Gnadenlos
Ein ganz gewöhnlicher Samstagnachmittag. Toms Kinder spielen im Garten. Im Fernseher läuft Fußball. Da klingelt Toms Telefon, ein alter Schulfreund ruft an und stammelt unter Schmerzen Toms Adresse, bevor er stirbt. Tom ahnt, dass er und...
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Produktinformationen zu „Gnadenlos “
Ein ganz gewöhnlicher Samstagnachmittag. Toms Kinder spielen im Garten. Im Fernseher läuft Fußball. Da klingelt Toms Telefon, ein alter Schulfreund ruft an und stammelt unter Schmerzen Toms Adresse, bevor er stirbt. Tom ahnt, dass er und seine Familie in höchster Gefahr schweben. Panisch flieht er mit seinen Kindern zu seiner Schwiegermutter. Es ist der Beginn einer gnadenlosen Hetzjagd, bei der er bald nicht mehr weiß, wem er noch trauen kann.
"Dieser Plot wird Sie so fesseln, dass Ihnen schier der Atem stockt."
Daily Mail
"Packend! Sie werden sich vor Spannung sämtliche Fingernägel abbeißen!"
The Times
Lese-Probe zu „Gnadenlos “
Gnadenlos von Simon KernickLESEPROBE
1
Ich hörte das Telefon nur, weil die Terrassentür offen stand. Ich war im Garten, um eine Rauferei zwischen meinen beiden Kindern zu schlichten. Sie hatten sich über die Seifenblasenmaschine in die Wolle gekriegt, und der Streit drohte auszuarten. Bis ans Ende meiner Tage werde ich mir die Frage stellen, was geschehen wäre, wenn die Tür geschlossen gewesen wäre oder der Krach der Kinder das Klingeln übertönt hätte.
Es war gegen drei an einem bewölkten Samstagnachmittag Ende Mai, als meine Welt einstürzte.
Ich rannte ins Haus zurück, ins Wohnzimmer, wo im Fernsehen gerade das Fußballspiel angepfiffen wurde, und nahm beim vierten oder fünften Klingeln den Hörer ab. Ich überlegte kurz, ob es wieder mein sonnenstudiogebräunter Boss Wesley »Du kannst Wes zu mir sagen« O'Shea war, der irgendein unwichtiges Detail eines Kundenangebots mit mir besprechen wollte. Er tat das mit Vorliebe an Wochenenden und meistens, wenn gerade ein Fußballspiel lief. Das verschaffte ihm offenbar ein perverses Machtgefühl.
Ich schaute auf meine Uhr, es war eine Minute nach drei. »Hallo?«
»Tom, ich bin's, Jack.« Die Stimme klang atemlos.
Einen Moment lang war ich verwirrt. »Jack wer?« »Jack ... Jack Calley.«
Eine Stimme aus der Vergangenheit. Mein bester Freund während unserer Schulzeit. Mein Trauzeuge, als ich vor neun Jahren geheiratet hatte. Und jemand, mit dem ich seit vier Jahren nicht mehr gesprochen hatte. Da stimmte etwas nicht. Er klang angestrengt, als bereitete es ihm Mühe, die Wörter hervorzustoßen.
»Lange nichts von dir gehört, Jack. Wie geht's?«
»Du musst mir helfen.«
... mehr
Es klang, als würde er rennen oder zumindest sehr schnell gehen. Im Hintergrund waren Geräusche zu hören, die ich nicht identifizieren konnte. Auf jeden Fall befand er sich im Freien.
»Was meinst du damit?«
»Hilf mir. Du musst ...«, er rang unvermittelt nach Atem. »Oh mein Gott, nein, sie kommen.« »Wer kommt?«
»Jesus Maria!«
Die letzten zwei Wörter schrie er heraus, und ich musste für einen Augenblick den Hörer vom Ohr weghalten. Im Fernsehen ging ebenfalls ein Aufschrei durch die Menge, als ein Spieler allein aufs Tor zustürmte.
»Jack! Was zum Teufel ist denn bloß los? Wo bist du?« Er japste jetzt richtig, atmete keuchend in gequälten Stößen. Ich konnte hören, wie er rannte.
