Die Last der Schuld / Delta Force Trilogie Bd.2
Thriller. Deutsche Erstausgabe
Vor achtzehn Monaten wurde Lana Hancock bei einer Mission in Armenien von Terroristen entführt und gefoltert. Gerettet wurde sie von Undercoveragent Caleb Stone, der die Terrorgruppe infiltriert hatte. Nun versucht Lana, wieder ein normales Leben zu führen....
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Klappentext zu „Die Last der Schuld / Delta Force Trilogie Bd.2 “
Vor achtzehn Monaten wurde Lana Hancock bei einer Mission in Armenien von Terroristen entführt und gefoltert. Gerettet wurde sie von Undercoveragent Caleb Stone, der die Terrorgruppe infiltriert hatte. Nun versucht Lana, wieder ein normales Leben zu führen. Doch schon bald wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt, als Stone erneut vor ihrer Tür steht.Die Terroristen haben es auf Lanas Leben abgesehen, und Stone soll sie beschützen. Aber kann sie dem Mann, der ihre Entführung einst nicht verhindern konnte, wirklich vertrauen?
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Die Last der Schuld von Shannon K. Butcher2
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Von wegen eine Kugel einfangen. Caleb hätte sich freiwillig eine Kugel in die Eier jagen lassen, um Lana nicht erneut weinen zu sehen. Ihre Tränen hatten an seinem Herzen gezerrt wie rostiger Stacheldraht. Dies war eindeutig eine Art von Folter, auf die einen das Militär nicht vorbereitete. Caleb hatte all seine Willenskraft aufbieten müssen, um Lana nicht in die Arme zu nehmen. Als hätte er damit irgendetwas besser gemacht! Für wen hielt er sich eigentlich, dass er glaubte, die Frau trösten zu können, deren Probleme zum überwiegenden Teil auf seine Rechnung gingen?
Caleb verfluchte Monroe für diesen Einsatz. Sein Boss hätte wissen müssen, was Lana durchmachen würde, wenn sie Caleb erneut begegnete. Er hätte wissen müssen, was Caleb durchmachen würde. Dieser Bastard.
Caleb schob seinen Stuhl in die hinterste Ecke des Büros und versuchte, sich möglichst unsichtbar zu machen - keine leichte Aufgabe für einen Mann seiner Statur. Er weigerte sich zu verschwinden, und sie weigerte sich, seine Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen. Vorerst musste er sich mit dieser Pattsituation zufriedengeben. Wenn sie erst einmal über den Schock ihrer erneuten Begegnung hinweg war, würde sie ihm vielleicht zuhören. Bis dahin musste sich Caleb gedulden und die Augen offen halten.
Keine zehn Minuten nachdem sie es endlich geschafft hatte, Calebs stumme Gegenwart aus ihrem Bewusstsein zu verbannen, stolzierte Lanas Ex-Verlobter Oran Sinclair in ihr Büro. Er bewegte sich mit der arroganten Selbstsicherheit eines Mannes, der felsenfest davon überzeugt ist, dass ihm alle Blicke bewundernd folgen. Lanas Magen verkrampfte sich bei dem Anblick, der nichts als Wut und Abscheu in ihr auslöste - Wut, weil Oran einfach so hier hereinspaziert kam, als würde ihm der Laden gehören, und Abscheu, weil ihr der Egoismus dieses Mannes erst bewusst geworden war, nachdem er ihr das Herz gebrochen hatte.
Er war immer noch genauso gut aussehend wie damals, als sie sich im zweiten Studienjahr an der University of Missouri in ihn verliebt hatte. Mit seinem perfekt frisierten Haar und seinem fotogenen Vorzeigeaussehen hatte er sie absolut umgehauen. Sie war zu jung gewesen, um zu begreifen, dass das böse Erwachen erst Jahre später folgen würde.
So viel zum Thema wahre Liebe.
Oran rückte seine Krawatte zurecht und schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln - dasselbe Lächeln, das er der Presse schenkte, wenn er einen Prozess gewonnen hatte.
Er bedachte Caleb mit einem abschätzenden Seitenblick, während er zielstrebig auf ihren Schreibtisch zutrat. »Lana«, begrüßte er sie. Als sie ihm nicht die Hand reichte, griff er danach.
Seine Finger waren kalt und klamm, als wäre er nervös, was absoluter Quatsch war, denn Oran hatte in seinem ganzen Leben noch keine Nervosität verspürt. Er gedieh am besten unter Druck, florierte vor allem unter Stress - wie irgendein exotischer Pilz.
Lana entzog sich seinem Griff ein wenig zu hastig, sodass ihre Abneigung offen zutage trat. Caleb bemerkte die Geste und erhob sich von seinem Stuhl, um warnend einen Schritt vorzutreten. Lana schüttelte leicht den Kopf. Caleb runzelte missbilligend die Stirn, doch er blieb auf seiner Seite des Raums stehen.
»Willst du mir deinen Freund nicht vorstellen?«, fragte Oran mit einem Nicken in Calebs Richtung.
»Er ist nicht mein Freund. Ignorier ihn einfach. Das versuche ich auch.«
Orans Lächeln wurde breiter, und ein siegreiches Funkeln trat in seine Augen.
