Eminenza
New York, 2001: Der junge Wissenschaftler Victor Tallent macht eine Entdeckung, die die Welt von Hunger und Elend befreien könnte. Doch als er seine Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren will, gerät er ins Visier des "Rats...
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Produktinformationen zu „Eminenza “
New York, 2001: Der junge Wissenschaftler Victor Tallent macht eine Entdeckung, die die Welt von Hunger und Elend befreien könnte. Doch als er seine Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren will, gerät er ins Visier des "Rats der Zehn" einer jahrhundertealten venezianischen Organisation, die machtgierig für ihre Ziele über Leichen geht. Dann geschehen bedrohliche Dinge: Menschen werden ermordet, auf Victor wird ein Anschlag verübt und er gerät selbst unter Mordverdacht. Doch Victor ist nicht gewillt, aufzugeben. Er kämpft für seine Entdeckung. Und bald auch um sein Leben.
''Eine umwerfende Lese-Erfahrung.''
Ekstra Bladet
Lese-Probe zu „Eminenza “
Eminenza von Christian MoerkVom Kopfende seines verwühlten Betts aus blickte Victor Tallent auf den Fernseher und stellte fest, dass offenbar die halbe burmesische Stadt unter Wasser stand.
Frauen in nassen grünen Sarongs, Säuglinge im Arm, wateten durch die schlammbraunen Fluten, während über ihnen Rotoren der Helikopter von den U.S. Marines einen neuen künstlichen Sturm entfachten, nachdem der reale diesen Menschen kurz zuvor alles genommen hatte, was sie besaßen. Die Nachrichtenzeile unter den Bildern verkündete: WINTERHURRIKAN ZERSTÖRT NEUN BURMESISCHE DÖRFER. 679 MENSCHEN GETÖTET. ERNTE VERNICHTET. Dann war der Beitrag zu Ende, und man bekam wieder die Standardeinstellung zu sehen, die CNN seit Monaten brachte und die Victor nervös machte, da die Perspektive immer die gleiche war: Die Kamera blickte von einem Haus in der West Street auf den Platz hinunter, auf dem bis vor wenigen Monaten die Türme gestanden hatten. Winzige gelbe Laster schafften Schutt weg, und beständig stieg Rauch auf, wie von einem unterirdischen Krematorium, das niemals ruhte. Victor dachte an andere Leichen, aufgedunsen, die in der Wüstensonne schmorten.
Er wandte den Blick vom Fernseher ab und schaute zum Fenster hinaus; auf den geparkten Autos lag eine dünne Schneeschicht. Bald war Weihnachten. Victor stellte eine kurze Rechnung an und kam zu dem Schluss, dass sämtliche Gemeinden an der burmesischen Küste nun neue Nahrungsmittel kaufen mussten, Getreide und Reis, wofür sie kein Geld hatten und deshalb gezwungen sein würden, sich welches zu borgen. Aus den Nachrichtenbildern hatte er ferner erfahren, dass die Einheimischen Trockenreis angepflanzt hatten statt des längeren Nassreises, der Stürmen besser trotzen konnte.
Victor schloss die Augen. Er sah sich bis zu den Knien in fauligen Abwässern stehen, roch förmlich den Gestank,
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wenn die überfluteten Felder in der Sonne trockneten. Er hätte diesen Menschen helfen können und Millionen anderen auch. Dafür hatte man ihn eingestellt. Und nun war er seit Monaten mit Experimenten befasst, die scheiterten, bevor man sie überhaupt begonnen hatte.
Die Fensterscheibe reflektierte sein Spiegelbild: einen dünnen blonden Mann Ende zwanzig mit wasserblauen Augen, die verquollen aussahen, weil er die Nächte durcharbeitete und sich tagsüber lediglich Nickerchen genehmigte. Mit der violetten Narbe, die sich quer über sein Kinn zog, und dem vollen Mund sah er genau nach dem aus, was er war - ein Mittelstandsjunge, versessen auf Scherereien, die Spuren hinterließen. Victor versuchte zu schlafen. Dann stieg ihm Kaffeegeruch in die Nase, und er hörte, wie die Wohnungstür aufging.
»Hey!«, rief die Blondine mit den Papiertüten im Arm Victor zu, der sich nicht viel bewegt hatte, seit die junge Frau vor einer Stunde aufgebrochen war, um Frühstück zu besorgen. Sie hieß Sally, und er wusste, dass ihr mittlerweile wahrscheinlich jeder Grund recht war, um ihn sitzen zu lassen.