»Was ist los? Nun sag schon!«
Jack schrie wie in Todesangst auf, und ich glaubte, ihn mit jemandem kämpfen zu hören. »Nein, bitte nicht!«, schrie er mit brechender Stimme. Das Gerangel ging noch ein paar Augenblicke weiter, schien sich aber vom Telefon zu entfernen. Dann sagte er wieder etwas, allerdings nicht mehr zu mir. Seine Stimme war schwach, aber ich konnte ihn trotzdem deutlich verstehen.
Es waren sechs Wörter. Sechs schlichte Wörter, die mein Herz erbeben ließen und meine ganze Welt ins Wanken brachten.
Die ersten beiden Zeilen meiner Adresse.
Jack schrie noch einmal verzweifelt auf, dann schien er vom Telefon weggezerrt zu werden. Auf einmal ein keuchendes Husten, und instinktiv wusste selbst ich, dessen beschauliches Leben sich weit entfernt von den erniedrigenden Begleitumständen des Todes abspielte, dass mein Freund starb.
Plötzlich war am anderen Ende alles still.
Die Stille mochte zehn Sekunden angedauert haben oder auch nur zwei, während ich mit offenem Mund wie angewurzelt im Wohnzimmer stand, zu geschockt, um irgendwas zu tun oder zu sagen. Dann hörte ich, wie am anderen Ende die Verbindung unterbrochen wurde.
Die ersten beiden Zeilen meiner Anschrift. Wo ich mit meiner Frau und meinen beiden Kindern ein normales Vorstadtleben lebte. Wo ich mich sicher und geborgen fühlte.
Einen Augenblick lang, einen winzigen Augenblick lang dachte ich, jemand spiele mir einen fiesen Streich. um eine Reaktion zu provozieren. Doch ich hatte vier lange Jahre keinen Kontakt mehr zu Jack Calley gehabt, und beim letzten Mal hatte ich ihn zufällig auf der Straße getroffen. Wir hatten uns vielleicht fünf gehetzte Minuten lang unterhalten, denn ich hatte die Kinder dabei — Max war noch ein Baby —, die ständig brüllten und in ihrem Doppelbuggy herumzappelten. Das letzte richtige Gespräch mit Jack lag bestimmt fünf, sechs, wenn nicht sogar sieben Jahre zurück. Unsere Wege hatten sich schon vor langer Zeit getrennt.
Nein, das hier war echt. Eine solche Angst kann man nicht spielen. Sie ist etwas Urtümliches, etwas, das von ganz tief innen kommt. Und genauso hatte Jacks Stimme geklungen. Jack hatte Todesangst gehabt. und zwar aus gutem Grund. Wenn ich mich nicht gewaltig irrte - und ich hätte bei Gott geschworen, dass das nicht der Fall war -, hatte ich gerade mit angehört, wie er sein Leben aushauchte. Und seine letzten Worte waren die ersten beiden Zeilen meiner Adresse.
Wer wollte wissen, wo ich wohnte? Und warum?
Lassen Sie mich Folgendes klarstellen: Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mann, mit einem ganz gewöhnlichen Schreibtischjob in einem Großraumbüro, wo ich ein Team von vier IT-Software-Vertriebsmitarbeitern leite. Mein Job macht mir nicht unbedingt großen Spaß, und wie ich bereits habe durchblicken lassen, ist mein Boss Wesley ein ziemliches Arschloch, aber er bezahlt die Rechnungen und ich kann mir ein einigermaßen anständiges, frei stehendes Haus im Speckgürtel leisten. Darüber hinaus bin ich in meinen inzwischen fünfunddreißig fahren noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Meine Frau und ich haben die üblichen Turbulenzen durchgestanden, und die Kinder können einem manchmal ganz schön auf die Nerven fallen, aber im Grunde sind wir glücklich. Kathy arbeitet seit zehn Jahren drüben an der Universität als Dozentin für Umweltpolitik. Sie wird von ihren Kollegen und Studenten geschätzt, leistet gute Arbeit und ist - obwohl sie wahrscheinlich nicht wollen würde, dass ich das sage - ziemlich hübsch. Wir sind gleich alt, seit elf Jahren zusammen und haben keine Geheimnisse voreinander. Wir haben nie etwas Unrechtes getan, bezahlen unsere Steuern und bemühen uns Schwierigkeiten aller Art zu vermeiden. Kurzum, wir sind wie alle andern auch. Wie Sie.
