Das Liebeskomplott
England, im frühen 19. Jahrhundert: Vermillion Lee Durant wurde in allen Verführungskünsten ausgebildet und will das Erbe...
England, im frühen 19. Jahrhundert: Vermillion Lee Durant wurde in allen Verführungskünsten ausgebildet und will das Erbe ihrer Tante als Kurtisane antreten. Da erhält Captain Caleb Tanner den Auftrag, einen Spion zu entlarven und die Wahrheit über Vermillion und ihre Tante herauszufinden. Als er sich als Knecht im Reitstall der Durants einstellen lässt, geraten schon bald sein Herz ebenso wie sein Urteilsvermögen in Gefahr.
England, im frühen 19. Jahrhundert: Vermillion Lee Durant wurde in allen Verführungskünsten ausgebildet und will das Erbe ihrer Tante als Kurtisane antreten. Da erhält Captain Caleb Tanner den Auftrag, einen Spion zu entlarven und die Wahrheit über Vermillion und ihre Tante herauszufinden. Als er sich als Knecht im Reitstall der Durants einstellen lässt, geraten schon bald sein Herz ebenso wie sein Urteilsvermögen in Gefahr ...
"Brodelnde Leidenschaft und wahre Liebe, von Kat Martin hinreißend erzählt!" - Los Angeles Daily News
"Unter den vielen Autorinnen romantischer Liebesromane leuchtet Kat Martin wie ein Diamant hervor!" - Romantic Times
"Kat Martin gelingt es bewundernswert, einen spannenden Abenteuerroman mit einer ordentlichen Prise heißer Sinnlichkeit zu würzen!" - Publishers Weekly
Das Liebeskomplott von KatMartin
LESEPROBE
Ein Landgut unweit Londons
Mai, 1809
Sie hieß Vermillion. Der Name kam aus demAltfranzösischen und bezeichnete eine Farbe, ein helles Rot, auch Zinnober genannt.
Vermillion. Das Wort beschworschwüle, geheimnisvolle Bilder herauf. Heiße, dunkle, zügellose Bilder.
Sie hatte den Namen immer gehasst.
Sie selbst nannte sich schlicht und einfach Lee, dader zweite Vorname ihrem eigentlichen Wesen viel mehr entsprach. Vermillion LeeDurant, angeblich ein hübscher Name. Wenn er nur jemandem anderen gehört hätte.»Beeil dich, Vermillion, Liebes. Wir dürfen den Colonel nicht warten lassen.«
Lee seufzte. Nein, einen Gentleman durfte man niewarten lassen. Zumindest nicht hier, in der Welt der Demimonde, in der jederMann ein König war oder zumindest in dem Glauben gelassen wurde.
Lee hielt vor dem hohen Standspiegel inne, um denSitz ihres rubinroten Samtkleides zu überprüfen. Es bildete die ideale Ergänzungzu ihren dichten, dunkelroten, auf dem Kopf aufgetürmten Locken. Die Frisurentsprach wie das Kleid keineswegs der neuesten Mode, war jedoch, da weicherund schmeichelnder, für männliche Augen viel ansprechender. Das goldene Band,das sich durch die kunstvolle Frisur schlang, passte zu dem Aufputz an derhohen Taille des aufreizend tief ausgeschnittenen Kleides, das den Blick aufein großzügiges Dekolleté freigab. Der fast bis zum Knie geschlitzte Rock - inLondon der letzte Schrei - galt für eine junge, unverheiratete Dame von erstachtzehn Lenzen wie Lee als höchst unschicklich.
Nun, sie war diese Kleider und ihre ganze raffinierteAufmachung gewohnt. Geduldig hielt sie still, als Jeannie, ihre kleinefranzösische Zofe, ihr das mit Goldstoff gefütterte, rote Samtcape um dieSchultern legte und die Nadel, an der Diamanten und Granatsteine blitzten, anihrem Kragen befestigte. »Amüsier dich gut, chérie«, sagte die Frau,obwohl sie inzwischen wissen musste, dass es für Lee nicht im Mindesten amüsantsein würde.
»Gute Nacht, Jeannie.« Sie lächelte das von ihrerTante und ihren Verehrern erwartete, einstudierte, rätselhafte Lächeln undblieb an der Schlafzimmertür stehen. »Es wird heute sehr spät. Sollte ich Hilfebeim Ausziehen brauchen, werde ich läuten.«
Ihr künstliches Lächeln saß perfekt, als Vermillionauf den Gang hinausfegte und die geschwungene Treppe des in Parkwood, einemDörfchen knapp außerhalb Londons, gelegenen, eleganten Landhauses ihrer TanteGabriella hinunterschritt. Diese erwartete sie bereits am Fuße der Treppe ineiner saphirblauen, mit Brillanten übersäten Seidenrobe und zeigte ein Lächeln,das viel natürlicher wirkte.
