Die Braut des Wikingers
Sie war stolz und frei - doch er nahm ihr Herz gefangen. Roman. Originalausgabe
Wikinger Yngvar hat es auf das Vermögen der schönen Adelaise abgesehen. Doch dann verliebt er sich in sie.
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Produktinformationen zu „Die Braut des Wikingers “
Wikinger Yngvar hat es auf das Vermögen der schönen Adelaise abgesehen. Doch dann verliebt er sich in sie.
Klappentext zu „Die Braut des Wikingers “
Um das Jahr 1000 in Franken: Der Wikinger Yngvar hat es auf das Vermögen der schönen Adelaise abgesehen. Doch diese versucht, den wilden Nordmann für ihre eigenen Interessen zu gewinnen - und Yngvar kann ihr nur schwer widerstehen
Um das Jahr 1000 in Franken: Der Wikinger Yngvar hat es auf das Vermögen der schönen Adelaise abgesehen. Doch diese versucht, den wilden Nordmann für ihre eigenen Interessen zu gewinnen - und Yngvar kann ihr nur schwer widerstehen ...
Lese-Probe zu „Die Braut des Wikingers “
Die Braut des Wikingers von Susan Hastings Die Burg in der Normandie
915 n.Chr., Burg Coquille, südliche Normandie
Im gestreckten Galopp trieb der Reiter sein Pferd den Hang hinauf. Seine blonden Locken wehten, er beugte sich tief über den Hals des Pferdes, Schaumflocken flogen aus dessen Maul. Er steuerte genau auf den Hügel zu, auf dessen sanft gerundetem Gipfel sich eine bunte Gesellschaft befand.
In dem Trubel bemerkte niemand sein Kommen. Man hatte sich beiderseits eines langen Tafeltuches, das auf der Wiese ausgebreitet worden war, plaziert. Auf dem Tuch standen Schüsseln, Platten und Krüge mit allerlei Leckereien, Braten, Früchten, Wein. Die jungen Damen trugen Blumenkränze im Haar und schienen sehr vergnügt. Ihr Lachen und ihre hellen Stimmen stiegen wie Lerchengezwitscher in den blauen Himmel. Männer in bunten Umhängen hockten zwischen ihnen, spielten auf ihren Musikinstrumenten Lauten, Harfen, Flöten und wussten so manches schelmische Lied zu singen. Es war eine heitere Gesellschaft, nicht nur vom Anblick her. Eine der jungen Damen hielt einen Falken auf ihrer Hand, die in einem dicken Lederhandschuh steckte. In der anderen hatte sie einen silbernen Weinbecher.
... mehr
»Ein Hoch auf die Freiheit«, rief sie, und alle stimmten ein. In einem Zug leerte sie ihren Weinbecher, dann gab sie den Falken an einen Mann weiter, der seinem Äußeren nach ein Falkner war. Fast alle seine Kleidungsstücke bestanden aus Leder.
»Wieso? Der Falke ist nicht frei«, wandte eine junge Frau aus der Runde ein. »Adelaise, er hat eine Fessel.« Adelaise schüttelte ihre wundervollen langen Haare, die ihr bis auf den Rücken reichten. Dabei fiel ihr Blumenkranz in ihren Schoß. Sie nahm ihn, hob ihn auf Augenhöhe und betrachtete ihn nachdenklich. »Stimmt, in gewisser Weise ist er an mich gefesselt. Und weil ich sein Leid nachfühlen kann, lasse ich ihn immer wieder fliegen. Aber er kommt stets zu mir zurück.«
»Unter Menschen nennt man das Liebe«, erwiderte die andere schwärmend.
»Melisande!« Adelaise zog tadelnd die Augenbrauen zusammen. »Vielleicht liebt mich der Falke, aber ich will keine Fesseln, auch nicht die der Liebe. Ich will frei sein, frei wie ein Vogel in der Luft.«
»Das wollen wir alle«, rief eine andere junge Dame aus der lustigen Runde. Sie winkte einem jungen Bediensteten, erneut Wein auszuschenken. Überhaupt war es auffällig, dass sich nur junge Leute in der Gesellschaft befanden. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung. Doch das Treiben wurde jäh unterbrochen, als der stürmische Reiter heranpreschte und von seinem Pferd sprang, noch bevor es zum Stehen kam. Kurz beugte er das Knie vor Adelaise und rang nach Luft.