»Was willst du, Oran?«, fragte sie. »Bist du auf der Jagd nach Spendengeldern für deine Wahlkampagne, um deine hochtrabenden Pläne als Politiker endlich in die Tat umzusetzen?«
Er schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln, das seine strahlend blauen Augen mit feinen Fältchen umrahmte. »Nichts dergleichen, Liebling. Ich habe seit Ostern nichts mehr von dir gehört. Warum hast du nie zurückgerufen?«
»Weil ich dir nichts zu sagen habe. Mom hätte dich nicht zum Essen einladen sollen.«
»Sie macht sich eben Sorgen um dich.«
Das war nichts Neues.
Er fuhr fort. »Sie hat mir erzählt, dass du finanziell in der Klemme steckst. Ich wollte mit dir darüber reden, wie ich dir ein wenig unter die Arme greifen kann.«
In ihrem Kopf schrillten die Alarmglocken. Oran tat nie etwas aus purer Nächstenliebe. »Danke, nicht nötig«, erwiderte sie und setzte sich wieder hin, um ihn ohne ein weiteres Wort zu entlassen.
»Du hast es dir noch nicht einmal angehört«, ignorierte Oran ihre Abfuhr, während er einen Stuhl heranzog, um sich neben sie zu setzen.
»Das muss ich auch gar nicht. Was auch immer es ist, ich bin nicht interessiert.«
»Nicht mal, wenn ich dir anbiete, deine Stiftung über die nächsten fünf Jahre zu finanzieren?«
Lana blickte von ihren Notizen auf. Oran schenkte ihr jenes entwaffnende Lächeln, mit dem er ihr sechs Jahre zuvor mühelos das Herz geraubt hatte. Jenes Lächeln, das ihm unzählige Wählerstimmen einbringen würde.
Sein Angebot, die Stiftung zu unterstützen, klang zu schön, um wahr zu sein. Oran war kein großzügiger Mensch. »Du engagierst dich nur dann für einen wohltätigen Zweck, wenn die Presse es mitbekommt. Ich würde dir zuhören, wenn ich dir die Sache abkaufen könnte, aber ich kenne dich besser.«
Er streckte die Hand nach ihr aus, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht vor ihm zurückzuweichen und Calebs Aufmerksamkeit erneut auf sich zu lenken. Sie hasste es, bei dieser Unterhaltung einen Zuschauer zu haben. Das Ganze war so schon schlimm genug.
Er legte seine Hand an ihre Wange - die lächerliche Imitation einer zärtlichen Geste. »Du wirkst erschöpft. Du arbeitest zu viel, Lana. Ich weiß, wie viel dir die Stiftung bedeutet, und ich würde dir gern helfen.«
»Warum?« Sie wusste, wie sehr sie es verabscheuen würde, in seine Welt hineingezogen zu werden - in eine Welt, in der nichts zählte außer seinen politischen Ambitionen. Das musste sie sich immer wieder vor Augen halten.
»Kannst du mir nicht einfach glauben, dass ich dir schlicht und ergreifend helfen will, weil du mir etwas bedeutest?« Er klang aufrichtig.
»Nein.«
Er schenkte ihr ein selbstironisches Lächeln, das er vermutlich unzählige Male vor dem Spiegel trainiert hatte. »Das habe ich auch nicht erwartet. Ich weiß, es lief am Ende nicht besonders gut zwischen uns beiden, aber ich will dir beweisen, wie sehr ich das Ganze bereue. Ich hätte damals mehr Verständnis zeigen sollen.«
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Caleb die Szene ungeniert beobachtete, ohne sich auch nur den Anschein zu geben, als würde er ihnen ein wenig Privatsphäre einräumen.
Na wunderbar! Als wäre dieser Tag nicht schon peinlich genug verlaufen.
»Du hast gesagt, im Rollstuhl würde ich dir nichts nützen, Oran. Du hast gesagt, eine Frau, die dir vielleicht keine Kinder schenken kann, käme für dich nicht infrage. Verrate mir bitte mal, wie du noch weniger Verständnis hättest zeigen können.«
Oran warf einen skeptischen Blick auf Caleb, dann senkte er die Stimme. »Ich war ein Vollidiot. Es tut mir leid, Lana. Ich will es wiedergutmachen.«
»Indem du meine Stiftung finanzierst?«, fragte sie ungläubig. »Indem ich uns eine zweite Chance gebe. Wir waren ein gutes Team.«
»Scheinbar nicht gut genug, um zu mir zu halten. Du hast mich eiskalt abserviert, noch bevor ich aus dem Krankenhaus war!«
Caleb stand erneut auf. Lana warf ihm über Orans Schulter hinweg einen strafenden Blick zu. »Halten Sie sich da raus! Das Ganze geht Sie nichts an.«
»Wer ist dieser Kerl?«, fragte Oran. »Kannst du ihn nicht rausschicken, damit wir beide vertraulich miteinander reden können?«
»Ihn rausschicken?« Sie kreischte beinah. »Das sieht dir ähnlich, Oran. Du glaubst, du kannst jeden herumkommandieren, als wäre er dein Dienstbote.«
»Ich gehe nirgendwohin«, sagte Caleb mit einem drohenden Knurren in der Stimme. Seine dunklen Augen waren fest auf Lana gerichtet, so als wollte er sie warnen, ihn nur ja nicht herauszufordern. Dabei hatte sie herzlich wenig Interesse daran, eine noch größere Szene anzuzetteln als mit Oran.
