Heute bin ich blond
Das Mädchen mit den neun Perücken
Sophie ist 21, als man bei ihr Krebs feststellt. Sie kauft sich neun verschiedene Perücken, schlüpft in immer neue Rollen.
Eine andere Frisur, ein anderer Mensch? Als man bei Sophie van der Stap mit einundzwanzig Jahren Krebs diagnostiziert,...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Heute bin ich blond “
Sophie ist 21, als man bei ihr Krebs feststellt. Sie kauft sich neun verschiedene Perücken, schlüpft in immer neue Rollen.
Eine andere Frisur, ein anderer Mensch? Als man bei Sophie van der Stap mit einundzwanzig Jahren Krebs diagnostiziert, möchte sie sich am liebsten verwandeln.
Wie Sophie mit ihrer Krankheit fertig wird, ist einzigartig: Nie zuvor hat jemand den Kampf gegen den Krebs derart freimütig, aber auch mit so viel Lebendigkeit beschrieben. Besser kann man die eigene Verletzlichkeit nicht zeigen. Unheilbar krank und trotzdem das Leben genießen? Witze machen? Flirten? Shoppen?
Für Sophie van der Stap ist die Antwort klar: "Ich will zeigen, dass ein Leben mit Krebs möglich ist, dass ich nach wie vor lachen und Dinge genießen kann, zum Beispiel mich aufbrezeln, ausgehen. Dass es sogar unheimlich Spaß machen kann, Perücken zu tragen."
Sophie genießt es, eine Frau zu sein. Eine Frau mit vielen Gesichtern, die intensiv fühlt, intensiv lebt und die einen neuen besten Freund gefunden hat - sich selbst: "Neun Perücken, neun Namen, neunmal so viele Freundinnen und Verehrer, neun Personen, und hinterjeder versteckt sich ein anderes Stück Sophie." Und sie lernt, dass nicht nur diese neun verschiedenen Persönlichkeiten alle Teil ihres Lebens sind, sondern auch der Krebs.
Klappentext zu „Heute bin ich blond “
Eine andere Frisur, ein anderer Mensch? Als man bei Sophie van der Stap mit einundzwanzig Jahren Krebs diagnostiziert, möchte sie sich am liebsten verwandeln. Wie Sophie mit ihrer Krankheit fertig wird, ist einzigartig: Nie zuvor hat jemand den Kampf gegen den Krebs derart freimütig, aber auch mit so viel Lebendigkeit beschrieben. Besser kann man die eigene Verletzlichkeit nicht zeigen. Unheilbar krank und trotzdem das Leben genießen? Witze machen? Flirten? Shoppen? Für Sophie van der Stap ist die Antwort klar: »Ich will zeigen, dass ein Leben mit Krebs möglich ist, dass ich nach wie vor lachen und Dinge genießen kann, zum Beispiel mich aufbrezeln, ausgehen. Dass es sogar unheimlich Spaß machen kann, Perücken zu tragen.« Sophie genießt es, eine Frau zu sein. Eine Frau mit vielen Gesichtern, die intensiv fühlt, intensiv lebt und die einen neuen besten Freund gefunden hat - sich selbst: »Neun Perücken, neun Namen, neunmal so viele Freundinnen und Verehrer, neun Personen, und hinterjeder versteckt sich ein anderes Stück Sophie.« Und sie lernt, dass nicht nur diese neun verschiedenen Persönlichkeiten alle Teil ihres Lebens sind, sondern auch der Krebs.
Eine andere Frisur, ein anderer Mensch? Als man bei Sophie van der Stap mit einundzwanzig Jahren Krebs diagnostiziert, möchte sie sich am liebsten verwandeln. Wie Sophie mit ihrer Krankheit fertig wird, ist einzigartig: Nie zuvor hat jemand den Kampf gegen den Krebs derart freimütig, aber auch mit so viel Lebendigkeit beschrieben. Besser kann man die eigene Verletzlichkeit nicht zeigen.