Warum also wollte ein Fremder unsere Adresse wissen? Ein Fremder, der sie so dringend haben wollte, dass er bereit war, dafür zu töten?
Plötzlich überkam mich Angst, dieser alles durchdringende Schrecken, der irgendwo in der Lendengegend einsetzt und sich rasend schnell im Körper ausbreitet, bis er auch die letzte Faser erfasst hat. Sich in nackte Panik verwandelt und den instinktiven Fluchtmechanismus auslöst. Dieses ungute Gefühl in der Magengegend, das einen beschleicht, wenn man des Nachts allein durch eine menschenleere Straße spaziert und plötzlich Schritte hinter sich hört. Oder wenn der Mann neben dir an der Bar sein Bierglas am Tresen zerschlägt und wissen will, warum du ihn verdammt noch mal so anstarrst. Richtige Angst. Die hatte ich jetzt.
Vorsichtig legte ich den Hörer auf und blieb eine Weile lang reglos stehen, während ich verzweifelt versuchte, eine rationale Erklärung für das zu finden, was ich gerade gehört hatte. Aber mir fiel nichts Plausibles ein, und selbst die paranoideste Erklärung ergab keinen Sinn. Wenn mich jemand sprechen wollte, war davon auszugehen, dass sie wussten, wer ich war. Was bedeutete, dass sie ziemlich leicht hätten herausfinden können, wo ich wohnte, ohne dafür einen Menschen fragen zu müssen, der mich kaum mehr kannte. Sie hätten zum Beispiel nur einen Blick ins Telefonbuch werfen müssen. Aber das hatten sie nicht getan. © Heyne Verlag
Übersetzung: Gunter Blank
»Was meinst du damit?«
»Hilf mir. Du musst ...«, er rang unvermittelt nach Atem. »Oh mein Gott, nein, sie kommen.« »Wer kommt?«
»Jesus Maria!«
Die letzten zwei Wörter schrie er heraus, und ich musste für einen Augenblick den Hörer vom Ohr weghalten. Im Fernsehen ging ebenfalls ein Aufschrei durch die Menge, als ein Spieler allein aufs Tor zustürmte.
»Jack! Was zum Teufel ist denn bloß los? Wo bist du?« Er japste jetzt richtig, atmete keuchend in gequälten Stößen. Ich konnte hören, wie er rannte.
»Was ist los? Nun sag schon!«
Jack schrie wie in Todesangst auf, und ich glaubte, ihn mit jemandem kämpfen zu hören. »Nein, bitte nicht!«, schrie er mit brechender Stimme. Das Gerangel ging noch ein paar Augenblicke weiter, schien sich aber vom Telefon zu entfernen. Dann sagte er wieder etwas, allerdings nicht mehr zu mir. Seine Stimme war schwach, aber ich konnte ihn trotzdem deutlich verstehen.
Es waren sechs Wörter. Sechs schlichte Wörter, die mein Herz erbeben ließen und meine ganze Welt ins Wanken brachten.
Die ersten beiden Zeilen meiner Adresse.
Jack schrie noch einmal verzweifelt auf, dann schien er vom Telefon weggezerrt zu werden. Auf einmal ein keuchendes Husten, und instinktiv wusste selbst ich, dessen beschauliches Leben sich weit entfernt von den erniedrigenden Begleitumständen des Todes abspielte, dass mein Freund starb.
Plötzlich war am anderen Ende alles still.
Die Stille mochte zehn Sekunden angedauert haben oder auch nur zwei, während ich mit offenem Mund wie angewurzelt im Wohnzimmer stand, zu geschockt, um irgendwas zu tun oder zu sagen. Dann hörte ich, wie am anderen Ende die Verbindung unterbrochen wurde.
Die ersten beiden Zeilen meiner Anschrift. Wo ich mit meiner Frau und meinen beiden Kindern ein normales Vorstadtleben lebte. Wo ich mich sicher und geborgen fühlte.
Einen Augenblick lang, einen winzigen Augenblick lang dachte ich, jemand spiele mir einen fiesen Streich. um eine Reaktion zu provozieren. Doch ich hatte vier lange Jahre keinen Kontakt mehr zu Jack Calley gehabt, und beim letzten Mal hatte ich ihn zufällig auf der Straße getroffen. Wir hatten uns vielleicht fünf gehetzte Minuten lang unterhalten, denn ich hatte die Kinder dabei — Max war noch ein Baby —, die ständig brüllten und in ihrem Doppelbuggy herumzappelten. Das letzte richtige Gespräch mit Jack lag bestimmt fünf, sechs, wenn nicht sogar sieben Jahre zurück. Unsere Wege hatten sich schon vor langer Zeit getrennt.