»Ignorier ihn einfach«, sagte sie zu Oran. »Er ist nicht von hier, du brauchst dich also nicht um seine Wählerstimme zu sorgen.«
»Es kränkt mich, dass du glaubst, ich würde an nichts anderes denken«, sagte Oran.
»Ich weiß, dass du an nichts anderes denkst.« Sie stieß ihren Zeigefinger hart gegen Orans Brust. »Du konntest es gar nicht abwarten, die Last einer behinderten Frau loszuwerden. Ich habe dir oft genug gesagt, dass es zwischen uns aus ist. Punkt. Wie kommst du auf den absurden Gedanken, dass ich dir eine zweite Chance geben würde?«
»Weil ich dafür sorgen kann, dass die First Light Foundation nicht bankrottgeht. Ich weiß, wie sehr du daran hängst.«
Er wusste es nur zu gut, und er nutzte dieses Wissen schamlos aus. Wenn sie auch nur den geringsten Grund gehabt hätte, ihm zu glauben, wäre sie vielleicht auf sein Spielchen reingefallen, aber sie wusste es besser. »Soll das heißen, du willst dir meine Vergebung erkaufen?«
»Nein. Ich weiß, das würde niemals funktionieren. Ich will nur, dass du endlich begreifst, wie leid es mir tut, dich so behandelt zu haben.«
»Und warum ausgerechnet jetzt? Warum nicht vor sechs Monaten, als ich mich abgemüht habe, diese Stiftung auf die Beine zu stellen? Ist dir etwa erst jetzt aufgefallen, was für ein mieses Arschloch du warst? Oder hat vielleicht irgendein Mitarbeiter deiner Wahlkampagne eine Vergleichsanalyse erstellt, bei der herauskam, dass ich eine bessere Partie abgebe als Brittney?«
Eine verräterische Röte breitete sich über seinen Hals aus.
»Du erinnerst dich doch noch an sie?«, fragte Lana. »Brittney? Die Frau, die du heiraten willst?«
»Sie könnte mir nie so viel bedeuten wie du - meine erste große Liebe.« Seine Finger strichen zart über ihre Wange, doch sie stieß seine Hand hart beiseite.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Caleb die Fäuste ballte, doch er hielt sich zurück.
Lana hatte für Orans lächerliche Bemerkung nur ein Schnauben übrig. Einst hätte er sie damit um den kleinen Finger gewickelt, doch diese Zeiten waren längst vorbei. »Dann solltest du sie vielleicht besser nicht heiraten.«
»Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Tief in deinem Innern weißt du, dass wir zusammengehören.« Er streckte erneut die Hand nach ihr aus, doch Lana lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Oran schien den dezenten Hinweis zu verstehen und ließ die Hand wieder sinken.
»Du liebst nur einen einzigen Menschen, und das bist du selbst. Ganz gleich, wie viel Geld du meiner Stiftung auch anbietest, es wird nicht genug sein, um dir meine Vergebung zu erkaufen.«
»Und wie wäre es mit deiner Zeit? Ich will schließlich nicht mehr als eine zweite Chance. Geh mit mir essen. Nur essen.« Seine Stimme klang schmeichlerisch.
»Warum willst du unbedingt mit mir essen gehen? Ich denke, du hast dich gerade verlobt?«
»Es läuft nicht besonders gut«, erklärte er.
»Was ist passiert? Hat sie etwa beim Abendessen mit dem Gouverneur die falsche Gabel benutzt?«
»Sei nicht albern! Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass du die Frau bist, mit der ich wirklich zusammen sein will. Und wenn das bedeutet, dass ich deine beruflichen Pläne unterstützen muss, dann werde ich das tun.« Seine Worte klangen, als würde er ein gewaltiges Opfer erbringen, damit sie ihrer Arbeit nachgehen konnte.
Lana hatte plötzlich eine Eingebung und entschloss sich, ihre Theorie auf den Prüfstand zu stellen. »Was, wenn ich meinen Beruf aufgeben würde?«
»Du liebst deine Arbeit doch viel zu sehr. Das würde ich niemals von dir verlangen, Liebling.«
»Und warum nicht?«, fragte sie schmeichlerisch.
»Du leistest hervorragende Arbeit. Die Presse liebt dich. Warum um alles in der Welt solltest du das aufgeben wollen?«
Die Presse. Das war es also. Lana hatte in letzter Zeit im Mittelpunkt mehrerer großer Zeitungsberichte gestanden. Oran wollte sich also ein Stück vom Publicity-Kuchen abschneiden. »Ich bin mit dir fertig, Oran. Da ist die Tür!«
Lana wandte sich erneut ihrer Arbeit zu und versuchte, sich auf ihre Notizen zu konzentrieren. Die Worte ergaben keinerlei Sinn, doch Lana starrte sie an, als würden sie ihr die Weisheit des Lebens offenbaren.
Wie hatte sie nur jemals glauben können, dass Oran sie liebte? Inzwischen war ihr klar, dass dieser Mann zu derartigen Gefühlen überhaupt nicht fähig war. Er war nicht mehr als ein weiterer dummer Fehler, den sie in ihrem Leben begangen hatte.
»Bitte tu das nicht, Lana.« Sein sanfter, einfühlsamer Ton brachte sie beinah um den Verstand. Oran bot ihr alles, was sie sich wünschte, doch sie wusste, dass sein Angebot reine Augenwischerei war. Ganz gleich, wie sehr sie ihn liebte, er wäre niemals in der Lage, ihre Liebe so zu erwidern, wie sie es sich vorstellte. Wie sie es brauchte.
