Die Bücherdiebin
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2009, Kategorie Preis der Jugendjury und dem Jugendbuchpreis Buxtehuder Bulle 2008
1939, Nazideutschland. Der Tod hat viel zu tun und eine Schwäche für Liesel Meminger. Am Grab ihres kleinen Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem 'Handbuch für Totengräber' lernt sie lesen und stiehlt fortan Bücher,...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Bücherdiebin “
1939, Nazideutschland. Der Tod hat viel zu tun und eine Schwäche für Liesel Meminger. Am Grab ihres kleinen Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem 'Handbuch für Totengräber' lernt sie lesen und stiehlt fortan Bücher, überall, wo sie zu finden sind: aus dem Schnee, den Flammen der Nazis und der Bibliothek des Bürgermeisters. Eine tiefe Liebe zu Büchern und Worten ist geweckt, die sie auch nicht verlässt, als die Welt um sie herum in Schutt und Asche versinkt. Liesel sieht die Juden nach Dachau ziehen, sie erlebt die Bombennächte über München - und sie überlebt, weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat.
Klappentext zu „Die Bücherdiebin “
"Die Bücherdiebin" ist ein modernern Klassiker und Weltbestseller und wurde 2014 erfolgreich verfilmt.Molching bei München. Hans und Rosa Hubermann nehmen die kleine Liesel Meminger bei sich auf - für eine bescheidene Beihilfe, die ihnen die ersten Kriegsjahre kaum erträglicher macht. Für Liesel jedoch bricht eine Zeit voller Hoffnung, voll schieren Glücks an - in dem Augenblick, als sie zu stehlen beginnt. Anfangs ist es nur ein Buch, das im Schnee liegen geblieben ist. Dann eines, das sie aus dem Feuer rettet. Dann Äpfel, Kartoffeln und Zwiebeln. Das Herz von Rudi. Die Herzen von Hans und Rosa Hubermann. Das Herz von Max. Und das des Todes. Denn selbst der Tod hat ein Herz.
Eine unvergessliche Geschichte vom dunkelsten und doch brillantesten aller Erzähler: dem Tod. Tragisch und witzige, zugleich wütend und zutiefst lebensbejahend - ein Meisterwerk.
Eine unvergessliche Geschichte: lebensfreudig und tragisch, wütend und tröstend
Sie hielt immer noch das Buch in der Hand. Verzweifelt klammerte sie sich an die Worte, die ihr das Leben gerettet hatten.
1939, Nazideutschland. Der Tod hat viel zu tun und eine Schwäche für Liesel Meminger.
Am Grab ihres kleinen Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem 'Handbuch für Totengräber' lernt sie lesen und stiehlt fortan Bücher, überall, wo sie zu finden sind: aus dem Schnee, den Flammen der Nazis und der Bibliothek des Bürgermeisters. Eine tiefe Liebe zu Büchern und Worten ist geweckt, die sie auch nicht verlässt, als die Welt um sie herum in Schutt und Asche versinkt. Liesel sieht die Juden nach Dachau ziehen, sie erlebt die Bombennächte über München - und sie überlebt, weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat.
Tragisch und witzig, wütend und zutiefst lebensbejahend - vom dunkelsten und doch brillantesten aller Erzähler: dem Tod.
"Zusak versüßt rein gar nichts, und dennoch macht er sein scheinbar sinistres Thema auf die gleiche Weise erträglich wie Kurt Vonnegut in 'Schlachthof 5': mit grimmigem, düster tröstlichem Humor." Time Magazine
"Der neue Star am Firmament!" Buchreport
"Ein gewichtiger Roman mit universeller Aussage. Angst jagt den Leser durch die Seiten dieses wunderbaren Buches." The Dialy Express
Sie hielt immer noch das Buch in der Hand. Verzweifelt klammerte sie sich an die Worte, die ihr das Leben gerettet hatten.
1939, Nazideutschland. Der Tod hat viel zu tun und eine Schwäche für Liesel Meminger.
Am Grab ihres kleinen Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem 'Handbuch für Totengräber' lernt sie lesen und stiehlt fortan Bücher, überall, wo sie zu finden sind: aus dem Schnee, den Flammen der Nazis und der Bibliothek des Bürgermeisters. Eine tiefe Liebe zu Büchern und Worten ist geweckt, die sie auch nicht verlässt, als die Welt um sie herum in Schutt und Asche versinkt. Liesel sieht die Juden nach Dachau ziehen, sie erlebt die Bombennächte über München - und sie überlebt, weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat.
Tragisch und witzig, wütend und zutiefst lebensbejahend - vom dunkelsten und doch brillantesten aller Erzähler: dem Tod.