Unheilbar krank und trotzdem das Leben genießen? Witze machen? Flirten? Shoppen? Für Sophie van der Stap ist die Antwort klar: "Ich will zeigen, dass ein Leben mit Krebs möglich ist, dass ich nach wie vor lachen und Dinge genießen kann, zum Beispiel mich aufbrezeln, ausgehen. Dass es sogar unheimlich Spaß machen kann, Perücken zu tragen."
Sophie genießt es, eine Frau zu sein. Eine Frau mit vielen Gesichtern, die intensiv fühlt, intensiv lebt und die einen neuen besten Freund gefunden hat - sich selbst: "Neun Perücken, neun Namen, neunmal so viele Freundinnen und Verehrer, neun Personen, und hinter jeder versteckt sich ein anderes Stück Sophie." Und sie lernt, dass nicht nur diese neun verschiedenen Persönlichkeiten alle Teil ihres Lebens sind, sondern auch der Krebs.
Unheilbar krank und trotzdem das Leben genießen? Witze machen? Flirten? Shoppen? Für Sophie van der Stap ist die Antwort klar: "Ich will zeigen, dass ein Leben mit Krebs möglich ist, dass ich nach wie vor lachen und Dinge genießen kann, zum Beispiel mich aufbrezeln, ausgehen. Dass es sogar unheimlich Spaß machen kann, Perücken zu tragen."
Sophie genießt es, eine Frau zu sein. Eine Frau mit vielen Gesichtern, die intensiv fühlt, intensiv lebt und die einen neuen besten Freund gefunden hat - sich selbst: "Neun Perücken, neun Namen, neunmal so viele Freundinnen und Verehrer, neun Personen, und hinter jeder versteckt sich ein anderes Stück Sophie." Und sie lernt, dass nicht nur diese neun verschiedenen Persönlichkeiten alle Teil ihres Lebens sind, sondern auch der Krebs.
Lese-Probe zu „Heute bin ich blond “
Heute bin ich blond von Sophie van der Stap LESEPROBE Donnerstag, 17. Februar 2005»Sorry«, sage ich, als ich die Haare hinter mir auf dem Parkett sehe. »Das geht auf einmal so schnell.«
Die Frau sieht mich im Spiegel an. Ich habe Fotos von mir mitgebracht, um ihr zu zeigen, wie ich die Haare am liebsten trage.
Es sind die Fotos, die Martin vor drei Wochen gemacht hat, als ich noch meine eigenen Haare hatte. Seit meine Haarzellen den Kampf gegen die Chemo verlieren, sehe ich dem Mädchen auf den Bildern immer weniger ähnlich. Sie liegen auf dem Tisch, zwischen einem Perückenprospekt und einem gelbblonden Haarschopf, den die Frau mir eben gebracht hat. Vielleicht etwas in der Art? Ganz bestimmt nicht. Alle diese Frisuren machen mich zu einem Transvestiten, und als die Frau zu einer Perücke aus langen, dunklen Haaren greift, muss ich an den Gitarristen von Guns N' Roses denken, nur dass die Mähne auf meinem eigenen Kopf sitzt. Grauenhaft.
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Der Perückenladen liegt in der Eingangshalle des AMC, des Akademisch Medisch Centrum in Amsterdam; im ersten Stock ist eine Kabine zum Anprobieren. Schön bequem für die Onkologiepatienten, die können nach der Infusion direkt dorthin. Neben mir sitzen meine Mutter, meine Schwester und Annabel, meine beste Freundin. Wir fühlen uns unbehaglich und sind alle ziemlich still, doch dann probiert Annabel eine der Perücken auf, und die Spannung löst sich. Sie sieht unmöglich aus. Wir müssen laut lachen.
Ich betrachte meine Schwester mit ihrer dunklen Hochfrisur. Toll sieht sie aus. Wie ich trägt sie ihr Haar am liebsten hinten hochgesteckt, mit einer leichten Welle vorn. Ich betrachte Annabels dichte schwarze Haare und dann wieder das glänzende Haar meiner Schwester, die Kurzhaarfrisur meiner Mutter und schließlich die Büschel, die bei mir noch übrig sind. Die letzten drei Wochen ziehen im Schnelldurchlauf an mir vorüber, und ich begreife immer noch nicht, was ich hier soll. Was ich hier soll.
