Die Kellnerin Anni
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Die Kellnerin Anni von Herbert Rosendorfer
Leseprobe
DieKellnerin Anni - gefärbteHaare - sitzt in einem unordentlichen Raum, einer Art Rumpelkammer, undraucht eine Zigarette.
Anund für sich darfst natürlich nicht rauchen als Bedienung. Klar. Wir seh'n 's ja ein. Eine Bardame, ja, natürlich, so eineschon. Da gehört das ja förmlich dazu, zu einer Bardame.
Siemacht eine Bardame nach, die mondän hinter einer Theke sitzt und raucht.
Eigentlichaus einer Zigarettenspitz, stellt' ich mir vor.
Siemacht nach, wie eine Bardame an einer Zigarette mit langer Spitze zieht.
Ich kommja kaum dazu, in eine Bar zu gehen, also in ein anderes Etablissement. AlsBedienung.
Sieschreit hinaus:
Ja,ja, ich komm gleich. - Als Bedienung. Wenn man da frei hat, geht man natürlichnur ungern in ein anders Etablissement. Ich geh mehr in die Natur, wenn icheinmal frei hab. Selten genug hat man frei, in dem Etablissement da. Isteigentlich kein Etablissement mehr eine ordinäre Wirtschaft. Aber was willst d'machen bei der Arbeitslage.
Sieschreit hinaus:
Ja,gleich. - Würde natürlich blöd ausschauen, wenn wir Kellnerinnen, respektiveDamen, mit der brennenden Zigarette im Maul, respektive Mund, in der Gaststubenherumrennen möchten. Und was der Wirt da erst sagen tät, also der Chef - nichtauszudenken. Der möchte an und für sich, daß wirüberhaupt nicht rauchen. »Eine deutsche Frau raucht nicht!«- sagt er immer. Die Toni, die was meine Kollegin ist, hat ihn einmal gefragt,den Herrn Chef, wo er den Spruch herhat: »Eine deutsche Frau raucht nicht!« - die Zigarettenindustrie tät sich da schönstensbedanken, mein' ich - wo er den Spruch herhat? Das ist ein alter Spruch, hat ergesagt, den kennt er aus seiner Jugend. Na ja - so
müssenwir halt hier in der Rumpelkammer hinten rauchen. Ist quasi unbenutzt, dieseRumpelkammer. Ich hoff nur, daß's keine Mäus nicht gibt hier - vor nichts hab ich Angst, nur vordie Mäus. Da bin ich praktisch machtlos, wenn icheine Maus seh -
Sieschreit hinaus:
Ja, ja -
Sielegt die Zigarette in den Aschenbecher und steht auf.
Der HerrChef kommt praktisch überhaupt nie hier herein. Ich mein' fast, der weiß garnicht, daß es diese Rumpelkammer gibt.
Sieläuft hinaus. Man hört Geräusche aus einer vollen Gaststube. Anni kommt wiederherein, raucht weiter. Das siebzehnte Weißbier!
Sieschüttelt den Kopf
AlsKellnerin quasi hab ich nichts dagegen, weil am Umsatz beteiligt, und außerdemgeben s' mehr Trinkgeld, wenn s' b'soffen sind - aberals Frau und Mensch:
ich muß Ihnen sagen - das übersteigt sozusagen meinen Horizont.Trinkt er das siebzehnte Weißbier. Grad hab ich's ihm serviert. Die Stricherl haben schon fast nicht mehr Platz am Bierfilz.Siebzehn Weißbier! Und das war noch längst nicht das letzte, so wie ich denkenn. Und ich kenn ihn gut. Er kommt ja jeden Tag her. Gestern hat ereinunddreißig Weißbier g'habt. Und dann ist er mitdem Auto heimg'fahren. Na ja mich geht's ja nichtsan. Also: ob er heimg'fahren ist, weiß ich nicht. Vonhier weggefahren ist er. Wo der hingefahren ist in sei'mSuri? Das weiß kein Mensch. Den Weg heim hat ersicher nicht mehr g'funden. Uns geht's nichts an,solang er sein Bier zahlt. Helmut heißt er. Rechtsanwalt soll er sein - stellenSie sich das vor: ein Rechtsanwalt, was doch quasi ein besserer Mensch ist, undsauft, bis daß er nicht mehr sitzen kann, vom Stehengar nicht zu reden. Jaja - einen Vorteil hat dieSache: wenn sie einmal so besoffen sind, langen s' ei'mnicht mehr so an'n Busen und a'n Hintern - derAlkohol schwächt ja bekanntlich die entsprechenden Triebe ab, heißt's - und das stimmt nämlich, das kann ich ausErfahrung sagen. Wenn einer - es kommt natürlich stark auf den einzelnen an,jeder ist da anders - wenn einer so seine sieben, acht Bier g'habthat, dann langt er an keinen Busen mehr hin. Nein, nein - dann nicht mehr; istauch ein Vorteil.