»Ich tue überhaupt nichts«, sagte Lana. »Ich habe dich nicht gebeten hierherzukommen. Ich habe dich um gar nichts gebeten. Ich bitte dich nur zu verschwinden.«
Caleb trat einen Schritt vor. Mit seinem finsteren Gesichtsausdruck wirkte er äußerst respekteinflößend. Oran schien die Bedrohung nicht zu erkennen. Andererseits wusste er auch nicht, wozu Caleb fähig war - ganz im Gegensatz zu Lana. Sie hatte mit angesehen, wie er jenen Mann getötet hatte, der für ihre Schläge und ihre Folter verantwortlich war. Bei ihm wirkte der Akt des Tötens geradezu beängstigend leicht.
»Ich will nicht, dass das Ganze so endet. Du und ich, wir könnten eine gemeinsame Zukunft haben. Komm zu mir zurück, und ich werde es dir beweisen.«
»Wir haben keine gemeinsame Zukunft, Oran. Du hast jede Chance darauf vertan, indem du mich im Stich gelassen hast, als ich dich am meisten brauchte.«
»Ich sag doch, es tut mir leid. Können wir die Sache nicht einfach begraben?«
»Dafür ist es zu spät«, sagte Lana.
»Sie hat Sie aufgefordert zu gehen«, mischte sich Caleb mit tiefer, fester Stimme ein. Er war immer noch einige Schritte auf Abstand, doch seine Gegenwart wirkte deswegen nicht weniger bedrohlich. »Sie sollten ihrem Wunsch nachkommen.«
»Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?«, fragte Oran. Er rümpfte die Nase, als hätte er etwas Übles gerochen.
Lana reagierte nicht schnell genug, um Oran einen plausiblen Grund zu liefern, warum Caleb hier war.
»Ich bin derjenige, der Ihnen die Tür weist, falls Sie den Weg nicht alleine finden«, erwiderte Caleb. Seine Stimme klang ruhig, gedämpft.
Oran musterte Calebs kraftvollen Körper von oben bis unten. »Arbeiten Sie mit Lana zusammen?«
»Ja«, erwiderte Caleb im gleichen Moment, wie Lana »Nein« sagte.
Oran blickte von einem zum anderen. Sein fotogenes Lächeln war wie weggeblasen. »Lass dir mein Angebot durch den Kopf gehen, Lana! Ich gebe dir ein wenig Bedenkzeit, und dann komme ich zurück, um deine Antwort zu erfahren.«
»Die Antwort ist dieselbe, die ich dir schon vor Monaten gegeben habe. Dieselbe, die ich dir jetzt gebe. Spar dir die Mühe«, erwiderte Lana.
Oran zuckte mit den Schultern und ging zur Tür, während er sein berühmtes Seht-mich-nur-an-Lächeln aufsetzte, für den Fall, dass ihn von draußen jemand bemerkte. »Wir werden sehen. Vielleicht wird dir schon bald klar werden, wie sehr du mich brauchst.«
»Als ich dich wirklich brauchte, warst du nicht da. Diesen Fehler werde ich kein zweites Mal machen.«
***
Caleb hatte bereits in jungen Jahren gelernt, sein Temperament unter Kontrolle zu halten, da er schon immer größer und stärker gewesen war als die meisten anderen Kinder. Ohne Geduld und Selbstbeherrschung hätte er leicht jemanden verletzen können, und diese Tugenden hatten ihm stets gute Dienste erwiesen - bis heute.
Während Caleb zusah, wie Oran zur Tür hinausging, wünschte er sich, er hätte ihm eine Faust in seine perfekte Visage gerammt. Dem Mistkerl zwei blaue Augen zu verpassen wäre überaus befriedigend gewesen. Geradezu befreiend.
Er konnte kaum fassen, wie Oran so dumm gewesen sein konnte, Lana den Laufpass zu geben. Die Tatsache, dass er dies ausgerechnet in dem Moment getan hatte, als sie schwach und verletzlich gewesen war, ließ Caleb vor Wut die Fäuste ballen.
»Kommt dieser Typ immer so hier hereingeschneit?«, fragte Caleb.
Lanas Miene war starr vor Zorn, der sich nunmehr auf ihn richtete. Caleb hatte sich bewusst zurückgehalten, da er sich nicht in Lanas Privatangelegenheiten einmischen wollte, doch nun konnte er sich nicht länger zusammenreißen. Nicht nach diesem Auftritt.
»Er wird's schon irgendwann begreifen.«
Caleb missfiel der Gedanke, dass sich Lana mit solchem Abschaum abgeben musste. Nicht, dass es ihn etwas anginge. Lana war eine erwachsene Frau und konnte so viele falsche Entscheidungen treffen, wie sie wollte. Er hatte weiß Gott oft genug dasselbe getan.
»Wenn es Sie irgendwie tröstet, er ist ein Vollidiot«, kommentierte Caleb. »Sie können froh sein, dass Sie ihn los sind.«
Lana atmete tief durch und starrte auf ihre Notizen. »Das ist mir inzwischen auch klar.«
Aber es war ihr nicht klar gewesen, als er sie hatte sitzen lassen - diese unterschwellige Botschaft schwang in ihren Worten mit.
