und mit den Handfesseln verknotet. Mit diesem Knoten war wiederum ein um den Hals geschlungenes Lederband verbunden gewesen. Es hatte sich tief ins Fleisch eingegraben, eng zusammengezogen, der Studentin die Luft abgeschnürt. Ihr Kopf war weit zurückgebogen, als ob sie so dem Zug, der auf ihrer Kehle lastete, entkommen wollte.
Ihre Haut, so glatt. Die Gesichtszüge markant wie die eines Models. Nackt war sie gewesen, nackt und tot.
Während die Ermittler auf die PTS, die Kriminaltechniker, gewartet hatten, fotografierte einer von Zadiras neuen Crim-Kollegen, ein bulliger Typ mit Bürstenhaarschnitt und einer Unterlippe wie eine Teekannentülle, die gefesselte Frau von hinten mit seinem Fotohandy. Genau zwischen den Beinen. Er zeigte das Foto seinem Kollegen, einem Typen mit roter Nackenwulst.
»Das ist mal 'ne chnek, oder?«, hatte er feixend gemurmelt. Zadira wusste, dass es Foren in den Tiefen des Internets gab, auf denen Polizisten Opferfotos verhökerten, um ihr Gehalt aufzubessern. Als sie den Bürstenkopf angeherrscht hatte, war ihr neuer Dienststellenleiter Commissaire Stéphane Minotte dazwischengegangen.
»Hören Sie auf, Unruhe zu verbreiten und sich in die Angelegenheiten Ihrer Kollegen einzumischen, Lieutenant Matéo«, hatte Minotte ihr zugezischt. »Das ist schon in Marseille nicht gut für Sie ausgegangen.« Für ihren Geschmack sagte er das zu dicht an ihrem Ohr.
Zadira hatte in den drei Wochen seit ihrer Versetzung jeden Tag zu spüren bekommen, dass sie nicht willkommen war. Das war ihr am ersten Tag noch anders vorgekommen. Als sie sich im Commico, im Kommissariat am Boulevard Albin Durand in Carpentras zum Dienst gemeldet hatte, war es Commissaire Stéphane Minotte und dem Polizeichef, Commandante Morel, noch ein Vergnügen gewesen, der Drogenfahnderin Zadira Matéo den Posten im Vaucluser Weinstädtchen Mazan zu übergeben.
Wenig später hatte sie auch herausgefunden warum. Mazan war kein Posten, Mazan war ein Witz.
Sie musste sich ihren Schreibtisch mit dem Dorf-Gendarmen teilen, der eigentlich lieber Weinhändler war und sich trotzig weigerte, ihr einen Schlüssel zur Wache zu geben. Was man in der Provinz für eine Wache hielt: ein Tisch, ein Tresen, ein Handwaschbecken. Nicht einmal eine Zelle für Verdächtige gab es, sondern nur einen Klappsitz mit einem in die Wand eingelassenen Eisenring für die Handschellen.
Da Mazan eine Kriminalitätsrate besaß, die verdächtig gen null strebte, hatte Zadira Polizeichef Morel gebeten, sie bei der Crim, der Kripo, einzusetzen, obgleich sie Drogenfahnderin war. Commandante Morel hatte gelacht und gesagt: »Wenn Sie meinen.« Und so war Zadira in Minottes rein männlicher Abteilung gelandet. Wo jeder der Kollegen sie auf kreative Weise schikanierte. Bei den Teambesprechungen war nie ein Stuhl für sie frei. Ihr Auto wurde regelmäßig zugeparkt. Am Schwarzen Brett wurden demonstrativ Pin-up-Girls in Polizeiklamotten aufgehängt. Zadira hatte früh gelernt, dass in Frankreich vor dem Gesetz nicht alle gleich waren. Schon gar nicht jemand wie sie. Sie war die Tochter eines pied-noir. Halb algerischer, halb französischer Herkunft. Ihr schwarzes Haar, ihr bronzefarbener Teint und ihre auffällig hellen grünen Augen im eher arabisch geschnittenen Gesicht verrieten deutlich die Tuareg-Tochter. Wie oft war sie als junges Mädchen in Marseille von rechtsnationalen Bac, den zutiefst ausländerfeindlichen Spezialtruppen der Polizei, auf der Straße kontrolliert und durchsucht worden? Dass Zadiras Schönheit nicht lieblich, sondern wild, ja beinah gefährlich wirkte, hatte es ihr nicht leichter gemacht.
Deswegen war Zadira zur Polizei gegangen. Um auf Menschen aufzupassen, die anders aussahen. Um dafür zu sorgen, dass es keine Drei-Klassen-Gesetze gab.
Aber jetzt, mit dreiunddreißig Jahren, musste Zadira erkennen, dass sie bis ans Lebensende die Farbe der Verachtung im Gesicht tragen würde. Dass Demütigungen niemals aufhörten.
Der Wagen begann, röhrend die Südflanke des Mont Ventoux zu erklimmen.
Sie war von einem Kriegsgebiet ins nächste abgeschoben worden. Weil sie das falsche Berufsethos besaß. Sie hatte Kollegen erwischt, die ihre Finger im Drogengeschäft hatten. Aber sie hatte nicht wie die anderen den Mund gehalten. Außerdem hatte sie den falschen Mann in ihr Bett gelassen. Attraktiv, erfolgreich, verheiratet. Und, ach ja: Nebenbei war er noch ihr Boss gewesen. Javier Gaspard, der angesehene Chef der Anti-Drogenpolizei. Favorit für die Nachfolge des Polizeipräfekten, ein Mann, der drei Jahre um Zadira gebuhlt hatte. Wahrscheinlich nur, um zu erfahren, was die exotische Polizistin in seiner Einheit wohl unter ihren Männerklamotten trug. Jedenfalls keinen BH, den brauchte Zadira nicht. Das Einzige, was sich die Polizistin an weiblichen Attributen gönnte, war ihr langes Haar, das sie allerdings täglich unter einer ihrer zahllosen Sportkappen verbarg. Javier hatte ihr schwarzes Haar gern gebürstet, sich darin eingehüllt, sie daran näher zu sich herangezogen ...
Zadiras Körper erinnerte sich schmerzhaft deutlich an Javiers wissende Hände. Seinen kosenden Mund. Sie erinnerte sich, wie sicher sie sich bei ihm gefühlt hatte.
Erst war Javier Gaspard nicht mehr ans Handy gegangen. Dann durfte Lieutenant Matéo nicht mehr in sein Büro. Als Nächstes gab es Gerüchte über Zadiras »Verbindungen « ins Milieu, zu den copains und den »großen Brüdern«, wie die Bosse der Jugendbanden und Kleindealer genannt wurden.
»Du musst hier raus«, beschwor Javier Zadira bei einem ihrer letzten Treffen in der La-Major-Kathedrale. »Nur eine Weile, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Vertrau mir.«
Aber Zadira vertraute niemandem, der ihr sagte: Vertrau mir. Sie recherchierte, wer die Gerüchte streute; da hieß es auf einmal, sie ermittle gegen Kollegen.
Javier ließ Zadira versetzen, per Eilbefehl. Weit in den Norden der Provence. Ohne sie zu fragen, und ohne sie zu warnen.
Also Mazan. Fünftausend Einwohner, jede Menge Wein, ein Handballverein mit ruhmreicher, aber lang zurückliegender Vergangenheit. Und ein Sergeant, der die Wache so eifersüchtig verteidigte wie ein Kind seine Sandkuchenförmchen.
Die Bäume neben der Gipfelstraße wurden immer spärlicher. Schließlich hörte der Wald ganz auf.
Jetzt war die Polizistin auf der baumlosen Spitze des Mont Ventoux angekommen, bis auf den kalkweißen Fels vom Mistral saubergepustet, gekrönt von einem viereckigen Observationsturm. Eine karstige Mondlandschaft ohne Schatten.
Als sie ausstieg, zerrte der schreiende Wind an ihrer dünnen Hose und dem Oberhemd. Im Tal hatte sie geschwitzt, aber hier oben, auf fast zweitausend Metern, war es um die zwanzig Grad kühler. Sie holte das Fernglas aus dem Kofferraum.
Zadira fixierte erst das silberne, geschlängelte Band der Rhône und folgte dann mit ihrem Blick langsam ihren Kurven.
Es hieß, vom Windberg aus könne man die Pyrenäen sehen. Und das Meer.
Sie suchte - und fand das Ende Frankreichs.
Und dann sah sie es. Das Meer, das funkelnde, weite Meer. Das dreckige, brutale, das geliebte Marseille. Da irgendwo war es mal gewesen. Ihr Leben.
Es war so fern!