Siezündet eine neue Zigarette an.
Meineinziges Laster.
Sielacht.
Ja,ja. Man kommt in die Jahre - obwohl, natürlich...
naja - das würde Ihnen eh nicht interessieren. Man hat natürlich auch alsBedienung ein Intimieben. Obwohl das sehreingeschränkt ist, sehr eingeschränkt. Gehen Sie einmal um halb zwei in derNacht weg, nachdem Sie mit größter Mühe die letzten Rauschkugeln hinausgeworfenhaben, und die Stühle auf den Tisch gestellt, und abgerechnet, und nie stimmtdie Abrechnung... um halb zwei in der Nacht, um eins ist Sperrstund,aber bis man hinauskommt, ist's halb zwei - dann haben Sie auch keinenbesonderen Zug mehr zu einem Intimieben. Na ja.
Siezieht an der Zigarette.
Meineinziges Laster. - Siebzehn Weißbier! - und an und für sich eher ein feinerMensch. Es verkehrt eh ein gutes Publikum hier, mußman schon sagen. Obwohl s' alle saufen. Aber das ist in einem Gasthaussozusagen der natürliche Verlauf. - Siebzehn Weißbier. Und verheirat' ist erauch, heißt's. Dem seine Frau wird immer eine Freudhaben, wenn er heimkommt! Ich war auch einmal mit einem feineren Herrnbefreundet, also quasi mehr bekannt. Aber der ist in kein Wirtshaus nichthineingegangen - also: daheim bei seiner Frau hat er schon gesagt, daß er ins Wirtshaus geht, aber nur gesagt. In Wirklichkeitist er zu mir gegangen. Ich hab damals noch in der Wohnung von mei'm Geschiedenen gewohnt, und da war das von meiner Seiteaus gesehen relativ einfach. Von seiner Seite aus natürlich nicht, obwohl seineFrau angeblich keine Ahnung gehabt hat. Er hat mir oft erzählt, von seinerFrau... tpein Bekannter. Mußein Luder gewesen sein, mit nichts anderem als nur mit sich selber beschäftigt.Sie hat nichts gemerkt, angeblich - nur einmal:
Sielacht und verschluckt sich am Rauch der Zigarette. Sie hustet, schreit dannhinaus:
Ja, ja -ich komm gleich.
Siedrückt die Zigarette aus und läuft hinaus. Wieder dringen durch die offene TürWirtshausgeräusche. Sie kommt zurück, macht die Tür zu, setzt sich hin und zündetsich eine neue Zigarette an.
Anund für sich ist nicht viel los im Moment. Das kommt selten vor, daß ich drei Zigaretten hintereinander rauchen kann, sehrselten. Aber zur Zeit ist weniger los... na ja. Dasgeht so wellenweise, kein Mensch weiß, warum.
Siezieht nachdenklich an der Zigarette.
(c) 2004 Deutscher Taschenbuch Verlag, München
- Autor: Herbert Rosendorfer
- 2002, 128 Seiten, 0 Abbildungen, Maße: 12,4 x 19,4 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: nymphenburger
- ISBN-10: 3485009032
- ISBN-13: 9783485009034
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