Die Tote im Sund
''Straffe Dialoge, spannende Szenen,...
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''Straffe Dialoge, spannende Szenen, viel Humor und noch mehr Tempo.''
Frankfurter Rundschau
Die Tote im Sund von Bodil Mårtensson
LESEPROBE
Der kleine Zettel, aus geklebter Wellpappe und wie einKatzenjunges geformt, war mit Bindfaden um den großen Zeh der Leiche geknotetund enthielt zweifelsohne eine Mitteilung. Ein >tag<, wie man das in den Zeiten des ausklingendenGraffiti-Booms nannte. Es war üblich, seine Werke zu kennzeichnen. Außerdemsollte dieser Anhänger als höhnisch spottender Hinweis auf den Urheber des Werkesfungieren. Das Bild zeigte eineSturzwelle. Eine üppig schäumendeBrandung, die sich unbezähmbar über die glatte Wasserfläche wölbte und alles,was ihr in den Weg geriet, mitzureißen drohte, hinab in die unendlicheMeerestiefe. So weit war die Symboliksonnenklar. Schwieriger zu erklärenwaren die fünf schwarzen Punkte direkt unterhalb der Welle. Kommissar Joakim Hill und seine Kollegen vonder Kripo in Helsingborg hatten nicht die geringste Ahnung, was das zu bedeutenhatte, geschweige denn, wer sich hinter dem Absender verbarg. Der Mörder war offenbar jemand, der sichgezwungen sah, eine Säuberungsaktion oder eine reinigende Mission auszuführen.Jemand, der sich mit den unbezwingbaren Gewalten der Natur identifizierte undnicht im Traum daran dachte, sich in seinem Anliegen durch irgendwelchearmseligen menschlichen Machenschaften stoppen zu lassen. Insofern, dachte Hill, konnte jederx-beliebige aus einer kompletten Mannschaft von Spinnern, die in dieserSumpflandschaft der heimischen Unterwelt mit ihren schmutzigen Geschäftenherumkrochen, in Frage kommen. Jemand, der sich für genauso unverwundbar hieltwie Satan höchstpersönlich und genauso unsichtbar wie der Heilige Geist. Hier endete die Spur abrupt. Der Anhänger war mittels einer sorgfältiggebundenen Schleife aus gewöhnlichem, grobem Haushaltsbindfaden am rechten Fußdes blutarmen Körpers befestigt. Eine Sorte, die es in den meistenDrogeriemärkten zu kaufen gab und demnach nie zurückverfolgt werden konnte. Alsdie Beamten am Fundort bei einer der unzähligen Biegungen des Trimm-dich-Pfadesdraußen im Pålsjö-Wald eintrafen, flatterte der Bindfaden vorlaut hin und her. Alswäre der Tote ein Paket, sorgsam für den Postversand verschnürt, oder nur einFrachtstück mit eindeutiger Adresse an die Leichenhalle. Der Pålsjö-Waldschließt in nördlicher Richtung an das Zentrum Helsingborgs bei Sofiero an undzählt zu den beliebtesten Freizeitgebieten der Anwohner. Im Sommer gleicht ereinem herrlichen Naturtempel mit grün schimmerndem, durch gigantischeBaumkronen gefiltertem Licht, mit regem Treiben und gut besuchten Parkcafés. Esduftet nach Buchenlaub und frisch gebackenen Waffeln, der Klang vonDrehorgelmusik und Kindergelächter schwebt bis unter die hohen Blätterdächerder Bäume hinauf. Aber auch in dendeutlich kühleren Jahreszeiten hat der Wald einiges zu bieten. Zwar ragen danndie Zweige kahl in den wintergrauen Himmel, und das Krächzen der Krähen klingthohl wie das Gebell der Hunde, die sie aufscheuchen. Doch die Winterflaute istnur eine Illusion, denn die Vegetation beginnt schon Anfang Dezember wiedertrotzig zu sprießen, säumt üppig die Spazierwege, und es scheint, als würde dasGrün hier nie ganz verschwinden. Im Sommer klettert es in die Höhe, im Wintergibt es sich damit zufrieden, den Bodenbereich zu bedecken. Das dunkle Blut,das die Erde nun verfärbte, hatte in dieser Idylle definitiv nichts zu suchen. Hill wurde davon ausgesprochen schlecht. Wiejedes Mal, wenn er mit einem gewaltsamen, jähen Tod konfrontiert wurde; dochinzwischen hatte er sich mit dem Gedanken abgefunden, dass das vermutlich auchso bleiben würde. Besonders in seinem Beruf war dies eine ebenso lächerliche wieunerwünschte Tatsache, die jedoch widerspiegelte, wie Joakim Hill in seinemtiefsten Innern beschaffen war. Erhatte einen