Die Lider an die Okulare des Fernglases gepresst, schluchzte Zadira Camille Matéo leise. Sie schluchzte, ohne zu weinen.
Nach einer halben Stunde war sie erschöpft. Zurück blieb ein warmer Schmerz von Leere.
Der Tag übergab die Stunden der Nacht, und über dem Vaucluse begann die Luft in Gold und Rosa zu zittern. Der Sonnenuntergang färbte das Land intensiver, als Zadira es von Marseille gewohnt war - dort bemerkte man den Übergang von Tag zu Nacht nur daran, dass die endlosen Reihen von Straßenlampen aufflammten. Hier jedoch, über den Bergen und den zwischen Felsen und Reben hingeworfenen Dörfern, brannten die Wolken, hier glühte das Land in tausend Farben.
Zadira ließ sich Zeit, in der blauschwarzen Dämmerung nach Mazan zurückzufahren. Sie ließ die Fenster offen, und der Fahrtwind trieb ihr die Gerüche der provenzalischen Berglandschaft in den Wagen. Thymian und Flusswasser. Der fleischige, sinnliche Duft der Trüffel. Sogar den Geruch von Nadelwaldboden und süßem Kuchenteig konnte sie wahrnehmen. Marseille roch meist nach Abgasen, Kardamom und Blut.
Was, wenn sie bei der nächsten Kurve einfach geradeaus fuhr? Wäre das nicht eine berechtigte Abkürzung?
Ach, Saddie. Wer abkürzt, trifft nur schneller auf den Tod.
Sie dachte an die Worte ihres Vaters. Er hatte sie Saddie genannt. Seine Abkürzung war eine verirrte Bac-Pistolenkugel gewesen, bei einer Straßenschießerei im Panier-Viertel. Zadira hielt die Luft an und schaltete bei unvermindertem Tempo die Schweinwerfer aus.
Ich komme, papa. Ich komme.
Es war, als würde sie unter Wasser dahinschießen. Ein U-Boot, allein, geräuschlos und in stiller Wut. Sie wartete, dass sie gegen einen Baum prallte. Sie wartete, dass sie über den Rand der Welt hinausflog.
Verdammt, nein!
In einem wilden Impuls bäumte sich ihr Lebenswille auf. Nicht wegen dieser Dreckskerle. Zadira stieß die angehaltene Luft aus, schaltete die Scheinwerfer wieder ein.
Sie brauchte dringend etwas zu trinken.
Zadira hatte die Bars in Mazan bisher gemieden. Aber jetzt sah das Café Lou Càrri gegenüber dem Altstadtring aus wie eine der kreolischen Bars im Noailles-Viertel von Marseille.
Zadira hielt auf dem Parkplatz vor der Apotheke und stieg aus. Sie hörte Livemusik. 70er- und 80er-Jahre-Songs, die Bee Gees, Bob Marley.
Wenig später drängte sich Zadira zwischen den Zuhörern zum Tresen durch. Auf dem Weg grüßte sie mit einem Nicken Mazans einzigen Engländer, Jeffrey Spencer. Sie war ihm auf dem Wochenmarkt vor dem Rathaus begegnet, und er hatte sie am Melonenstand in ein Gespräch verwickelt. Heute im Lou Càrri trug der Mittvierziger ein lila-weiß kariertes Oberhemd zu einer grünen Leinenhose mit Bügelfalte. Zadira stand zwar nicht auf Prinz-Harry-Typen mit Hugh-Grant-Lächeln, aber sie mochte Jeffreys Humor. Spencer hatte ihr bei ihrem Melonen-Gespräch erzählt, sein Kater Oscar sei eine Reinkarnation von Oscar Wilde.
Zadira bestellte Gin Tonic. Der Barmann, der sich als Jean-Luc vorstellte, servierte ihr ein Schälchen schwarze schrumpelige Oliven dazu. Sie schmeckten köstlich.
Wieder schaute Zadira zu der dreiköpfigen Band. Der junge Sänger mit den Piratenaugen lächelte ihr zu.
Viel zu jung.
Dennoch gefiel er ihr. Als hätte der Gedanke an den Tod ihre Lust aktiviert. Für einen Moment stellte sie sich vor, mit ihm zu schlafen. Und aufzuwachen. In ihrer Dachwohnung gegenüber der Kirche von Mazan, die Zadira sich weigerte, mit mehr als einer Matratze, einem Küchentisch und zwei Stühlen einzurichten. Vom Küchenfenster aus konnte sie Weinberge und den Mont Ventoux sehen. Sie nahm einen tiefen Schluck von ihrem Gin Tonic.
Non. Keine Experimente mehr mit Männern.
Während die Band »Stayin' Alive« spielte, bemerkte Zadira im breiten Spiegel über dem Tresen den Mann im teuren Anzug, der auf der anderen Seite des Raumes saß. Er beobachtete sie. Mit kühlem, nachtschwarzem Blick. Sein markantes Cäsarengesicht erinnerte sie flüchtig an Jeremy Irons.
Seine Körperhaltung war selbstbewusst. Ein reicher Mann, das war ihm anzusehen. Ebenso dass er es gewohnt war, Entscheidungen zu treffen und Menschen wie Schachfiguren hierhin, dorthin, in den Abgrund zu schieben. Ein Machtmensch.
Dreißig Jahre auf den Straßen von Marseille, fünfzehn davon als Polizistin, hatten Zadira gelehrt, in Menschen zu lesen. Alles, was ihnen wichtig war, schlug sich in ihrer Mimik, ihren Gesten nieder, die unkontrollierbar waren. In ihrer Körperhaltung und ihrem Auftreten, in ihrer Gewohnheit, zu schauen, zu gehen, ja, sogar zu schlucken. Zadira war gut darin, diese Details zu entschlüsseln.
So wie bei Gaspard, ja? Da hast du das machthungrige Tier auch schon von weitem erkannt. Und wieder weggeschaut.
Sie nahm einen zweiten Schluck. Sie erkannte bei dem Jeremy- Irons-Typ einen bestimmten Blick. Er erinnerte Zadira an die macs, die Luden vor den klebrigen Bars auf dem Boulevard de la Pomme, die sich bei Pastis und Kartenspiel mit ihren Pferdchen goldene Hoden verdienen wollten. Stets auf der Suche nach Frischfleisch. Mehr als einmal hatte ihr ein mac angeboten, bei ihm anzufangen, falls es mit der Bullerei nicht mehr klappte.
Aber dieser Kerl im Anzug war anders. Er war ...
Gefährlich.
Ihre Blicke trafen sich im Spiegel.
Zadira spürte ein Seelenbeben, tief in sich.
Und noch etwas anderes. Ein Ziehen. Es war lange her, seit Gaspard sie geliebt hatte.
Keine Experimente, dachte Zadira. Sie wandte sich der Band zu.
2
Er lag unter einem Busch. Den Bauch auf der warmen Erde, den Kopf wachsam erhoben, witterte er reglos über den Fluss. Nur selten zuckte sein Schwanz und rührte ein vertrocknetes Blatt über den Boden. Das leise Knistern, das dabei entstand, nahm er ebenso wahr wie jedes andere Geräusch in seiner Nähe. Er überwachte permanent seine gesamte Umgebung, um jederzeit jene Laute herauszufiltern, die eine Bedrohung verrieten. Er durfte sich niemals sicher fühlen. Das war eines seiner Überlebensgesetze.
Was ihn jetzt allerdings halb in den Wahnsinn trieb, war das bösartige Jucken in seinem Fell. Geradezu überwältigend der Drang, sich zu putzen, und die Quälgeister, die so gierig an ihm saugten, herauszubeißen. Blutsauger!
Doch niemals würde er alle erwischen. Und es würde ihn nur ablenken.
Das war ein weiteres Überlebensgesetz: Ein Jäger durfte sich nicht ablenken lassen. Niemals.
Vor ihm, auf der Wiese, wuchsen die Schatten. Endlich ließ die Hitze des Tages nach. Gierig nahmen seine Sinne jede Bewegung im Gras wahr. In seinem Bauch wühlte der Hunger. Alles in ihm drängte danach zu jagen. Vögel, Mäuse, Ratten, Frösche, Zikaden, die sogar noch sangen, wenn er sie schon halb zerbissen hatte. Irgendetwas, in das er sei ne Reißzähne schlagen konnte. Bebendes Fleisch und frisches Blut. Er hatte lange nicht mehr gefressen. War nur gelaufen, so weit gelaufen.
Auf der Suche nach ...
... ja, nach was?
