Die Strandgöttinnen
Roman. Deutsche Erstausgabe
Als Lara Richards und ihre Freunde im sonnigen Kalifornien landen, erwartet sie gleich eine Riesenüberraschung: Die wunderschöne, braungebrannte Frau, die sie vom Flughafen abholt, kann unmöglich ihre unscheinbare Freundin Helen sein! Wie hat sich diese...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Strandgöttinnen “
Als Lara Richards und ihre Freunde im sonnigen Kalifornien landen, erwartet sie gleich eine Riesenüberraschung: Die wunderschöne, braungebrannte Frau, die sie vom Flughafen abholt, kann unmöglich ihre unscheinbare Freundin Helen sein! Wie hat sich diese langweilige Büromaus bloß in eine solche strahlende Strandgöttin verwandelt? Des Rätsels Lösung: Helen ist Mitglied im geheimnisvollen California Club, der die Träume all seiner Gäste wahr werden lässt. Natürlich wollen Lara und ihre Freunde sofort in diesen Club! Aber mit seinen Herzenswünschen sollte man bekanntlich sehr, sehr vorsichtig sein - sonst gehen sie am Ende noch in Erfüllung...
Klappentext zu „Die Strandgöttinnen “
Als Lara Richards und ihre Freunde im sonnigen Kalifornien landen, erwartet sie gleich eine Riesenüberraschung: Die wunderschöne, braungebrannte Frau, die sie vom Flughafen abholt, kann unmöglich ihre unscheinbare Freundin Helen sein! Wie hat sich diese langweilige Büromaus bloß in eine solche strahlende Strandgöttin verwandelt? Des Rätsels Lösung: Helen ist Mitglied im geheimnisvollen California Club, der die Träume all seiner Gäste wahr werden lässt. Natürlich wollen Lara und ihre Freunde sofort in diesen Club! Aber mit seinen Herzenswünschen sollte man bekanntlich sehr, sehr vorsichtig sein - sonst gehen sie am Ende noch in Erfüllung..."Ein hinreißender Roman über die verborgenen Wünsche, die jede Frau in sich trägt."Marie Claire"Es gibt nur zwei Dinge, die Sie bei einem Strandurlaub auf keinen Fall vergessen sollten: eine gute Sonnencreme und diesen herrlich romantischen Liebesroman!"New Woman
Als Lara Richards und ihre Freunde im sonnigen Kalifornien landen, erwartet sie gleich eine Riesenüberraschung: Die wunderschöne, braungebrannte Frau, die sie vom Flughafen abholt, kann unmöglich ihre unscheinbare Freundin Helen sein! Wie hat sich diese langweilige Büromaus bloß in eine solche strahlende Strandgöttin verwandelt? Des Rätsels Lösung: Helen ist Mitglied im geheimnisvollen California Club, der die Träume all seiner Gäste wahr werden lässt. Natürlich wollen Lara und ihre Freunde sofort in diesen Club! Aber mit seinen Herzenswünschen sollte man bekanntlich sehr, sehr vorsichtig sein - sonst gehen sie am Ende noch in Erfüllung...
Lese-Probe zu „Die Strandgöttinnen “
Elliot.Ich bete ihn schon so lange an, dass manche Leute nur noch den Kopf über mich schütteln. Erst im letzten Monat habe ich feierlich meine zehnjährige, unerwiderte Liebe zu ihm begangen. Aber jetzt aufgepasst - ich befinde mich in Heathrow und bin im Begriff, mit Seiner Sexhoheit höchstpersönlich in einen zweiwöchigen Urlaub zu fliegen, in dem es nur sanft schwankende Palmen, bonbonfarbene Cabriolets und wie mit der Spritzpistole hingetupfte Wolken gibt. Nur schade, dass er seine Freundin mitnimmt.
Elise. Richtig - Elliot und Elise. Die zwei E's. Das sollte man verbieten.
Ohne meine beiden wundervollen Mitverschworenen - Sasha und Zoë - wäre die Situation ziemlich unerträglich. Gemeinsam haben wir das erste Treffen mit Elise überstanden, und mit ihrer Hilfe überstehe ich auch diese Reise. Obwohl daraus eigentlich keine Qual werden sollte. Geplant war ein unbeschwerter Urlaub in Kalifornien, wo wir unsere heiß geliebte Freundin Helen besuchen und ein sandiges Wiedersehen der alten Clique, den Beau-Belles aus Brighton, feiern wollten. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass unsere Gruppe aus einem Beau (Elliot) und fünf Belles (Helen, Sasha, Zoë und mir, Lara ) besteht. Elises dagegen sind kategorisch ausgeschlossen.
Wir fünf lernten uns während eines schweißtreibend heißen Sommers im Hotel Seaflower kennen - Brightons kitschigster Absteige. Ich darf das sagen, meine Mutter ist schließlich die Hotelbesitzerin. Besser gesagt: Sie war die Hotelbesitzerin. Vergangenheitsform. So wie ich vor einer Woche noch die Besitzerin war. Ich kann getrost weiterhin in der Vergangenheitsform schreiben, denn bevor ich Zeit gehabt hätte, auch nur ein einziges Spitzendeckchen auszuwechseln, habe ich das Seaflower schon wieder so gut wie verloren. Wahrscheinlich ist das die Definition von Nachlässigkeit schlechthin - ein Hotel für sechs Gäste verlieren. Dabei fing alles so gut an: Ich erbte zu Lebzeiten meiner Mutter und liebäugelte ohnehin mit einem
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beruflichen Wechsel. (Ich verdiene meine Brötchen als Inneneinrichtungs-Stylistin. Hört sich zwar etwas seltsam an, ich weiß, aber ich lebe gar nicht schlecht davon, mit anderer Leute Geld um mich zu werfen und der Einrichtung ihres trauten Heims den letzten Schliff zu verleihen, nachdem die Innenarchitekten ihr Allerbestes gegeben haben. Sollten Sie einen original Warhol-Fußabtreter der Regency-Periode, einen antiken venezianischen Spiegel oder eine funktionierende Sodamaschine suchen, die Ihre Bar im Hawaii-Stil verunstaltet, bin ich genau die Richtige für Sie.)