»Comtesse Adelaise«, keuchte er. »Es ... ist ... Unheil ... im Anmarsch!«
Adelaise blickte zum Himmel. »Keine einzige Wolke ist zu sehen, mein süßer Gwendal. Was soll unsere fröhliche Stimmung trüben?«
Gwendal zeigte in das flache Tal hinab. »Da ... da ... da kommt Besuch. Es ist ... Pepin.«
Adelaise sprang auf. »Was? Er wagt es? Er weiß, dass mein Vater unterwegs ist.«
Gwendal rollte mit seinen himmelblauen Augen und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Comtesse, ich bitte Euch dringend, er hat keine lauteren Absichten.«
Sie lachte glucksend. »Das weiß ich doch.« Sie strich ihm spielerisch mit den Fingerspitzen über seine geröteten Wangen. Er hatte wunderbar zarte Haut, fast kindlich, obwohl es nicht zu übersehen war, dass er ein Mann war, mit jugendlichem Charme, schlanker Figur und einem unwiderstehlichen Lächeln. Alle Frauen auf Chateau Coquille, ob jung oder alt, mochten Gwendal. Doch heute lächelte er nicht. Er fasste nach Adelaises Händen und blickte sie flehend an.
»Diesmal hat er gedroht und gesagt, er werde nicht eher abreisen, bis Ihr ihm Euer Jawort gegeben habt.«
Adelaise ließ sich wieder auf der Wiese nieder und reichte Gwendal einen Becher Wein. »Darauf kann er lange warten. Komm, setz dich und labe dich an dem köstlichen Tropfen. Du bist ja völlig außer Atem.«
Gwendal schüttelte heftig den Kopf. »Dazu ist keine Zeit. Pepin ist nicht allein gekommen. Er hat mindestens zweihundert Krieger in seinem Gefolge. Sie bauen am Fuß der Burg ein Zeltlager auf.« »Ist der verrückt geworden?« Empört sprang Adelaise wieder auf. »Das wird er mir büßen, dieser liebestolle Gockel!« Gwendal hielt Adelaise an den Schultern fest. »Bitte seid jetzt nicht unbesonnen. Pepin meint es ernst.« Er stand sehr nahe bei ihr, spürte ihren süßen Blumenduft und hätte sie am liebsten in die Arme gezogen. Es kribbelte auf seiner Haut, in seinem Bauch bildete sich ein Knoten. Doch er wusste, was sich gehörte. Er war nur ein Page, und Adelaise ... Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen.
»Ich meine es auch ernst.« Unwillig schüttelte Adelaise seine Hände ab. Sie ließ Gwendal einfach stehen und schwang sich auf sein Pferd. »Los, lauf schon«, feuerte sie es an. »Halt! Adelaise! Comtesse! Da ist noch etwas ...«
Doch Adelaise war schon zu weit entfernt. Verzweifelt ruderte Gwendal mit den Armen. »So folgt ihr doch! Sie begibt sich in Gefahr!« Seufzend blickte Melisande auf die vielen Köstlichkeiten auf dem langen Tafeltuch. Aber die Stimmung war dahin. »Packen wir zusammen«, wies sie die Dienerschaft an. Die Musikanten nahmen ihre Instrumente, zwei Pferdeknechte spannten den Wagen an, auf dem die ganze Damengesellschaft Platz fand.
»Wir können ja auf dem Wagen noch etwas essen und trinken«, schlug Jocelyne vor, die Adelaises zweite Kammerjungfer war. »Ja, lassen wir uns die Laune von diesem hässlichen Pepin nicht verderben«, erwiderte Melisande. Doch die Fröhlichkeit kehrte nicht wieder. Während die berittenen Männer Adelaise folgten, zog der Rest mit Wagen und zu Fuß langsam hinterher. Eilig hatten sie es nicht, zurück auf die Burg zu kommen.