"Zusak versüßt rein gar nichts, und dennoch macht er sein scheinbar sinistres Thema auf die gleiche Weise erträglich wie Kurt Vonnegut in 'Schlachthof 5': mit grimmigem, düster tröstlichem Humor." Time Magazine
"Der neue Star am Firmament!" Buchreport
"Ein gewichtiger Roman mit universeller Aussage. Angst jagt den Leser durch die Seiten dieses wunderbaren Buches." The Dialy Express
Lese-Probe zu „Die Bücherdiebin “
Die Bücherdiebin von Markus ZusakPROLOG
Ein Trümmerberg
Es wirken mit:
der Erzähler – Farben – und die Bücherdiebin
Tod u n d S c h o ko l a d e
Zuerst die Farben.
Dann die Menschen.
So sehe ich die Welt normalerweise.
Ich versuche es zumindest.
EINE KURZE BEMERKUNG AM RANDE
Ihr werdet sterben.
Ich bin nach Kräften bemüht, dieser ganzen Angelegenheit eine fröhliche Seite zu verleihen, aber die meisten Menschen haben einen tief sitzenden Widerwillen, der es ihnen unmöglich macht, mir zu glauben, so sehr ich auch versuche, sie davon zu überzeugen. Bitte glaubt mir: Ich kann wirklich fröhlich sein. Ich kann angenehm sein. Amüsant. Achtsam. Andächtig. Und das sind nur die Eigenschaften mit dem Buchstaben »A«. Nur bitte verlangt nicht von mir, nett zu sein. Nett zu sein ist mir völlig fremd.
REAKTIONEN AUF DIE OBEN GENANNTE TATSACHE
Mache ich euch Angst?
Ich bitte euch inständig – keine Sorge.
Man kann mir alles nachsagen, nur nicht, dass ich ungerecht bin.
Was fehlt?
Natürlich – eine Bekanntmachung.
Ein Beginn.
Wo ist nur mein gutes Benehmen geblieben?
Ich könnte mich ganz förmlich vorstellen, aber das ist gar nicht nötig. Ihr werdet mich schon bald recht gut kennen; wie bald – das hängt von einer Reihe von Umständen ab. Nur so viel sei gesagt: Irgendwann einmal werde ich über euch allen stehen, so freundlich, wie es mir möglich ist. Eure Seelen werden in meinen Armen liegen. Auf meiner Schulter wird eine Farbe ruhen. Sanft werde ich euch davontragen.
Ihr werdet vor mir liegen. (Es passiert nur selten, dass ich Menschen stehend antreffe.) Ihr werdet in der Kruste eurer eigenen Körper gefangen sein. Vielleicht gibt es ein Erkennen; ein Schrei tröpfelt zu Boden. Die einzigen Geräusche, die ich danach hören werde, sind mein
... mehr
eigener Atem und der Klang des Geruchs, meine eigenen Schritte.
Die Frage ist, welche Farbe die Welt angenommen haben wird, wenn ich euch holen komme. Was wird der Himmel uns erzählen?
Ich persönlich mag einen schokoladenfarbenen Himmel.
Dunkle Bitterschokolade. Die Leute behaupten, das passt zu mir. Ich versuche trotzdem, mich an jeder Farbe zu erfreuen, die ich sehe, an dem ganzen Spektrum. Etwa eine Milliarde Schattierungen, keine wie die andere, und ein Himmel, der sie langsam in sich aufsaugt. Das nimmt dem Stress die Schärfe. Und es hilft mir, mich zu entspannen.
EINE KURZE ZWISCHENBEMERKUNG
Die Menschen beachten die Farben eines Tages lediglich an seinem Anfang und an seinem Ende. Dabei wandert ein Tag durch eine Vielzahl von Farbtönen und Schattierungen, und zwar in jedem Augenblick. Eine einzige Stunde kann aus Tausenden von unterschiedlichen Farben bestehen. Wachsgelb, regenbesprühtes Blau. Schlammige Dunkelheit.
In meinem Geschäft habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, darauf zu achten.
Wie schon angedeutet, ist Ablenkung meine einzige Rettung. Sie allein hilft mir, bei Verstand zu bleiben. Sie hilft mir, mit meiner Arbeit klarzukommen, was nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, wie lange ich diese Tätigkeit schon ausübe. Das Problem ist: Wer könnte mich ersetzen? Wer könnte für mich einspringen, während ich in einem Vier-Sterne-Hotel irgendwo am Meer Urlaub mache oder in den Bergen Ski fahre? Die Antwort ist: Niemand. Genau dieser Umstand hat mich dazu veranlasst, die Ablenkung zu meiner Erholung zu machen, mich damit zu zerstreuen.