Gabriella Durant war sechsundvierzig, dabei größerund auch schlanker als Vermillion. Ihre Brüste saßen noch hoch, ihr blondes Haarwar dicht und glänzend und nur da und dort von silbergrauen Strähnendurchzogen. Um Mund und Augen zeigten sich indes schon feine Linien, und ihreKinnpartie wies erste Anzeichen fehlender Straffheit auf. Trotz dieser kleinenMängel, die Gabriella abscheulich fand, war sie noch immer eine schöne Frau.
»Du siehst wunderbar aus, Liebling.« Tante Gabbymusterte Vermillions rubinfarbenes Samtkleid und das flammend rote, zu einerHochfrisur aufgesteckte Haar. »Mit jedem Jahr wirst du schöner.«
Vermillion gab keine Antwort. Die Damen Durant waren fürihre Schönheit bekannt. Es war die schlichte Feststellung einer Tatsache, dieLee mehr als Fluch denn als Segen ansah. Der Butler Wendell Perkin Jones, einschmaler, eleganter, kleiner Herr, der sein dunkles Haar in der Mittegescheitelt und an den Seiten pompös gelockt trug, öffnete die Tür, und Vermillionerspähte die Kutsche, einen eleganten, schwarzen Landauer mit grauem Gespann,ein Geschenk des Earl of Claymont, des momentanen cher ami ihrer Tante.
»Die Kutsche steht bereit«, sagte Tante Gabby.»Claymont erwartet uns im Theater.« Gabriella lächelte. Sie sah dem Abend mitso großem Vergnügen entgegen, wie Vermillion es nur selten empfand. Viel lieberwäre sie zu Hause geblieben, hätte auf einem ihrer geliebten Pferde einenAusritt unternommen, wenn es noch hell gewesen wäre, hätte sich vielleicht inein Buch vertieft oder eine Stunde an ihrer Harfe verbracht, doch verriet ihreMiene nichts von diesen Gedanken. Stattdessen wurde ihr Lächeln breiter, alssie in ihre Rolle schlüpfte, die ihr nach so vielen Jahren der Übung fast zur zweitenNatur geworden war. »Ich bin fertig. Wir können gehen, wenn du möchtest. Dusagst ja selbst, dass man Herren nicht warten lassen darf.« Ihr Cape schwangaus, als Vermillion zu ihrer Tante in den Eingang trat und mit ihr anmu tig ausder Tür hinausschritt, dem funkelnden Londoner Abend entgegen, der sieerwartete.
Captain Caleb Tanner fasste das Leitpferd am Zaum, umdie auffallenden Grauschimmel ruhig im Geschirr zu halten. Der teure Landauerwartete vor dem Landhaus der Durants, einem zweigeschossigen Backsteinbauinmitten einiger Morgen sanft gewellten Hügellandes vor den Toren Londons.
Hohe, weiße korinthische Säulen stützten einendekorativen Portikus, der ankommende Gäste vor den Unbilden der Witterung schützensollte, nachdem sie die lange, geschwungene Auffahrt von der Straße zum Haushinter sich gebracht hatten. Gabriella Durant hatte das Haus mit einemansehnlichen Vermögen von ihrer Mutter, einer ehemals berühmten Kurtisane, geerbt.Gabriella, die in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten war, hatte den Reichtumvermehrt und die Familientradition fortgeführt, deren letzte Vertreterin nunihre rothaarige Nichte Vermillion war.
Caleb war über die Durants sehr gut informiert. Erwusste, dass sie einer jener französischen Adelsfamilien entstammten, diemittellos in London Zuflucht gesucht hatten, um der Guillotine zu entgehen. UnterEinsatz ihrer auffallenden Schönheit und ihres Charmes hatte Simone Durant seinerzeitihre fast völlig verarmte Familie gerettet und es dank ihrer Liebeskünste, dieihr in der Demimonde zu legendärem Ruf verholfen hatten, zu beträchtlichemWohlstand gebracht. Nach Simones Tod war ihre Tochter Gabriella zur regierendenKönigin der Halbwelt aufgestiegen. Sie war La Belle, Londons gefeiertsteSchönheit.