Gwendal hatte sich einfach ein anderes Pferd genommen, um Adelaise zu folgen. Doch sosehr er es antrieb, er konnte sie nicht einholen. Adelaise war eine ausgezeichnete Reiterin. Und wenn sie in Rage war ...
Sein Herz krampfte sich zusammen. Er vergötterte sie, er betete sie an und er tat alles, um für sie da zu sein. Er hatte sogar Lieder für sie gedichtet und ihr vorgetragen. Immer hatte sie ihm dafür ein Lächeln geschenkt, das ihn beglückte. Er war auch glücklich, wenn er ihren Duft spüren, ihre Hand berühren oder ihr in die Augen sehen durfte. Er beneidete Melisande und Jocelyne, dass sie Adelaise des Abends beim Auskleiden behilflich sein durften oder des Morgens beim Ankleiden, beim Kämmen und Flechten ihres herrlichen Haars oder bei den monatlichen Badetagen im großen Holzzuber. Am liebsten hätte er laut aufgeseufzt, wenn ihm nicht die Luft durch den schnellen Ritt knapp geworden wäre.
Adelaise hatte das Pferd nicht geschont. Sie musste schnell die Burg erreichen, um das Schlimmste zu verhindern. Pepin mit zweihundert Männern?
Die Burg war nur gering bewacht, die meisten Männer begleiteten ihren Vater Gurvan auf seiner Reise nach Burgund. Wollte dieser hinterhältige Pepin das ausnutzen? Sie umrundete den Hügel, der ihr die Sicht auf das Geschehen am Fuß der Burg nahm. Sie zügelte das schwitzende Pferd. Gwendal hatte recht gehabt. Es wimmelte wie in einem Ameisenhaufen. Emsig stellten die Männer Zelte auf, alles starrte vor Waffen. Lanzen und Spieße ragten in die Luft wie ein seltsam abgestorbener Wald, und ringsum waren schwere Schilde aufgestellt. Überall wehten die Fahnen und Wimpel mit Pepins Zeichen, einem rosaroten Fisch auf gelbem Grund und vier Kreuzen. Zwei Männer standen vor dem Tor, mit breiten Schwertern und Pepins Standarte. Er befand sich also schon in der Burg! Was für eine Frechheit!
Empört wollte Adelaise das Pferd wieder antreiben, als ihr der Atem stockte. Von der anderen Seite näherte sich ebenfalls ein langer Zug von Menschen der Burg. Es bestand kein Zweifel, dort kam Graf Hamo! Jetzt war erst recht Eile geboten. Wenn die beiden zusammentrafen, so würde es unweigerlich zum Kampf kommen. Atemlos erreichte Adelaise die Burg. Sie würdigte Pepins Männer keines Blickes. Im Innenhof sprang sie vom Pferd und eilte in den Burgfried, an den sich der Rittersaal anschloss.
Es war eine lange Halle, gestützt von zwei Reihen steinerner Säulen. An den Wänden hingen verblichene Fahnen mit dem Wappen derer von Pattefleur, zwei weißen Blumen auf blauem Grund und den Abdrücken von Wolfspfoten. Ja, die Pattefleurs waren ein altes, stolzes und wehrhaftes Geschlecht. Graf Gurvan war ein Günstling des Grafen Rollo, reich von diesem mit Lehen bedacht und angesehen. Leider war er nicht mit vielen Kindern gesegnet, nur einen Sohn und eine Tochter nannte er sein Eigen. Sein Sohn würde einmal sein Nachfolger werden, sein Lehen bewirtschaften und den Reichtum mehren. Für Adelaise jedoch würde er einen reichen und hochgestellten Ehemann suchen, bei dem nicht nur Adelaise, sondern auch er ein luxuriöses und sorgenfreies Leben führen konnte. So war alles aufs Beste geregelt.