Ich war von dem Gedanken, in meinem Hotel endlich freie Hand zu haben und jeden Teppich und jedes Deckleistchen herausreißen zu dürfen, wie berauscht. Seit beinahe zweiundzwanzig Jahren schmiedete ich in den Tiefen meines Zimmers, dessen Einrichtung ich unaufhörlich veränderte, Pläne für eine atemberaubende, umfassende Neugestaltung unseres Hotels. Von meinem achten Geburtstag an schenkte mir Mama jedes Jahr eine Grundausrüstung zur Renovierung meines Zimmers (einen Eimer Farbe nebst Bettüberwurf in den mageren Jugendjahren, harte Währung, seit ich groß und hässlich genug war, um auf Flohmärkten zu feilschen). Jedes Frühjahr machte ich mich ans Werk und verpasste meinem Zimmer ein neues Outfit - die Spanne reichte vom Weltraum-Stil mit Aluminiumfolie bis zum zenmäßigen Bambus. Doch in diesem Jahr bin ich Tausende von Meilen von zu Hause entfernt, wohne in einem anderen Hotel und begutachte anderer Leute Schnickschnack.
Ich hatte gehofft, wir würden im legendären Hotel Del Coronado wohnen, das auf einer kleinen Insel in der Bucht von San Diego liegt; dort arbeitet Helen als Chefköchin für Nachspeisen. Im Del Coronado fanden die Dreharbeiten zu dem Film 'Manche mögen's heiß' statt, und die magische Anziehungskraft des Hotels auf Filmstars ist immer noch ungebrochen - um genau zu sein, entschlossen wir uns an dem Tag, die Flüge zu buchen, als Helen anrief und uns mitteilte, Russell Crowe sei gerade angekommen.
Ich weiß nicht, warum sie uns in einem anderen Hotel untergebracht hat (sie hüllte sich diesbezüglich in undurchdringliches Schweigen), denn bei ihrem Verhandlungsgeschick hätte sie bestimmt einen erschwinglichen Zimmerpreis für uns herausgeschlagen. Auf Grund von geschickten Verhandlungen hat sie übrigens auch in Amerika Fuß gefasst, nachdem sie durch ein Austauschprogramm bei einem technischen Betrieb in Arizona Arbeit fand. Wie sie es allerdings von dort aus fertig gebracht hat, hier an der Küste zu landen und schaumige Baisers herzustellen, ist uns allen vollkommen schleierhaft.
Helen ist die Geschäftstüchtigste von uns allen. Sie war erst neunzehn Jahre alt, als sie beschloss, unser Hotel in Brighton als Fallstudie für einen Business-Lehrgang zu nutzen, den sie zu dieser Zeit absolvierte. Damals lernten wir uns kennen. Es war ein verheißungsvoller Anfang. Bereits nach wenigen Monaten hatte sie unseren Buchhalter abgelöst, die Kosten reduziert und den Gewinn erhöht. Sie war ein echtes Naturtalent, klug, schnell und ehrgeizig, und als wir fünf uns immer häufiger trafen, fiel ihr wie von selbst die Rolle der Glucke in unserer Gruppe zu. Sie gehört allerdings nicht zu der anhänglichen, besorgten Sorte, sondern ist ein ausgeprägt praktischer Typ. Gelegentlich ist sie etwas zu herrisch, doch im Grunde will sie uns nur zeigen, wie wir das Beste aus unserem Leben machen können. Wir nannten sie damals immer den Motivator.
Ich weiche einer Großfamilie mit überladenem Gepäckwagen aus (bevor sie den Lift erreichen, werden die aufgestapelten Koffer mit Sicherheit umstürzen und eines der drei Kinder unter sich begraben) und halte Ausschau nach Zoë. Ich habe mich eine halbe Stunde früher mit ihr verabredet, damit sie als Erste die Neuigkeiten von unserem Hotel erfährt. Trotz ihrer dick aufgetragenen Kaltschnäuzigkeit trifft diese Nachricht sie bestimmt besonders hart. Schließlich war das Hotel sieben Jahre lang ihr Zuhause.
An einem Dienstagabend im Juni tauchte Zoë zum ersten Mal im Seaflower auf. Es war kurz vor Mitternacht, ihr Make-up war vom Knutschen völlig verschmiert, und der Mann, dessen Stoppelbart für ihren Hautausschlag verantwortlich war, stand leicht schwankend hinter ihr. Er war bedeutend älter als Zoë, schätzungsweise um die fünfundzwanzig. Gewiss kein fortgeschrittenes Alter, aber schließlich war Zoë damals erst fünfzehn Jahre alt. Sie waren beide betrunken, und es interessierte sie nicht die Bohne, als wir ihnen erklärten, wie sich die Kaffeemaschine in ihrem Zimmer bedienen ließ. Als Zoë am nächsten Morgen erwachte, hatte ihr Liebhaber sich aus dem Staub gemacht und lediglich ein benutztes Kondom (im Grunde ein Segen, denn Teenager-Schwangerschaften sind in Zoës Familie an der Tagesordnung) nebst der unbezahlten Hotelrechnung hinterlassen. Da sich Zoës gesamte Barschaft in ihrer winzigen Geldbörse auf ein paar Münzen beschränkte, stand sie vor einem echten Problem.
