Fluß aus blauem Feuer / Otherland Bd.2
Ihre Welt wird sich verändern: Otherland - eine Verschwörung in der realen Welt und ein virtuelles Wunderland voller tödlicher Gefahren
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Ihre Welt wird sich verändern: Otherland - eine Verschwörung in der realen Welt und ein virtuelles Wunderland voller tödlicher Gefahren
Im November 2004 hat Tad Williams für »Otherland« den Corine-Future Preis erhalten.
Seltsam daran war, daß man hätte meinen sollen, als einen von zwei Leuten in einem riesigen stillgelegten Militärstützpunkt würde ihn alles aufschrecken lassen, bloß nicht die Stille. Mit Long Joseph als einziger Gesellschaft im "Wespennest" zu leben, war die meiste Zeit über so, als ob er der letzte Bewohner eines der Geistertownships im südlichen Transvaal wäre, wo die Tokozaseuche die Shantytowns so rasch leergefegt hatte, daß viele der Fliehenden sogar ihre wenigen kümmerlichen Habseligkeiten zurückgelassen hatten - Kochtöpfe, Pappkoffer, fadenscheinige, aber noch tragbare Kleidungsstücke. Als ob ihre Besitzer durch irgendeinen grauenhaften Zauber auf einen Schlag weggehext worden wären.
Doch selbst in den verlassenen Arbeitersiedlungen in Transvaal gab es Wind und Regen und herumstreunende wilde Tiere. Noch immer konnte man Vogelsang durch die staubigen Straßen hallen oder Ratten und Mäuse in den Abfallhaufen wühlen hören.
Das Wespennest jedoch war ein Monument der Stille. Durch unzählige Tonnen Stein von den Elementen abgeschirmt, die technischen Anlagen weitgehend außer Betrieb, die massiven Türen so fest verschlossen, daß nicht einmal Insekten hineinschlüpfen konnten, und die Luftschächte so fein vergittert, daß kein sichtbarer lebender Organismus eindringen konnte - so hätte der Stützpunkt ein Ort aus einem Märchen sein können, das Dornröschenschloß vielleicht, wo die Prinzessin und alle ihre Verwandten überzogen vom Staub der Jahrhunderte schliefen.
Jeremiah Dako war kein sonderlich phantasiebegabter Mann, aber wenn sein Gefährte Joseph Sulaweyo endlich in einen unruhigen Schlaf gesunken war - einen Schlaf, der von seinen ganz persönlichen bösen Feen heimgesucht zu sein schien, gab es in der ewigen Nacht des Lebens hinter verschlossenen Türen Zeiten, in denen Jeremiah die mächtigen Keramiksärge anstarrte, für die jetzt er verantwortlich war, und sich fragte, in was für eine
Er fragte sich außerdem, was der Verfasser eigentlich von ihm erwartete.
Ich bin einer von denen, um die in den Geschichten nie viel Wesens gemacht wird, sinnierte er eines Nachts, als die Werte wieder einmal normal waren und die Stunden zäh dahinschlichen. Die Erkenntnis quälte ihn nur minimal. Der Mann vor der Tür, der den Speer hält. Der irgendein Zauberdingsda auf einem Samtkissen anbringt, wenn jemand Wichtiges danach verlangt. Einer der Leute in der Menge, die "Hurra!" schreien, wenn das Abenteuer glücklich ausgeht. Ich bin schon immer dieser Mann gewesen. Hab für meine Mutter gearbeitet, bis ich erwachsen war, danach vierundzwanzig Jahre lang für die Frau Doktor. Kann sein, daß ich für den schönen Khalid dem allen entflohen wäre, wenn er mich dazu aufgefordert hätte, aber am Schluß hätte ich auch für ihn den Haushälter gespielt. Ich wäre bloß in seiner Geschichte gewesen statt in der der Frau Doktor oder meiner Mutter oder jetzt in diesem Irrsinn mit Apparaten und Schurken und diesem riesigen, leeren Bau im Berg.