Er wusste es nicht mehr. Nur, dass es ihn getrieben hatte. Über Straßen, Felder, Äcker, über Höfe und Mauern, durch Dornengestrüpp, Scheunen und Wälder. Er war viele Mondläufe gegangen, hatte noch Schnee gefühlt und in toten, braunen Blättern geschlafen. Bis hierher, auf diese Wiese, die an einen Fluss grenzte. Und dahinter war ...
Wärme.
Häuser, dicht an dicht, sich stützend, einander zugeneigt und voller verheißungsvoller Winkel. Brüchige Mauern, wucherndes Grün, schräge Dächer. Dazwischen freundliche Schatten. Voller Sehnsucht starrte er auf die im Abendlicht sanft glühende Silhouette der Stadt, die in ihrer Mitte von einem hohen, spitzen Kirchturm bewacht wurde.
Geborgenheit?
Nein! Diese Bilder konnten auch eine böswillige Täuschung sein. Wie ein falsches Purren. Nicht einsehbare Plätze konnten zu Todesfallen werden. Und fütternde Hände zu hinterlistigen Folterwerkzeugen.
Der Wanderer blinzelte ein paarmal, um der Erschöpfung zu widerstehen. Er war der ewigen Wachsamkeit so müde. Des Hungerns und Juckens. Er wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Sollte er gehen? Oder bleiben? War das eine gute oder eine böse Stadt?
Um das herauszufinden, gab es nur einen einzigen Weg.
Springen.
Noch einmal vergewisserte er sich, ob Gefahr drohte. Doch da war nur ein weißes, lautes Auto, das über die nahe Brücke zu seiner Rechten röhrte.
Mit seinem Geruchssinn rasterte er die Umgebung. Da war der modrig-braune Geruch des Wassers, über dem der Gestank der Fahrzeuge hing. Und dazwischen ein zartes ingwerfarbenes Aroma. Dies war die Spur, der er folgen musste.
Er schloss die Augen und entzog den Wachsinnen, dem Sehen, Hören und Tasten, seine Konzentration. Dass sein Maul sich öffnete, steuerte er nicht mehr bewusst. Ebenso wenig, dass die Zunge kleine leckende Bewegungen machte, um mit den feinen Rezeptoren seines hinteren Gaumens die winzigsten Luftpartikel zu filtern. In seinem Kopf, in den nun keine anderen Sinneseindrücke mehr vordrangen, formte sich ein neues, aber weitaus intensiveres Bild der Wirklichkeit.
Er wusste, dass sich auch die anderen Katzen auf das Flehmen, das Schmecken und Sehen von Gerüchen, verstanden. Doch er konnte mehr. Er konnte sich mit einem Teil seines Selbst dorthin begeben, wo die Gerüche herkamen. Wie ihm dies gelang, wusste er nicht. Es war eine aus der Not geborene Fähigkeit. Damals, als er hatte fliehen müssen.
Sein Körper blieb während des Springens jedes Mal wehrlos wie ein Stück Holz zurück. Leichte Beute für Bussarde, Luchse oder Hunde.
Er flehmte, nahm innerlich Anlauf, und dann ...
Es fühlte sich an, als würde er durch eine verborgene Tür in der Luft springen. Er saß nicht mehr unter dem Busch, er war auf der anderen Seite des Flusses, fühlte und roch und ahnte die Stadt. Ihren Grundriss - ein alter, sehr alter Kern, darum herum Häuserkreise, die umso jünger wurden, je weiter sie von der Kirche entfernt waren. Gärten - klein, blühend, guter Boden, versteckte Räume, duftend. Und ihre Bewohner. Wie sie sich im Kern und den Kreisen darum bewegten und Spuren im Labyrinth der Sträßchen, Gassen und Durchlässe hinterließen. Spuren, die Farbe und Geruch in einem waren, Gefühl und Bewegung, Charakter und Körper.
Und da erkannte er, was diesen Ort von allen anderen unterschied, die er je gesehen hatte: Es war eine Katzenstadt! Er konzentrierte sich auf die Spuren seiner Artgenossen. Hatte er je so viele, starke Katzenechos wahrgenommen? Nein, nie. So sehr faszinierte ihn diese Welt, dass er ihn beinah übersehen hätte.
Flügel?
Da war ... unruhig tastete er umher, suchte nach dem, was dort im Schatten der Stadt lauerte. Bekam es nicht zu fassen. Es war ein dunkler Vogel oder der Schatten einer riesenhaften Fledermaus, ein unsichtbarer, nur fühlbarer geflügelter Schatten, der an Fassaden entlangglitt, kalt und unbemerkt.
Augenblicklich richtete er seine Wahrnehmung auf diese tödliche Kraft. Die Schattenflügel waren auf der Jagd, sie trieben etwas vor sich her! Aber was? Oder vielmehr ...
Wen?
Er witterte. Und fand den goldenen glühenden Schemen, der über die Dächer dahingaloppierte. Eine Kätzin, die zu fliegen schien. Er erkannte den furchtlosen Rausch der Bewegung in ihr. Ihre Sehnsucht, unter freiem Himmel zu sein. Und ihre Verzweiflung. Ihr Himmelslauf war eine Flucht.
Aber bemerkte sie denn nicht, dass ihr Verfolger gar nicht hinter ihr war? Sondern vor ihr?
Der Wanderer erkannte, dass der geflügelte Schatten ihren Weg kreuzen würde. Darauf wartete. Es wollte.
Und die Himmelsläuferin würde diese Begegnung nicht überleben. Er musste sie warnen. Sofort!
Halt! Bleib, wo du bist! Aber sie hörte ihn nicht.
Das Letzte, was er wahrnahm, bevor es ihn in seinen Körper auf der anderen Seite des Flusses zurückschleuderte, war, wie die Kätzin kurz innehielt und ihn, den fremden, fernen, gestaltlosen Beobachter, zu erfassen suchte.
Fiebrig versuchte er, seine Instinkte zu unterdrücken. Eine Stimme in ihm fauchte: Lauf fort! Das ist nicht dein Kampf! Doch es gab noch eine andere. Leiser zwar, aber nicht zu überhören. Sie lockte ihn, erinnerte ihn daran, dass er nicht nur ein wildes Tier war, sondern auch Teil einer miteinander verwobenen Welt. Dass das, was er seit seiner ersten Flucht suchte und ersehnte, auf der anderen Seite des Flusses lag. Und auch auf der anderen Seite der Angst.
Es würde ihn durch alle sieben Leben hindurch verfolgen, wenn er diesem Kampf aus dem Weg ginge. Er huschte rasch zu der Straßenbrücke. Das war der einzige Weg.
Kurz darauf kauerte er unter einem Auto, das kalt und leblos an einer Hausmauer stand. Seine Augen rasterten den kleinen Ausschnitt Welt, den er von dort unten erfassen konnte. Nichts rührte sich in der schmalen Straße. Niemand war ihm begegnet. Nicht auf der Brücke. Und auch nicht, als er durch den Torbogen huschte und die schmale Gasse bergan sprintete. Kein Mensch, keine Katze.
Es war die Zeit, in der die Menschen in ihren Häusern zusammensaßen und aßen. Die Gerüche waren wundervoll und bunt. Gebratenes Fleisch, gegrillter Fisch und warmes Brot. Schmerzhaft zog sich sein Magen zusammen, als er diese Fülle an Nahrung wahrnahm.
Mit vibrierenden Schnurrhaaren spürte er in die Luft, um festzustellen, ob noch ein anderes Tier in der Nähe war. Schon nach wenigen Augenblicken hatte er Gewissheit: Die beginnende Nacht war voll von ihnen. Katzen!
Doch warum zeigten sie sich nicht?
Obwohl ihn ihre Unsichtbarkeit beunruhigte, kroch er unter dem Auto hervor. Es drängte ihn, die Kätzin zu finden. Vorsichtig und in alle Richtungen witternd, drückte er sich an den Hausmauern entlang. Manchmal fiel Licht aus einer Tür oder einem Fenster. Er umging diese hellen Zonen. Widerstand der Verlockung aus Duft und Wärme. Und dem Hunger, der in seinen Eingeweiden wühlte.
Wo war die Kätzin?
Es fiel ihm schwer, sich zu orientieren. Die Gassen waren eng, nicht breit genug für ein Auto. Viele Treppen, schmale Wege und unbekannte Abkürzungen. Immer wieder fühlte er Katzenaugen, die ihm aus dem Dunkeln nachstarrten. Doch ihre Besitzer blieben im Verborgenen, während er das Wesen mit den Schattenflügeln jagte.
Noch während er mit hochgerecktem Kopf witterte, verspürte er den Stoß. Es war wie ein Schlag. Wie ein Schrei. Todesangst! Ja, nur die Todesangst besaß die Kraft, das Gefüge der Luft so zu verändern, dass sie wie von einem Peitschenhieb geteilt wurde.