Als Mama drohte, Zoës Eltern anzurufen, ergriff ich die Initiative. Mama wollte ohnehin ihren Termin beim Frisör nicht verpassen und legte die ganze Angelegenheit in meine unerfahrenen Hände. Aus zahllosen Fernsehserien hatte ich gelernt, dass man Probleme immer bei einer guten Tasse Tee löst, und führte Zoë in unsere Privaträume. Ich benutzte sogar den Teewärmer - die Sorte, die genauso aussieht wie Enrique Iglesias' aktuelle Lieblingsmütze -, und irgendwie veranlasste die etwas kitschige Gemütlichkeit unserer Küche Zoë, mir ihr Herz auszuschütten.
Sie erzählte von ihrem unbeständigen, rassistischen Stiefvater (der ständig wütend auf Zoë war, weil ihr leiblicher Vater ein Schwarzer war) und ihrer unterwürfigen Mutter, die das nicht wahrhaben wollte. Es gab niemanden, der sie in Schutz nahm, und ich konnte mir genau vorstellen, wie ihr Stiefvater reagieren würde, wenn er herausfand, was sie in der vergangenen Nacht angestellt hatte und mit wem. (Obwohl Zoë das selbst nicht genau wusste - sie kannte nicht einmal den Namen des Stoppelbartes.)
Ich war fünf Jahre älter als Zoë, hatte mich immer nach einer kleinen Schwester gesehnt, und adoptierte sie vom Fleck weg. Ein Jahr später adoptierte Mama sie tatsächlich, und wir drei wohnten als kichernde Girlie-Gemeinschaft zusammen, bis Zoë eines Tages beschloss, dass es ihre Bestimmung sei, nach Hemel Hempstead zu gehen. Für jemanden, der als Filmstar entdeckt werden möchte, war das keine besonders nahe liegende Entscheidung, aber es gab einen triftigen Grund für ihren Umzug: Bei ihrem jüngsten Cousin väterlicherseits hatte man Asperger-Autismus diagnostiziert, und Zoës akribisches Bemühen, alle Informationen über die Krankheit zusammenzutragen, beeindruckte den Leiter der Stiftung für Asperger-Autismus so sehr, dass er ihr einen Job in der Hauptniederlassung in Hemel Hempstead anbot. Die Arbeit bestand hauptsächlich in der Beantwortung von Anfragen und Bürotätigkeiten, aber da Zoë praktisch keine Schulbildung besaß, hatte sie das Gefühl, dies sei ihre große Chance.
Das war ein harter Schlag für mich, nicht zuletzt, weil es mir so vorkam, als würde sie mich nicht mehr brauchen. Andererseits hatte ich Verständnis dafür, dass sie sich selbst etwas beweisen musste. Weder ihr Vater noch ihre Mutter waren je aus dem Whitehawk Estate herausgekommen, einem üblen Viertel in Brighton, wo Zoë aufgewachsen war, und sie wollte keinesfalls so enden wie ihre Eltern. Vermutlich ist ihren Eltern nichts fremder als die kalifornische "Mach-dir-einen-schönen-Tag"-Mentalität. Dabei fällt mir ein, ich muss Zoë unbedingt daran erinnern, eine Postkarte nach Hause zu schicken.
"Lara!" Klappernde Pantolettenabsätze und Amulettgeklirr kündigen Zoës Auftritt an. Seit unserem letzten Treffen hat sie sich die vorwitzigen Locken glätten und bunte Haarverlängerungen einarbeiten lassen, die ihr in zotteligen Schichten über die Schultern fallen wie die dicken Vorwaschbürsten in Autowaschanlagen. Man muss sie einfach lieben - rund um die Uhr ganz Glamourkönigin auf Männerjagd.
"Hast du ihn gesehen?", kreischt sie und gibt mich aus einer aufgeregten Umarmung frei.
Es dauert einen Augenblick, bis ich mich erholt habe. Zoës Umarmungen erinnern mich immer an Pressen auf dem Schrottplatz, die einen Panzer innerhalb von Sekunden in eine zerbeulte Blechplatte verwandeln.
"Ob ich wen gesehen habe?", frage ich und renke mir die Schulter wieder ein.
"Ian McShane, du weißt doch, Lovejoy! Er checkt gerade drüben am Schalter der ersten Klasse ein."
Da dieser Schalter weit außerhalb meines Blickfeldes liegt, muss ich ihr einfach glauben. (Nicht dass einer von uns viel drauf gibt, welche Stars Zoë angeblich gesehen hat. Für sie ist jeder Mann im Smoking Pierce Brosnan, jeder grauhaarige ältere Herr, der ein Glas Rotwein trinkt, Anthony Hopkins, und jede zierliche Brünette, die einen Blick in die Sicherheitskameras wirft, Winona Ryder. Auch wenn wir nur durch das Harlequin-Einkaufszentrum in Watford bummeln.)
"Immer noch ein heißer Typ, oder?", beharrt sie und starrt lüstern in das grinsende Gesicht mit den buschigen Brauen.
Ich verdrehe die Augen. Trotz ihres jugendlichen Alters von fünfundzwanzig Jahren hat Zoë einen gewissen Hang zu nostalgischen Schwärmereien für Stars von vorgestern. Daran sind meiner Ansicht nach die ständigen Wiederholungen alter Fernsehserien schuld.
