Habemus Papam
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Die katholische Kirche wird nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. nicht mehr so sein, wie sie vorher war. Die beeindruckenden Demonstrationen des Glaubens, vor allem junger Menschen, die betend und singend ihren Papa Wojtyla in seinen letzten Stunden begleiteten, brachten die Kurie in Zugzwang, den Papst aus Polen heilig zu sprechen. Unterdessen begann das Tauziehen der Kardinäle hinter den Mauern des Vatikans, wer JP2 auf dem Stuhl des Heiligen Petrus folgen sollte. Geschwätzige Exzellenzen in roten Soutanen provozierten ein Sprechverbot vor der Weltpresse. Das machte die Spekulationen um den Nachfolger des Stellvertreter Christi auf Erden nur umso geheimnisvoller. Welche Anforderungen stellt die Welt und welche die Kirche? Welche Aufgaben müssen im nächsten Pontifikat diskutiert und gelöst werden? Welcher Kardinal ist geeignet, in die Fußstapfen Wojtylas zu treten und die gerade in Bewegung gekommene Jugend zu führen? Und warum zeichnete sich schon früh ab, dass Kardinal Ratzinger die Mehrheit des Konklaves hinter sich vereinen würde?
Stephan Kulle, der für_ ZDF_ und Phoenix vor Ort war und über exzellente Kontakte in den Vatikan verfügt, erzählt, was in Rom passierte und wie die Welt reagierte. Geschichtliche Rückblicke und aktuelle Einblicke zeichnen das Bild der katholischen Kirche in Vergangenheit und Gegenwart und stellen Forderungen an das Pontifikat von Benedikt XVI.
Habemus Papam vonStephan Kulle
LESEPROBE
Mein Handy vibrierte. Die Chefinvom Dienst bei Phoenix meldete sich. Herr Kulle, haben Sie auch Rauch auf demBildschirm?"
Nein!", rief ich.
Wir sehen hier aber Rauch!"
Moment", ich sprang auf undstürzte die zwei Schritte nach hinten ans Regiepult mit den Monitoren. Ichfragte Dietmar, ob das kleine Bild rechts live sei oder eine Aufzeichnung.
Nein, nein. Das muss dasLive-Bild sein", sagte er trocken. Da ist Rauch. Ach du je, da ist Rauch!
Okay, wir gehen auf Sendung",schrie ich ins Handy, riss die Schiebetür des Ü-Wagens auf und rannte zurTribüne, die Treppen hoch und an den Kollegen der anderen Sender vorbei. Siesahen mir ins Gesicht und gleich anschießend auf ihre kleinen Bildschirme. Undbinnen Sekunden begannen alle ganz hektisch zu hantieren. Ich stürzte aufmeinen Reporterplatz und schaute auf den Monitor. Ich ging ganz dicht heran undnahm das Mikrophon in die Hand.
Da meldete sich die Phoenix-Regieaus Bonn: Falls Sie mich schon hören, wir haben Rauch, aber er ist grau!"Jetzt wurde auch ich hektisch. Das konnte doch nicht sein, schwarzer Rauch nachdem Ende des ersten Wahlgangs am Nachmittag. Schwarzen Rauch würde es nach denRegularien erst nach Ende des zweiten gescheiterten Wahlgangs geben. Es warjetzt 17.50 Uhr. Das konnte nur der erste Wahlgang sein. Unmöglich schwarz.
É nero" sagten die Kollegen vomitalienischen Fernsehen, die sich hinter RTL aufgebaut hatten. Antonia Radoswar nun auch auf ihrer Position.
Herr Kulle, wir gehen drauf!",hörte ich aus Bonn. Die Diskussionsrunde wurde unterbrochen, und der Moderatorfragte mich, ob es Rauch gebe.
Ja, wir haben eine Fumata. Wirhaben Rauch. Aber wir wissen nicht, ob er schwarz oder weiß ist."
Für die Menschen auf demPetersplatz waren es quälend lange Minuten. Ist der Rauch über der SixtinischenKapelle nun schwarz oder weiß? Erst nach etwa 15 Minuten begannen diegewaltigen Glocken des Petersdoms zu läuten und gaben die endgültigeGewissheit: Das Konklave ist beendet! Wir haben einen neuen Papst! Die Menschensprangen auf und riefen: Viva il papa" - Es lebe der Papst! Ein riesigerApplaus brandete auf, sie klatschten nicht nur, sie schrieen auch ihre Freudeheraus. Es klang wie der Torjubel in einem Fußballstadion.