Adelaise genoss so viele Freiheiten, wie man einer Comtesse nur zugestehen konnte. Ein Pater des nahe gelegenen Klosters hatte sie im Lesen und Schreiben unterrichtet, in griechischer und hebräischer Sprache, in Geographie und Sternenkunde. Noch lieber widmete sie sich aber ganz irdischen Vergnügen wie dem Reiten, Jagen, der Falknerei und der Musik. Sie versammelte junges Volk um sich, Troubadoure, Dichter, Mädchen, die singen, tanzen, schöne Kleider nähen und ihr die Zeit vertreiben konnten. Es war ein schönes, leichtes und angenehmes Leben auf Chateau Coquille, wenn da nicht die benachbarten Grafschaften gewesen wären.
Graf Pepin du Saumon war der Lehnsherr im Osten. Er besaß viele Dörfer, guten Acker, einen fischreichen Fluss und vier Kirchspiele. Eigentlich hätte Adelaise froh sein müssen, denn damit war Pepin bedeutend wohlhabender als Graf Gurvan de Pattefleur. Dessen Land lag zwischen dem fruchtbaren Ackerland von Pepin und dem waldreichen Gebiet von Graf Hamo du Bois Noir. Eine Verbindung der Pattefleurs mit den Saumons wäre für den Wohlstand aller sicher wünschenswert, doch bislang hatte Gurvan gezögert, Pepin seine Tochter zu versprechen. Er war der Meinung, Adelaise hätte mehr verdient als ein paar Dörfer und einen Fluss.
Adelaise dachte ebenso, aber aus anderen Gründen. Pepin war ein kleiner Mann auf kurzen, stämmigen Beinen, mit einem runden Bauch vom unmäßigen Essen und einer roten Nase vom unmäßigen Trinken. Er litt ständig an Sodbrennen, und sein Begleiter war ein stets verzweifelter Leibarzt, der seinem Herrn fortwährend Diäten und Enthaltsamkeit verordnete Ratschläge, die Pepin ebenso oft in den Wind schlug. Dafür schluckte er Pillen, Pülverchen und Tropfen von zweifelhafter Rezeptur im irrigen Glauben, dass diese ihm gegen seine Leiden helfen würden.
Sein schütteres blondes Haar, das sich immer weiter an die Randgebiete seines kugelrunden Kopfes zurückzog, ließ er von einem Diener mit Honig über die kahlen Stellen kämmen und festkleben in dem ebenfalls irrigen Glauben, er könne damit seine fortschreitende Kahlheit verbergen. Wenn er den Helm abnahm, dann war der Honig zu einer klebrigen Brühe zerschmolzen, die ihm in den Kragen rann und sein Leinenhemd gelb färbte. Pepin hasste das Reiten, doch anders konnte er sich nicht fortbewegen.
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»Wieso? Der Falke ist nicht frei«, wandte eine junge Frau aus der Runde ein. »Adelaise, er hat eine Fessel.« Adelaise schüttelte ihre wundervollen langen Haare, die ihr bis auf den Rücken reichten. Dabei fiel ihr Blumenkranz in ihren Schoß. Sie nahm ihn, hob ihn auf Augenhöhe und betrachtete ihn nachdenklich. »Stimmt, in gewisser Weise ist er an mich gefesselt. Und weil ich sein Leid nachfühlen kann, lasse ich ihn immer wieder fliegen. Aber er kommt stets zu mir zurück.«
»Unter Menschen nennt man das Liebe«, erwiderte die andere schwärmend.
»Melisande!« Adelaise zog tadelnd die Augenbrauen zusammen. »Vielleicht liebt mich der Falke, aber ich will keine Fesseln, auch nicht die der Liebe. Ich will frei sein, frei wie ein Vogel in der Luft.«
»Das wollen wir alle«, rief eine andere junge Dame aus der lustigen Runde. Sie winkte einem jungen Bediensteten, erneut Wein auszuschenken. Überhaupt war es auffällig, dass sich nur junge Leute in der Gesellschaft befanden. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung. Doch das Treiben wurde jäh unterbrochen, als der stürmische Reiter heranpreschte und von seinem Pferd sprang, noch bevor es zum Stehen kam. Kurz beugte er das Knie vor Adelaise und rang nach Luft.
