Die geheimen Spielregeln der Macht
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Die geheimen Spielregeln der Macht von ChristineBauer-Jelinek
LESEPROBE
Die passende Arbeitsumgebung
Gutmenschen müssen angesichts derWerte in der schönen neuen Welt nicht resignieren. Entgegen allerBefürchtungen zeigt die Erfahrung, dass eine klare Sicht auf die Realität Ohnmachtsgefühle
hintanhält und den Handlungsspielraumvergrößert. Sie sind nicht gezwungen, nach den neoliberalen Regeln zu leben.Vielmehr können sie nach einer Analyse der gesellschaftlichen Bedingungen
leichter eine Entscheidung treffen,wie sie sich in diesem Umfeld positionieren wollen. Das Spektrum reicht vonvölliger Anpassung über teilweise Integration oder zeitweise Verweigerung biszum totalen
Widerstand. Diese Wahl wird nichtnur von den eigenen Idealvorstellungen bestimmt, viele Menschen sind auchSachzwängen ausgesetzt: Sie haben eine Familie zu versorgen oder Schulden zu tilgen.Und nicht jeder, der gerne seinen Träumen folgen würde, sieht sich in der Lage,dafür auch den Einsatz zu bringen. Anstatt sich von zu hohen Ansprüchenerschlagen zu lassen und dann überfordert
gar nichts zu erreichen, könntenGutmenschen auch ein individuell dosiertes Vorgehen wählen, denn es istweitgehend möglich, den Grad der Belastung selbst zu steuern. Das beginnt beider
Auswahl der passendenArbeitsumgebung und endet beim Ausmaß des Engagements für den Kampf um einebessere Welt. Es bestehen mehr Chancen, als man gemeinhin annimmt, auchinnerhalb dieser Gesellschaft ein akzeptables Arbeitsumfeld zu finden, denn dieneuen Regeln sind nicht überall gleich stark ausgeprägt.
In globalisierten Konzernen
Wenn Gutmenschen trotz ihresUnbehagens mit dem derzeitigen System Karriere machen und durchaus viel Geldverdienen wollen, dann bietet das Umfeld der Geld-Menschen dafür die größten
Chancen. Zu dieser Kategorie gehörentransnationale Konzerne und Unternehmen, die durch Investoren oderFondsgesellschaften kapitalisiert sind. Weil das oberste Zielkapitalgetriebener Firmen die Steigerung der Gewinne oder desUnternehmenswertes sein muss, entfalten auch die Gesetze der Geld-Menschen hierihre stärkste Wirkung. Das Wertesystem der Gutmenschen und die in einem
Konzern geforderten Verhaltensweisenstehen zueinander in einem enormen Spannungsverhältnis. Daher ist dieAnpassungsleistung, die Gutmenschen auf diesem Sektor erbringen müssen, auch am
höchsten. Der Arbeitsalltag wirdsehr wahrscheinlich große Anforderungen an ihre psychische Belastbarkeitstellen. Um in einer solchen Umgebung erfolgreich zu sein, sollten Gutmenschenzusätzlich zu ihrer fachlichen Fortbildung das gesamte Geld-Menschen-Programmim Schnellverfahren absolvieren: Präsentations- und Verhandlungstechniken,Eigenmarketing,
Kampfrhetorik, strategisches undtaktisches Denken sowie Hierarchie-Kompetenz. Das Training besucht man ambesten (trotz aller Widerstände und Vorurteile) bei Trainern aus dem Umfeld
von Militär, Polizei, Spitzensportoder Vertriebswesen. Die Teilnahme an regionalen und internationalen Netzwerkenfördert das Vorwärtskommen, man muss wissen, mit welchen entscheidenden Personenman in Kontakt zu treten hat. Gutmenschen, die nicht aus bürgerlichem Hausekommen, sollten sich nicht scheuen, auch Kurse für Business-Etikette und SmallTalk zu belegen und in eine dem jeweiligen Dresscode angemessene Garderobe zuinvestieren.
