Feindbild Fremde
Xenophobie als mediale Praxis in Brasilien (1917-1930)
Ängste vor "unerwünschten Fremden" zu erzeugen und Gefahrenszenarien der Immigration zu verbreiten, ist nicht nur ein Phänomen der Gegenwart - dies hat eine lange Geschichte. Karina Kriegesmann beschäftigt sich erstmals mit dem Schüren fremdenfeindlicher...
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Produktinformationen zu „Feindbild Fremde “
Klappentext zu „Feindbild Fremde “
Ängste vor "unerwünschten Fremden" zu erzeugen und Gefahrenszenarien der Immigration zu verbreiten, ist nicht nur ein Phänomen der Gegenwart - dies hat eine lange Geschichte. Karina Kriegesmann beschäftigt sich erstmals mit dem Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments in Brasilien in den Jahren zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise. Sie zeigt am Beispiel dieses südamerikanischen Einwanderungslandes auf, wie Wahrnehmungen von Mobilität, Diversität und einer enger zusammenwachsenden Welt mit der vor allem durch die Presse propagierten Xenophobie und mit Abschottung einhergingen.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Feindbild Fremde “
Einleitung»Vor 1914 hatte die Erde allen Menschen gehört. Jeder ging, wohin er wollte und blieb, solange er wollte. [...] Es gab keine Permits, keine Visen, keine Belästigungen; dieselben Grenzen, die heute von Zollbeamten, Polizei, Gendarmerieposten dank des pathologischen Mißtrauens aller gegen alle in einen Drahtverhau verwandelt sind, bedeuteten nichts als symbolische Linien [...]. Erst nach dem Kriege begann die Weltverstörung durch den Nationalismus, und als erstes sichtbares Phänomen zeitigte diese geistige Epidemie unseres Jahrhunderts die Xenophobie: den Fremdenhaß oder zumindest die Fremdenangst.«Diese Worte wählte der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig in seiner Autobiographie Die Welt von Gestern, die er kurz vor seinem Freitod 1942 im Exil in Brasilien vollendete. Zweig rief wehmütig eine Zeit scheinbar grenzenloser Mobilität und Harmonie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Erinnerung. Angesichts des Aufkommens von krankhafter Xenophobie und der »Erzpest« des Nationalismus schien er nun seine kosmopolitischen Vorstellungen begraben zu haben. Er erkannte, dass die Angst vor Fremden vielerorts ein beunruhigendes Ausmaß angenommen hatte. Barrieren und Exklusionsmaßnahmen gegenüber unwillkommenen Ausländern stellten spätestens in den 1930er- und 1940er-Jahren eher die Regel als die Ausnahme dar.Xenophobie war jedoch kein selbstverständliches Resultat des Ersten Weltkrieges. Ihre Entstehung muss erklärt werden. Woher kamen das Misstrauen und der Hass? Wer schürte die Ressentiments? Die Angst vor Fremden entsteht nicht im luftleeren Raum. Die Vermittlung von Xenophobie, so wird dieses Buch zeigen, ist an das Handeln von Akteuren, Kommunikationsmedien sowie an konkrete Kontexte gebunden. Nicht ohne Grund stellte der Chronist Domingos Ribeiro Filho 1927 in der in Rio de Janeiro veröffentlichten Zeitschrift A Careta verschiedene Formen der Fremdenangst heraus. Er ging auf die »offizielle«, »akademische« und auch die »journalistische« Xenophobie in
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Brasilien ein. Dass Medien heute mit Ängsten spielen und diese gezielt schüren, ist hinlänglich bekannt, wie die Debatten um Migration und Asyl veranschaulichen. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine Entwicklung, die ausschließlich in der Gegenwart zu beobachten oder lediglich auf die neuen Medien zurückzuführen ist. Sie hat vielmehr eine lange Geschichte, die vonseiten der Wissenschaft gerade in Regionen außerhalb Europas und Nordamerikas bislang nur wenig Aufmerksamkeit erfahren hat.Brasilien stieg dank liberaler Gesetze um die vorletzte Jahrhundertwende zu einem der am stärksten durch Einwanderung geprägten Länder des amerikanischen Doppelkontinents auf. Zwischen 1881 und 1915 hieß das Land ungefähr drei Millionen Immigranten aus aller Welt willkommen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg auch die Einwohnerzahl rasant. Lebten um die Jahrhundertwende erst gut 17 Millionen Menschen in Brasilien, waren es 1920 bereits über 30 Millionen. Das Land nahm vor Armut, Unruhen und Unterdrückung fliehende Personen auf und lockte Arbeitskräfte aus Europa, Asien und dem Nahen Osten an. Zusammen mit der indigenen und der afrobrasilianischen Bevölkerung bildeten all diese Menschen eine multiethnische Gesellschaft, die insbesondere im Ausland als vermeintliche 'Rassendemokratie' präsentiert werden sollte. Um sowohl Zweigs als auch Ribeiro Filhos Feststellungen verstehen zu können, müssen die Entstehung und die Verbreitung von Xenophobie untersucht werden. Das Brasilien des frühen 20. Jahrhunderts erweist sich als anschauliches Beispiel dafür, wie Wahrnehmungen von Mobilität, Diversität und einer enger zusammenwachsenden Welt mit der vor allem durch die Presse propagierten Xenophobie und mit Abschottung einhergingen.Abstrahiert geht es im Folgenden um das Problem der Hintergründe und der treibenden Kräfte, die die Vermittlung von Ängsten ermöglichen. An dieser Stelle sollen zunächst drei zentrale Elemente des Forschungsrahmens skizziert werden. Relevant sind in einem ersten S
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Inhaltsverzeichnis zu „Feindbild Fremde “
InhaltEinleitung 71. Chancen und Gefahren im Weltkontext um 1900 421.1 Immigration als Ziel und Risiko 431.2 Ambitionen und Enttäuschungen in Wirtschaft und Politik 481.3 Neue Medienakteure und Transformationen der Öffentlichkeit 521.4 Zusammenfassung 642. Bekräftigung und Entkräftung des Feindbilds vom Deutschen im Ersten Weltkrieg 672.1 Gerüchte um Immigranten in Südbrasilien 692.2 Gefahrenwahrnehmungen durch innerbrasilianische Zeitungshetze 802.3 Überregionale Verbreitung einer latenten Bedrohung 932.4 Die Luxburg-Affäre als Medienereignis 1012.5 Nachrichtenpolitik und Xenophobie als Erbe des Krieges 1112.6 Zusammenfassung 1233. Fälschung und Verfälschung beängstigender Zukunftsszenarien japanischer Immigration 1263.1 Konstruierte Gefahren für die westliche Hemisphäre 1283.2 Verbreitung und Transformation einer Falschmeldung 1413.3 Übersetzungsversuche der Implikationen des Asian Exclusion Act 1543.4 Missverständnisse zwischen Tokio und Amazonien 1703.5 Zusammenfassung 1874. Bedeutung und Umdeutung der 'Unerwünschten' in Zeiten globaler Umbrüche 1914.1 Von 'Sündenböcken' zur fremdenfeindlichen Pressekampagne 1934.2 Naturalisierungs- und Pathologisierungsstrategien 2114.3 Vereinfachte Forderungen nach Exklusion 2294.4 Feinderzeugung im transnationalen Raum 2464.5 Zusammenfassung 2605. Zäsuren, Kontinuitäten und Hintergründe der Xenophobie 2645.1 Die Revolte von São Paulo und die Medien 2655.2 'Fremdenrevolte' und Gesellschaftskrise 2725.3 Nationalismus und Ausgrenzung zwischenWeltwirtschaftskrise und Estado Novo 2845.4 Zusammenfassung 293Schlussbetrachtung 295Abkürzungsverzeichnis 317Quellen und Literatur 318Dank 351
Autoren-Porträt von Karina Kriegesmann
Karina Kriegesmann ist wiss. Mitarbeiterin in der Abteilung Geschichte Lateinamerikas der Freien Universität Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Karina Kriegesmann
- 2020, 353 Seiten, Maße: 0,9 x 21,4 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593512009
- ISBN-13: 9783593512006
- Erscheinungsdatum: 08.04.2020
Pressezitat
»Karina Kriegesmanns Monographie zeigt eindrücklich die Funktionsweisen von 'Fakenews' und ihren Beitrag bei der Verschärfung von Xenophobie in einem Migrationsland und ist damit auch für die deutsche Gegenwart von Relevanz.« Frederik Schulze, H-Soz-Kult, 29.06.2021
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