»Comtesse Adelaise«, keuchte er. »Es ... ist ... Unheil ... im Anmarsch!«
Adelaise blickte zum Himmel. »Keine einzige Wolke ist zu sehen, mein süßer Gwendal. Was soll unsere fröhliche Stimmung trüben?«
Gwendal zeigte in das flache Tal hinab. »Da ... da ... da kommt Besuch. Es ist ... Pepin.«
Adelaise sprang auf. »Was? Er wagt es? Er weiß, dass mein Vater unterwegs ist.«
Gwendal rollte mit seinen himmelblauen Augen und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Comtesse, ich bitte Euch dringend, er hat keine lauteren Absichten.«
Sie lachte glucksend. »Das weiß ich doch.« Sie strich ihm spielerisch mit den Fingerspitzen über seine geröteten Wangen. Er hatte wunderbar zarte Haut, fast kindlich, obwohl es nicht zu übersehen war, dass er ein Mann war, mit jugendlichem Charme, schlanker Figur und einem unwiderstehlichen Lächeln. Alle Frauen auf Chateau Coquille, ob jung oder alt, mochten Gwendal. Doch heute lächelte er nicht. Er fasste nach Adelaises Händen und blickte sie flehend an.
»Diesmal hat er gedroht und gesagt, er werde nicht eher abreisen, bis Ihr ihm Euer Jawort gegeben habt.«
Adelaise ließ sich wieder auf der Wiese nieder und reichte Gwendal einen Becher Wein. »Darauf kann er lange warten. Komm, setz dich und labe dich an dem köstlichen Tropfen. Du bist ja völlig außer Atem.«
Gwendal schüttelte heftig den Kopf. »Dazu ist keine Zeit. Pepin ist nicht allein gekommen. Er hat mindestens zweihundert Krieger in seinem Gefolge. Sie bauen am Fuß der Burg ein Zeltlager auf.« »Ist der verrückt geworden?« Empört sprang Adelaise wieder auf. »Das wird er mir büßen, dieser liebestolle Gockel!« Gwendal hielt Adelaise an den Schultern fest. »Bitte seid jetzt nicht unbesonnen. Pepin meint es ernst.« Er stand sehr nahe bei ihr, spürte ihren süßen Blumenduft und hätte sie am liebsten in die Arme gezogen. Es kribbelte auf seiner Haut, in seinem Bauch bildete sich ein Knoten. Doch er wusste, was sich gehörte. Er war nur ein Page, und Adelaise ... Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen.
»Ich meine es auch ernst.« Unwillig schüttelte Adelaise seine Hände ab. Sie ließ Gwendal einfach stehen und schwang sich auf sein Pferd. »Los, lauf schon«, feuerte sie es an. »Halt! Adelaise! Comtesse! Da ist noch etwas ...«
Doch Adelaise war schon zu weit entfernt. Verzweifelt ruderte Gwendal mit den Armen. »So folgt ihr doch! Sie begibt sich in Gefahr!« Seufzend blickte Melisande auf die vielen Köstlichkeiten auf dem langen Tafeltuch. Aber die Stimmung war dahin. »Packen wir zusammen«, wies sie die Dienerschaft an. Die Musikanten nahmen ihre Instrumente, zwei Pferdeknechte spannten den Wagen an, auf dem die ganze Damengesellschaft Platz fand.
»Wir können ja auf dem Wagen noch etwas essen und trinken«, schlug Jocelyne vor, die Adelaises zweite Kammerjungfer war. »Ja, lassen wir uns die Laune von diesem hässlichen Pepin nicht verderben«, erwiderte Melisande. Doch die Fröhlichkeit kehrte nicht wieder. Während die berittenen Männer Adelaise folgten, zog der Rest mit Wagen und zu Fuß langsam hinterher. Eilig hatten sie es nicht, zurück auf die Burg zu kommen.