Caleb ballte die Hände zu Fäusten und ermahnte sich, dass er nicht hier war, um Lanas Ex-Verlobten zu vermöbeln - so verlockend die Vorstellung auch sein mochte.
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Von wegen eine Kugel einfangen. Caleb hätte sich freiwillig eine Kugel in die Eier jagen lassen, um Lana nicht erneut weinen zu sehen. Ihre Tränen hatten an seinem Herzen gezerrt wie rostiger Stacheldraht. Dies war eindeutig eine Art von Folter, auf die einen das Militär nicht vorbereitete. Caleb hatte all seine Willenskraft aufbieten müssen, um Lana nicht in die Arme zu nehmen. Als hätte er damit irgendetwas besser gemacht! Für wen hielt er sich eigentlich, dass er glaubte, die Frau trösten zu können, deren Probleme zum überwiegenden Teil auf seine Rechnung gingen?
Caleb verfluchte Monroe für diesen Einsatz. Sein Boss hätte wissen müssen, was Lana durchmachen würde, wenn sie Caleb erneut begegnete. Er hätte wissen müssen, was Caleb durchmachen würde. Dieser Bastard.
Caleb schob seinen Stuhl in die hinterste Ecke des Büros und versuchte, sich möglichst unsichtbar zu machen - keine leichte Aufgabe für einen Mann seiner Statur. Er weigerte sich zu verschwinden, und sie weigerte sich, seine Gegenwart zur Kenntnis zu nehmen. Vorerst musste er sich mit dieser Pattsituation zufriedengeben. Wenn sie erst einmal über den Schock ihrer erneuten Begegnung hinweg war, würde sie ihm vielleicht zuhören. Bis dahin musste sich Caleb gedulden und die Augen offen halten.
Keine zehn Minuten nachdem sie es endlich geschafft hatte, Calebs stumme Gegenwart aus ihrem Bewusstsein zu verbannen, stolzierte Lanas Ex-Verlobter Oran Sinclair in ihr Büro. Er bewegte sich mit der arroganten Selbstsicherheit eines Mannes, der felsenfest davon überzeugt ist, dass ihm alle Blicke bewundernd folgen. Lanas Magen verkrampfte sich bei dem Anblick, der nichts als Wut und Abscheu in ihr auslöste - Wut, weil Oran einfach so hier hereinspaziert kam, als würde ihm der Laden gehören, und Abscheu, weil ihr der Egoismus dieses Mannes erst bewusst geworden war, nachdem er ihr das Herz gebrochen hatte.
Er war immer noch genauso gut aussehend wie damals, als sie sich im zweiten Studienjahr an der University of Missouri in ihn verliebt hatte. Mit seinem perfekt frisierten Haar und seinem fotogenen Vorzeigeaussehen hatte er sie absolut umgehauen. Sie war zu jung gewesen, um zu begreifen, dass das böse Erwachen erst Jahre später folgen würde.
So viel zum Thema wahre Liebe.
Oran rückte seine Krawatte zurecht und schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln - dasselbe Lächeln, das er der Presse schenkte, wenn er einen Prozess gewonnen hatte.
Er bedachte Caleb mit einem abschätzenden Seitenblick, während er zielstrebig auf ihren Schreibtisch zutrat. »Lana«, begrüßte er sie. Als sie ihm nicht die Hand reichte, griff er danach.
Seine Finger waren kalt und klamm, als wäre er nervös, was absoluter Quatsch war, denn Oran hatte in seinem ganzen Leben noch keine Nervosität verspürt. Er gedieh am besten unter Druck, florierte vor allem unter Stress - wie irgendein exotischer Pilz.
Lana entzog sich seinem Griff ein wenig zu hastig, sodass ihre Abneigung offen zutage trat. Caleb bemerkte die Geste und erhob sich von seinem Stuhl, um warnend einen Schritt vorzutreten. Lana schüttelte leicht den Kopf. Caleb runzelte missbilligend die Stirn, doch er blieb auf seiner Seite des Raums stehen.
»Willst du mir deinen Freund nicht vorstellen?«, fragte Oran mit einem Nicken in Calebs Richtung.
»Er ist nicht mein Freund. Ignorier ihn einfach. Das versuche ich auch.«
Orans Lächeln wurde breiter, und ein siegreiches Funkeln trat in seine Augen.
»Was willst du, Oran?«, fragte sie. »Bist du auf der Jagd nach Spendengeldern für deine Wahlkampagne, um deine hochtrabenden Pläne als Politiker endlich in die Tat umzusetzen?«
Er schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln, das seine strahlend blauen Augen mit feinen Fältchen umrahmte. »Nichts dergleichen, Liebling. Ich habe seit Ostern nichts mehr von dir gehört. Warum hast du nie zurückgerufen?«
»Weil ich dir nichts zu sagen habe. Mom hätte dich nicht zum Essen einladen sollen.«
»Sie macht sich eben Sorgen um dich.«
Das war nichts Neues.
Er fuhr fort. »Sie hat mir erzählt, dass du finanziell in der Klemme steckst. Ich wollte mit dir darüber reden, wie ich dir ein wenig unter die Arme greifen kann.«
In ihrem Kopf schrillten die Alarmglocken. Oran tat nie etwas aus purer Nächstenliebe. »Danke, nicht nötig«, erwiderte sie und setzte sich wieder hin, um ihn ohne ein weiteres Wort zu entlassen.