"Ich glaube, das ist ein Zeichen!", beschließt sie.
"Ein Zeichen wofür?", lache ich.
"Dass ich mit einem Prominenten im Bett lande!"
"Nun, bei deinem Männerverschleiß muss das ja früher oder später passieren."
"Nur damit du's weißt: Ich hab mich in letzter Zeit ziemlich zurückgehalten", schnüffelt sie.
"Keine allein erziehenden Väter, Kinderpsychologen und Krankenpfleger mehr?", forsche ich.
"Damit ist es aus und vorbei!", versichert Zoë fromm.
"Hast du deine Energie für diese Reise aufgespart?"
Heftiges Kopfnicken. Männer Amerikas, seht euch vor!
"Was wolltest du mir denn sagen?" Erwartungsvoll legt sie den Kopf zur Seite.
Plötzlich bringe ich es nicht übers Herz. Jetzt ist nicht der richtige Augenblick. Sie ist völlig aus dem Häuschen wegen unserer Reise, und ich möchte nicht, dass ihr kunstvolles Augen-Make-up sich in schwarze Streifen auflöst. Vielleicht ist es am besten, ich erzähle die Neuigkeiten von meinem Hotel erst, wenn alle Beau-Belles zusammen sind.
"Lara?", hakt Zoë nach.
"Ich wollte nur sicher sein, dass du hier bist, bevor Elliot und Elise ... Du weißt doch, wie's mir geht, wenn ich die beiden zusammen sehe ..." Das ist nicht mal gelogen. Allein bei der Vorstellung fühle ich mich schon ganz elend.
Zoë drückt verständnisvoll meinen Arm. "Sie ist so gemein. Keine Ahnung, warum er sie unbedingt mitnehmen musste", grummelt sie. "Warum können wir nicht unter uns bleiben, so wie in den guten alten Zeiten?"
"Elise würde ihn doch nie im Leben mit vier Frauen allein lassen", schnaube ich.
"Aber er kennt uns seit Jahren. Wenn er mit einer von uns etwas hätte anfangen wollen, wäre das doch schon längst passiert. Hoppla!" Zoë legt erschrocken die Hand auf den Mund. "Tschuldige, Lara, ich ..."
"Schon gut", murmle ich.
"Natürlich kommen wir anderen dafür gar nicht erst in Frage. Aber mit dir ... also mit dir würde Elliot sofort ins Bett gehen!" Zoë lächelt mich aufmunternd an.
"Ich kann von Glück sagen, wenn er sich überhaupt beherrschen kann!", versuche ich zu witzeln. "Vielleicht wird es gleich hier bei der Gepäckkontrolle passieren."
Nervöses Lachen.
Ich wünschte, ich könnte meine Freundinnen davon überzeugen, dass Elliot mir nichts mehr bedeutet, damit sie sich meinetwegen nicht immer so mies fühlen, aber das ist gar nicht so einfach. Zuerst müsste ich mich selbst davon überzeugen.
"Zumindest können wir uns darauf verlassen, dass Helen immer noch solo ist!" Zoë wechselt das Thema. "Vielleicht kann sie uns mit ein paar appetitlichen Köchen verkuppeln."
Ich kichere. Womöglich könnte sie uns wirklich einige überzählige Exemplare zur Verfügung stellen. Helen ist der Ansicht, dass man Männer nicht ernst nehmen kann. Sie sind ungehorsam und halten außerdem ihre Versprechen nicht. Sie hat einmal ausgerechnet, wie viele Stunden ihre Schwester damit vergeudet, auf Anrufe zu warten oder wegen irgendeines Skateboard-Bubis in ihre Kissen zu schluchzen, und beschlossen - von gelegentlichen Sommerliebeleien abgesehen -, ihre Zeit besser zu nutzen. Zoës Affären sind ebenfalls selten von längerer Dauer, doch das liegt wohl eher an ihrem Motto: Vielfalt ist des Lebens Würze.
Was Sasha betrifft, so hat sie mehr Verehrer als wir drei zusammen, aber sie scheint sich nie besonders viel aus den bedauernswerten Pechvögeln zu machen. Sie geht nur zu Verabredungen, um zu beweisen, dass sie nicht hochnäsig ist. Außerdem will sie nicht undankbar erscheinen, da sich alle anderen Mädchen immer darüber beklagen, sie hätten zu wenig Verabredungen. Während ich mich danach sehne, angebetet zu werden, findet Sasha genau diesen völlig verknallten, anhimmelnden Blick am unerträglichsten. Sie hat mir einmal gestanden, sie würde dem Jungen dann am liebsten eine saftige Ohrfeige verpassen und kreischen: Glotz mich doch nicht so an! Tja, wenn sie sich diesem Impuls heute hingäbe, müsste sie mindestens auf die Hälfte aller Männer in Terminal 4 losgehen. Während sie langsam auf uns zuschreitet, starren sie Sashas biegsamen Körper und ihr seidiges Haar an, als hätte sie eine unsichtbare Angelschnur in ihre Nasenlöcher gehakt.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist Punkt dreizehn Uhr. Sasha hat nie die Marotten der Supermodels übernommen, obwohl sie seit neun Jahren erfolgreich im Geschäft ist. Inzwischen hat sie ihre Karriere als Fotomodell an den Nagel gehängt und befindet sich im Moment zwischen zwei Karrieren; trotzdem denkt man bei ihrem Anblick als Erstes: Aha, ein Model. (Direkt gefolgt von: Eitle Zicke. Dabei ist sie gar nicht eitel, aber man kann doch nichts dafür, dass man sich das wünscht, oder?)
