Die Frau des Zeitreisenden
Eine wunderbare, höchst ungewöhnliche Liebesgeschichte: Clare fällt jedes Mal wieder aus allen Wolken, wenn Henry vor ihr steht, denn Henry ist ein Zeitreisender: Ganz plötzlich stürzt er los in eine andere Zeit doch immer wieder...
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Eine wunderbare, höchst ungewöhnliche Liebesgeschichte: Clare fällt jedes Mal wieder aus allen Wolken, wenn Henry vor ihr steht, denn Henry ist ein Zeitreisender: Ganz plötzlich stürzt er los in eine andere Zeit doch immer wieder landet er bei seiner großen Liebe Clare. Er begegnet ihr als Mädchen, als Mutter und als alte Frau.
Die Frau des Zeitreisenden von Audrey Niffenegger
LESEPROBE
ES GIBTIMMER EIN ERSTES MAL
Sonntag, 16. Juni 1968
HENRY: Das erste Mal war magisch. Woher hätte ich wissen sollen, welche Bedeutunges hatte? Es war mein fünfter Geburtstag, und wir gingen ins Field Museum ofNatural History. Ich glaube, es war mein erster Besuch im Field Museum. MeineEltern hatten mir die ganze Woche erzählt, welche Wunder es dort zu bestaunengab, die ausgestopften Elefanten in der hohen Eingangshalle, dieDinosaurierskelette, die Dioramen mit den Höhlenmenschen. Mom, die gerade aus Sydneyzurückgekehrt war, hatte mir einen gewaltigen, unglaublich blauenSchmetterling mitgebracht, Papilio ulysses, präpariert in einem mit Watte gefüllten Rahmen.Dauernd hielt ich ihn dicht vor mein Gesicht, so dicht, dass ich nur noch Blausah. Es erfüllte mich mit einem Gefühl, das ich später im Alkohol wiederholenwollte und schließlich bei Clare wiederfand, ein Gefühl von Einheit,Vergessenheit und Leichtigkeit im besten Sinne des Wortes. Meine Elternbeschrieben die zahllosen Schaukästen mit Schmetterlingen, Kolibris, Käfern.Ich war so aufgeregt, dass ich schon vor Tagesanbruch erwachte. Im Schlafanzugzog ich mir die Turnschuhe an, nahm meinen Papilio ulysses, ging hinten in den Garten und dieTreppe hinunter zum Fluss. Dort setzte ich mich auf den Anleger und sah zu, wiees hell wurde. Eine Entenfamilie schwamm
vorbei, undauf dem Anleger am anderen Flussufer erschien ein Waschbär und musterte michneugierig, ehe er sein Frühstück im Wasser wusch und verschlang. Vielleicht warich eingeschlafen. Irgendwann hörte ich Mom rufen und rannte die vom Tauglitschigen Stufen hoch, vorsichtig darauf bedacht, den Schmetterling nichtfallen zu lassen. Sie war verärgert, weil ich allein zum Anleger gegangen war,machte aber keine große Sache daraus, denn es war ja mein Geburtstag.
Beide mussten sie am Abend nicht arbeiten, deshalb dauertees eine Weile, bis sie angezogen und startbereit waren. Ich war lange vor ihnenfertig. Ich saß auf ihrem Bett und tat, als wenn ich eine Partitur lesen würde.Etwa um diese Zeit entdeckten meine Musikereltern, dass in ihrem einzigenSprössling keine musikalische Begabung schlummerte. Nicht dass ich mir keineMühe gegeben hätte, aber ich hörte aus einem Musikstück einfach nicht dasGleiche heraus wie sie. Ich mochte Musik, konnte aber kaum einen Ton halten.Und obwohl ich schon mit vier Zeitung lesen konnte, sah ich in einer Partiturnur hübsche schwarze Schnörkel. Noch aber hofften meine Eltern auf einverborgenes musikalisches Talent in mir, so dass sich Mom, kaum hatte ich diePartitur in der Hand, neben mich setzte und mir dabei helfen wollte. Schon baldsang sie, und ich stimmte mit kläglichen Heultönen, die Finger schnippend, ein,bis wir kicherten und sie mich kitzelte. Dad, der mit einem Handtuch um dieHüften aus dem Bad kam, stimmte ebenfalls ein, und ein paar wunderschöneMinuten lang sangen sie gemeinsam, und Dad hob mich hoch, und sie tanzten, michzwischen sich gepresst, durchs Schlafzimmer. Dann klingelte das Telefon, dieSzene löste sich auf. Mom ging ran, Dad setzte mich aufs Bett und zog sich an.
Schließlichwaren sie doch fertig. Meine Mom trug ein rotes ärmelloses Kleid mit Sandalenund hatte ihre Finger- und Zehennägel im dazu passenden Farbton lackiert. Dad,der in dunkelblauer Hose und weißem kurzärmeligem Hemd brillierte, lieferteeinen ruhigen Hintergrund zu Moms extravaganter Erscheinung. Wir stiegen insAuto. Wie immer hatte ich den ganzen Rücksitz für mich, also legte ich mich hinund beobachtete durchs Fenster, wie die hohen Gebäude am Lake Shore Drivevorbeirauschten. (...)
© für die deutsche Ausgabe: 2004 S. Fischer Verlag GmbH,Frankfurt am Main
Übersetzung: Brigitte Jakobeit
Autorenporträt von Audrey Niffenegger
Audrey Niffenegger lehrt Kunst und Buchgestaltung am College
ChicagoCenter. Ihr erster Roman Die Frau des Zeitreisenden
steht seitErscheinen 2004 auf den Bestsellerlisten und wurde in
zahlreicheSprachen übersetzt. Niffenegger liebt Alice imWunderland
und Rilke,sammelt Schmetterlinge, Bücher und Comics. Ihr nächstes
Buch spieltin London in der Nähe des Highgate Cemetery.
- Autor: Audrey Niffenegger
- 2005, 23. Aufl., 544 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Jakobeit, Brigitte
- Übersetzer: Brigitte Jakobeit
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596163900
- ISBN-13: 9783596163908
- Erscheinungsdatum: 18.10.2005
"Die Geschichte von Henry und Clare ist eine berührend erzählte Liebesgeschichte, die allen Menschen, die von der bedingungslosen großen Liebe träumen, das Herz erwärmen wird." (HR)
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