»Du hast es dir noch nicht einmal angehört«, ignorierte Oran ihre Abfuhr, während er einen Stuhl heranzog, um sich neben sie zu setzen.
»Das muss ich auch gar nicht. Was auch immer es ist, ich bin nicht interessiert.«
»Nicht mal, wenn ich dir anbiete, deine Stiftung über die nächsten fünf Jahre zu finanzieren?«
Lana blickte von ihren Notizen auf. Oran schenkte ihr jenes entwaffnende Lächeln, mit dem er ihr sechs Jahre zuvor mühelos das Herz geraubt hatte. Jenes Lächeln, das ihm unzählige Wählerstimmen einbringen würde.
Sein Angebot, die Stiftung zu unterstützen, klang zu schön, um wahr zu sein. Oran war kein großzügiger Mensch. »Du engagierst dich nur dann für einen wohltätigen Zweck, wenn die Presse es mitbekommt. Ich würde dir zuhören, wenn ich dir die Sache abkaufen könnte, aber ich kenne dich besser.«
Er streckte die Hand nach ihr aus, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht vor ihm zurückzuweichen und Calebs Aufmerksamkeit erneut auf sich zu lenken. Sie hasste es, bei dieser Unterhaltung einen Zuschauer zu haben. Das Ganze war so schon schlimm genug.
Er legte seine Hand an ihre Wange - die lächerliche Imitation einer zärtlichen Geste. »Du wirkst erschöpft. Du arbeitest zu viel, Lana. Ich weiß, wie viel dir die Stiftung bedeutet, und ich würde dir gern helfen.«
»Warum?« Sie wusste, wie sehr sie es verabscheuen würde, in seine Welt hineingezogen zu werden - in eine Welt, in der nichts zählte außer seinen politischen Ambitionen. Das musste sie sich immer wieder vor Augen halten.
»Kannst du mir nicht einfach glauben, dass ich dir schlicht und ergreifend helfen will, weil du mir etwas bedeutest?« Er klang aufrichtig.
»Nein.«
Er schenkte ihr ein selbstironisches Lächeln, das er vermutlich unzählige Male vor dem Spiegel trainiert hatte. »Das habe ich auch nicht erwartet. Ich weiß, es lief am Ende nicht besonders gut zwischen uns beiden, aber ich will dir beweisen, wie sehr ich das Ganze bereue. Ich hätte damals mehr Verständnis zeigen sollen.«
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Caleb die Szene ungeniert beobachtete, ohne sich auch nur den Anschein zu geben, als würde er ihnen ein wenig Privatsphäre einräumen.
Na wunderbar! Als wäre dieser Tag nicht schon peinlich genug verlaufen.
»Du hast gesagt, im Rollstuhl würde ich dir nichts nützen, Oran. Du hast gesagt, eine Frau, die dir vielleicht keine Kinder schenken kann, käme für dich nicht infrage. Verrate mir bitte mal, wie du noch weniger Verständnis hättest zeigen können.«
Oran warf einen skeptischen Blick auf Caleb, dann senkte er die Stimme. »Ich war ein Vollidiot. Es tut mir leid, Lana. Ich will es wiedergutmachen.«
»Indem du meine Stiftung finanzierst?«, fragte sie ungläubig. »Indem ich uns eine zweite Chance gebe. Wir waren ein gutes Team.«
»Scheinbar nicht gut genug, um zu mir zu halten. Du hast mich eiskalt abserviert, noch bevor ich aus dem Krankenhaus war!«
Caleb stand erneut auf. Lana warf ihm über Orans Schulter hinweg einen strafenden Blick zu. »Halten Sie sich da raus! Das Ganze geht Sie nichts an.«
»Wer ist dieser Kerl?«, fragte Oran. »Kannst du ihn nicht rausschicken, damit wir beide vertraulich miteinander reden können?«
»Ihn rausschicken?« Sie kreischte beinah. »Das sieht dir ähnlich, Oran. Du glaubst, du kannst jeden herumkommandieren, als wäre er dein Dienstbote.«
»Ich gehe nirgendwohin«, sagte Caleb mit einem drohenden Knurren in der Stimme. Seine dunklen Augen waren fest auf Lana gerichtet, so als wollte er sie warnen, ihn nur ja nicht herauszufordern. Dabei hatte sie herzlich wenig Interesse daran, eine noch größere Szene anzuzetteln als mit Oran.
»Ignorier ihn einfach«, sagte sie zu Oran. »Er ist nicht von hier, du brauchst dich also nicht um seine Wählerstimme zu sorgen.«
»Es kränkt mich, dass du glaubst, ich würde an nichts anderes denken«, sagte Oran.