"Hallo, Belles!", haucht sie, und sinkt in unsere Arme.
"Es ist so schön, dich wiederzusehen!" Lächelnd inhaliere ich ihren skandinavisch frischen Duft.
"Allerdings", seufzt sie und umklammert uns, als ginge es um Leben und Tod. "Tut mir Leid, dass ich mich in letzter Zeit so zurückgezogen habe."
Normalerweise ist Sasha diejenige, die sich am häufigsten meldet, doch in den vergangenen Monaten hat sie sich ausgesprochen rar gemacht. Ich dachte, sie würde etwas Zeit brauchen, um sich auf ihr neues Leben als Exmodel einzustellen - beispielsweise, indem sie die Nagelhaut nicht mehr zurückschiebt oder sich ein niedliches Bäuchlein anfuttert -, aber das würde nicht funktionieren, denn ihre Schönheit ist einfach vollkommen.
"Ich habe so oft an euch gedacht." Sie blickt uns mit feuchten Augen an. "Wir hatten schöne Zeiten miteinander, nicht wahr?" Das klingt ja wie eine Grabrede.
"Und vor uns liegen noch mehr schöne Zeiten", erinnert Zoë und versetzt ihr einen aufmunternden Schubs.
"Und ob!" Hoffentlich wirkt mein betont breites Grinsen ansteckend, aber Sasha bringt es lediglich zu einem dünnen "Wir wollen's hoffen"-Lächeln. Sie war ja noch nie eine echte Frohnatur, aber heute wirkt sie besonders verzagt.
"Wie geht's dir denn so?", frage ich und bin allmählich besorgt. "Bekommt dir dein Leben ohne die Linse?"
"Prima." Sie scheint sich unwohl zu fühlen, doch ihre Miene hellt sich schnell wieder auf. "Erinnerst du dich noch, wie ich dir bei unserem letzten Gespräch gesagt habe, ich wünschte, ich hätte überhaupt nie als Model gearbeitet?"
Ich nicke. In einem Punkt muss man ihr Recht geben - es hat eine gewisse Klasse, so toll auszusehen und trotzdem das Nächstliegende nicht zu tun.
"Hast du deine Ansicht inzwischen geändert?", erkundige ich mich.
"Überhaupt nicht! Mir fiel nur eben ein, dass wir uns ohne diesen Job nie kennen gelernt hätten."
Die schöne, sehnsuchtsvolle Sasha betrat unser Hotel an einem Julinachmittag, als sie für die Zeitschrift New Woman abgelichtet wurde.
Ich war von dem Gedanken, in meinem Hotel endlich freie Hand zu haben und jeden Teppich und jedes Deckleistchen herausreißen zu dürfen, wie berauscht. Seit beinahe zweiundzwanzig Jahren schmiedete ich in den Tiefen meines Zimmers, dessen Einrichtung ich unaufhörlich veränderte, Pläne für eine atemberaubende, umfassende Neugestaltung unseres Hotels. Von meinem achten Geburtstag an schenkte mir Mama jedes Jahr eine Grundausrüstung zur Renovierung meines Zimmers (einen Eimer Farbe nebst Bettüberwurf in den mageren Jugendjahren, harte Währung, seit ich groß und hässlich genug war, um auf Flohmärkten zu feilschen). Jedes Frühjahr machte ich mich ans Werk und verpasste meinem Zimmer ein neues Outfit - die Spanne reichte vom Weltraum-Stil mit Aluminiumfolie bis zum zenmäßigen Bambus. Doch in diesem Jahr bin ich Tausende von Meilen von zu Hause entfernt, wohne in einem anderen Hotel und begutachte anderer Leute Schnickschnack.
Ich hatte gehofft, wir würden im legendären Hotel Del Coronado wohnen, das auf einer kleinen Insel in der Bucht von San Diego liegt; dort arbeitet Helen als Chefköchin für Nachspeisen. Im Del Coronado fanden die Dreharbeiten zu dem Film 'Manche mögen's heiß' statt, und die magische Anziehungskraft des Hotels auf Filmstars ist immer noch ungebrochen - um genau zu sein, entschlossen wir uns an dem Tag, die Flüge zu buchen, als Helen anrief und uns mitteilte, Russell Crowe sei gerade angekommen.
Ich weiß nicht, warum sie uns in einem anderen Hotel untergebracht hat (sie hüllte sich diesbezüglich in undurchdringliches Schweigen), denn bei ihrem Verhandlungsgeschick hätte sie bestimmt einen erschwinglichen Zimmerpreis für uns herausgeschlagen. Auf Grund von geschickten Verhandlungen hat sie übrigens auch in Amerika Fuß gefasst, nachdem sie durch ein Austauschprogramm bei einem technischen Betrieb in Arizona Arbeit fand. Wie sie es allerdings von dort aus fertig gebracht hat, hier an der Küste zu landen und schaumige Baisers herzustellen, ist uns allen vollkommen schleierhaft.
Helen ist die Geschäftstüchtigste von uns allen. Sie war erst neunzehn Jahre alt, als sie beschloss, unser Hotel in Brighton als Fallstudie für einen Business-Lehrgang zu nutzen, den sie zu dieser Zeit absolvierte. Damals lernten wir uns kennen. Es war ein verheißungsvoller Anfang. Bereits nach wenigen Monaten hatte sie unseren Buchhalter abgelöst, die Kosten reduziert und den Gewinn erhöht. Sie war ein echtes Naturtalent, klug, schnell und ehrgeizig, und als wir fünf uns immer häufiger trafen, fiel ihr wie von selbst die Rolle der Glucke in unserer Gruppe zu. Sie gehört allerdings nicht zu der anhänglichen, besorgten Sorte, sondern ist ein ausgeprägt praktischer Typ. Gelegentlich ist sie etwas zu herrisch, doch im Grunde will sie uns nur zeigen, wie wir das Beste aus unserem Leben machen können. Wir nannten sie damals immer den Motivator.