hartnäckigen Charakter und weigerte sich kategorisch, Gewalt alsetwas Naturgegebenes zu akzeptieren, von dem man nicht einmal mehr Notiz nahm.Er war jemand, der es ablehnte, auf die Verteidigung der Normen desmenschlichen Zusammenlebens zu verzichten, die seiner Meinung nach für eine gutfunktionierende Gesellschaft sowohl notwendig als auch angemessen waren. Zu diesen Normen zählte in keinem Fall einMord. Was ihn zur Weißglut brachte, wardas Fehlen jeglicher Spur des höhnischen Absenders, zumal diese Mitteilung beiweitem nicht die erste war, die der Täter verschickt hatte. Drei weitere Opfer konnten bereits anhand derAnhänger mit diesem Verbrecher in Verbindung gebracht werden, und dennoch ließsich nicht das Geringste über das Täterprofil sagen. Es gab zwar Theorien undVerdachtsmomente, aber keine stichhaltigen Beweise. Nicht einmal nennenswerteIndizien. Keine einzige kriminaltechnische Spur führte zu dem jüngsten Opfer oderden drei früheren. Lediglich den sozialen Status hatten die Toten gemein. Schonvon Kindheit an waren sie kriminell gewesen und hatten ihren Beitrag zurGesellschaft konsequent auf der dunkleren Seite des Lebens geleistet. Es ging also nicht in erster Linie darumherauszufinden, wer das jüngste Opfer war, denn das hatte man ohne größere Müheumgehend feststellen können. Er hieß Roger Kander und war 42 Jahre alt. Seitseinem sechzehnten Lebensjahr gingen diverse Fälle von Drogenkonsum,Misshandlung, Einbruch und Erpressung auf sein Konto. Tommy »Kakan« Nilsson und Mia Fransén hatteneinen zum Verwechseln ähnlichen Lebenslauf, abgesehen davon, dass Nilsson beiseinem Ableben etwas älter war als Kander, während Fransén - die unter anderemdurch Prostitution ihren Drogenkonsum finanzierte - schon nach 36 Lebensjahren durchdie schäumende Sturzwelle in einer Sommernacht aus dem Leben schied. Man hattesie vor eineinhalb Jahren auf einer entlegenen Hundewiese im Norden der Stadtgefunden, doch sobald die Schlagzeilen verschwunden waren und die Fahndung nachdem Täter hoffnungslos in eine Sackgasse geraten war, wurde ihr Fall mit derBemerkung »Bearbeitung nur bei freier Kapazität« ins Archiv verbannt. Mit»Kakans« Fall wurde später genauso verfahren. Opfer Nummer drei war es nicht viel besser ergangen. Ken Gima ausGambia, mit zweifelhaftem Lebenswandel. Sein Schicksal hat ihn nicht wie die anderenin Helsingborg ereilt, sondern in einer benachbarten Gemeinde. Trotzdem war derMord in den Zuständigkeitsbereich der Helsingborger Polizei gefallen, die sichschon bald in der altbekannten Sackgasse wiedergefunden hatte. »Freie Kapazität« war schnell kaum vorhanden,denn Joakim Hill und seine Kollegen waren in der letzten Zeit mit einigenaufreibenden Angelegenheiten beschäftigt gewesen, die besondere Maßnahmenerfordert hatten. Eine brutale Bandeaus den Oststaaten hatte in den südlichen Landesteilen ihr Unwesen getriebenund einen Lotteriebetrug sowie mehrere Opfer blutiger Morde hinterlassen.Anschließend folgte auf einen Zyanidmord auf Råå im Laufe eines Tages einzweiter, so dass höchste Eile geboten war, um einen dritten zu verhindern.Glücklicherweise hatte die Spurensuche ausgezeichnet funktioniert und dierichtige Richtung für die Fahndung konnte unmittelbar eingeschlagen werden. Nur dieser aktuelle Fall gab nichts her.Nada, niente - nicht die geringste Spur von einem Indiz. Aber der modusoperandi war im Großen und Ganzen identisch. Ganz offensichtlich war hier ein Profi am Werk. Keine der Leichen war nackt, wurde mehrGewalt ausgesetzt als erforderlich oder auf andere Weise misshandelt. Aber sie wurden alle erdrosselt.
© btb - Verlag
Übersetzung: Nike Karen Müller
- Autor: Bodil Martensson
- 2004, 333 Seiten, Maße: 11,7 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Müller, Nike Karen
- Übersetzer: Nike Karen Müller
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442728959
- ISBN-13: 9783442728954
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