»Ich weiß, dass du an nichts anderes denkst.« Sie stieß ihren Zeigefinger hart gegen Orans Brust. »Du konntest es gar nicht abwarten, die Last einer behinderten Frau loszuwerden. Ich habe dir oft genug gesagt, dass es zwischen uns aus ist. Punkt. Wie kommst du auf den absurden Gedanken, dass ich dir eine zweite Chance geben würde?«
»Weil ich dafür sorgen kann, dass die First Light Foundation nicht bankrottgeht. Ich weiß, wie sehr du daran hängst.«
Er wusste es nur zu gut, und er nutzte dieses Wissen schamlos aus. Wenn sie auch nur den geringsten Grund gehabt hätte, ihm zu glauben, wäre sie vielleicht auf sein Spielchen reingefallen, aber sie wusste es besser. »Soll das heißen, du willst dir meine Vergebung erkaufen?«
»Nein. Ich weiß, das würde niemals funktionieren. Ich will nur, dass du endlich begreifst, wie leid es mir tut, dich so behandelt zu haben.«
»Und warum ausgerechnet jetzt? Warum nicht vor sechs Monaten, als ich mich abgemüht habe, diese Stiftung auf die Beine zu stellen? Ist dir etwa erst jetzt aufgefallen, was für ein mieses Arschloch du warst? Oder hat vielleicht irgendein Mitarbeiter deiner Wahlkampagne eine Vergleichsanalyse erstellt, bei der herauskam, dass ich eine bessere Partie abgebe als Brittney?«
Eine verräterische Röte breitete sich über seinen Hals aus.
»Du erinnerst dich doch noch an sie?«, fragte Lana. »Brittney? Die Frau, die du heiraten willst?«
»Sie könnte mir nie so viel bedeuten wie du - meine erste große Liebe.« Seine Finger strichen zart über ihre Wange, doch sie stieß seine Hand hart beiseite.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Caleb die Fäuste ballte, doch er hielt sich zurück.
Lana hatte für Orans lächerliche Bemerkung nur ein Schnauben übrig. Einst hätte er sie damit um den kleinen Finger gewickelt, doch diese Zeiten waren längst vorbei. »Dann solltest du sie vielleicht besser nicht heiraten.«
»Ich hatte gehofft, dass du das sagen würdest. Tief in deinem Innern weißt du, dass wir zusammengehören.« Er streckte erneut die Hand nach ihr aus, doch Lana lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Oran schien den dezenten Hinweis zu verstehen und ließ die Hand wieder sinken.
»Du liebst nur einen einzigen Menschen, und das bist du selbst. Ganz gleich, wie viel Geld du meiner Stiftung auch anbietest, es wird nicht genug sein, um dir meine Vergebung zu erkaufen.«
»Und wie wäre es mit deiner Zeit? Ich will schließlich nicht mehr als eine zweite Chance. Geh mit mir essen. Nur essen.« Seine Stimme klang schmeichlerisch.
»Warum willst du unbedingt mit mir essen gehen? Ich denke, du hast dich gerade verlobt?«
»Es läuft nicht besonders gut«, erklärte er.
»Was ist passiert? Hat sie etwa beim Abendessen mit dem Gouverneur die falsche Gabel benutzt?«
»Sei nicht albern! Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass du die Frau bist, mit der ich wirklich zusammen sein will. Und wenn das bedeutet, dass ich deine beruflichen Pläne unterstützen muss, dann werde ich das tun.« Seine Worte klangen, als würde er ein gewaltiges Opfer erbringen, damit sie ihrer Arbeit nachgehen konnte.
Lana hatte plötzlich eine Eingebung und entschloss sich, ihre Theorie auf den Prüfstand zu stellen. »Was, wenn ich meinen Beruf aufgeben würde?«
»Du liebst deine Arbeit doch viel zu sehr. Das würde ich niemals von dir verlangen, Liebling.«
»Und warum nicht?«, fragte sie schmeichlerisch.
»Du leistest hervorragende Arbeit. Die Presse liebt dich. Warum um alles in der Welt solltest du das aufgeben wollen?«
Die Presse. Das war es also. Lana hatte in letzter Zeit im Mittelpunkt mehrerer großer Zeitungsberichte gestanden. Oran wollte sich also ein Stück vom Publicity-Kuchen abschneiden. »Ich bin mit dir fertig, Oran. Da ist die Tür!«
Lana wandte sich erneut ihrer Arbeit zu und versuchte, sich auf ihre Notizen zu konzentrieren. Die Worte ergaben keinerlei Sinn, doch Lana starrte sie an, als würden sie ihr die Weisheit des Lebens offenbaren.
Wie hatte sie nur jemals glauben können, dass Oran sie liebte? Inzwischen war ihr klar, dass dieser Mann zu derartigen Gefühlen überhaupt nicht fähig war. Er war nicht mehr als ein weiterer dummer Fehler, den sie in ihrem Leben begangen hatte.
»Bitte tu das nicht, Lana.« Sein sanfter, einfühlsamer Ton brachte sie beinah um den Verstand. Oran bot ihr alles, was sie sich wünschte, doch sie wusste, dass sein Angebot reine Augenwischerei war. Ganz gleich, wie sehr sie ihn liebte, er wäre niemals in der Lage, ihre Liebe so zu erwidern, wie sie es sich vorstellte. Wie sie es brauchte.
»Ich tue überhaupt nichts«, sagte Lana. »Ich habe dich nicht gebeten hierherzukommen. Ich habe dich um gar nichts gebeten. Ich bitte dich nur zu verschwinden.«
Caleb trat einen Schritt vor. Mit seinem finsteren Gesichtsausdruck wirkte er äußerst respekteinflößend. Oran schien die Bedrohung nicht zu erkennen. Andererseits wusste er auch nicht, wozu Caleb fähig war - ganz im Gegensatz zu Lana. Sie hatte mit angesehen, wie er jenen Mann getötet hatte, der für ihre Schläge und ihre Folter verantwortlich war. Bei ihm wirkte der Akt des Tötens geradezu beängstigend leicht.