»Okay, Schätzchen, das reicht, beweg deinen Arsch!«, verkündete sie nun und stellte einen Milchkaffee und ein Eisandwich neben Victors reglose Gestalt auf dem Bett. »Ich hab gerade mit Roy und Alice gesprochen, und sie möchten, dass wir ein klein bisschen früher kommen, um Alice' Vater kennenzulernen. Er ist gestern Abend mit dem Flieger aus Richmond gekommen und kennt hier keinen.«
Victor schlürfte den Kaffee und blickte zu Sally auf, wobei er sich auf ihre Stirn konzentrierte. Ihm entging nicht, dass sie ihm einen Anzug über den Stuhl gelegt hatte. Mitsamt Krawatte und frischem Hemd. Eine Aufforderung, sich aufzuraffen. Nun runzelte Sally die Stirn und schlug gereizt die langen Beine übereinander, weil er ihr nicht in die Augen schaute.
»Denk nicht mal im Traum dran«, äußerte sie warnend, weil sie schon ahnte, was er als Nächstes sagen würde.
»Tut mir leid.«
»Nein, es tut dir nicht leid. Du wirst dich jetzt duschen und anziehen und mich nach Yonkers fahren. Deshalb braucht dir auch nichts leidzutun.« Sie schürzte pikiert die Lippen, während sie seine Reaktion abwartete.
Als Victor Sally ansah, fragte er sich, wieso sie ihn nicht schon längst verlassen hatte. Er hatte sie vor zwei Jahren in Thailand kennengelernt, als er dort Feldforschung für Bewässerung betrieb und sie als Rucksacktouristin unterwegs war. Danach hatte er sich monatelang kaum um sie gekümmert, weil er völlig besessen war von seiner Arbeit. Sie hatte ihn zur Hochzeit ihrer Schwester eingeladen, die er absagte, weil er Hals über Kopf zu einer Bewässerungstagung nach Nairobi fliegen musste. Und nun musste er ihr gleich mitteilen, dass er nicht zu dem Weihnachtsessen mit ihren besten Freunden kommen konnte, weil er keine Fortschritte mit seinem irrwitzigen Projekt gemacht hatte. Womit er einmal mehr sein Versprechen nicht halten würde.
Sally gab ihm gar nicht die Gelegenheit, eine Ausrede vorzubringen, sondern schaute aufgebracht zum Fernseher, wo nun wieder Meldungen aus dem Katastrophengebiet auf dem Bildschirm erschienen und man sah, wie Marines Reispackungen und Kondensmilch an Menschen verteilten, die flehentlich die Hände nach ihnen ausstreckten. Sally schnappte sich die Fernbedienung und schaltete ab. »Nicht schon wieder!«, meinte sie mit leicht zittriger Stimme. »Du und deine Bedürftigen. Das Reisfeld und das schlechte Gewissen. Nein. Kommt nicht in Frage. Alice' kleine Cousine hat den Tisch dekoriert, und -«
Victor entschloss sich, Sally in die Augen zu blicken. »Sag Alice, dass ich nach Silvester mit ihrem Vater essen gehe. Ich ...«
Nicht einmal das konnte er wirklich versprechen.
Sally ging vor ihm in die Hocke und legte ihm die Hände auf die Knie. »Victor, du musst jetzt mal zur Ruhe kommen. Die Universität schließt nicht ihre Tore, wenn du deine ... Formel, oder was immer es ist, nicht in den nächsten Wochen findest, okay?«
»Ich arbeite schon fast ein halbes Jahr daran«, erwiderte Victor. »Und ich weiß immer noch nicht genug, um -«
Sie hörte ihm nicht mehr zu. »Und es werden weiterhin Menschen bei Hurrikans ums Leben kommen«, sagte sie und wandte den Blick ab. »Du kannst nicht allen Leiden der Menschheit ein Ende bereiten. Also bitte -«
Victors Stimme klang jetzt schärfer, als ihm lieb war, weshalb er sich sofort noch schuldiger fühlte. »Taifune. Dort nennt man diese Unwetter Taifune. Und, ja natürlich versuche ich zu verhindern, dass Menschen bei den Überschwemmungen ertrinken. Oder verhungern.«
»Was auch immer.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Copyright der Originalausgabe © 2006 by Christian Mørk
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 208 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Übersetzung: <Frederick Feith>
Die Fensterscheibe reflektierte sein Spiegelbild: einen dünnen blonden Mann Ende zwanzig mit wasserblauen Augen, die verquollen aussahen, weil er die Nächte durcharbeitete und sich tagsüber lediglich Nickerchen genehmigte. Mit der violetten Narbe, die sich quer über sein Kinn zog, und dem vollen Mund sah er genau nach dem aus, was er war - ein Mittelstandsjunge, versessen auf Scherereien, die Spuren hinterließen. Victor versuchte zu schlafen. Dann stieg ihm Kaffeegeruch in die Nase, und er hörte, wie die Wohnungstür aufging.