Wer in den Unternehmen derGeld-Menschen seinen Job in Ruhe ausüben möchte, sollte sich eine Nische suchenund dort seine Arbeit erledigen, ohne aufzufallen. Wer allerdings Karriere machenwill, wird nicht darum herumkommen, sich im privaten Umfeld durch professionelleDienstleistungen unterstützen zu lassen. Auf dem Weg nach oben benötigt manzumindest eine Reinigungskraft,
gegebenenfalls eine Kinderbetreuungoder Altenpflege und man darf sich erlauben, den Einkauf durch einenZustelldienst liefern zu lassen. Aufstieg bedeutet auch in der schönen neuenWelt, in die neue Bürgerlichkeit vorzudringen, und das Bürgertum hat seineLeistungen schon immer mithilfe von Personal erbracht. Viele Gutmenschen hegenhingegen den paradoxen Anspruch, bürgerliche Standards mit proletarischenMitteln zu erreichen. Selbst wenn sie schon im mittleren Management sind,stehen sie um fünf Uhr auf, um noch schnell staubzusaugenund hetzen knapp vor Ladenschluss zum Einkaufen und in den Kindergarten. In denUnternehmen der Geld-Menschen muss man dem
eigenen Erfolg oberste Prioritäteinräumen. Dieser verlangt bedingungslose Einordnung in die Organisation -nicht Idealismus, Gemeinschaftssinn oder Selbstverwirklichung. Daher zurErinnerung:
Hände weg vom Psychologisieren,Moralisieren und Solidarisieren. Diese Strategien wirken nur in der Welt derGutmenschen. Selbstverständlich prägen auch in den Unternehmen der schönenneuen Welt undramatische, freundliche Beziehungen zu Kollegen, Vorgesetztenund Kunden sowie interessante Aufgaben den Arbeitsalltag. Doch sollte man sichnicht täuschen lassen und immer auf einen Kampf gefasst sein. Auf eine kurzeFormel gebracht, kann man sagen: Je weiter unten in einer Hierarchie man positioniertist, desto mehr Herz darf in die Arbeit einfließen. Je weiter oben, umso mehrzählen Taktik und Strategie. Um diese Situation psychisch zu überleben, mussder Gutmensch einen Ausgleich in lebendigen privaten Beziehungen finden. In derFamilie, in Freundschaften können Intimität, Offenheit und Emotionalität gelebtwerden. Zudem erleichtert eine pragmatische
Einstellung das Leben: Der Job dienteinfach der materiellen Absicherung, Lebenssinn und Selbstverwirklichung mussman sich in der Freizeit suchen. In diesem Arbeitsumfeld wird allerdings wenig Zeitbleiben, sich neben seinen eigenen sozialen Beziehungen fürgesellschaftspolitische Anliegen einzusetzen.
In klassischenGutmenschen-Organisationen
Gutmenschen müssen nicht unbedingtmitten im "Feindesland" arbeiten. Es gibt sie ja noch, die klassischen Gutmenschen-Organisationen:in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungs- und Gesundheitswesen, in densozialen Diensten, in Kunst und Kultur, in Interessenvertretungen, NGOs etc. Bei diesen Arbeitgebern finden Gutmenschen einUmfeld vor, das mit ihren Werten eher
kompatibel ist, dasihren Stärken in der Kommunikation, ihren Befindlichkeiten und dem Bedürfnisnach Sinnstiftung wesentlich mehr Möglichkeiten bietet. Selbstverständlichwerden auch in
diesem Segment Machtspiele gespielt.Selbst wenn Gutmenschen diese nicht gerade als angenehm empfinden, so sind dochihre Mechanismen für sie eher nachvollziehbar und vertraut. Die Chancen fürGutmenschen in Gutmenschen-Organisationen liegen darin, dass durch diegemeinsame Weltsicht mehr Gemeinschaftssinn und eine größere Identifikation mitden Zielen entstehen können. Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass unsereGesellschaft insgesamt nach den Werten der Geld-Menschen ausgerichtet ist. Willman darin als Person oder als Organisation erfolgreich sein, kann man sich nichteinfach abschotten. Man benötigt auch hier ein Grundwissen über die Kommunikationsgesetzeder schönen neuen Welt, die heute auch weite Bereiche derGutmenschen-Institutionen durchdringen. Terrain des Unternehmertums zu leben. Einhohes Maß an Lebensqualität
Wo auch immer Gutmenschen ihrenArbeitsplatz finden, werden sie mit den Spielregeln der schönen neuen Welt konfrontiertsein. Selbst bei starker Bindung an die eigenen Werte lässt es sich nicht
vermeiden, mehr oder weniger vomVerhalten der Geld-Menschen selbst zu übernehmen. Bewusst oder unbewusst dientdiese Anpassung dem wirtschaftlichen Überleben im neuen System.
