Der letzte Mohikaner
Als Mängel-Exemplar
nur
Derletzte Mohikaner von James Fenimore Cooper
LESEPROBE
Eswar bezeichnend für die nordamerikanischen Kolonialkriege,
dassdie feindlichen Heere erst dann aufeinandertreffen
konnten,nachdem sie eine gefährliche und fast unwegsame
Wildnisüberwunden hatten. Die französischen und englischen
Gebietewaren durch riesige, anscheinend undurchdringliche
Wäldergetrennt. Die kühnen, abgehärteten amerikanischen
Kolonistenund die militärisch geschulten Europäer, die an ihrer
Seitekämpften, mussten sich oft monatelang gegen reißende Urwaldflüsse
undüber raue Gebirgspässe vorwärts arbeiten, bis es
zumoffenen Kampf kommen konnte. Diese Männer wetteiferten
mitder zähen Geduld und der Selbstverleugnung der erfahrenen
indianischenEingeborenen und lernten bald jedes Hindernis
besiegen.Kein Winkel in den Wäldern schien zu dunkel,
keinVersteck zu einsam, um vor den Überfällen jener Männer
sicherzu sein, die ihre Rache zu befriedigen suchten oder für
diekalte und berechnende Politik der fernen Monarchen Europas
kämpften.Die grausamsten und härtesten Kämpfe jener Zeit
wurdenzwischen dem Quellgebiet des Hudson und den benachbarten
Seenausgetragen.
Einlang gestreckter, schmaler See, der Champlainsee, erstreckt
sichvon der kanadischen Grenze bis tief in die Nachbarprovinz
New York hinein. Nahe an seinem südlichen Endenimmt er den
Ausflusseines anderen Sees auf, dessen Wasser so klar war, dass
dieJesuitenmissionare es bei den Taufzeremonien der Indianer
verwendeten;so erhielt der See allmählich den Namen »Lac
du Saint Sacrement«. Aber dieEnglisch sprechenden Siedler benannten
ihnnach ihrem regierenden König Georg und die in den
Wäldernund an den Ufern des Sees hausenden Indianer nannten
ihn»Horican«.
JeneGegend war einst der Schauplatz blutiger Kämpfe zwischen
denfranzösischen Siedlern Kanadas und den englischen
KolonienNordamerikas. Die Franzosen drangen bis tief in die
Schluchtendes Allegheny-Gebirges vor, weil sie die strategischen
Vorteiledieses Gebietes erkannt hatten, und errichteten an den
wichtigstenStellen Befestigungsanlagen und Forts, um die mit
wechselndemErfolg gekämpft wurde. Die Schwäche der militärischen
Führerund die unentschlossene, widersprüchliche Politik
desMutterlandes machten jedoch die Engländer nicht länger
zugefürchteten Feinden. Erst vor kurzem hatten die einfachen
Kolonisten,die an diesen Entwicklungen unschuldig waren, erlebt,
dassein bisher für unschlagbar gehaltenes englisches Heer
voneiner Handvoll Franzosen und Indianern fast aufgerieben
wurde.
Imdritten Jahr dieses grausamen Krieges kam an einem Sommermorgen
einindianischer Kundschafter in das Fort Edwards,
dasdie südliche Grenze des Berges zwischen dem Hudson und
denSeen deckte. Er brachte die Nachricht, dass der französische
GeneralMontcalm mit einer Armee, »zahllos wie die Blätter an
denBäumen«, den Champlainsee heraufrücke, und überreichte
demKommandanten, General Webb, gleichzeitig ein dringendes
AnsuchenGeneral Munros, der das Fort William Henry am Ufer
desHeiligen Sees befehligte, um schnelle Verstärkung, da er sich
alleinzu schwach fühlte, den Franzosen zu widerstehen. Diese
Nachrichtwurde im Fort Edwards ohne große Begeisterung aufgenommen;
dieenglischen Truppen waren durch die vielen Misserfolge
bereitssehr entmutigt.
DieEntfernung zwischen den beiden Forts betrug rund acht
Kilometer.Der raue Pfad, der sie verband, war für Wagen passierbar;
eineTruppenabteilung mit Tross und Waffen konnte den
Wegleicht an einem Tag zurücklegen. Im Fort William Henry
lag,wie schon erwähnt, der schottische General Munro mit einem
einzigenRegiment; das Fort Edwards befehligte General Webb,
Kommandantder königlichen Armeen in den nördlichen Provinzen.
Erhatte mehr als fünftausend Mann zur Verfügung. Wenn er
mitseiner ganzen Streitmacht Munro zu Hilfe eilte, könnte er den
angreifendenFranzosen eine beträchtliche Macht entgegenstellen,
diesich mit einem nicht viel stärkeren Heer von ihren Haupttruppen
weggewagthatten. Aber nach den vorausgegangenen
zahlreichenNiederlagen wollten die Offiziere und Soldaten ihren
mutigenFeind lieber innerhalb ihrer Festungsmauern erwarten,
ohneden Versuch zu unternehmen, das weitere Vordringen des
Feindesdurch einen kühnen Angriff aufzuhalten.