»Ich will nicht, dass das Ganze so endet. Du und ich, wir könnten eine gemeinsame Zukunft haben. Komm zu mir zurück, und ich werde es dir beweisen.«
»Wir haben keine gemeinsame Zukunft, Oran. Du hast jede Chance darauf vertan, indem du mich im Stich gelassen hast, als ich dich am meisten brauchte.«
»Ich sag doch, es tut mir leid. Können wir die Sache nicht einfach begraben?«
»Dafür ist es zu spät«, sagte Lana.
»Sie hat Sie aufgefordert zu gehen«, mischte sich Caleb mit tiefer, fester Stimme ein. Er war immer noch einige Schritte auf Abstand, doch seine Gegenwart wirkte deswegen nicht weniger bedrohlich. »Sie sollten ihrem Wunsch nachkommen.«
»Wer zum Teufel sind Sie überhaupt?«, fragte Oran. Er rümpfte die Nase, als hätte er etwas Übles gerochen.
Lana reagierte nicht schnell genug, um Oran einen plausiblen Grund zu liefern, warum Caleb hier war.
»Ich bin derjenige, der Ihnen die Tür weist, falls Sie den Weg nicht alleine finden«, erwiderte Caleb. Seine Stimme klang ruhig, gedämpft.
Oran musterte Calebs kraftvollen Körper von oben bis unten. »Arbeiten Sie mit Lana zusammen?«
»Ja«, erwiderte Caleb im gleichen Moment, wie Lana »Nein« sagte.
Oran blickte von einem zum anderen. Sein fotogenes Lächeln war wie weggeblasen. »Lass dir mein Angebot durch den Kopf gehen, Lana! Ich gebe dir ein wenig Bedenkzeit, und dann komme ich zurück, um deine Antwort zu erfahren.«
»Die Antwort ist dieselbe, die ich dir schon vor Monaten gegeben habe. Dieselbe, die ich dir jetzt gebe. Spar dir die Mühe«, erwiderte Lana.
Oran zuckte mit den Schultern und ging zur Tür, während er sein berühmtes Seht-mich-nur-an-Lächeln aufsetzte, für den Fall, dass ihn von draußen jemand bemerkte. »Wir werden sehen. Vielleicht wird dir schon bald klar werden, wie sehr du mich brauchst.«
»Als ich dich wirklich brauchte, warst du nicht da. Diesen Fehler werde ich kein zweites Mal machen.«
***
Caleb hatte bereits in jungen Jahren gelernt, sein Temperament unter Kontrolle zu halten, da er schon immer größer und stärker gewesen war als die meisten anderen Kinder. Ohne Geduld und Selbstbeherrschung hätte er leicht jemanden verletzen können, und diese Tugenden hatten ihm stets gute Dienste erwiesen - bis heute.
Während Caleb zusah, wie Oran zur Tür hinausging, wünschte er sich, er hätte ihm eine Faust in seine perfekte Visage gerammt. Dem Mistkerl zwei blaue Augen zu verpassen wäre überaus befriedigend gewesen. Geradezu befreiend.
Er konnte kaum fassen, wie Oran so dumm gewesen sein konnte, Lana den Laufpass zu geben. Die Tatsache, dass er dies ausgerechnet in dem Moment getan hatte, als sie schwach und verletzlich gewesen war, ließ Caleb vor Wut die Fäuste ballen.
»Kommt dieser Typ immer so hier hereingeschneit?«, fragte Caleb.
Lanas Miene war starr vor Zorn, der sich nunmehr auf ihn richtete. Caleb hatte sich bewusst zurückgehalten, da er sich nicht in Lanas Privatangelegenheiten einmischen wollte, doch nun konnte er sich nicht länger zusammenreißen. Nicht nach diesem Auftritt.
»Er wird's schon irgendwann begreifen.«
Caleb missfiel der Gedanke, dass sich Lana mit solchem Abschaum abgeben musste. Nicht, dass es ihn etwas anginge. Lana war eine erwachsene Frau und konnte so viele falsche Entscheidungen treffen, wie sie wollte. Er hatte weiß Gott oft genug dasselbe getan.
»Wenn es Sie irgendwie tröstet, er ist ein Vollidiot«, kommentierte Caleb. »Sie können froh sein, dass Sie ihn los sind.«
Lana atmete tief durch und starrte auf ihre Notizen. »Das ist mir inzwischen auch klar.«
Aber es war ihr nicht klar gewesen, als er sie hatte sitzen lassen - diese unterschwellige Botschaft schwang in ihren Worten mit.
Caleb ballte die Hände zu Fäusten und ermahnte sich, dass er nicht hier war, um Lanas Ex-Verlobten zu vermöbeln - so verlockend die Vorstellung auch sein mochte.
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Shannon K. Butcher
Shannon K. Butcher absolvierte eine Ausbildung als Wirtschaftsingenieurin. Bei der Zusammenarbeit mit ihrem Mann Jim Butcher entdeckte sie ihr eigenes Talent als Autorin. Seither schreibt sie mit großem Erfolg Liebesromane.
Bibliographische Angaben
- Autor: Shannon K. Butcher
- 2012, 2. Aufl., 416 Seiten, Maße: 12,3 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Anja Hackländer
- Übersetzer: Anja Hackländer
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802584775
- ISBN-13: 9783802584770
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