Caleb warf einen Blick zur Haustür. Die Damen musstenjeden Moment erscheinen. Es ging das Gerücht, dass die Nichte, die Gabriellawie eine Tochter aufgezogen hatte, einmal den Thron in dritter Generationbesteigen sollte.
Caleb hatte Vermillion nie gesehen, doch hatte erviel über sie gehört, vor allem Klatsch über ihre Reize und ihre Raffinesse imBoudoir.
Er wusste, dass sie schön sein musste.
Nichts aber hatte ihn auf den umwerfenden Eindruckvorbereitet, der ihn so heftig wie ein Keulenschlag traf, als sie unter dasVordach trat und er sie im Schein der Eingangsbeleuchtung sah. Caleb konnte denBlick nicht von ihr losreißen. Noch nie hatte er so feuriges Haar oder Haut vonsolcher Makellosigkeit gesehen. Noch nie Augen von reinem Aquamarinblau.
Sie war kleiner, als er sie sich vorgestellt hatte,ihre Figur voller, weiblicher. Ihr Busen wölbte sich hoch und üppig unter derSchließe ihres roten Abendcapes und drohte das Mieder ihres Kleides zusprengen. Es reizte ihn, ihre Brüste zu umfassen, ihr feuriges Haar von denNadeln zu befreien und darin zu wühlen. Dunkelrubinrotes Rouge bedeckte dienatürliche Farbe ihrer verführerisch lächelnden Lippen, die in einem Mann denWunsch weckten, sie in Besitz zu nehmen. Caleb schüttelte sich unter einemGefühl des Widerwillens. Vermillion Durant war nicht mehr als ein teuresSpielzeug, ein Objekt zur Befriedigung männlicher Begierden, eine Frau, dieihren Körper benutzte, um Macht über liebestolle, leichtsinnige Männer zugewinnen. Vielleicht war sie sogar eine Spionin.
Aus diesem Grund stand Caleb Tanner neben denPferden, als neu eingestellter Stallmeister von Parklands, wie das Gut für jenehieß, die an Gabriella Durants berühmten Bällen, Maskenfesten und Hauspartysteilnahmen.
Es war für ihn eine Aufgabe, die sich von allenvorangegangenen unterschied. Caleb war aus Spanien, wo er unter Sir ArthurWellesley während der Dauer des Kampfes um Oporto in der Kavallerie gedienthatte, nach England zurückbeordert worden. Als jüngster Sohn des Earl ofSelhurst war er kurz nach Abschluss seines Studiums in Oxford zur Armeegegangen und hatte seinen Dienst in den Niederlanden und in Indien abgeleistet.Auf Befehl des Generals befand er sich nun wieder in England.
Auf Parklands - auf der Jagd nach einem Verräter. Calebsah, wie die Damen auf die Kutsche zukamen, spürte die Wirkung von Vermillionsblauen Augen, kaum dass ihr Blick sein Antlitz traf und ihn eine zweiteAufwallung von Verlangen erfasste und seine Abneigung gegen sie härter wurdeals seine Erektion, die sich gegen die Vorderseite seiner Kniehosen drückte.
Insgeheim stieß er einen Fluch aus.
Ihrem Blick wich er jedoch nicht aus.
Vor der Kutsche angelangt, blieb Vermillion stehen. IhrBlick galt den schönen, aufeinander abgestimmten Grauen, die ruhig im Geschirrstanden. Sie liebte Pferde. Die Tiere auf Parklands waren ihr ganzer Stolz undihre Leidenschaft, doch war ihr der Pferdebursche fremd, der bei dem Gespann stand,obwohl sie das Stallpersonal gut kannte, da sie jeden der Männer oder Jungenselbst angestellt hatte.
Bis auf diesen Mann, einen hoch gewachsenen,breitschultrigen Fremden mit harten, dunklen Augen und der Andeutung einesunverschämten Lächelns auf seinem Gesicht. Anstatt hinter ihrer Tanteeinzusteigen, ging Vermillion weiter und blieb erst vor dem Mann neben denPferden stehen. »Wo ist Jacob?« Jacob war seit fünfzehn Jahren Stallmeister undPferdetrainer auf Parklands. »Was machen Sie hier? Ist Jacob erkrankt?«
»Als ich ihn neulich sah, war er wohlauf.«
Sein Ton missfiel ihr ebenso wie seineselbstgefällige Miene. »Wo steckt er dann? Und wer sind Sie eigentlich?«
Sein Blick erfasste sie, bei den Zehen beginnend biszu ihrer kunstvollen Frisur, um dann zu ihren Brüsten zurückzukehren. Dieseallzu dreiste Musterung musste sie sich allabendlich von einer ganzen Reihe vonMännern gefallen lassen, doch der Blick dieses Kerls trieb ihr die Röte in die Wangen.Zu ihren Bewunderern durfte sie ihn nicht zählen - das ließen sein allzugleichmütiger Blick und der leicht zynische Zug um seine Lippen erkennen.