Ich will weg, mich verstecken in der Geborgenheit meiner vier Wände. Nicht nur vor meiner Krankheit, sondern auch vor den Reaktionen der anderen, die nur bestätigen, was ich vergessen will. Nachbarn, die mich mitleidig ansehen. Gemüsehändler, die mir eine Extratüte Vitamine in den Einkaufskorb packen. Freunde, die mich fest in den Arm nehmen. Meine Familie, die mit mir weint. Mit nassen Augen schaue ich in den Spiegel und lasse die Frau mit meinen neuen Haaren spielen. Von meinen vollen Lippen ist nur noch ein bestürzter Strich übrig, quer durch mein Gesicht. Je länger die Frau an meinen Haaren herumzupft, desto dünner wird der Strich und desto verzweifelter werde ich. Ich sehe einfach unmöglich aus. Soeben bin ich mir im Spiegel abhandengekommen.
Endlich verlasse ich die Kabine, mit einem Muttchenkopf, der nicht meiner ist. Es sieht potthässlich aus, und es juckt. Das ist keine Sophie mehr, nicht mal annähernd, das ist eine steife, langweilige alte Jungfer aus einem steifen, langweiligen Ort wie Wassenaar.
Die Frau redet mir aufmunternd zu. Wir stehen im Aufzug und fahren hinunter, weg von der Kabine, zurück in die Eingangshalle.
»Du musst dich erst damit anfreunden. Das geht nicht von heute auf morgen. Spiel ein bisschen damit, probier es aus, und in zwei Wochen bist das ganz du.«
Jaja. Ganz ich. Ich - eine steife alte Jungfer? Ich - eine Stella?
Ich drehe mich nach meiner Mutter um und sehe, dass auch sie feuchte Augen hat.
Die Verkäuferin ist schon zwanzig Jahre im Geschäft, sagt sie, eine der wenigen, die mit den hippen Frisuren aus Japan und China arbeitet. »Von da kommen die hübschen, modernen Frisuren. Genau das Richtige ihr junge Mädchen wie dich.«
Im Aufzug schaue ich noch einmal in den Spiegel, suche das Hippe, Junge, kann es aber nirgends entdecken. Ich sehe nur eine graue Maus mit einer Perücke auf dem Kopf
Ich ging schon den zweiten Monat in der Klinik ein und aus, als ich in der Ambulanz von Doktor K. landete. An einen Donnerstag, Anfang Januar. Es war ein Tag wie jeder andere, denn ich wusste noch nicht, dass ich eine ganze Tumorfamilie in der Lunge sitzen hatte. Genauer gesagt, an der Haut, die meine Lunge umhüllt, auch Lungenfell oder Pleura genannt. Nach mehreren Terminen bei verschiedenen Ärzten und zwei Besuchen in der Notaufnahme, wartete ich nun in einer neuen Ambulanz. Auf einen neuen Arzt, neue Schwestern, eine neue Krankenakte.
Und da kam er, der x-te Weißkittel, der mich kurz untersuchen und mir später sein Beileid zu meiner schlimmen Prognose aussprechen sollte. Er trat an die Anmeldung seiner Ambulanz und öffnete meine Krankenakte, rief »Frau van der Stap«, blickte in den Raum und sah mich dann ruhig an. Eine ganz Junge, muss er gedacht haben. Und schon war es uni mich geschehen: ein schöner Kopf, ein weißer Kittel und knapp über vierzig. Alles in allem durfte ich eine ganze Woche auf seiner Station logieren, aber der erste Blick hat schon genügt.
Frisch belebt durch meinen neuen Arzt schlenderte ich in sein weißes Zimmer. Thank God A a man's world. Das Krankenhaus erwies sich als der ideale Ort, um meine sexuelle Einsamkeit zu vergessen. Dass auch dieser Weißkittel sehr angenehm war, wunderte mich nach all den Kitteln vorher überhaupt nicht. Ich lief nun schon zwei Monate mit schöner Regelmäßigkeit im Onze Lieve Vrouwe Gasthuis herum, von Ambulanz zu Ambulanz. Von oben nach unten, von vorn nach hinten. Hin und her. Acht Praktikanten, zwei Gynäkologen, ein Lungenarzt und drei Antibiotikabehandlungen, ohne Erfolg.