Ich hatte wieder abgegeben an dieStudiorunde. Eine SMS von Stefano: Schwarz oder weiß". Ich schrieb zurück: Weiß".
Auf den Tiberbrücken konnten wirplötzlich Menschen rennen sehen. Es wurden immer mehr. Alle liefen, so schnellsie konnten, in Richtung St. Peter. Hinter unserer Tribüne stürzten die Leuteüber die Straße, ohne zu beachten, dass da Autos standen, die nichtweiterkamen.
Ich wurde von Bonn wiederangesprochen und berichtete, was wir hier sahen. Immer mehr Menschen strömtenauf den Platz, und die Glocken läuteten mehr als zwanzig Minuten lang weiter. Vonhier aus wirkte der Petersplatz jetzt schon voll. Aber es kamen noch mehrMenschen. Ich hätte in diesem Moment gern aus der Satellitenperspektive auf dieStadt heruntergesehen. Ich bin mir sicher, man hätte von dort oben dasAdergeflecht der Straßen gesehen, in dem die Menschen pulsierten.
Wir hatten tatsächlich einen neuenPapst. Das war kaum zu glauben. Wer wird es wohl sein? Wer wird der 265.Pontifex Maximus?
Die Kameras zeigten nun nicht mehrden Schornstein der Sixtinischen Kapelle, sondern die Loggia der Basilika. Dasollte in Kürze der Kardinalprotodiakon Jorge Medina Estévez den Namen des neuen Papstes verkünden. Das HabemusPapam" war auch schon längst überfällig. Die Liturgieabteilung des Heiligen Stuhlshatte eine Richtzeit von 30 Minuten genannt, die vom Aufsteigen des weißenRauches bis zur Namensverkündung verstreichen würde. Jetzt warteten wir schonetwa eine dreiviertel Stunde.
Um 18 Uhr 38 vibrierte mein Handy.Eine Kurzmitteilung: Qatzinger".
Ich sah noch mal drauf. WAS?
Ja, da stand es. Den Absenderkannte ich. Da stand: Qatzinger", mit Q".
Oh Gott, was für ein Wahnsinn.Joseph Ratzinger ist Papst!
Ich nahm das Mikrofon ganz dichtan den Mund, sodass der orangefarbene Windschutz fast meine Lippen berührte. Ich habe den Namen! Ich habe den Namen!", rief ich nach Bonn durch. Dannversuchte ich mit dem Handy meine ZDF-Kollegen zu erreichen. Da ging nichtsmehr. Kein Netz. Ich drückte auf Wahlwiederholung und ließ das Mobiltelefonarbeiten.
Über die Telefonrückleitung hörteich die Chefin vom Dienst diskutieren mit ihren Kollegen diskutieren. Dannfragte sie mich, ob ich mir sicher sei, dass die Quelle verlässlich sei.
Ja!"
Okay, wir gehen auf Sie!" ( )
Wir zeigten die Bilder dernächsten Minuten, mit denen nur wenige gerechnet hatten: Papst Benedikt XVI.sprang fast auf die Brüstung der Loggia zu. Er riss beide Arme nach oben undwinkte den Menschen, die zum Petersplatz gekommen waren, um ihren neuenPontifex zu begrüßen. Er strahlte und lachte, er winkte und hüpfte fast dabei.Immer wieder nahm er die Hände über dem Kopf zusammen als Zeichen derDankbarkeit. Er wirkte nicht wie ein Mann von 78 Jahren. Er wirkte wie einkleiner Junge, der sich vor Freude nicht mehr halten kann. Ich erkannte ihnkaum wieder. Die Müdigkeit der letzen Tage schienen wie weggeblasen. Auf derLoggia stand der neue Papst, wie neugeboren.
Die Menschen auf dem Petersplatzkonnten sich jetzt nicht mehr halten. Minutenlanger Beifall, sie riefen: Benedetto!", Benedikt!", Viva il Papa!"
© Kiepenheuer & Witsch Verlag
- Autor: Stephan Kulle
- 2005, 2. Aufl., 256 Seiten, mit Abbildungen, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462036483
- ISBN-13: 9783462036480
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