Nein, das hier war echt. Eine solche Angst kann man nicht spielen. Sie ist etwas Urtümliches, etwas, das von ganz tief innen kommt. Und genauso hatte Jacks Stimme geklungen. Jack hatte Todesangst gehabt. und zwar aus gutem Grund. Wenn ich mich nicht gewaltig irrte - und ich hätte bei Gott geschworen, dass das nicht der Fall war -, hatte ich gerade mit angehört, wie er sein Leben aushauchte. Und seine letzten Worte waren die ersten beiden Zeilen meiner Adresse.
Wer wollte wissen, wo ich wohnte? Und warum?
Lassen Sie mich Folgendes klarstellen: Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mann, mit einem ganz gewöhnlichen Schreibtischjob in einem Großraumbüro, wo ich ein Team von vier IT-Software-Vertriebsmitarbeitern leite. Mein Job macht mir nicht unbedingt großen Spaß, und wie ich bereits habe durchblicken lassen, ist mein Boss Wesley ein ziemliches Arschloch, aber er bezahlt die Rechnungen und ich kann mir ein einigermaßen anständiges, frei stehendes Haus im Speckgürtel leisten. Darüber hinaus bin ich in meinen inzwischen fünfunddreißig fahren noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Meine Frau und ich haben die üblichen Turbulenzen durchgestanden, und die Kinder können einem manchmal ganz schön auf die Nerven fallen, aber im Grunde sind wir glücklich. Kathy arbeitet seit zehn Jahren drüben an der Universität als Dozentin für Umweltpolitik. Sie wird von ihren Kollegen und Studenten geschätzt, leistet gute Arbeit und ist - obwohl sie wahrscheinlich nicht wollen würde, dass ich das sage - ziemlich hübsch. Wir sind gleich alt, seit elf Jahren zusammen und haben keine Geheimnisse voreinander. Wir haben nie etwas Unrechtes getan, bezahlen unsere Steuern und bemühen uns Schwierigkeiten aller Art zu vermeiden. Kurzum, wir sind wie alle andern auch. Wie Sie.
Warum also wollte ein Fremder unsere Adresse wissen? Ein Fremder, der sie so dringend haben wollte, dass er bereit war, dafür zu töten?
Plötzlich überkam mich Angst, dieser alles durchdringende Schrecken, der irgendwo in der Lendengegend einsetzt und sich rasend schnell im Körper ausbreitet, bis er auch die letzte Faser erfasst hat. Sich in nackte Panik verwandelt und den instinktiven Fluchtmechanismus auslöst. Dieses ungute Gefühl in der Magengegend, das einen beschleicht, wenn man des Nachts allein durch eine menschenleere Straße spaziert und plötzlich Schritte hinter sich hört. Oder wenn der Mann neben dir an der Bar sein Bierglas am Tresen zerschlägt und wissen will, warum du ihn verdammt noch mal so anstarrst. Richtige Angst. Die hatte ich jetzt.
Vorsichtig legte ich den Hörer auf und blieb eine Weile lang reglos stehen, während ich verzweifelt versuchte, eine rationale Erklärung für das zu finden, was ich gerade gehört hatte. Aber mir fiel nichts Plausibles ein, und selbst die paranoideste Erklärung ergab keinen Sinn. Wenn mich jemand sprechen wollte, war davon auszugehen, dass sie wussten, wer ich war. Was bedeutete, dass sie ziemlich leicht hätten herausfinden können, wo ich wohnte, ohne dafür einen Menschen fragen zu müssen, der mich kaum mehr kannte. Sie hätten zum Beispiel nur einen Blick ins Telefonbuch werfen müssen. Aber das hatten sie nicht getan. © Heyne Verlag
Übersetzung: Gunter Blank
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Inhaltsverzeichnis zu „Gnadenlos “
Bibliographische Angaben
- Autor: Simon Kernick
- 2009, 1, 397 Seiten, Maße: 13,1 x 19 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828995489
- ISBN-13: 9783828995482
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