Der Einsatz der entsprechendenStrategien kann daher im Berufsleben durchaus sinnvoll sein.
Im Privatleben ist die Situationhingegen anders zu bewerten. Wollen Gutmenschen in diesem Bereich dieLebensqualität erhalten oder verbessern, dann müssen sie sich davor hüten, dieSpielregeln
der Geld-Menschen in ihrenHerz-Beziehungen anzuwenden. Wer nur den eigenen Vorteil verfolgt, sich taktischverhält und seine Interessen einseitig durchsetzen will, wird bald Familie undFreunde verlieren. Dieses Verhalten richtet in Herz-Beziehungen in jedem Fallschweren Schaden an. Nähe entsteht nicht durch Kosten-Nutzen-Analysen, sonderndurch Ehrlichkeit, Vertrauen, Gerechtigkeit, Toleranz, Verlässlichkeit undGemeinschaftssinn. Dies sind Grundelemente des menschlichen Wesens, derenGültigkeit unverrückbar ist. Sie sind nicht abhängig von den gesellschaftlichenRahmenbedingungen, die durch die jeweils herrschende Ideologie erzeugt werden. JeneEigenschaften, die den Gutmenschen das Berufsleben in der schönen neuen Weltso oft erschweren, bilden eine wesentliche Basis für lebendige Beziehungenund Gemeinschaften. Gesunde Herz-Beziehungen und die Grundwerte der Gutmenschenhaben viel gemeinsam. Ein Großteil der Gutmenschen hat Erfahrung mit Methodender Kommunikation oder der Persönlichkeitsentwicklung.
Diese stellen in Herz-Beziehungenein unschätzbares Potenzial dar, dürfen jedoch nicht unreflektiert in Leistungs-Beziehungender schönen neuen Welt eingesetzt werden. Wollen Gutmenschen dieLebensqualität in ihrem Privatleben erhalten oder verbessern, dann müssen siesich davor hüten, die
Spielregeln der Geld-Menschen inihren Herz-Beziehungen anzuwenden. Umgekehrt bestünde eine große Chance fürGeld-Menschen, ihre sozialen Beziehungen und ihre Gesundheit zu verbessern,
wenn sie bereit wären, einige Werteund Verhaltensweisen der Gutmenschen in ihr Leben zu integrieren.