Natürlich hatte die Speerträgerrolle durchaus ihre guten Seiten, und diese vielstöckige Geisterstadt genauso. Er hatte jetzt Zeit, zu lesen und zu denken. Weder für das eine noch für andere war ihm viel Zeit geblieben, seit er damals die Stelle bei den Van Bleecks angetreten hatte. Seine ganze freie Zeit hatte er dafür geopfert, für das Wohl seiner Mutter zu sorgen, und obwohl Susan es ihm nicht übelgenommen hätte, wenn er ab und zu in einem stillen Stündchen gelesen oder Netz geguckt hätte, während sie mit ihrer Forschungsarbeit beschäftigt war, hatte ihn die bloße Tatsache ihres Vertrauens zu großen - und fast immer unbemerkten - Anstrengungen angespornt. Doch hier gab es buchstäblich nichts anderes zu tun, als die Anzeigen der V-Tanks zu beobachten und aufzupassen, daß die Flüssigkeiten rechtzeitig nachgefüllt wurden. Das war nicht schwieriger, als den teuren Wagen der Frau Doktor zu warten - der jetzt auf dem untersten Parkdeck des Wespennests stand und völlig einstauben würde, wenn er nicht alle paar Tage hinaufginge, um ihn mit einem Wischtuch zu säubern und sich über den eingedrückten Kühlergrill und die gesprungene Windschutzscheibe zu grämen.(...) Während er jetzt in der Dunkelheit des Büroraums lag, den er sich zu seinem Notschlafzimmer erkoren hatte, und der höchst ungewohnten Stille lauschte, fühlte er, wie ein kühler Wind der Furcht ihn durchwehte. War es jetzt endlich passiert? Oder war er selbst einfach nervlich zu angespannt? Wochenlang in einer verlassenen unterirdischen Militärbasis eingesperrt zu sein und dem Echo der eigenen Schritte und dem Gemurmel eines Verrückten zu lauschen, war der geistigen Gesundheit nicht gerade zuträglich. Vielleicht erschrak er schon vor Schatten - oder vor einer harmlosen Stille.
Jeremiah ächzte leise und stand auf. Sein Herz schlug nur ein klein wenig schneller als normal, aber er wußte, daß er keine Chance hatte, wieder einzuschlafen, ehe er sich selbst davon überzeugt hatte, daß Long Joseph Sulaweyo auf dem Stuhl vor den Tankanzeigen saß. Oder vielleicht auf der Toilette war - selbst Jeremiah verließ während seiner Schicht hin und wieder den Raum, um einem natürlichen Drang nachzugeben oder sich einen Kaffee zu machen oder sich einfach durch einen der Belüftungsschächte ein wenig kalte Luft ins Gesicht blasen zu lassen.
Das war es höchstwahrscheinlich.
Jeremiah schlüpfte in ein Paar alte Pantoffeln, die er in einem der Spinde gefunden hatte - ein Komfort, durch den er sich wenigstens ein klein bißchen heimisch fühlte , und trat auf den Laufsteg hinaus, um auf die Ebene hinunterzuschauen, auf der die Bedienerkonsolen standen.
Der Stuhl war leer.
Noch immer sehr bewußt um Ruhe bemüht schritt er auf die Treppe zu. Long Joseph war bestimmt in der Küche oder auf der Toilette. Jeremiah würde einfach die Tanks beobachten, bis er zurückkam. Es gab sowieso nicht viel zu tun außer den immergleichen Tätigkeiten, das Wasser und andere Flüssigkeiten pünktlich nachzufüllen und das Sanitärsystem zu spülen und neue Filter einzusetzen. Und was konnte man sonst überhaupt tun, als Renie und !Xabbu aus den Tanks zu ziehen? Und das hatte Renie ausdrücklich verboten, solange kein ernster Notfall eintrat. Das Kommunikationssystem war schon am ersten Tag zusammengebrochen, und zwar, wie sich herausgestellt hatte, so gründlich, daß es für Jeremiah irreparabel war. Also selbst wenn Long Joseph irgendwo eine Runde drehte, war es nicht, als hätte er mitten in einer Seeschlacht das Steuer des Schiffes verlassen oder so.
Alle Werte waren normal. Jeremiah überprüfte sie zweimal, um ganz sicherzugehen. Als sein Blick zum zweitenmal die Station überflog, bemerkte er das schwache Licht des Grafikbildschirms. Der Lichtstift lag daneben, das einzige an der ganzen Station, was sich nicht im rechten Winkel zu etwas anderem befand, eine einzelne minimale Unordentlichkeit, aber aus irgendeinem Grund ließ sie Jeremiah erschauern, als er sich vorbeugte, um den Bildschirm zu lesen.
ICH HALTS NICHT MEHR AUS, stand da in plumper Schrift, die schwarz vom Leuchten des Bildschirms abstach. ICH WILL BEI MEINEM KIND SEIN.
Autoren-Porträt von TadWilliams
Bestseller-Autor TadWilliams, übersetzt in mehr als 20 Sprachen, ist sicher einer dervielseitigsten und originellsten Fantasy-Autoren: Mit"Otherland" hat er die Grenzen der Fantasy überschritten und ein neues Genre geschaffen. Esist "Fantasy, Sciencefiction, Abenteuerroman, Märchen,Mythen, Mystery, Krimi zugleich" (Die Zeit).