Er rannte mit aller Kraft los. Galoppierte die Gasse entlang, flog wie ein schwarzes Geschoss durch die Lichtkegel. Als er in die Straße einbog, in der alles zusammenbrodelte - die Bedrohung, die Not, die Todesangst der Kätzin -, beachtete er den jungen Mann, der dort stand und rauchte, nicht. Er sah nur die Regentonne, in der, von außen unsichtbar, aber für ihn schmerzhaft deutlich fühlbar, die Kätzin um ihr Leben kämpfte. Er sprang auf einen Fenstersims, um von dort aus in die Tonne zu schauen.
Nein! Sie war verschlossen! Er sprang auf den Deckel, spürte unter seinen Tatzen die Verzweiflung der im Wasser strampelnden Kätzin. Er hörte ihr verlorenes Maunzen und wie sie panisch an Tonnenwand und Deckel kratzte. In einem verrückten Impuls kratzte auch er an dem Deckel. Als ob das etwas nützen würde.
Er sah zu dem jungen Menschen. Der bemerkte ihn nicht mal und sprach mit schleppender Stimme in ein Telefon. Von dem war keine Hilfe zu erwarten. Er musste selbst eine Lösung finden. Er zwang sich zur Ruhe. Der Deckel hatte keinen Rand, lag nur flach auf. Wenn er einen festen Halt fände, könnte er ihn mit den Hinterpfoten wegstoßen. Der verwitterte Fenstersims? Zu hoch. Die Hauswand mit dem bröckeligen Putz? Die bot keinen stabilen Halt.
Aber es war die einzige Chance.
Mit den Hinterpfoten auf der Tonne und den Vorderpfoten an der Hauswand, drückte er gegen den Deckel. Doch seine Kraft reichte nicht aus, um ihn wegzuschieben.
Er hörte wieder das verzweifelte Maunzen aus dem Inneren der Tonne. Die Kätzin musste am Ende ihrer Kräfte sein. Der Gedanke, dass sie unter ihm ertrinken würde, versetzte ihn in verzweifelte Raserei. Ohne Rücksicht auf sein Gleichgewicht stieß und stemmte er sich gegen den Deckel. Immer wilder kämpfte er gegen das störrische Gewicht dieses leblosen Dings, stieß mit einem fauchenden Schrei dagegen. Endlich löste sich der Deckel mit einem Ruck, rutschte von der Tonne und fiel scheppernd zu Boden.
Im gleichen Moment verlor er den Halt. Gerade noch konnte er sich mit den Vorderläufen an der Kante der Tonne festklammern. Sein Schwanz und seine Hinterpfoten tauchten in das widerliche Wasser. In heller Panik versuchte er, sich hochzuziehen, als sich nadelspitze Krallen in sein Fell, seinen Rücken, seine Flanken bohrten. Er schrie vor Wut und Schmerz, während er gleichzeitig begriff, dass die Kätzin in Panik seinen Körper einfach als Leiter benutzte! Ihr Gewicht zog ihn in die Tiefe, wieder drohte er, den Halt zu verlieren. Er fasste nach. Ignorierte den Schmerz. Konzentrierte sich nur noch darauf, nicht zu fallen.
Endlich war die Kätzin bei seinem Kopf angelangt und sprang sofort auf den engen Fenstersims. Er folgte ihrem Beispiel, indem er sich, wild mit den Hinterbeinen tretend, aus der Tonne hochzog. Auch für ihn gab es nur den moosbewachsenen Sims als Rettung. Er sprang. Aber noch bevor er aufsetzen konnte, langte sie fauchend zu. Er hatte keine Chance auszuweichen. Jede Bewegung hätte ihn in die Tonne stürzen lassen. Er konnte lediglich den Kopf einziehen, so dass sie ihm das Ohr statt des Auges zerfetzte. Der Hieb war so blitzschnell, dass er den grellen Schmerz erst spürte, als die tropfnasse Kätzin längst in die Gasse gesprungen und davongerast war.
Erst als das Wüten in seinem Ohr nachließ, bemerkte er wieder den jungen Menschen, der unter einer der altmodischen Laternen stand. Der Halbwüchsige glotzte ihn mit offenem Mund an. Und dann rollte der Schmerz über den Wanderer hinweg.
Er sah in das dunkle Wasser der Tonne, in dem sich Sterne spiegelten und das beinahe sein Verderben und das der Kätzin geworden wäre. Ein schwarzes, fremdes Katzengesicht starrte ihm aus dem Wasser entgegen. Das Bild löste sich auf, als ein Blutstropfen aus seinem aufgeschlitzten Ohr hineinfiel. Aber gut, ein entstelltes Ohr war kein zu hoher Preis für ihrer beider Leben. Allerdings war ihre Art, Danke zu sagen, doch ein wenig ... ruppig.
Als das harte Pochen seines Herzens nachließ, witterte er in die warme, klare Nacht.
Es ist noch nicht vorbei.
Die Haut unter seinem Fell zog sich in Wellen zusammen. Die Gefahr des Flügelschattens war ganz nah.
Die Augen des Wanderers zuckten, als er den Ursprung der bösen Kraft suchte. Doch es war nicht sein Sehsinn, der das Böse entdeckte. Sondern seine anderen Sensoren, die ein viel schärferes Bild der Wirklichkeit zu zeichnen verstanden. Dort. In dem Tordurchgang auf der anderen Seite der Gasse, dort erkannte er die bösartig blauschwarze Dichte eines Menschen. Und jetzt konnte er rund um die Tonne die Spuren wahrnehmen, die dieser Mensch hinterlassen hatte. Er war es gewesen, der die Kätzin ins Wasser geschmissen und danach den Deckel auf die Tonne gelegt hatte, damit sie ertrank!
Schon rechnete der Wanderer damit, dass der Mensch sich nun auf ihn stürzen würde, um mit ihm zu vollenden, was ihm mit der Kätzin nicht gelungen war. Aber da zog sich die Gestalt zurück und verschwand.
© 2013 Knaur Paperback Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München.
Dort gab es keine Zeit. Alles war gegenwärtig. Das Leben und der Tod. Auch der Tod, der bereits über der jungen Frau schwebte.
Wie in einem kunstvollen Bogen sah er den Weg, den er gegangen war, um sie zu treffen. Die vermeintlichen Zufälle, die sie hier zusammengeführt hatten. Zufälle, an die er nicht wirklich glaubte. Denn seit der Engel zum ersten Mal erwacht war, gab es keine Zufälle mehr. Seitdem war alles Teil einer perfekten Inszenierung von Schicksal und Wille, die sich nun ihrem Höhepunkt näherte.
Der Inszenierung des vollkommenen Schmerzes.
Darum war es diesmal besonders wichtig, dass alles reibungslos ablief.
Vorher galt es allerdings, das Ritual zu vollziehen. So wie er es jedes Mal tat, denn es schnitt dem Bösen eine weitere seiner giftigen Tentakeln ab. Und es würde die junge Frau ablenken und sie nicht ahnen lassen, welche entscheidende Rolle sie in dem großen Theater des Lebens spielen würde. Die Uhr tickte. Zeit verrann. Leben ging seinem Ende entgegen.
1
Das heisere, bissige Röhren des alten Lancia-Rally- Motors zerschnitt die abendliche Ruhe am Mont Ventoux. Der Wagen raste die kurvigen Straßen am Südhang des Berges entlang auf das Dorf Bédoin zu, überholte Feierabendpendler und Hobbyrennradler in engen Hosen. Zadira Matéo riss bei unvermindertem Tempo das Handschuhfach auf, lenkte mit der linken Hand, während sie mit der rechten nach Zigaretten wühlte, ohne die Straße aus den Augen zu lassen. Sie fand die Schachtel, zog mit den Zähnen eine Gauloises heraus.
Ein Radler zeigte ihr den Mittelfinger, als der Lancia an ihm vorbeifegte.
»Trou de balle!«, schimpfte sie zurück.
Sie suchte nach dem Feuerzeug, grub sich ungeduldig tiefer ins Fach, schaufelte einen mit Gummiband umwickelten Stapel Visitenkarten in den Fußraum, einen abgegriffenen Rumi-Gedichtband und drei Bee-Gees-CDs hinter her. Als sie das Einwegfeuerzeug erwischte und die Flamme gierig an den Tabak hielt, sah sie für einen Moment ihre Augen im Rückspiegel.
Merde.
Sie ließ das Feuerzeug sinken. Dann spuckte sie die Zigarette wütend aus. Die Kippe landete auf ihrer sandfarbenen Cargohose, die sie zu einem grauen Trägershirt samt offenem Herrenhemd trug.
