Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit
Umkämpfte Arbeitsverhältnisse in Brasilien. Dissertationsschrift
In Brasilien ist vielfach die Rede von "moderner Sklavenarbeit". Die betreffenden Arbeitsverhältnisse sind oft in globale Produktionsnetzwerke eingebunden und durch Migration bedingt. Anhand von Beispielen aus der Bekleidungs- und der Stahlproduktion werden...
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Produktinformationen zu „Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit “
In Brasilien ist vielfach die Rede von "moderner Sklavenarbeit". Die betreffenden Arbeitsverhältnisse sind oft in globale Produktionsnetzwerke eingebunden und durch Migration bedingt. Anhand von Beispielen aus der Bekleidungs- und der Stahlproduktion werden die Strategien von staatlichen Institutionen, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften aus repräsentationskritischer und machtanalytischer Perspektive untersucht. Im Zentrum stehen Deutungen, Erfahrungen und Widerstandsstrategien der Arbeiterinnen und Arbeiter. Die Dispositivanalyse wirft ein neues Licht auf die Begriffe Unfreiheit, Entwürdigung und Ausbeutung.
Klappentext zu „Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit “
In Brasilien ist vielfach die Rede von "moderner Sklavenarbeit". Die betreffenden Arbeitsverhältnisse sind oft in globale Produktionsnetzwerke eingebunden und durch Migration bedingt. Anhand von Beispielen aus der Bekleidungs- und der Stahlproduktion werden die Strategien von staatlichen Institutionen, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften aus repräsentationskritischer und machtanalytischer Perspektive untersucht. Im Zentrum stehen Deutungen, Erfahrungen und Widerstandsstrategien der Arbeiterinnen und Arbeiter. Die Dispositivanalyse wirft ein neues Licht auf die Begriffe Unfreiheit, Entwürdigung und Ausbeutung.
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Lese-Probe zu „Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit “
1. Einleitung1.1 Ausgangspunkt und ErkenntnisinteresseModerne Sklavenarbeit umfasst ein heterogenes Feld extrem prekärer und oftmals durch temporäre Arbeitsmigration strukturierter Arbeitssituationen. Im Allgemeinen wird angenommen, dass die Beschäftigten in solchen Arbeitsverhältnissen über wenig Möglichkeiten zur Gegenwehr oder Interessenvertretung verfügen. Ich nehme den Begriff moderne Sklavenarbeit als ein brasilianisches rechtliches und arbeitspolitisches Konzept zum Ausgangspunkt meiner Analyse von Macht und Widerstand in eben diesen Arbeitssituationen. Seit den 1990er Jahren wird moderne Sklavenarbeit in Brasilien in einem öffentlichen und policy-orientierten Diskurs problematisiert. Der Begriff ist an das Konzept der Zwangsarbeit nach der ILO-Konvention 29 angelehnt (ILO 2014b), geht aber über dieses hinaus. Die entsprechende Definition im brasilianischen Strafgesetzbuch umfasst erstens Fragen des Zwangs und der Freiheitsberaubung (z. B. über Schulden oder physische Gewalt), zweitens der Überausbeutung durch extensive Arbeitstage und drittens entwürdigende Bedingungen bei Arbeit und Unterkunft. Seit Beginn offizieller Inspektions- und Strafverfolgungstätigkeiten auf dem Feld moderner Sklavenarbeit im Jahr 1995 bis einschließlich 2015 wurden in Brasilien 49.816 Personen aus Situationen moderner Sklavenarbeit befreit (MTPS, zit. nach RB 15.06.2016). Diese Zahl schockiert zunächst, weist sie doch auf eine große Zahl bekannter Fälle schwerwiegender Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen hin. Weniger aussagekräftig ist sie, wenn ein Überblick über die Gesamtzahl der Fälle extrem ausbeuterischer und unfreier Arbeitssituationen angestrebt wird. Denn aus den Daten des Arbeitsministeriums lässt sich in erster Linie ablesen, dass dieses seit 1995 vermehrt begann, Arbeitssituationen unter der Kategorie moderne Sklavenarbeit zu bearbeiten und die entsprechenden Daten zu systematisieren. Moderne Sklavenarbeit in diesem Sinne ist daher kein empirisches Phänomen, sondern