Also mache ich Urlaub in Farben, in Schattierungen.
Dennoch fragt ihr euch möglicherweise, warum ich überhaupt Urlaub brauche. Ihr wollt wissen, wovon ich mich ablenken muss?
Was mich zum nächsten Punkt bringt.
Es sind die übrig gebliebenen Menschen.
Die Überlebenden.
Sie sind es, deren Anblick ich nicht ertrage, und in meinem Bemühen, sie nicht anzusehen, versage ich häufig. Ich konzentriere mich absichtlich auf die Farben, um die Überlebenden aus meinen Gedanken zu verbannen, aber hin und wieder werde ich Zeuge, wie die Zurückbleibenden zwischen den Puzzlestücken der Erkenntnis, Überraschung und Verzweiflung zusammenbrechen. Sie haben zerstochene Herzen. Sie haben zerschlagene Lungen.
Was mich wiederum zu dem Thema bringt, über das ich heute Abend – oder heute Mittag, oder welche Stunde und Farbe es auch immer gerade sein mag – mit euch reden will. Es ist die Geschichte von einer beständig Überlebenden – von einer Expertin im Zurückbleiben.
Es ist eigentlich nur eine kleine Geschichte, und sie handelt unter anderem von:
– einem Mädchen
– ein paar Worten
– einem Akkordeonspieler
– ein paar fanatischen Deutschen
– einem jüdischen Faustkämpfer
– und einer ganzen Menge Diebstählen
Ich sah die Bücherdiebin drei Mal.
N e b e n d e n B a h n g l e i s e n
Das erste Mal war es weiß. Gleißend.
Einige von euch werden wahrscheinlich denken, dass Weiß gar keine Farbe ist. Völliger Blödsinn. Das stimmt nicht. Weiß ist zweifellos eine Farbe, und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ihr mit mir streiten wollt.
EIN WORT ZUR BESÄNFTIGUNG
Bitte bleibt ruhig, trotz dieser offenkundigen Drohung.
Ich tue nur so.
Ich bin nicht gewalttätig.
Ich bin nicht bösartig.
Ich bin das Ergebnis.
Ja, es war weiß.
Es war so, als ob der ganze Erdball in Schnee gekleidet wäre. Als ob er ihn angelegt hätte, so wie ihr einen Pullover anzieht. Neben der Bahnstrecke verliefen Fußspuren, eingesunken bis zum Schienbein. Die Bäume trugen Decken aus Eis.
Wie ihr euch vielleicht schon gedacht habt, war jemand gestorben. Sie konnten ihn nicht einfach auf dem Boden liegen lassen. Im Augenblick wäre das kein Problem gewesen, aber schon bald würde das Gleis geräumt sein und der Zug würde weiterfahren.
Da waren zwei Wachmänner.
Da waren eine Mutter und ihre Tochter.
Und eine Leiche.
Die Mutter, die Tochter und die Leiche verharrten, hartnäckig und still.
»Was willst du denn von mir?«
Die Wachmänner waren groß und klein. Der Große sprach stets zuerst, obwohl er nicht das Kommando führte. Er sah den rundlichen Kleinen an. Den mit dem feuchtroten Gesicht. »Nun«, lautete die Erwiderung, »wir können ihn doch wohl nicht einfach hier liegen lassen?«
Der Große verlor die Geduld. »Und warum nicht?«
Der Kleinere explodierte beinahe. Er schaute zu dem Kinn des Großen auf und schrie: »Spinnst du?« Die Abscheu auf seinen Wangen wuchs mit jedem Moment. Seine Haut weitete sich. »Komm«, sagte er und stapfte durch den Schnee. »Wir tragen sie alle drei zurück, wenn es sein muss. Und wir melden es der nächsten Station.«
Was mich betrifft, so hatte ich den größten aller Fehler bereits begangen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich von mir selbst enttäuscht war. Anfangs hatte ich alles richtig gemacht:
Ich betrachtete den blendenden, weißschneeigen Himmel, der vor dem Fenster des fahrenden Zuges stand. Ich atmete ihn förmlich ein, aber trotzdem geriet ich ins Wanken. Ich gab nach – mein Interesse war geweckt. An dem Mädchen. Die Neugier siegte, und ich beschloss, so lange zu bleiben, wie es mein Zeitplan erlaubte. Ich schaute zu.
Dreiundzwanzig Minuten später hielt der Zug an, und ich stieg gemeinsam mit ihnen aus. Eine kleine Seele lag in meinen Armen. Ich stand zu ihrer Rechten, etwas abseits.