»Nicht wegen euch Mistkerlen, ich schwör's euch.«
Zadira Matéo hatte aufgehört zu rauchen. Und zwar an dem Tag, an dem sie es nur knapp geschafft hatte, diesem halbwüchsigen Drogendealer durch das halbe Panier-Viertel nachzulaufen, über Dutzende Treppen und durch steile Gassen. Sie hatte ihn fünf Minuten lang im Polizeigriff auf ein sonnenglühendes Autodach pressen müssen, bis ihr Seitenstechen nachgelassen und sie nicht mehr das Gefühl gehabt hatte, ein Sauerstoffzelt zu brauchen.
Sie würde jetzt nicht wieder mit den Krebsstäbchen anfangen. Oh, nein, nicht wegen dieser Widerlinge, und nicht wegen dir, Javier. Und schon gar nicht wegen Morel. Nicht wegen Mazan und schon gar nicht wegen dem Tod. Diesem Bastard.
Hart schaltete Zadira einen Gang runter. Im Abendlicht überholte sie nun nur noch Radfahrer, die sich rotgesichtig und verbissen die steilen Haarnadelkurven hinauf an Kreuzmalen vorbeiquälten. Jedes Jahr ließen ein Dutzend Freizeitradler bei der Tour-de-France-Auffahrt zum Mont Ventoux, dem »Windberg«, keuchend ihr Leben.
Blut, Tod und Zerstörung.
Manchmal kam es Zadira vor, als teilte sich die Menschheit in zwei Lager der Zerstörungslust. Jene, die am liebsten sich selbst zerstörten. Mit Beziehungen, Extremsport, Drogen. Und die, die zu gern andere zerstörten. Die Mörder. Die Volksfresser. Die Frauenhasser.
Sie dachte an die junge Theaterstudentin, die die Crim, die Kriminalpolizei, heute in Aubignan gefunden hatte. Bäuchlings, die Hände hinter dem Rücken mit einem rauhen Kälberstrick gefesselt. Die Fersen bis zum Po hinauf gebogen und mit den Handfesseln verknotet. Mit diesem Knoten war wiederum ein um den Hals geschlungenes Lederband verbunden gewesen. Es hatte sich tief ins Fleisch eingegraben, eng zusammengezogen, der Studentin die Luft abgeschnürt. Ihr Kopf war weit zurückgebogen, als ob sie so dem Zug, der auf ihrer Kehle lastete, entkommen wollte.
Ihre Haut, so glatt. Die Gesichtszüge markant wie die eines Models. Nackt war sie gewesen, nackt und tot.
Während die Ermittler auf die PTS, die Kriminaltechniker, gewartet hatten, fotografierte einer von Zadiras neuen Crim-Kollegen, ein bulliger Typ mit Bürstenhaarschnitt und einer Unterlippe wie eine Teekannentülle, die gefesselte Frau von hinten mit seinem Fotohandy. Genau zwischen den Beinen. Er zeigte das Foto seinem Kollegen, einem Typen mit roter Nackenwulst.
»Das ist mal 'ne chnek, oder?«, hatte er feixend gemurmelt. Zadira wusste, dass es Foren in den Tiefen des Internets gab, auf denen Polizisten Opferfotos verhökerten, um ihr Gehalt aufzubessern. Als sie den Bürstenkopf angeherrscht hatte, war ihr neuer Dienststellenleiter Commissaire Stéphane Minotte dazwischengegangen.
»Hören Sie auf, Unruhe zu verbreiten und sich in die Angelegenheiten Ihrer Kollegen einzumischen, Lieutenant Matéo«, hatte Minotte ihr zugezischt. »Das ist schon in Marseille nicht gut für Sie ausgegangen.« Für ihren Geschmack sagte er das zu dicht an ihrem Ohr.
Zadira hatte in den drei Wochen seit ihrer Versetzung jeden Tag zu spüren bekommen, dass sie nicht willkommen war. Das war ihr am ersten Tag noch anders vorgekommen. Als sie sich im Commico, im Kommissariat am Boulevard Albin Durand in Carpentras zum Dienst gemeldet hatte, war es Commissaire Stéphane Minotte und dem Polizeichef, Commandante Morel, noch ein Vergnügen gewesen, der Drogenfahnderin Zadira Matéo den Posten im Vaucluser Weinstädtchen Mazan zu übergeben.
Wenig später hatte sie auch herausgefunden warum. Mazan war kein Posten, Mazan war ein Witz.
Sie musste sich ihren Schreibtisch mit dem Dorf-Gendarmen teilen, der eigentlich lieber Weinhändler war und sich trotzig weigerte, ihr einen Schlüssel zur Wache zu geben. Was man in der Provinz für eine Wache hielt: ein Tisch, ein Tresen, ein Handwaschbecken. Nicht einmal eine Zelle für Verdächtige gab es, sondern nur einen Klappsitz mit einem in die Wand eingelassenen Eisenring für die Handschellen.
Da Mazan eine Kriminalitätsrate besaß, die verdächtig gen null strebte, hatte Zadira Polizeichef Morel gebeten, sie bei der Crim, der Kripo, einzusetzen, obgleich sie Drogenfahnderin war. Commandante Morel hatte gelacht und gesagt: »Wenn Sie meinen.« Und so war Zadira in Minottes rein männlicher Abteilung gelandet. Wo jeder der Kollegen sie auf kreative Weise schikanierte. Bei den Teambesprechungen war nie ein Stuhl für sie frei. Ihr Auto wurde regelmäßig zugeparkt. Am Schwarzen Brett wurden demonstrativ Pin-up-Girls in Polizeiklamotten aufgehängt. Zadira hatte früh gelernt, dass in Frankreich vor dem Gesetz nicht alle gleich waren. Schon gar nicht jemand wie sie. Sie war die Tochter eines pied-noir. Halb algerischer, halb französischer Herkunft. Ihr schwarzes Haar, ihr bronzefarbener Teint und ihre auffällig hellen grünen Augen im eher arabisch geschnittenen Gesicht verrieten deutlich die Tuareg-Tochter. Wie oft war sie als junges Mädchen in Marseille von rechtsnationalen Bac, den zutiefst ausländerfeindlichen Spezialtruppen der Polizei, auf der Straße kontrolliert und durchsucht worden? Dass Zadiras Schönheit nicht lieblich, sondern wild, ja beinah gefährlich wirkte, hatte es ihr nicht leichter gemacht.
Deswegen war Zadira zur Polizei gegangen. Um auf Menschen aufzupassen, die anders aussahen. Um dafür zu sorgen, dass es keine Drei-Klassen-Gesetze gab.
Aber jetzt, mit dreiunddreißig Jahren, musste Zadira erkennen, dass sie bis ans Lebensende die Farbe der Verachtung im Gesicht tragen würde. Dass Demütigungen niemals aufhörten.
Der Wagen begann, röhrend die Südflanke des Mont Ventoux zu erklimmen.
Sie war von einem Kriegsgebiet ins nächste abgeschoben worden. Weil sie das falsche Berufsethos besaß. Sie hatte Kollegen erwischt, die ihre Finger im Drogengeschäft hatten. Aber sie hatte nicht wie die anderen den Mund gehalten. Außerdem hatte sie den falschen Mann in ihr Bett gelassen. Attraktiv, erfolgreich, verheiratet. Und, ach ja: Nebenbei war er noch ihr Boss gewesen. Javier Gaspard, der angesehene Chef der Anti-Drogenpolizei. Favorit für die Nachfolge des Polizeipräfekten, ein Mann, der drei Jahre um Zadira gebuhlt hatte. Wahrscheinlich nur, um zu erfahren, was die exotische Polizistin in seiner Einheit wohl unter ihren Männerklamotten trug. Jedenfalls keinen BH, den brauchte Zadira nicht. Das Einzige, was sich die Polizistin an weiblichen Attributen gönnte, war ihr langes Haar, das sie allerdings täglich unter einer ihrer zahllosen Sportkappen verbarg. Javier hatte ihr schwarzes Haar gern gebürstet, sich darin eingehüllt, sie daran näher zu sich herangezogen ...
Zadiras Körper erinnerte sich schmerzhaft deutlich an Javiers wissende Hände. Seinen kosenden Mund. Sie erinnerte sich, wie sicher sie sich bei ihm gefühlt hatte.
Erst war Javier Gaspard nicht mehr ans Handy gegangen. Dann durfte Lieutenant Matéo nicht mehr in sein Büro. Als Nächstes gab es Gerüchte über Zadiras »Verbindungen « ins Milieu, zu den copains und den »großen Brüdern«, wie die Bosse der Jugendbanden und Kleindealer genannt wurden.