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ein arbeitspolitisches und juristisches Konzept. Die empirisch so bezeichneten Arbeitssituationen umfassen ein sehr breites Feld unterschiedlicher Erfahrungen. Als juristisches Konzept ist es zudem hochgradig umstritten. Das wurde beispielsweise in einer polemischen Debatte um den Gesetzesentwurf zur Enteignung von Land im Fall von Sklavenarbeit auf diesem deutlich (siehe Kapitel 3). Vor diesem Hintergrund bearbeite ich die folgende Fragestellung:Was bedeutet die konflikthafte Deutung und Bearbeitung spezifischer Arbeitsverhältnisse in globalen Produktionsnetzwerken als moderne Sklavenarbeit für die Machtbeziehungen und Widerstände in diesen Arbeitsverhältnissen?Der Gegenstand meiner Forschung ist dann Arbeit und Widerstand in globalen Produktions- und Migrationsnetzwerken. Hieran interessieren mich besonders Fragen der Subjektivation und der Konstruktion eines handlungsmächtigen oder -ohnmächtigen Subjektes, Praktiken der (Selbst-) Repräsentation und die Handlungsmöglichkeiten subalterner Arbeiter_innen. Die Fragestellung wird mithilfe einer arbeitssoziologisch fundierten Dispositivanalyse anhand von zwei qualitativen Fallstudien untersucht.Wenn vor dem begrifflichen Hintergrund moderner Sklavenarbeit nach Handlungsperspektiven von Arbeiter_innenbewegungen gefragt wird, offenbart sich eine definitorische Schwierigkeit. Dies lässt sich beispielhaft anhand der folgenden Textstellen aus einem Interview mit einer Projektleiterin am unternehmensnahen Sozialverantwortungsinstitut ETHOS nachvollziehen:»Wir müssen versuchen, die Definition von Sklavenarbeit aufrechtzuerhalten. Damit ist ein Angriff auf die Menschenwürde gemeint. Die Person sieht sich auf viele unterschiedliche Arten in ihrer Freiheit eingeschränkt. Denn diese Arbeiter [Arbeiter auf einer Großbaustelle für einen Staudamm in Jirau, die kurz zuvor wilde Streiks durchgeführt hatten , Anm. d. V.] arbeiten zwar unter prekären Bedingungen und sind mit antigewerkschaftlichen Arbeitgeberpolitiken konfron
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Inhaltsverzeichnis zu „Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit “
Inhalt1. Einleitung 111.1 Ausgangspunkt und Erkenntnisinteresse 111.2 Stand der Forschung 161.2.1 Netzwerke der Produktion und der Migration 161.2.2 Freie und unfreie Arbeit 231.2.3 Arbeiter_innen, Macht und Subalternität 271.3 Theoretische Verortung 311.4 Einführung in die Fallstudien 361.5 Aufbau der Arbeit 382. Forschungsprogramm und Methode 402.1 Dispositivanalyse: Definition und zentrale Begriffe 402.2 Theoretische Einsatzpunkte der repräsentationskritischen Dispositivanalyse 502.2.1 Das Verhältnis zwischen Diskurs, Materialität und Praktiken 502.2.2 Subjekt und Dispositiv 582.2.3 Subjekt, Macht und Widerstand 652.3 Analysekategorien 712.4 Methodisches Vorgehen 762.5 Exkurs: (Un-)Möglichkeiten situierter und aktivistischer Forschung 903. Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit in Brasilien 943.1 Moderne Sklavenarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel im internationalen Diskurs 953.2 Entstehung und Entwicklung des Dispositivs 983.2.1 Benennung und Anklage von Sklavenarbeit als Menschenrechtsverletzung (1971-1995) 993.2.2 Entwicklung der Allianz gegen Sklavenarbeit ab 1995 1043.2.3 Institutionalisierung des Kampfs gegen Sklavenarbeit ab 2003 1073.2.4 Menschenhandel: Andere Ausbeutungsverhältnisse, andere Politiken oder nur ein neuer Begriff? 1143.2.5 Ausblick auf die aktuellen Entwicklungen 1173.2.6 Zwischenfazit 1193.3 Ankerpunkte des Dispositivs Moderne Sklavenarbeit 1203.3.1 Einbettungen und Abgrenzungen: Einsatzfelder des Dispositivs 1213.3.2 Ansatzpunkte der Politiken gegen Sklavenarbeit 1303.3.3 Die Repräsentationslücke in den Initiativen zur Abschaffung moderner Sklavenarbeit 1393.3.4 Subjekt/Objekt des Dispositivs: Die Arbeitenden als 'versklavte' und 'vulnerable' Bevölkerungsgruppe 1473.4 Zwischenfazit 1564. Fallstudie A: Holzkohleproduktion in der Region Carajás 1584.1 Einleitung 1584.1.1 Grande Carajás zwischen Agrargrenze und Rohstoffförderung 1594.1.2 Das Dispositiv Moderne Sklavenarbeit in der Holzkohleproduktion 1684.1.3 Ausblick auf die Fallstudie