Tad Williams wuchs in einfachen Verhältnissen in Palo Alto auf. Er besuchte nieein College und schlug sich unter anderem als Bauarbeiter, Schuhverkäufer,Versicherungsmakler und Schuldeneintreiber durch. Williams hatte eineRadio-Show, machte Gebrauchsgrafik, zeichnete, schauspielerte und war Mitgliedder Band "Idiot". Später arbeitete er als Dozent, im Multimediabereich undgründete eine interaktive TV-Station.
Nach seinem 4-bändigen Opus "Otherland"wird Williams inzwischen als der Tolkien des 21. Jahrhunderts gefeiert. Nebendem Romanschreiben, arbeitet er derzeit an einem Comic sowie diversenDrehbüchern für Film und Fernsehen. Mit seiner Frau lebt TadWilliams in London und in der Nähe von San Francisco.
Eine große deutscheZeitung hat OTHERLAND als eine Mischung aus Fantasy, Science-Fiction,Abenteuerroman, Märchen, Mythen, Mystery und Krimi" bezeichnet. Wie würden Sieselbst das Genre des Werks bezeichnen?
Ich neige dazu zu denken, dass OTHERLAND ein eigenes Genreist - ein Fantasy-Epos in der Tradition von Tolkien, aber angesiedelt in dernäheren Zukunft und mit einer Menge neuer Ideen und Stile. Darüber hinaus habeich versucht, verschiedene Formen des Geschichtenerzählens zu kombinieren undvon erschreckenden Stellen zu witzigen und absurden bis hin (wenn ich meineArbeit gut gemacht habe) zu emotional berührenden Teilen zu wechseln. Ichhoffe, es ist anders als alles andere, was man je zuvor gelesen hat.
Sie haben sich mit einer Menge Jobs durchgeschlagen undsind früh in den Multimediabereich eingestiegen. Waren das alles notwendigeErfahrungen für das Schreiben eines Epos' dieses Kalibers?
Ich habe mich beim Schreiben der Science-Fiction in OTHERLANDwegen meiner Erfahrungen aus dem Multimedia-Bereich und den Online-Communitiessehr zu Hause gefühlt. Wenn ich über die letzten Entwicklungen derQuantenphysik oder das Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit geschrieben hätte,hätte ich mich unsicherer gefühlt und vielleicht noch ein Jahr recherchierenmüssen (was nicht heißen soll, dass ich nicht eine Menge Zeit mit Recherchenverbracht habe!).
OTHERLAND wurdeweltweit gefeiert, nicht nur von der Fanatasy-Gemeinde, sondern auch in denFeuilletons. Wie groß ist da der Erfolgsdruck hinsichtlich weiterer Projekte?
Ich hatte das Glück, dass alles, was ich geschrieben habe, zumindestfür einen Teil meiner Leserschaft zum Lieblingsbuch wurde. Das bedeutet auch,dass mit jedem neuen Buch einige Leute am liebsten dasselbe noch mal lesenwürden, was ihnen vorher schon gut
Ihre Dankesrede bei der Verleihung des CorineBuchpreises 2004 hielten Sie auf Deutsch. Wo haben Sie die Sprache gelernt, undwarum haben Sie nicht das deutsche Hörbuch gesprochen?
Zuallererst bin ich unglaublich viel besser darin, eineRede auf Deutsch auswendig zu lernen, als es tatsächlich zu sprechen. Was dasdeutsche Hörbuch angeht, habe ich einen Teil gesprochen. Sie werden ihn aberkaum kennen, da er erst ziemlich am Ende des 24 Stunden-Hörspiels kommt.
Ist das Schreiben für Sie Arbeit im klassischen Sinne,oder bekommen Sie einfach Geld dafür, dass Sie tun, was Ihnen Spaß macht?
Nichts, was dermaßen viel Konzentration und Engagementverlangt wie das Schreiben, macht die ganze Zeit Spaß. Aber es ist ganzbestimmt das Allerbeste, das ich jemals für Geld getan habe. Und es ist einwundervolles Leben, sich für andere Leute Dinge auszudenken und sich davon zu ernähren.Ich kann mich also in keiner Weise über meinen Werdegang beschweren. Ichglaube, ich habe sehr viel Glück gehabt.
Die Fragen stellteHenrik Flor, Literaturtest.
- Autor: Tad Williams
- 1999, 6. Aufl., 781 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Maße: 15,1 x 22,4 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Hans-Ulrich Möhring
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608934227
- ISBN-13: 9783608934229
- Erscheinungsdatum: 22.01.2001
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Fluß aus blauem Feuer / Otherland Bd.2".
Kommentar verfassen