»Du musst hier raus«, beschwor Javier Zadira bei einem ihrer letzten Treffen in der La-Major-Kathedrale. »Nur eine Weile, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Vertrau mir.«
Aber Zadira vertraute niemandem, der ihr sagte: Vertrau mir. Sie recherchierte, wer die Gerüchte streute; da hieß es auf einmal, sie ermittle gegen Kollegen.
Javier ließ Zadira versetzen, per Eilbefehl. Weit in den Norden der Provence. Ohne sie zu fragen, und ohne sie zu warnen.
Also Mazan. Fünftausend Einwohner, jede Menge Wein, ein Handballverein mit ruhmreicher, aber lang zurückliegender Vergangenheit. Und ein Sergeant, der die Wache so eifersüchtig verteidigte wie ein Kind seine Sandkuchenförmchen.
Die Bäume neben der Gipfelstraße wurden immer spärlicher. Schließlich hörte der Wald ganz auf.
Jetzt war die Polizistin auf der baumlosen Spitze des Mont Ventoux angekommen, bis auf den kalkweißen Fels vom Mistral saubergepustet, gekrönt von einem viereckigen Observationsturm. Eine karstige Mondlandschaft ohne Schatten.
Als sie ausstieg, zerrte der schreiende Wind an ihrer dünnen Hose und dem Oberhemd. Im Tal hatte sie geschwitzt, aber hier oben, auf fast zweitausend Metern, war es um die zwanzig Grad kühler. Sie holte das Fernglas aus dem Kofferraum.
Zadira fixierte erst das silberne, geschlängelte Band der Rhône und folgte dann mit ihrem Blick langsam ihren Kurven.
Es hieß, vom Windberg aus könne man die Pyrenäen sehen. Und das Meer.
Sie suchte - und fand das Ende Frankreichs.
Und dann sah sie es. Das Meer, das funkelnde, weite Meer. Das dreckige, brutale, das geliebte Marseille. Da irgendwo war es mal gewesen. Ihr Leben.
Es war so fern!
Die Lider an die Okulare des Fernglases gepresst, schluchzte Zadira Camille Matéo leise. Sie schluchzte, ohne zu weinen.
Nach einer halben Stunde war sie erschöpft. Zurück blieb ein warmer Schmerz von Leere.
Der Tag übergab die Stunden der Nacht, und über dem Vaucluse begann die Luft in Gold und Rosa zu zittern. Der Sonnenuntergang färbte das Land intensiver, als Zadira es von Marseille gewohnt war - dort bemerkte man den Übergang von Tag zu Nacht nur daran, dass die endlosen Reihen von Straßenlampen aufflammten. Hier jedoch, über den Bergen und den zwischen Felsen und Reben hingeworfenen Dörfern, brannten die Wolken, hier glühte das Land in tausend Farben.
Zadira ließ sich Zeit, in der blauschwarzen Dämmerung nach Mazan zurückzufahren. Sie ließ die Fenster offen, und der Fahrtwind trieb ihr die Gerüche der provenzalischen Berglandschaft in den Wagen. Thymian und Flusswasser. Der fleischige, sinnliche Duft der Trüffel. Sogar den Geruch von Nadelwaldboden und süßem Kuchenteig konnte sie wahrnehmen. Marseille roch meist nach Abgasen, Kardamom und Blut.
Was, wenn sie bei der nächsten Kurve einfach geradeaus fuhr? Wäre das nicht eine berechtigte Abkürzung?
Ach, Saddie. Wer abkürzt, trifft nur schneller auf den Tod.
Sie dachte an die Worte ihres Vaters. Er hatte sie Saddie genannt. Seine Abkürzung war eine verirrte Bac-Pistolenkugel gewesen, bei einer Straßenschießerei im Panier-Viertel. Zadira hielt die Luft an und schaltete bei unvermindertem Tempo die Schweinwerfer aus.
Ich komme, papa. Ich komme.
Es war, als würde sie unter Wasser dahinschießen. Ein U-Boot, allein, geräuschlos und in stiller Wut. Sie wartete, dass sie gegen einen Baum prallte. Sie wartete, dass sie über den Rand der Welt hinausflog.
Verdammt, nein!
In einem wilden Impuls bäumte sich ihr Lebenswille auf. Nicht wegen dieser Dreckskerle. Zadira stieß die angehaltene Luft aus, schaltete die Scheinwerfer wieder ein.
Sie brauchte dringend etwas zu trinken.
Zadira hatte die Bars in Mazan bisher gemieden. Aber jetzt sah das Café Lou Càrri gegenüber dem Altstadtring aus wie eine der kreolischen Bars im Noailles-Viertel von Marseille.
Zadira hielt auf dem Parkplatz vor der Apotheke und stieg aus. Sie hörte Livemusik. 70er- und 80er-Jahre-Songs, die Bee Gees, Bob Marley.
Wenig später drängte sich Zadira zwischen den Zuhörern zum Tresen durch. Auf dem Weg grüßte sie mit einem Nicken Mazans einzigen Engländer, Jeffrey Spencer. Sie war ihm auf dem Wochenmarkt vor dem Rathaus begegnet, und er hatte sie am Melonenstand in ein Gespräch verwickelt. Heute im Lou Càrri trug der Mittvierziger ein lila-weiß kariertes Oberhemd zu einer grünen Leinenhose mit Bügelfalte. Zadira stand zwar nicht auf Prinz-Harry-Typen mit Hugh-Grant-Lächeln, aber sie mochte Jeffreys Humor. Spencer hatte ihr bei ihrem Melonen-Gespräch erzählt, sein Kater Oscar sei eine Reinkarnation von Oscar Wilde.
Zadira bestellte Gin Tonic. Der Barmann, der sich als Jean-Luc vorstellte, servierte ihr ein Schälchen schwarze schrumpelige Oliven dazu. Sie schmeckten köstlich.
Wieder schaute Zadira zu der dreiköpfigen Band. Der junge Sänger mit den Piratenaugen lächelte ihr zu.
Viel zu jung.
Dennoch gefiel er ihr. Als hätte der Gedanke an den Tod ihre Lust aktiviert. Für einen Moment stellte sie sich vor, mit ihm zu schlafen. Und aufzuwachen. In ihrer Dachwohnung gegenüber der Kirche von Mazan, die Zadira sich weigerte, mit mehr als einer Matratze, einem Küchentisch und zwei Stühlen einzurichten. Vom Küchenfenster aus konnte sie Weinberge und den Mont Ventoux sehen. Sie nahm einen tiefen Schluck von ihrem Gin Tonic.
Non. Keine Experimente mehr mit Männern.
Während die Band »Stayin' Alive« spielte, bemerkte Zadira im breiten Spiegel über dem Tresen den Mann im teuren Anzug, der auf der anderen Seite des Raumes saß. Er beobachtete sie. Mit kühlem, nachtschwarzem Blick. Sein markantes Cäsarengesicht erinnerte sie flüchtig an Jeremy Irons.
Seine Körperhaltung war selbstbewusst. Ein reicher Mann, das war ihm anzusehen. Ebenso dass er es gewohnt war, Entscheidungen zu treffen und Menschen wie Schachfiguren hierhin, dorthin, in den Abgrund zu schieben. Ein Machtmensch.
Dreißig Jahre auf den Straßen von Marseille, fünfzehn davon als Polizistin, hatten Zadira gelehrt, in Menschen zu lesen. Alles, was ihnen wichtig war, schlug sich in ihrer Mimik, ihren Gesten nieder, die unkontrollierbar waren. In ihrer Körperhaltung und ihrem Auftreten, in ihrer Gewohnheit, zu schauen, zu gehen, ja, sogar zu schlucken. Zadira war gut darin, diese Details zu entschlüsseln.
So wie bei Gaspard, ja? Da hast du das machthungrige Tier auch schon von weitem erkannt. Und wieder weggeschaut.
Sie nahm einen zweiten Schluck. Sie erkannte bei dem Jeremy- Irons-Typ einen bestimmten Blick. Er erinnerte Zadira an die macs, die Luden vor den klebrigen Bars auf dem Boulevard de la Pomme, die sich bei Pastis und Kartenspiel mit ihren Pferdchen goldene Hoden verdienen wollten. Stets auf der Suche nach Frischfleisch. Mehr als einmal hatte ihr ein mac angeboten, bei ihm anzufangen, falls es mit der Bullerei nicht mehr klappte.
Aber dieser Kerl im Anzug war anders. Er war ...
Gefährlich.
Ihre Blicke trafen sich im Spiegel.
Zadira spürte ein Seelenbeben, tief in sich.
Und noch etwas anderes. Ein Ziehen. Es war lange her, seit Gaspard sie geliebt hatte.