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1734.2 Das Produktionsnetzwerk der Stahl- und Eisenindustrie 1764.2.1 Akteure, Entwicklungen und Beziehungen im Produktionsnetzwerk 1784.2.2 Problematisierung des Produktionsnetzwerks der Stahl- und Eisenindustrie 1884.2.3 Dichotome Beschreibungen und situiertes Wissen 2034.2.4 Zwischenfazit 2094.3 Zirkuläre Arbeitsmigration in die carvoarias 2104.3.1 Migration als Folge und Bedingung von 'Entwicklung' 2124.3.2 Die Besonderheiten vermittelter zirkulärer Arbeitsmigration und die Figur des gato 2144.3.3 Migration zwischen Notwendigkeit und Abenteuerlust 2244.3.4 Zwischenfazit 2314.4 Arbeit und Ausbeutung in den carvoarias 2324.4.1 Lage und betriebliche Organisation der carvoarias 2334.4.2 Arbeitsverhältnisse und Abmachungen 2374.4.3 Arbeits- und Rahmenbedingungen 2474.4.4 Zwischenfazit 2584.5 Normative Grenzziehungen und die Produktivität des Dispositivs Moderne Sklavenarbeit 2594.5.1 Inhaltliche Kriterien der Abgrenzung moderner Sklavenarbeit 2604.5.2 Effekte und Begründungszusammenhänge normativer Grenzziehungen 2674.5.3 Momente der Versklavung - Momente der Definition 2714.5.4 Umstrittene und streitende Subjekte: Die Geburt des 'Sklaven' 2754.5.5 Zwischenfazit 2804.6 Aushandlung und Widerstand: Konflikte am Arbeitsplatz und darüber hinaus 2824.6.1 Aushandlung, Konflikt und Hierarchie am Arbeitsplatz 2834.6.2 Über den Arbeitsplatz hinaus und in den Arbeitsplatz hinein -Flucht, Inspektionen und Befreiungsaktionen 3024.6.3 Repräsentation der Unrepräsentierbaren 3274.6.4 Zwischenfazit 3325. Fallstudie B: Die Bekleidungsindustrie in São Paulo 3345.1 Einleitung 3345.1.1 Die Entwicklung des Dispositivs Moderne Sklavenarbeit in Bezug auf die Bekleidungsindustrie 3355.1.2 Akteure der Abschaffung moderner Sklavenarbeit 3435.1.3 Ausblick auf die Fallstudie 3485.2 Das Produktionsnetzwerk der Bekleidungsindustrie 3495.2.1 Die Bekleidungsproduktion im Spiegel des Dispositivs Moderne Sklavenarbeit 3515.2.2 Problematisierungen: Von kleinen Fischen und großen Profiteuren 3625.2.3 Situiertes Wissen in und um das GPN der Bekleidungsindustrie 3695.2.4 Zwischenfazit 3725.3 Migration als Problem des Dispositivs Moderne Sklavenarbeit in der Bekleidungsindustrie 3745.3.1 Kontext: Migration und Migrationspolitiken in Brasilien 3755.3.2 Diskurse und Praktiken der Migration in der Bekleidungsindustrie 3805.3.3 Ethnisierte Produktionsbeziehungen, Kulturalisierung und die Subjekte der Migration 3935.3.4 Zwischenfazit 3985.4 Arbeit und Ausbeutung in den oficinas 3995.4.1 Elemente der Haushalts- und Betriebsführung in den oficinas 4005.4.2 Bedingungen von Arbeit in den oficinas 4105.4.3 Zwischenfazit 4165.5 Normative Grenzziehung als konstitutive Praxis im Dispositiv Moderne Sklavenarbeit 4175.5.1 Objektive Abgrenzungskriterien versus subjektive Erfahrungen unfreier Arbeit 4195.5.2 Die Frage nach dem 'freien Willen' der 'Versklavten' 4245.5.3 Zwischenfazit 4315.6 Widerstand und Handlungsstrategien 4325.6.1 Aushandlungen, Konflikte und Gegenwehr 4325.6.2 Repräsentationen der Beschäftigten im Dispositiv Moderne Sklavenarbeit 4475.6.3 Zwischenfazit 4656. Schlussfolgerungen: Umstrittene Repräsentationen 'versklavter' Subjekte 4676.1 Globale Produktions- und Migrationsnetzwerke in der Holzkohleproduktion und Bekleidungsindustrie 4686.2 Moderne Sklavenarbeit in den carvoarias und oficinas 4776.2.1 Die grenzziehende Produktivität des Begriffs moderne Sklavenarbeit 4796.2.2 Das Definitionsparadox mit praktischen Folgen 4836.3 Widerstand und Repräsentation: Handlungsmacht- und ohnmacht 'versklavter' Subjekte 4846.3.1 Repräsentationsbeziehungen und Repräsentationslücke 4876.3.2 Subjektivation als Repräsentationsproblematik 4896.4 Die Dispositivanalyse als Analyseperspektive: Nutzen und Grenzen 4936.5 Abschließender Ausblick 4957. Literatur 499Abkürzungen 530Abbildungen und Tabellen 533Anhang 534Expert_inneninterviews 534Beschäftigteninterviews 537Veranstaltungsbesuche (Auswahl) 538Danke! 540
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Autoren-Porträt von Anne Lisa Carstensen
Anne Lisa Carstensen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) an der Universität Osnabrück.
Bibliographische Angaben
- Autor: Anne Lisa Carstensen
- 2019, 541 Seiten, Maße: 14,1 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593510480
- ISBN-13: 9783593510484
- Erscheinungsdatum: 12.04.2019
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