»Ich bin Caleb Tanner, der neue Stallmeister. Jacobmusste aus familiären Gründen nach Surrey. Er stellte mich für die Zeit seinerAbwesenheit ein.«
Vermillion reckte ihr Kinn und wünschte sichsehnlichst, größer zu sein. »Die Stallungen unterstehen mir. Jacob hätte mitseinen Problemen zu mir kommen sollen. Haben Sie Referenzen vorzuweisen? Wohersoll ich wissen, ob Sie sich für die Arbeit eignen?«
Er war groß, nicht auffallend muskulös, nur hochgewachsen und breitschultrig, Ende zwanzig etwa, mit braunem, ein wenig zulangem Haar, das sich im Nacken ringelte. »Ich bin mit Pferden aufgewachsen«,gab er zurück. »Ich arbeitete viel oben im Norden meist in York. MeineSpezialität sind Rennpferde.«
»Sie sind also auch Trainer?«
»Ganz recht. Jacob sprach von einem Hengst namens Noir,der diese Woche in Epsom an den Start gehen soll. Geben Sie mir wenigstens Zeitbis nach dem Rennen, damit ich meine Eignung beweisen kann.«
Ein fairer Vorschlag. Jacob verstand sich auf Pferdeund liebte sie so wie sie. Niemals hätte er sie einfach irgendjemandem überlassen,und schon gar nicht einem Menschen, dem er nicht völlig vertraute. Trotzdem der Mann hatte etwas an sich
»Also gut. Ich gebe Ihnen Zeit bis Ende der Woche. GewinntNoir, können Sie bleiben, bis Jacob wieder da ist.«
Er wölbte eine dunkle Braue. »Sie meinen also, eswäre meine Schuld, wenn der Hengst verliert?«
Natürlich nicht - nach nicht einmal einer Woche. Dochwar es ein guter Vorwand, um ihn loszuwerden, und aus scheinbar unerklärlichenGründen wollte sie genau dies. »Noir ist ein Champion. Sein Trainer hat dafürzu sorgen, dass er gewinnt. Schafft er es, können Sie bleiben.«
Um seinen Mund zuckte es kaum merkbar. »Dann tue ich gutdaran, alles zu unternehmen, damit er Sieger wird.«
Das hörte sich an, als hätte er keinen Zweifel anseinen Fähigkeiten und der Sieger stünde bereits fest. Vermillion gab keineAntwort. Ihr Cape schwang aus, als sie sich wortlos umdrehte und nach hintenzur Kutsche ging. Ihr Ziel waren London und ihre Loge im Royal Opera House. Zeigtenihnen der Adel und andere Angehörige des ton die kalte Schulter, würdeman ihnen auf dem dritten Rang, von dem aus gewisse reiche, jedoch nicht völligakzeptierte Mitglieder der guten Gesellschaft die Vorstellung verfolgten, wiePrinzessinnen begegnen.
»Beeil dich, mein Liebes, wir werden uns verspäten.« TanteGabbys Stimme drang durch das Fenster der Kutsche. Vermillion warf einenletzten Blick über ihre Schulter. Er galt dem Stallmeister, der den Hals desGrauen streichelte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Beide Pferde waren vonedlem Geblüt. Es waren schöne, feurige Tiere und oft schwierig zu handhaben.Heute jedoch nicht. Heute standen sie mit gesenkten Köpfen da, während derStallmeister sie mit seinen langen Fingern zwischen den Ohren kraulte.
Vielleicht war der Mann so fähig, wie es den Anscheinhatte, und sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein berechtigt. Vermillion, die sichauf dem abgesteppten roten Ledersitz zurücklehnte, fand diesen Gedanken imhöchsten Grad ärgerlich.
© Blanvalet Verlag
Übersetzung: Anke Koerten
- Autor: Kat Martin
- 2006, Sonderausg., 413 Seiten, Maße: 12,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Anke Koerten
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442364965
- ISBN-13: 9783442364961
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