Gwendal hatte sich einfach ein anderes Pferd genommen, um Adelaise zu folgen. Doch sosehr er es antrieb, er konnte sie nicht einholen. Adelaise war eine ausgezeichnete Reiterin. Und wenn sie in Rage war ...
Sein Herz krampfte sich zusammen. Er vergötterte sie, er betete sie an und er tat alles, um für sie da zu sein. Er hatte sogar Lieder für sie gedichtet und ihr vorgetragen. Immer hatte sie ihm dafür ein Lächeln geschenkt, das ihn beglückte. Er war auch glücklich, wenn er ihren Duft spüren, ihre Hand berühren oder ihr in die Augen sehen durfte. Er beneidete Melisande und Jocelyne, dass sie Adelaise des Abends beim Auskleiden behilflich sein durften oder des Morgens beim Ankleiden, beim Kämmen und Flechten ihres herrlichen Haars oder bei den monatlichen Badetagen im großen Holzzuber. Am liebsten hätte er laut aufgeseufzt, wenn ihm nicht die Luft durch den schnellen Ritt knapp geworden wäre.
Adelaise hatte das Pferd nicht geschont. Sie musste schnell die Burg erreichen, um das Schlimmste zu verhindern. Pepin mit zweihundert Männern?
Die Burg war nur gering bewacht, die meisten Männer begleiteten ihren Vater Gurvan auf seiner Reise nach Burgund. Wollte dieser hinterhältige Pepin das ausnutzen? Sie umrundete den Hügel, der ihr die Sicht auf das Geschehen am Fuß der Burg nahm. Sie zügelte das schwitzende Pferd. Gwendal hatte recht gehabt. Es wimmelte wie in einem Ameisenhaufen. Emsig stellten die Männer Zelte auf, alles starrte vor Waffen. Lanzen und Spieße ragten in die Luft wie ein seltsam abgestorbener Wald, und ringsum waren schwere Schilde aufgestellt. Überall wehten die Fahnen und Wimpel mit Pepins Zeichen, einem rosaroten Fisch auf gelbem Grund und vier Kreuzen. Zwei Männer standen vor dem Tor, mit breiten Schwertern und Pepins Standarte. Er befand sich also schon in der Burg! Was für eine Frechheit!
Empört wollte Adelaise das Pferd wieder antreiben, als ihr der Atem stockte. Von der anderen Seite näherte sich ebenfalls ein langer Zug von Menschen der Burg. Es bestand kein Zweifel, dort kam Graf Hamo! Jetzt war erst recht Eile geboten. Wenn die beiden zusammentrafen, so würde es unweigerlich zum Kampf kommen. Atemlos erreichte Adelaise die Burg. Sie würdigte Pepins Männer keines Blickes. Im Innenhof sprang sie vom Pferd und eilte in den Burgfried, an den sich der Rittersaal anschloss.
Es war eine lange Halle, gestützt von zwei Reihen steinerner Säulen. An den Wänden hingen verblichene Fahnen mit dem Wappen derer von Pattefleur, zwei weißen Blumen auf blauem Grund und den Abdrücken von Wolfspfoten. Ja, die Pattefleurs waren ein altes, stolzes und wehrhaftes Geschlecht. Graf Gurvan war ein Günstling des Grafen Rollo, reich von diesem mit Lehen bedacht und angesehen. Leider war er nicht mit vielen Kindern gesegnet, nur einen Sohn und eine Tochter nannte er sein Eigen. Sein Sohn würde einmal sein Nachfolger werden, sein Lehen bewirtschaften und den Reichtum mehren. Für Adelaise jedoch würde er einen reichen und hochgestellten Ehemann suchen, bei dem nicht nur Adelaise, sondern auch er ein luxuriöses und sorgenfreies Leben führen konnte. So war alles aufs Beste geregelt.