Ich weiche einer Großfamilie mit überladenem Gepäckwagen aus (bevor sie den Lift erreichen, werden die aufgestapelten Koffer mit Sicherheit umstürzen und eines der drei Kinder unter sich begraben) und halte Ausschau nach Zoë. Ich habe mich eine halbe Stunde früher mit ihr verabredet, damit sie als Erste die Neuigkeiten von unserem Hotel erfährt. Trotz ihrer dick aufgetragenen Kaltschnäuzigkeit trifft diese Nachricht sie bestimmt besonders hart. Schließlich war das Hotel sieben Jahre lang ihr Zuhause.
An einem Dienstagabend im Juni tauchte Zoë zum ersten Mal im Seaflower auf. Es war kurz vor Mitternacht, ihr Make-up war vom Knutschen völlig verschmiert, und der Mann, dessen Stoppelbart für ihren Hautausschlag verantwortlich war, stand leicht schwankend hinter ihr. Er war bedeutend älter als Zoë, schätzungsweise um die fünfundzwanzig. Gewiss kein fortgeschrittenes Alter, aber schließlich war Zoë damals erst fünfzehn Jahre alt. Sie waren beide betrunken, und es interessierte sie nicht die Bohne, als wir ihnen erklärten, wie sich die Kaffeemaschine in ihrem Zimmer bedienen ließ. Als Zoë am nächsten Morgen erwachte, hatte ihr Liebhaber sich aus dem Staub gemacht und lediglich ein benutztes Kondom (im Grunde ein Segen, denn Teenager-Schwangerschaften sind in Zoës Familie an der Tagesordnung) nebst der unbezahlten Hotelrechnung hinterlassen. Da sich Zoës gesamte Barschaft in ihrer winzigen Geldbörse auf ein paar Münzen beschränkte, stand sie vor einem echten Problem.
Als Mama drohte, Zoës Eltern anzurufen, ergriff ich die Initiative. Mama wollte ohnehin ihren Termin beim Frisör nicht verpassen und legte die ganze Angelegenheit in meine unerfahrenen Hände. Aus zahllosen Fernsehserien hatte ich gelernt, dass man Probleme immer bei einer guten Tasse Tee löst, und führte Zoë in unsere Privaträume. Ich benutzte sogar den Teewärmer - die Sorte, die genauso aussieht wie Enrique Iglesias' aktuelle Lieblingsmütze -, und irgendwie veranlasste die etwas kitschige Gemütlichkeit unserer Küche Zoë, mir ihr Herz auszuschütten.
Sie erzählte von ihrem unbeständigen, rassistischen Stiefvater (der ständig wütend auf Zoë war, weil ihr leiblicher Vater ein Schwarzer war) und ihrer unterwürfigen Mutter, die das nicht wahrhaben wollte. Es gab niemanden, der sie in Schutz nahm, und ich konnte mir genau vorstellen, wie ihr Stiefvater reagieren würde, wenn er herausfand, was sie in der vergangenen Nacht angestellt hatte und mit wem. (Obwohl Zoë das selbst nicht genau wusste - sie kannte nicht einmal den Namen des Stoppelbartes.)
Ich war fünf Jahre älter als Zoë, hatte mich immer nach einer kleinen Schwester gesehnt, und adoptierte sie vom Fleck weg. Ein Jahr später adoptierte Mama sie tatsächlich, und wir drei wohnten als kichernde Girlie-Gemeinschaft zusammen, bis Zoë eines Tages beschloss, dass es ihre Bestimmung sei, nach Hemel Hempstead zu gehen. Für jemanden, der als Filmstar entdeckt werden möchte, war das keine besonders nahe liegende Entscheidung, aber es gab einen triftigen Grund für ihren Umzug: Bei ihrem jüngsten Cousin väterlicherseits hatte man Asperger-Autismus diagnostiziert, und Zoës akribisches Bemühen, alle Informationen über die Krankheit zusammenzutragen, beeindruckte den Leiter der Stiftung für Asperger-Autismus so sehr, dass er ihr einen Job in der Hauptniederlassung in Hemel Hempstead anbot. Die Arbeit bestand hauptsächlich in der Beantwortung von Anfragen und Bürotätigkeiten, aber da Zoë praktisch keine Schulbildung besaß, hatte sie das Gefühl, dies sei ihre große Chance.
Das war ein harter Schlag für mich, nicht zuletzt, weil es mir so vorkam, als würde sie mich nicht mehr brauchen. Andererseits hatte ich Verständnis dafür, dass sie sich selbst etwas beweisen musste. Weder ihr Vater noch ihre Mutter waren je aus dem Whitehawk Estate herausgekommen, einem üblen Viertel in Brighton, wo Zoë aufgewachsen war, und sie wollte keinesfalls so enden wie ihre Eltern. Vermutlich ist ihren Eltern nichts fremder als die kalifornische "Mach-dir-einen-schönen-Tag"-Mentalität. Dabei fällt mir ein, ich muss Zoë unbedingt daran erinnern, eine Postkarte nach Hause zu schicken.
"Lara!" Klappernde Pantolettenabsätze und Amulettgeklirr kündigen Zoës Auftritt an. Seit unserem letzten Treffen hat sie sich die vorwitzigen Locken glätten und bunte Haarverlängerungen einarbeiten lassen, die ihr in zotteligen Schichten über die Schultern fallen wie die dicken Vorwaschbürsten in Autowaschanlagen. Man muss sie einfach lieben - rund um die Uhr ganz Glamourkönigin auf Männerjagd.