Die tatkräftigen beiden Wachmänner gingen zurück zu der Mutter, dem Mädchen und dem schmächtigen männlichen Leichnam. Ich erinnere mich noch genau daran, dass mein Atem an diesem Tag ungewöhnlich laut war. Ich war überrascht, dass die Wachen mich nicht bemerkten, als sie an mir vorbeigingen. Die Welt wurde niedergedrückt unter all der Last aus Schnee.
Etwa zehn Meter zu meiner Linken stand das bleiche Mädchen, durchgefroren bis auf die Knochen und mit leerem Magen. Ihr Mund zitterte.
Sie hatte die kalten Arme überkreuzt.
Gefrorene Tränen hingen auf dem Gesicht der Bücherdiebin.
Übersetzung: Alexandra Ernst
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2008
by cbj /Blanvalet Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Die Frage ist, welche Farbe die Welt angenommen haben wird, wenn ich euch holen komme. Was wird der Himmel uns erzählen?
Ich persönlich mag einen schokoladenfarbenen Himmel.
Dunkle Bitterschokolade. Die Leute behaupten, das passt zu mir. Ich versuche trotzdem, mich an jeder Farbe zu erfreuen, die ich sehe, an dem ganzen Spektrum. Etwa eine Milliarde Schattierungen, keine wie die andere, und ein Himmel, der sie langsam in sich aufsaugt. Das nimmt dem Stress die Schärfe. Und es hilft mir, mich zu entspannen.
EINE KURZE ZWISCHENBEMERKUNG
Die Menschen beachten die Farben eines Tages lediglich an seinem Anfang und an seinem Ende. Dabei wandert ein Tag durch eine Vielzahl von Farbtönen und Schattierungen, und zwar in jedem Augenblick. Eine einzige Stunde kann aus Tausenden von unterschiedlichen Farben bestehen. Wachsgelb, regenbesprühtes Blau. Schlammige Dunkelheit.
In meinem Geschäft habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, darauf zu achten.
Wie schon angedeutet, ist Ablenkung meine einzige Rettung. Sie allein hilft mir, bei Verstand zu bleiben. Sie hilft mir, mit meiner Arbeit klarzukommen, was nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, wie lange ich diese Tätigkeit schon ausübe. Das Problem ist: Wer könnte mich ersetzen? Wer könnte für mich einspringen, während ich in einem Vier-Sterne-Hotel irgendwo am Meer Urlaub mache oder in den Bergen Ski fahre? Die Antwort ist: Niemand. Genau dieser Umstand hat mich dazu veranlasst, die Ablenkung zu meiner Erholung zu machen, mich damit zu zerstreuen.
Also mache ich Urlaub in Farben, in Schattierungen.
Dennoch fragt ihr euch möglicherweise, warum ich überhaupt Urlaub brauche. Ihr wollt wissen, wovon ich mich ablenken muss?
Was mich zum nächsten Punkt bringt.
Es sind die übrig gebliebenen Menschen.
Die Überlebenden.
Sie sind es, deren Anblick ich nicht ertrage, und in meinem Bemühen, sie nicht anzusehen, versage ich häufig. Ich konzentriere mich absichtlich auf die Farben, um die Überlebenden aus meinen Gedanken zu verbannen, aber hin und wieder werde ich Zeuge, wie die Zurückbleibenden zwischen den Puzzlestücken der Erkenntnis, Überraschung und Verzweiflung zusammenbrechen. Sie haben zerstochene Herzen. Sie haben zerschlagene Lungen.
Was mich wiederum zu dem Thema bringt, über das ich heute Abend – oder heute Mittag, oder welche Stunde und Farbe es auch immer gerade sein mag – mit euch reden will. Es ist die Geschichte von einer beständig Überlebenden – von einer Expertin im Zurückbleiben.
Es ist eigentlich nur eine kleine Geschichte, und sie handelt unter anderem von:
– einem Mädchen
– ein paar Worten
– einem Akkordeonspieler
– ein paar fanatischen Deutschen
– einem jüdischen Faustkämpfer
– und einer ganzen Menge Diebstählen
Ich sah die Bücherdiebin drei Mal.
N e b e n d e n B a h n g l e i s e n
Das erste Mal war es weiß. Gleißend.
Einige von euch werden wahrscheinlich denken, dass Weiß gar keine Farbe ist. Völliger Blödsinn. Das stimmt nicht. Weiß ist zweifellos eine Farbe, und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ihr mit mir streiten wollt.
EIN WORT ZUR BESÄNFTIGUNG
Bitte bleibt ruhig, trotz dieser offenkundigen Drohung.
Ich tue nur so.
Ich bin nicht gewalttätig.
