Das geheimnisvolle Lächeln

"Um die Frage, warum das Bildnis der "Gioconda" das berühmteste Gemälde der Kunstgeschichte geworden ist, geht es in diesem Roman nicht. Es geht auch nicht darum, ob die Heldin dieser Geschichte tatsächlich gelebt hat oder sogar Leonardos Model für die unschätzbare "Mona Lisa" gewesen ist. Und doch werden die Leser nach der Lektüre dieses eigenwilligen Buches immer diese Elisabetta als Person vor Augen haben, wenn sie "Mona Lisa" in die Augen schauen. Und genau darum geht es in diesem Buch, um das Schauen, das genaue Schauen. Leonardo da Vinci hat der Menschheit das Bildnis einer Frau geschenkt, die, gleichgültig, wie man auf sie blickt, den Blick erwidert; und dabei lächelt sie freundlich, gelassen und ansteckend ruhig. Damit ist sie das absolute Gegenteil dessen, was Frauen von heute ausmacht, und genau deshalb sollten junge Frauen dieses Buch lesen. Faszinierend ist vor allem dieser Alltag, den wir dabei kennen lernen. Elisabetta ist als junges Mädchen eigenwillig, offen für alle Möglichkeiten, die sich ihr bieten. Und gleichzeitig ist sie gehorsam, folgsam und dem Willen ihrer Eltern absolut ergeben, weil, so sagt sie mehrfach, sie diese Eltern über alles liebt. Hinter dieser Liebe steht die Selbstverständlichkeit einer hierarchischen Ordnung der Welt, an deren Spitze ein liebender Gott über all seinen Geschöpfen eine schützende Hand hält. Aus dieser Sicherheit heraus ist auch ganz klar, dass ein Despot wie Girolamo Savonarola, der Florenz beherrscht, nichts mit dem zu tun hat, was Elisabetta unter der Sinn stiftenden Religiosität versteht, die ihrem Leben Halt und Inhalt gibt. Dazu gehört aber sehr wohl die leidenschaftliche Sehnsucht, die sie dem jungen attraktiven Giuliano de Medici gegenüber empfindet; dazu gehört auch ihre Begeisterung für die Seidenraupenzucht ihres Vaters und die Schönheit der daraus gewonnenen Stoffe; dazu gehört die