Chancen auf eine bessere Welt
Die Spielregeln der schönen neuenWelt funktionieren in bestimmten Bereichen der Wirtschaft sehr gut undbringen für einige Menschen klare Vorteile. Für einen Großteil erschweren siedie Teilhabe
am Wohlstand und an dergesellschaftlichen Entwicklung. Nach dem Befund der Gutmenschen verschlechtertsich ihre Lage unter dem Diktat des neoliberalen Systems von Reform zu Reform.Um
im freien Wettbewerb zu bestehen -so lautet ja das Mantra der Geld-Menschen -, werdendie monetären Vorgaben immer weiter nach oben und soziale Standards nach untengeschraubt. Die
Auswirkungen dieses Systems sindbereits drastisch zu spüren - der Widerstand beginnt sich zu organisieren. EineVielfalt an kritischen Organisationen der Zivilgesellschaft - von Greenpeaceüber Attac bis zum Netzwerk Grundeinkommen - gewinntzunehmend an Bedeutung. Daneben arbeiten
unzählige Vereine auf regionalerEbene und formieren sich alternative Gruppierungen in den traditionellenInteressenvertretungen. Diese sich durch alle Schichten der Gesellschaftziehenden
Initiativen haben eines gemeinsam:Was immer ihnen in der schönen neuen Welt an Vorteilen versprochen wird,befriedigt sie nicht. Sie wollen in einem solchen Wertesystem nicht leben und
arbeiten daher an denVoraussetzungen für eine bessere Welt. Das Problem besteht allerdings darin,dass es noch zu wenige sind, die sich engagieren, um einen tatsächlichenMachtwechsel zu erreichen. Viele Gutmenschen begnügen sich immer noch damit,ihre Frustration im engsten Freundeskreis zu beklagen oder am Arbeitsplatz sichselbst zu boykottieren. Es waren Gutmenschen, die die Grundlagen für deneuropäischen Sozialstaat geschaffen haben. Diese Errungenschaften wurden vonMenschen mit hohem persönlichen Einsatz erkämpft, als in der Folge derindustriellen Revolution die ArbeiterInnen unter unmenschlichenBedingungen ihr Leben fristen mussten - und
diese Kämpfe waren nicht nur imübertragenen Sinne zu verstehen. Sie brachten die Akteure ins Gefängnis undforderten unzählige Todesopfer. Die Pioniere der Arbeiterbewegung erreichten ihreZiele nur unter großen Opfern. Viele arbeiteten in Fabriken und Bergwerkenunter extremsten Voraussetzungen, um sich danach noch politisch zuorganisieren. Damit waren sie maßgeblich
an einem Wertewandel beteiligt, derdie Würde der arbeitenden Bevölkerung begründete, das Leid reduzierte undmenschlichere Arbeitsbedingungen durchsetzte. Gutmenschen haben auch heute dasPotenzial, die herrschenden Machtverhältnisse zu ändern. Dies gelingt jedochnicht mit Menschen, die, von ihren Illusionen geleitet, zahnlosen Maßnahmen dasWort reden. Will man wirklich etwas verändern, dann hilft kein Diskutieren undJammern. Mehr Erfolg ist hingegen der Bereitschaft, tatsächlich für seineIdeale zu kämpfen, beschieden. Echte Protest-Beziehungen zeichnen sich durchwirkungsvolle Machtinstrumente aus, für die es allerdings kein Rezept gibt. Es erfordertin jedem Fall ein großes Maß an Macht-Kompetenz, um für sein Ziel in einerkonkreten Situation die passende Strategie zu finden. Dazu gehört dieBereitschaft zur Versöhnung ebenso wie die Fähigkeit zur kontrolliertenEskalation. Das Individuum kann gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, dieKonjunkturlage, die Verteilungsgerechtigkeit nicht kurzfristig und imAlleingang ändern. Politisches Engagement ist unabdingbar, denn in einerDemokratie darf der Satz: "Da kann man nichts machen" nicht gelten. Vielmehrwürde eine nachhaltige Synchronisierung des Widerstandes sehr rasch Dynamik in dasGeschehen bringen. Alte Gräben zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern müsstenüberwunden und neue Allianzen der Gutmenschen geschmiedet werden. Jeder Machtwechsel braucht Menschen, die bereitsind, Zeit und Geld in neue Interessengemeinschaften,
in politische Parteien oderInitiativen der Zivilgesellschaft zu investieren. Erst dann bestehenberechtigte Chancen auf eine bessere Welt.
© ecowin
- Autor: Christine Bauer-Jelinek
- 2020, unveränderter Nachdruck, 192 Seiten, Maße: 15 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: ecoWing
- ISBN-10: 3902404418
- ISBN-13: 9783902404411
- Erscheinungsdatum: 13.11.2020
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
2 von 5 Sternen
5 Sterne 0Schreiben Sie einen Kommentar zu "Die geheimen Spielregeln der Macht".
Kommentar verfassen