Ich bin nicht bösartig.
Ich bin das Ergebnis.
Ja, es war weiß.
Es war so, als ob der ganze Erdball in Schnee gekleidet wäre. Als ob er ihn angelegt hätte, so wie ihr einen Pullover anzieht. Neben der Bahnstrecke verliefen Fußspuren, eingesunken bis zum Schienbein. Die Bäume trugen Decken aus Eis.
Wie ihr euch vielleicht schon gedacht habt, war jemand gestorben. Sie konnten ihn nicht einfach auf dem Boden liegen lassen. Im Augenblick wäre das kein Problem gewesen, aber schon bald würde das Gleis geräumt sein und der Zug würde weiterfahren.
Da waren zwei Wachmänner.
Da waren eine Mutter und ihre Tochter.
Und eine Leiche.
Die Mutter, die Tochter und die Leiche verharrten, hartnäckig und still.
»Was willst du denn von mir?«
Die Wachmänner waren groß und klein. Der Große sprach stets zuerst, obwohl er nicht das Kommando führte. Er sah den rundlichen Kleinen an. Den mit dem feuchtroten Gesicht. »Nun«, lautete die Erwiderung, »wir können ihn doch wohl nicht einfach hier liegen lassen?«
Der Große verlor die Geduld. »Und warum nicht?«
Der Kleinere explodierte beinahe. Er schaute zu dem Kinn des Großen auf und schrie: »Spinnst du?« Die Abscheu auf seinen Wangen wuchs mit jedem Moment. Seine Haut weitete sich. »Komm«, sagte er und stapfte durch den Schnee. »Wir tragen sie alle drei zurück, wenn es sein muss. Und wir melden es der nächsten Station.«
Was mich betrifft, so hatte ich den größten aller Fehler bereits begangen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich von mir selbst enttäuscht war. Anfangs hatte ich alles richtig gemacht:
Ich betrachtete den blendenden, weißschneeigen Himmel, der vor dem Fenster des fahrenden Zuges stand. Ich atmete ihn förmlich ein, aber trotzdem geriet ich ins Wanken. Ich gab nach – mein Interesse war geweckt. An dem Mädchen. Die Neugier siegte, und ich beschloss, so lange zu bleiben, wie es mein Zeitplan erlaubte. Ich schaute zu.
Dreiundzwanzig Minuten später hielt der Zug an, und ich stieg gemeinsam mit ihnen aus. Eine kleine Seele lag in meinen Armen. Ich stand zu ihrer Rechten, etwas abseits.
Die tatkräftigen beiden Wachmänner gingen zurück zu der Mutter, dem Mädchen und dem schmächtigen männlichen Leichnam. Ich erinnere mich noch genau daran, dass mein Atem an diesem Tag ungewöhnlich laut war. Ich war überrascht, dass die Wachen mich nicht bemerkten, als sie an mir vorbeigingen. Die Welt wurde niedergedrückt unter all der Last aus Schnee.
Etwa zehn Meter zu meiner Linken stand das bleiche Mädchen, durchgefroren bis auf die Knochen und mit leerem Magen. Ihr Mund zitterte.
Sie hatte die kalten Arme überkreuzt.
Gefrorene Tränen hingen auf dem Gesicht der Bücherdiebin.
Übersetzung: Alexandra Ernst
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2008
by cbj /Blanvalet Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
... weniger
Autoren-Porträt von Markus Zusak
Zusak, MarkusDer Bestsellerautor Markus Zusak hat sechs Romane geschrieben, darunter »Nichts weniger als ein Wunder«, »Die Bücherdiebin« und »Der Joker«. Seine von Publikum und Presse gleichermaßen gefeierten Bücher sind in mehr als vierzig Sprachen übersetzt. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Sydney.Ernst, AlexandraAlexandra Ernst wurde für ihre Übersetzungen mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, dem Buxtehuder Bullen und der Ibby Honour List. Sie mag Bücher von Mark Twain, Marie-Aude Murail, Frances Hardinge und die Tibet-Krimis von Eliot Pattinson. In ihrer Freizeit gestaltet sie »Shabby Chic«-Möbel. Alexandra Ernst lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter im hessischen Ried.
Bibliographische Angaben
- Autor: Markus Zusak
- Altersempfehlung: 12 - 99 Jahre
- 2008, Deutsche Erstausgabe., 587 Seiten, Maße: 15,6 x 23,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Alexandra Ernst
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570132749
- ISBN-13: 9783570132746
- Erscheinungsdatum: 27.02.2008
Rezension zu „Die Bücherdiebin “
»Ein großes Buch.« Deutschlandfunk / Ute Wegmann
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