"Hast du ihn gesehen?", kreischt sie und gibt mich aus einer aufgeregten Umarmung frei.
Es dauert einen Augenblick, bis ich mich erholt habe. Zoës Umarmungen erinnern mich immer an Pressen auf dem Schrottplatz, die einen Panzer innerhalb von Sekunden in eine zerbeulte Blechplatte verwandeln.
"Ob ich wen gesehen habe?", frage ich und renke mir die Schulter wieder ein.
"Ian McShane, du weißt doch, Lovejoy! Er checkt gerade drüben am Schalter der ersten Klasse ein."
Da dieser Schalter weit außerhalb meines Blickfeldes liegt, muss ich ihr einfach glauben. (Nicht dass einer von uns viel drauf gibt, welche Stars Zoë angeblich gesehen hat. Für sie ist jeder Mann im Smoking Pierce Brosnan, jeder grauhaarige ältere Herr, der ein Glas Rotwein trinkt, Anthony Hopkins, und jede zierliche Brünette, die einen Blick in die Sicherheitskameras wirft, Winona Ryder. Auch wenn wir nur durch das Harlequin-Einkaufszentrum in Watford bummeln.)
"Immer noch ein heißer Typ, oder?", beharrt sie und starrt lüstern in das grinsende Gesicht mit den buschigen Brauen.
Ich verdrehe die Augen. Trotz ihres jugendlichen Alters von fünfundzwanzig Jahren hat Zoë einen gewissen Hang zu nostalgischen Schwärmereien für Stars von vorgestern. Daran sind meiner Ansicht nach die ständigen Wiederholungen alter Fernsehserien schuld.
"Ich glaube, das ist ein Zeichen!", beschließt sie.
"Ein Zeichen wofür?", lache ich.
"Dass ich mit einem Prominenten im Bett lande!"
"Nun, bei deinem Männerverschleiß muss das ja früher oder später passieren."
"Nur damit du's weißt: Ich hab mich in letzter Zeit ziemlich zurückgehalten", schnüffelt sie.
"Keine allein erziehenden Väter, Kinderpsychologen und Krankenpfleger mehr?", forsche ich.
"Damit ist es aus und vorbei!", versichert Zoë fromm.
"Hast du deine Energie für diese Reise aufgespart?"
Heftiges Kopfnicken. Männer Amerikas, seht euch vor!
"Was wolltest du mir denn sagen?" Erwartungsvoll legt sie den Kopf zur Seite.
Plötzlich bringe ich es nicht übers Herz. Jetzt ist nicht der richtige Augenblick. Sie ist völlig aus dem Häuschen wegen unserer Reise, und ich möchte nicht, dass ihr kunstvolles Augen-Make-up sich in schwarze Streifen auflöst. Vielleicht ist es am besten, ich erzähle die Neuigkeiten von meinem Hotel erst, wenn alle Beau-Belles zusammen sind.
"Lara?", hakt Zoë nach.
"Ich wollte nur sicher sein, dass du hier bist, bevor Elliot und Elise ... Du weißt doch, wie's mir geht, wenn ich die beiden zusammen sehe ..." Das ist nicht mal gelogen. Allein bei der Vorstellung fühle ich mich schon ganz elend.
Zoë drückt verständnisvoll meinen Arm. "Sie ist so gemein. Keine Ahnung, warum er sie unbedingt mitnehmen musste", grummelt sie. "Warum können wir nicht unter uns bleiben, so wie in den guten alten Zeiten?"
"Elise würde ihn doch nie im Leben mit vier Frauen allein lassen", schnaube ich.
"Aber er kennt uns seit Jahren. Wenn er mit einer von uns etwas hätte anfangen wollen, wäre das doch schon längst passiert. Hoppla!" Zoë legt erschrocken die Hand auf den Mund. "Tschuldige, Lara, ich ..."
"Schon gut", murmle ich.
"Natürlich kommen wir anderen dafür gar nicht erst in Frage. Aber mit dir ... also mit dir würde Elliot sofort ins Bett gehen!" Zoë lächelt mich aufmunternd an.
"Ich kann von Glück sagen, wenn er sich überhaupt beherrschen kann!", versuche ich zu witzeln. "Vielleicht wird es gleich hier bei der Gepäckkontrolle passieren."
Nervöses Lachen.
Ich wünschte, ich könnte meine Freundinnen davon überzeugen, dass Elliot mir nichts mehr bedeutet, damit sie sich meinetwegen nicht immer so mies fühlen, aber das ist gar nicht so einfach. Zuerst müsste ich mich selbst davon überzeugen.
"Zumindest können wir uns darauf verlassen, dass Helen immer noch solo ist!" Zoë wechselt das Thema. "Vielleicht kann sie uns mit ein paar appetitlichen Köchen verkuppeln."
Ich kichere. Womöglich könnte sie uns wirklich einige überzählige Exemplare zur Verfügung stellen. Helen ist der Ansicht, dass man Männer nicht ernst nehmen kann. Sie sind ungehorsam und halten außerdem ihre Versprechen nicht. Sie hat einmal ausgerechnet, wie viele Stunden ihre Schwester damit vergeudet, auf Anrufe zu warten oder wegen irgendeines Skateboard-Bubis in ihre Kissen zu schluchzen, und beschlossen - von gelegentlichen Sommerliebeleien abgesehen -, ihre Zeit besser zu nutzen. Zoës Affären sind ebenfalls selten von längerer Dauer, doch das liegt wohl eher an ihrem Motto: Vielfalt ist des Lebens Würze.