Keine Experimente, dachte Zadira. Sie wandte sich der Band zu.
2
Er lag unter einem Busch. Den Bauch auf der warmen Erde, den Kopf wachsam erhoben, witterte er reglos über den Fluss. Nur selten zuckte sein Schwanz und rührte ein vertrocknetes Blatt über den Boden. Das leise Knistern, das dabei entstand, nahm er ebenso wahr wie jedes andere Geräusch in seiner Nähe. Er überwachte permanent seine gesamte Umgebung, um jederzeit jene Laute herauszufiltern, die eine Bedrohung verrieten. Er durfte sich niemals sicher fühlen. Das war eines seiner Überlebensgesetze.
Was ihn jetzt allerdings halb in den Wahnsinn trieb, war das bösartige Jucken in seinem Fell. Geradezu überwältigend der Drang, sich zu putzen, und die Quälgeister, die so gierig an ihm saugten, herauszubeißen. Blutsauger!
Doch niemals würde er alle erwischen. Und es würde ihn nur ablenken.
Das war ein weiteres Überlebensgesetz: Ein Jäger durfte sich nicht ablenken lassen. Niemals.
Vor ihm, auf der Wiese, wuchsen die Schatten. Endlich ließ die Hitze des Tages nach. Gierig nahmen seine Sinne jede Bewegung im Gras wahr. In seinem Bauch wühlte der Hunger. Alles in ihm drängte danach zu jagen. Vögel, Mäuse, Ratten, Frösche, Zikaden, die sogar noch sangen, wenn er sie schon halb zerbissen hatte. Irgendetwas, in das er sei ne Reißzähne schlagen konnte. Bebendes Fleisch und frisches Blut. Er hatte lange nicht mehr gefressen. War nur gelaufen, so weit gelaufen.
Auf der Suche nach ...
... ja, nach was?
Er wusste es nicht mehr. Nur, dass es ihn getrieben hatte. Über Straßen, Felder, Äcker, über Höfe und Mauern, durch Dornengestrüpp, Scheunen und Wälder. Er war viele Mondläufe gegangen, hatte noch Schnee gefühlt und in toten, braunen Blättern geschlafen. Bis hierher, auf diese Wiese, die an einen Fluss grenzte. Und dahinter war ...
Wärme.
Häuser, dicht an dicht, sich stützend, einander zugeneigt und voller verheißungsvoller Winkel. Brüchige Mauern, wucherndes Grün, schräge Dächer. Dazwischen freundliche Schatten. Voller Sehnsucht starrte er auf die im Abendlicht sanft glühende Silhouette der Stadt, die in ihrer Mitte von einem hohen, spitzen Kirchturm bewacht wurde.
Geborgenheit?
Nein! Diese Bilder konnten auch eine böswillige Täuschung sein. Wie ein falsches Purren. Nicht einsehbare Plätze konnten zu Todesfallen werden. Und fütternde Hände zu hinterlistigen Folterwerkzeugen.
Der Wanderer blinzelte ein paarmal, um der Erschöpfung zu widerstehen. Er war der ewigen Wachsamkeit so müde. Des Hungerns und Juckens. Er wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Sollte er gehen? Oder bleiben? War das eine gute oder eine böse Stadt?
Um das herauszufinden, gab es nur einen einzigen Weg.
Springen.
Noch einmal vergewisserte er sich, ob Gefahr drohte. Doch da war nur ein weißes, lautes Auto, das über die nahe Brücke zu seiner Rechten röhrte.
Mit seinem Geruchssinn rasterte er die Umgebung. Da war der modrig-braune Geruch des Wassers, über dem der Gestank der Fahrzeuge hing. Und dazwischen ein zartes ingwerfarbenes Aroma. Dies war die Spur, der er folgen musste.
Er schloss die Augen und entzog den Wachsinnen, dem Sehen, Hören und Tasten, seine Konzentration. Dass sein Maul sich öffnete, steuerte er nicht mehr bewusst. Ebenso wenig, dass die Zunge kleine leckende Bewegungen machte, um mit den feinen Rezeptoren seines hinteren Gaumens die winzigsten Luftpartikel zu filtern. In seinem Kopf, in den nun keine anderen Sinneseindrücke mehr vordrangen, formte sich ein neues, aber weitaus intensiveres Bild der Wirklichkeit.
Er wusste, dass sich auch die anderen Katzen auf das Flehmen, das Schmecken und Sehen von Gerüchen, verstanden. Doch er konnte mehr. Er konnte sich mit einem Teil seines Selbst dorthin begeben, wo die Gerüche herkamen. Wie ihm dies gelang, wusste er nicht. Es war eine aus der Not geborene Fähigkeit. Damals, als er hatte fliehen müssen.
Sein Körper blieb während des Springens jedes Mal wehrlos wie ein Stück Holz zurück. Leichte Beute für Bussarde, Luchse oder Hunde.
Er flehmte, nahm innerlich Anlauf, und dann ...
Es fühlte sich an, als würde er durch eine verborgene Tür in der Luft springen. Er saß nicht mehr unter dem Busch, er war auf der anderen Seite des Flusses, fühlte und roch und ahnte die Stadt. Ihren Grundriss - ein alter, sehr alter Kern, darum herum Häuserkreise, die umso jünger wurden, je weiter sie von der Kirche entfernt waren. Gärten - klein, blühend, guter Boden, versteckte Räume, duftend. Und ihre Bewohner. Wie sie sich im Kern und den Kreisen darum bewegten und Spuren im Labyrinth der Sträßchen, Gassen und Durchlässe hinterließen. Spuren, die Farbe und Geruch in einem waren, Gefühl und Bewegung, Charakter und Körper.
Und da erkannte er, was diesen Ort von allen anderen unterschied, die er je gesehen hatte: Es war eine Katzenstadt! Er konzentrierte sich auf die Spuren seiner Artgenossen. Hatte er je so viele, starke Katzenechos wahrgenommen? Nein, nie. So sehr faszinierte ihn diese Welt, dass er ihn beinah übersehen hätte.
Flügel?
Da war ... unruhig tastete er umher, suchte nach dem, was dort im Schatten der Stadt lauerte. Bekam es nicht zu fassen. Es war ein dunkler Vogel oder der Schatten einer riesenhaften Fledermaus, ein unsichtbarer, nur fühlbarer geflügelter Schatten, der an Fassaden entlangglitt, kalt und unbemerkt.
Augenblicklich richtete er seine Wahrnehmung auf diese tödliche Kraft. Die Schattenflügel waren auf der Jagd, sie trieben etwas vor sich her! Aber was? Oder vielmehr ...
Wen?
Er witterte. Und fand den goldenen glühenden Schemen, der über die Dächer dahingaloppierte. Eine Kätzin, die zu fliegen schien. Er erkannte den furchtlosen Rausch der Bewegung in ihr. Ihre Sehnsucht, unter freiem Himmel zu sein. Und ihre Verzweiflung. Ihr Himmelslauf war eine Flucht.
Aber bemerkte sie denn nicht, dass ihr Verfolger gar nicht hinter ihr war? Sondern vor ihr?
Der Wanderer erkannte, dass der geflügelte Schatten ihren Weg kreuzen würde. Darauf wartete. Es wollte.
Und die Himmelsläuferin würde diese Begegnung nicht überleben. Er musste sie warnen. Sofort!
Halt! Bleib, wo du bist! Aber sie hörte ihn nicht.
Das Letzte, was er wahrnahm, bevor es ihn in seinen Körper auf der anderen Seite des Flusses zurückschleuderte, war, wie die Kätzin kurz innehielt und ihn, den fremden, fernen, gestaltlosen Beobachter, zu erfassen suchte.
Fiebrig versuchte er, seine Instinkte zu unterdrücken. Eine Stimme in ihm fauchte: Lauf fort! Das ist nicht dein Kampf! Doch es gab noch eine andere. Leiser zwar, aber nicht zu überhören. Sie lockte ihn, erinnerte ihn daran, dass er nicht nur ein wildes Tier war, sondern auch Teil einer miteinander verwobenen Welt. Dass das, was er seit seiner ersten Flucht suchte und ersehnte, auf der anderen Seite des Flusses lag. Und auch auf der anderen Seite der Angst.
Es würde ihn durch alle sieben Leben hindurch verfolgen, wenn er diesem Kampf aus dem Weg ginge. Er huschte rasch zu der Straßenbrücke. Das war der einzige Weg.
Kurz darauf kauerte er unter einem Auto, das kalt und leblos an einer Hausmauer stand. Seine Augen rasterten den kleinen Ausschnitt Welt, den er von dort unten erfassen konnte. Nichts rührte sich in der schmalen Straße. Niemand war ihm begegnet. Nicht auf der Brücke. Und auch nicht, als er durch den Torbogen huschte und die schmale Gasse bergan sprintete. Kein Mensch, keine Katze.