»Hey!«, rief die Blondine mit den Papiertüten im Arm Victor zu, der sich nicht viel bewegt hatte, seit die junge Frau vor einer Stunde aufgebrochen war, um Frühstück zu besorgen. Sie hieß Sally, und er wusste, dass ihr mittlerweile wahrscheinlich jeder Grund recht war, um ihn sitzen zu lassen.
»Okay, Schätzchen, das reicht, beweg deinen Arsch!«, verkündete sie nun und stellte einen Milchkaffee und ein Eisandwich neben Victors reglose Gestalt auf dem Bett. »Ich hab gerade mit Roy und Alice gesprochen, und sie möchten, dass wir ein klein bisschen früher kommen, um Alice' Vater kennenzulernen. Er ist gestern Abend mit dem Flieger aus Richmond gekommen und kennt hier keinen.«
Victor schlürfte den Kaffee und blickte zu Sally auf, wobei er sich auf ihre Stirn konzentrierte. Ihm entging nicht, dass sie ihm einen Anzug über den Stuhl gelegt hatte. Mitsamt Krawatte und frischem Hemd. Eine Aufforderung, sich aufzuraffen. Nun runzelte Sally die Stirn und schlug gereizt die langen Beine übereinander, weil er ihr nicht in die Augen schaute.
»Denk nicht mal im Traum dran«, äußerte sie warnend, weil sie schon ahnte, was er als Nächstes sagen würde.
»Tut mir leid.«
»Nein, es tut dir nicht leid. Du wirst dich jetzt duschen und anziehen und mich nach Yonkers fahren. Deshalb braucht dir auch nichts leidzutun.« Sie schürzte pikiert die Lippen, während sie seine Reaktion abwartete.
Als Victor Sally ansah, fragte er sich, wieso sie ihn nicht schon längst verlassen hatte. Er hatte sie vor zwei Jahren in Thailand kennengelernt, als er dort Feldforschung für Bewässerung betrieb und sie als Rucksacktouristin unterwegs war. Danach hatte er sich monatelang kaum um sie gekümmert, weil er völlig besessen war von seiner Arbeit. Sie hatte ihn zur Hochzeit ihrer Schwester eingeladen, die er absagte, weil er Hals über Kopf zu einer Bewässerungstagung nach Nairobi fliegen musste. Und nun musste er ihr gleich mitteilen, dass er nicht zu dem Weihnachtsessen mit ihren besten Freunden kommen konnte, weil er keine Fortschritte mit seinem irrwitzigen Projekt gemacht hatte. Womit er einmal mehr sein Versprechen nicht halten würde.
Sally gab ihm gar nicht die Gelegenheit, eine Ausrede vorzubringen, sondern schaute aufgebracht zum Fernseher, wo nun wieder Meldungen aus dem Katastrophengebiet auf dem Bildschirm erschienen und man sah, wie Marines Reispackungen und Kondensmilch an Menschen verteilten, die flehentlich die Hände nach ihnen ausstreckten. Sally schnappte sich die Fernbedienung und schaltete ab. »Nicht schon wieder!«, meinte sie mit leicht zittriger Stimme. »Du und deine Bedürftigen. Das Reisfeld und das schlechte Gewissen. Nein. Kommt nicht in Frage. Alice' kleine Cousine hat den Tisch dekoriert, und -«
Victor entschloss sich, Sally in die Augen zu blicken. »Sag Alice, dass ich nach Silvester mit ihrem Vater essen gehe. Ich ...«
Nicht einmal das konnte er wirklich versprechen.
Sally ging vor ihm in die Hocke und legte ihm die Hände auf die Knie. »Victor, du musst jetzt mal zur Ruhe kommen. Die Universität schließt nicht ihre Tore, wenn du deine ... Formel, oder was immer es ist, nicht in den nächsten Wochen findest, okay?«
»Ich arbeite schon fast ein halbes Jahr daran«, erwiderte Victor. »Und ich weiß immer noch nicht genug, um -«
Sie hörte ihm nicht mehr zu. »Und es werden weiterhin Menschen bei Hurrikans ums Leben kommen«, sagte sie und wandte den Blick ab. »Du kannst nicht allen Leiden der Menschheit ein Ende bereiten. Also bitte -«
Victors Stimme klang jetzt schärfer, als ihm lieb war, weshalb er sich sofort noch schuldiger fühlte. »Taifune. Dort nennt man diese Unwetter Taifune. Und, ja natürlich versuche ich zu verhindern, dass Menschen bei den Überschwemmungen ertrinken. Oder verhungern.«
»Was auch immer.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH
Copyright der Originalausgabe © 2006 by Christian Mørk
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 208 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Übersetzung: <Frederick Feith>
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Bibliographische Angaben
- Autor: Christian Moerk
- 2009, 1, 525 Seiten, Maße: 13 x 18,9 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828993257
- ISBN-13: 9783828993259
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