Was Sasha betrifft, so hat sie mehr Verehrer als wir drei zusammen, aber sie scheint sich nie besonders viel aus den bedauernswerten Pechvögeln zu machen. Sie geht nur zu Verabredungen, um zu beweisen, dass sie nicht hochnäsig ist. Außerdem will sie nicht undankbar erscheinen, da sich alle anderen Mädchen immer darüber beklagen, sie hätten zu wenig Verabredungen. Während ich mich danach sehne, angebetet zu werden, findet Sasha genau diesen völlig verknallten, anhimmelnden Blick am unerträglichsten. Sie hat mir einmal gestanden, sie würde dem Jungen dann am liebsten eine saftige Ohrfeige verpassen und kreischen: Glotz mich doch nicht so an! Tja, wenn sie sich diesem Impuls heute hingäbe, müsste sie mindestens auf die Hälfte aller Männer in Terminal 4 losgehen. Während sie langsam auf uns zuschreitet, starren sie Sashas biegsamen Körper und ihr seidiges Haar an, als hätte sie eine unsichtbare Angelschnur in ihre Nasenlöcher gehakt.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist Punkt dreizehn Uhr. Sasha hat nie die Marotten der Supermodels übernommen, obwohl sie seit neun Jahren erfolgreich im Geschäft ist. Inzwischen hat sie ihre Karriere als Fotomodell an den Nagel gehängt und befindet sich im Moment zwischen zwei Karrieren; trotzdem denkt man bei ihrem Anblick als Erstes: Aha, ein Model. (Direkt gefolgt von: Eitle Zicke. Dabei ist sie gar nicht eitel, aber man kann doch nichts dafür, dass man sich das wünscht, oder?)
"Hallo, Belles!", haucht sie, und sinkt in unsere Arme.
"Es ist so schön, dich wiederzusehen!" Lächelnd inhaliere ich ihren skandinavisch frischen Duft.
"Allerdings", seufzt sie und umklammert uns, als ginge es um Leben und Tod. "Tut mir Leid, dass ich mich in letzter Zeit so zurückgezogen habe."
Normalerweise ist Sasha diejenige, die sich am häufigsten meldet, doch in den vergangenen Monaten hat sie sich ausgesprochen rar gemacht. Ich dachte, sie würde etwas Zeit brauchen, um sich auf ihr neues Leben als Exmodel einzustellen - beispielsweise, indem sie die Nagelhaut nicht mehr zurückschiebt oder sich ein niedliches Bäuchlein anfuttert -, aber das würde nicht funktionieren, denn ihre Schönheit ist einfach vollkommen.
"Ich habe so oft an euch gedacht." Sie blickt uns mit feuchten Augen an. "Wir hatten schöne Zeiten miteinander, nicht wahr?" Das klingt ja wie eine Grabrede.
"Und vor uns liegen noch mehr schöne Zeiten", erinnert Zoë und versetzt ihr einen aufmunternden Schubs.
"Und ob!" Hoffentlich wirkt mein betont breites Grinsen ansteckend, aber Sasha bringt es lediglich zu einem dünnen "Wir wollen's hoffen"-Lächeln. Sie war ja noch nie eine echte Frohnatur, aber heute wirkt sie besonders verzagt.
"Wie geht's dir denn so?", frage ich und bin allmählich besorgt. "Bekommt dir dein Leben ohne die Linse?"
"Prima." Sie scheint sich unwohl zu fühlen, doch ihre Miene hellt sich schnell wieder auf. "Erinnerst du dich noch, wie ich dir bei unserem letzten Gespräch gesagt habe, ich wünschte, ich hätte überhaupt nie als Model gearbeitet?"
Ich nicke. In einem Punkt muss man ihr Recht geben - es hat eine gewisse Klasse, so toll auszusehen und trotzdem das Nächstliegende nicht zu tun.
"Hast du deine Ansicht inzwischen geändert?", erkundige ich mich.
"Überhaupt nicht! Mir fiel nur eben ein, dass wir uns ohne diesen Job nie kennen gelernt hätten."
Die schöne, sehnsuchtsvolle Sasha betrat unser Hotel an einem Julinachmittag, als sie für die Zeitschrift New Woman abgelichtet wurde.
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Autoren-Porträt von Belinda Jones
Belinda Jones' erste bezahlte Veröffentlichung war in jungen Jahren ein Kinder-Comic. Später war sie bei verschiedenen großen Zeitschriften als Redakteurin tätig, bevor sie 1995 freiberufliche Journalistin für Presse und Fernsehen wurde und auch in etlichen Fernsehsendungen auftrat. Nach zwei Jahren Los Angeles lebt sie heute in London, kehrt aber häufig nach Las Vegas zurück, um ein bisschen 'verrückte Luft' zu tanken.
Bibliographische Angaben
- Autor: Belinda Jones
- 2005, 509 Seiten, Maße: 11,6 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Sabine Reinhardus
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442361761
- ISBN-13: 9783442361762
Rezension zu „Die Strandgöttinnen “
"Es gibt nur zwei Dinge, die Sie bei einem Strandurlaub auf keinen Fall vergessen sollten: eine gute Sonnencreme und diesen herrlich romantischen Liebesroman!" New Woman
Pressezitat
"Es gibt nur zwei Dinge, die Sie bei einem Strandurlaub auf keinen Fall vergessen sollten: eine gute Sonnencreme und diesen herrlich romantischen Liebesroman!" New Woman
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