Nachdemsich der erste Schrecken über jene Nachricht ein wenig
gelegthatte, verbreitete sich im Fort Edwards das Gerücht, dass am
nächstenTag ein Expeditionskorps von fünfzehnhundert Mann
beimMorgengrauen zum Fort William Henry ausrücken sollte.
Balddarauf erhielten die Truppen den Befehl, sich zum Abmarsch
bereitzu halten. Es gab keinen Zweifel mehr über General Webbs
Ansichtenund einige Stunden lang herrschte ein eifriges Hin und
Her.Erst bei Einbruch der Dunkelheit verebbte der Lärm im Lager
undauch das letzte Licht erlosch endlich im Blockhaus irgendeines
Offiziers.Bald lag tiefe Stille über dem ganzen Fort wie auch
überdem Strom und den umgebenden Wäldern.
Amnächsten Morgen, als die Umrisse der hohen Fichten und
Tannensich am lichter werdenden wolkenlosen Himmel abzuzeichnen
begannen,weckte lauter Trommelwirbel die noch in
tiefemSchlaf liegende Armee. Im gleichen Augenblick war das
ganzeLager auf den Beinen. Die ausgewählte Abteilung war bald
marschbereit.Während die regulären und geschulten Soldaten
stolzam rechten Flügel marschierten, nahmen die weniger gut
ausgebildetenKolonisten ihre bescheidenere Stellung am linken
Flügelmit einer Gewandtheit ein, die ihnen durch lange Übung
zurzweiten Natur geworden war. Die Patrouillen zogen ab,
starkeBegleitmannschaften deckten die schwerfälligen Gepäckwagen,
undnoch bevor die Sonne vollends am Himmel aufgegangen
war,verließ das Hauptkorps das Lager. Immer leiser erklangen
dieQuerpfeifen der abziehenden Truppen und allmählich
warendie Soldaten ganz im Wald verschwunden.
Alsder letzte Nachzügler schließlich außer Sichtweite war,
wurdenvor einem großen, bequemen Blockhaus, vor dem Schildwachen
aufund ab gingen, ebenfalls Anstalten zum Aufbruch
getroffen.Ein halbes Dutzend Pferde standen bereit, von denen
zwei,ihrem Sattelzeug nach zu urteilen, für Frauen von vornehmem
Rangbestimmt waren. Ein drittes Pferd gehörte offensichtlich
einemStabsoffizier, während die übrigen Packsäcke trugen.
Inehrerbietiger Entfernung hatten sich mehrere neugierige Zuschauer
versammelt.Auch der indianische Kundschafter, der am
Vortagdie Nachricht von Montcalms Heranrücken überbracht
hatte,stand, mit Tomahawk und Messer ausgerüstet, bei den
Pferden.Die allgemeine Unruhe machte wenig Eindruck auf ihn.
MitGleichmut blickte er starr ins Leere.
Unterden Neugierigen fiel ein seltsam aussehender Mann auf,
dermerkwürdig unproportionierte Gliedmaßen hatte. Sein Kopf
warbreit und seine Schultern schmal. Die Arme waren lang und
schlotterndund die Beine dünn und mager, jedoch außerordentlich
lang.Die ziemlich unordentliche Kleidung unterstrich noch
seineUnbeholfenheit. Ein himmelblauer Rock mit kurzen Schößen
undeinem niedrigen Kragen ließ einen langen, dünnen Hals
sehen.Eng anliegende gelbe Nankinghosen waren an den Knien
mitweißen Schleifen befestigt und baumwollene bunte Strümpfe
undversilberte Schuhe vollendeten den komischen Anblick. Ein
breitkrempigerHut, wie er früher von Geistlichen getragen wurde,
kröntedie Figur und gab dem gutmütigen, jedoch etwas einfältig
wirkendenGesicht eine gewisse Würde. Dieser Mann stolzierte
vordem Quartier des Generals unter der Dienerschaft herum
undäußerte freimütig Lob oder Tadel über die bereitstehenden
Pferde.Seine Sprache war altmodisch und blumig. Endlich wandte
ersich auch an den schweigend dastehenden Indianer und betrachtete
ihnverwundert, doch dieser schaute ihn nur ein einziges
Malkurz und forschend an, bevor er sich wieder verächtlich
undfinster abwandte. (...)
©cbj Verlag
Übersetzung:Helga Parech
- Autor: James Fenimore Cooper
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2006, 188 Seiten, Maße: 14 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570132501
- ISBN-13: 9783570132500
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