Adelaise genoss so viele Freiheiten, wie man einer Comtesse nur zugestehen konnte. Ein Pater des nahe gelegenen Klosters hatte sie im Lesen und Schreiben unterrichtet, in griechischer und hebräischer Sprache, in Geographie und Sternenkunde. Noch lieber widmete sie sich aber ganz irdischen Vergnügen wie dem Reiten, Jagen, der Falknerei und der Musik. Sie versammelte junges Volk um sich, Troubadoure, Dichter, Mädchen, die singen, tanzen, schöne Kleider nähen und ihr die Zeit vertreiben konnten. Es war ein schönes, leichtes und angenehmes Leben auf Chateau Coquille, wenn da nicht die benachbarten Grafschaften gewesen wären.
Graf Pepin du Saumon war der Lehnsherr im Osten. Er besaß viele Dörfer, guten Acker, einen fischreichen Fluss und vier Kirchspiele. Eigentlich hätte Adelaise froh sein müssen, denn damit war Pepin bedeutend wohlhabender als Graf Gurvan de Pattefleur. Dessen Land lag zwischen dem fruchtbaren Ackerland von Pepin und dem waldreichen Gebiet von Graf Hamo du Bois Noir. Eine Verbindung der Pattefleurs mit den Saumons wäre für den Wohlstand aller sicher wünschenswert, doch bislang hatte Gurvan gezögert, Pepin seine Tochter zu versprechen. Er war der Meinung, Adelaise hätte mehr verdient als ein paar Dörfer und einen Fluss.
Adelaise dachte ebenso, aber aus anderen Gründen. Pepin war ein kleiner Mann auf kurzen, stämmigen Beinen, mit einem runden Bauch vom unmäßigen Essen und einer roten Nase vom unmäßigen Trinken. Er litt ständig an Sodbrennen, und sein Begleiter war ein stets verzweifelter Leibarzt, der seinem Herrn fortwährend Diäten und Enthaltsamkeit verordnete Ratschläge, die Pepin ebenso oft in den Wind schlug. Dafür schluckte er Pillen, Pülverchen und Tropfen von zweifelhafter Rezeptur im irrigen Glauben, dass diese ihm gegen seine Leiden helfen würden.
Sein schütteres blondes Haar, das sich immer weiter an die Randgebiete seines kugelrunden Kopfes zurückzog, ließ er von einem Diener mit Honig über die kahlen Stellen kämmen und festkleben in dem ebenfalls irrigen Glauben, er könne damit seine fortschreitende Kahlheit verbergen. Wenn er den Helm abnahm, dann war der Honig zu einer klebrigen Brühe zerschmolzen, die ihm in den Kragen rann und sein Leinenhemd gelb färbte. Pepin hasste das Reiten, doch anders konnte er sich nicht fortbewegen.
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Autoren-Porträt von Susan Hastings
Susan Hastings, Jahrgang 1954, ist von Beruf Geologin, doch seit einigen Jahren hängt ihr Herz auch an der Schriftstellerei. Nach dem Studium der Geologie arbeitete sie 15 Jahre lang im Bergbau und ist heute hauptberuflich im Umweltbereich tätig. Sie schloss außerdem ein Fernstudium als Autorin ab, ursprünglich jedoch für Fachbücher - zur Belletristik kam sie eher zufällig. Nach dem ersten Erfolg als Romanschriftstellerin im Jahr 2000 folgte dann die Wende: Unter den Pseudonymen Susan Hastings, Sina Holl und Sonja Helm schuf sie zahlreiche Kurzgeschichten, Liebes- und Historienromane. Ihre gefühlsbetonten, opulenten Werke schreibt sie nach Feierabend und begreift diese Tätigkeit als luxuriösen Ausgleich zu ihrem technischen Berufsalltag. Susan Hastings lebt und arbeitet in Leipzig.Bibliographische Angaben
- Autor: Susan Hastings
- 2010, 361 Seiten, Maße: 13,5 x 20,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426505215
- ISBN-13: 9783426505212
- Erscheinungsdatum: 08.06.2010
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