Es war die Zeit, in der die Menschen in ihren Häusern zusammensaßen und aßen. Die Gerüche waren wundervoll und bunt. Gebratenes Fleisch, gegrillter Fisch und warmes Brot. Schmerzhaft zog sich sein Magen zusammen, als er diese Fülle an Nahrung wahrnahm.
Mit vibrierenden Schnurrhaaren spürte er in die Luft, um festzustellen, ob noch ein anderes Tier in der Nähe war. Schon nach wenigen Augenblicken hatte er Gewissheit: Die beginnende Nacht war voll von ihnen. Katzen!
Doch warum zeigten sie sich nicht?
Obwohl ihn ihre Unsichtbarkeit beunruhigte, kroch er unter dem Auto hervor. Es drängte ihn, die Kätzin zu finden. Vorsichtig und in alle Richtungen witternd, drückte er sich an den Hausmauern entlang. Manchmal fiel Licht aus einer Tür oder einem Fenster. Er umging diese hellen Zonen. Widerstand der Verlockung aus Duft und Wärme. Und dem Hunger, der in seinen Eingeweiden wühlte.
Wo war die Kätzin?
Es fiel ihm schwer, sich zu orientieren. Die Gassen waren eng, nicht breit genug für ein Auto. Viele Treppen, schmale Wege und unbekannte Abkürzungen. Immer wieder fühlte er Katzenaugen, die ihm aus dem Dunkeln nachstarrten. Doch ihre Besitzer blieben im Verborgenen, während er das Wesen mit den Schattenflügeln jagte.
Noch während er mit hochgerecktem Kopf witterte, verspürte er den Stoß. Es war wie ein Schlag. Wie ein Schrei. Todesangst! Ja, nur die Todesangst besaß die Kraft, das Gefüge der Luft so zu verändern, dass sie wie von einem Peitschenhieb geteilt wurde.
Er rannte mit aller Kraft los. Galoppierte die Gasse entlang, flog wie ein schwarzes Geschoss durch die Lichtkegel. Als er in die Straße einbog, in der alles zusammenbrodelte - die Bedrohung, die Not, die Todesangst der Kätzin -, beachtete er den jungen Mann, der dort stand und rauchte, nicht. Er sah nur die Regentonne, in der, von außen unsichtbar, aber für ihn schmerzhaft deutlich fühlbar, die Kätzin um ihr Leben kämpfte. Er sprang auf einen Fenstersims, um von dort aus in die Tonne zu schauen.
Nein! Sie war verschlossen! Er sprang auf den Deckel, spürte unter seinen Tatzen die Verzweiflung der im Wasser strampelnden Kätzin. Er hörte ihr verlorenes Maunzen und wie sie panisch an Tonnenwand und Deckel kratzte. In einem verrückten Impuls kratzte auch er an dem Deckel. Als ob das etwas nützen würde.
Er sah zu dem jungen Menschen. Der bemerkte ihn nicht mal und sprach mit schleppender Stimme in ein Telefon. Von dem war keine Hilfe zu erwarten. Er musste selbst eine Lösung finden. Er zwang sich zur Ruhe. Der Deckel hatte keinen Rand, lag nur flach auf. Wenn er einen festen Halt fände, könnte er ihn mit den Hinterpfoten wegstoßen. Der verwitterte Fenstersims? Zu hoch. Die Hauswand mit dem bröckeligen Putz? Die bot keinen stabilen Halt.
Aber es war die einzige Chance.
Mit den Hinterpfoten auf der Tonne und den Vorderpfoten an der Hauswand, drückte er gegen den Deckel. Doch seine Kraft reichte nicht aus, um ihn wegzuschieben.
Er hörte wieder das verzweifelte Maunzen aus dem Inneren der Tonne. Die Kätzin musste am Ende ihrer Kräfte sein. Der Gedanke, dass sie unter ihm ertrinken würde, versetzte ihn in verzweifelte Raserei. Ohne Rücksicht auf sein Gleichgewicht stieß und stemmte er sich gegen den Deckel. Immer wilder kämpfte er gegen das störrische Gewicht dieses leblosen Dings, stieß mit einem fauchenden Schrei dagegen. Endlich löste sich der Deckel mit einem Ruck, rutschte von der Tonne und fiel scheppernd zu Boden.
Im gleichen Moment verlor er den Halt. Gerade noch konnte er sich mit den Vorderläufen an der Kante der Tonne festklammern. Sein Schwanz und seine Hinterpfoten tauchten in das widerliche Wasser. In heller Panik versuchte er, sich hochzuziehen, als sich nadelspitze Krallen in sein Fell, seinen Rücken, seine Flanken bohrten. Er schrie vor Wut und Schmerz, während er gleichzeitig begriff, dass die Kätzin in Panik seinen Körper einfach als Leiter benutzte! Ihr Gewicht zog ihn in die Tiefe, wieder drohte er, den Halt zu verlieren. Er fasste nach. Ignorierte den Schmerz. Konzentrierte sich nur noch darauf, nicht zu fallen.
Endlich war die Kätzin bei seinem Kopf angelangt und sprang sofort auf den engen Fenstersims. Er folgte ihrem Beispiel, indem er sich, wild mit den Hinterbeinen tretend, aus der Tonne hochzog. Auch für ihn gab es nur den moosbewachsenen Sims als Rettung. Er sprang. Aber noch bevor er aufsetzen konnte, langte sie fauchend zu. Er hatte keine Chance auszuweichen. Jede Bewegung hätte ihn in die Tonne stürzen lassen. Er konnte lediglich den Kopf einziehen, so dass sie ihm das Ohr statt des Auges zerfetzte. Der Hieb war so blitzschnell, dass er den grellen Schmerz erst spürte, als die tropfnasse Kätzin längst in die Gasse gesprungen und davongerast war.
Erst als das Wüten in seinem Ohr nachließ, bemerkte er wieder den jungen Menschen, der unter einer der altmodischen Laternen stand. Der Halbwüchsige glotzte ihn mit offenem Mund an. Und dann rollte der Schmerz über den Wanderer hinweg.
Er sah in das dunkle Wasser der Tonne, in dem sich Sterne spiegelten und das beinahe sein Verderben und das der Kätzin geworden wäre. Ein schwarzes, fremdes Katzengesicht starrte ihm aus dem Wasser entgegen. Das Bild löste sich auf, als ein Blutstropfen aus seinem aufgeschlitzten Ohr hineinfiel. Aber gut, ein entstelltes Ohr war kein zu hoher Preis für ihrer beider Leben. Allerdings war ihre Art, Danke zu sagen, doch ein wenig ... ruppig.
Als das harte Pochen seines Herzens nachließ, witterte er in die warme, klare Nacht.
Es ist noch nicht vorbei.
Die Haut unter seinem Fell zog sich in Wellen zusammen. Die Gefahr des Flügelschattens war ganz nah.
Die Augen des Wanderers zuckten, als er den Ursprung der bösen Kraft suchte. Doch es war nicht sein Sehsinn, der das Böse entdeckte. Sondern seine anderen Sensoren, die ein viel schärferes Bild der Wirklichkeit zu zeichnen verstanden. Dort. In dem Tordurchgang auf der anderen Seite der Gasse, dort erkannte er die bösartig blauschwarze Dichte eines Menschen. Und jetzt konnte er rund um die Tonne die Spuren wahrnehmen, die dieser Mensch hinterlassen hatte. Er war es gewesen, der die Kätzin ins Wasser geschmissen und danach den Deckel auf die Tonne gelegt hatte, damit sie ertrank!
Schon rechnete der Wanderer damit, dass der Mensch sich nun auf ihn stürzen würde, um mit ihm zu vollenden, was ihm mit der Kätzin nicht gelungen war. Aber da zog sich die Gestalt zurück und verschwand.
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Autoren-Porträt von Jean Bagnol
Jean Bagnol ist das Pseudonym des Schriftsteller-Ehepaares Nina George und Jens "Jo" Kramer. Die Spiegel-Bestsellerautorin George und der Journalist, Pilot und Schriftsteller Kramer sind seit 2006 verheiratet, leben in Hamburg, schreiben unter insgesamt sieben Namen und Pseudonymen und veröffentlichten zahlreiche Solowerke (Romane, Sachbücher, Thriller, historische Romane).
Bibliographische Angaben
- Autor: Jean Bagnol
- 2013, 431 Seiten, Maße: 13,5 x 21 cm, Klappenbroschur, Deutsch
- ISBN-10:
- ISBN-13: 4250968808866
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