Meine Beschwerden waren noch genauso diffus wie am ersten Tag: ein komisches Stechen da und dort, eine verschleimte Lunge und ein paar Kilo weniger. Dazu ein extrem blasses Gesicht. Während meine Daten zum siebenhundertachtundsechzigstenmal erfasst wurden - eine zentrale EDV haben sie noch nicht in diesen Fabriken, in denen die größten Apparate die größten Wunder vollbringen -, sah ich mir meinen Arzt genauer an. Auf seinem Namensschild stand: DR. K., LUNGENHEILKUNDE. Auf Anfang vierzig schätzte ich ihn. Charmant, gutaussehend, gescheit: ein Schürzenjäger oder glücklich verheiratet? Oder vielleicht beides? Das googeln wir mal nach, dachte ich. Ein weißer Kittel verbirgt vieles, die Schuhe aber nicht. Schuhe mit Lochmuster, schwarzes Leder. Nicht schlecht, nicht gut - in seinem Alter eher gut als schlecht, lautete mein Urteil. Um den Hals ein Stethoskop.
Ich musste auf seiner Werkbank Platz nehmen und mein T-Shirt hochziehen; den schwarzen BH, den ich darunter trug, durfte ich anbehalten. Er setzte mir das kalte Stethoskop erst an die Brust, dann an den fröstelnden Rücken.Er horchte, ich seufzte.Ich seufzte, er horchte.Ich horchte, er seufzte.
Da stimme etwas nicht, meinte er. Richtig Angst machten mir diese zweifelnden Worte nicht. Ich war eher erleichtert, denn dass mit meinem Körper etwas nicht stimmte, hatte ich mir schon gedacht. Müdigkeit, Atembeschwerden, bleiche Wangen, das alles war neu. Die Lösung des Problems in der Tablettenpackung finden, dann weitermachen wie bisher - das war's, was ich wollte.
Ich wurde weggeschickt, durfte aber noch nicht nach Hause: erst zum Röntgen in die Radiologie im ersten Stock, dann noch mal wiederkommen. Mit meiner neuen Krankenakte unterm Arm zog ich brav ab. Noch war das Krankenhaus ein Abenteuer voller schöner, fürsorglicher und etwas autoritärer Männer. Wohin jetzt?
Zurück zu Doktor K., mit den Aufnahmen von meiner Lunge. Wieder nahm ich auf seiner Werkbank Platz. Diesmal in einem seiner Behandlungszimmer in einem Nebengebäude. ENDOSKOPIE UND LUNGENFUNKTIONSUNTERSUCHUNG lauteten die Wörter, die hier über meinem Kopf hingen.
»Die Bilder sehen nicht gut aus«, sagte Doktor K. »Da ist Flüssigkeit in deiner rechten Lunge, und die muss raus.« »Raus?« (…)
© Droemer Knaur Verlag Übersetzung: Barbara Heller
Ich betrachte meine Schwester mit ihrer dunklen Hochfrisur. Toll sieht sie aus. Wie ich trägt sie ihr Haar am liebsten hinten hochgesteckt, mit einer leichten Welle vorn. Ich betrachte Annabels dichte schwarze Haare und dann wieder das glänzende Haar meiner Schwester, die Kurzhaarfrisur meiner Mutter und schließlich die Büschel, die bei mir noch übrig sind. Die letzten drei Wochen ziehen im Schnelldurchlauf an mir vorüber, und ich begreife immer noch nicht, was ich hier soll. Was ich hier soll.
Ich will weg, mich verstecken in der Geborgenheit meiner vier Wände. Nicht nur vor meiner Krankheit, sondern auch vor den Reaktionen der anderen, die nur bestätigen, was ich vergessen will. Nachbarn, die mich mitleidig ansehen. Gemüsehändler, die mir eine Extratüte Vitamine in den Einkaufskorb packen. Freunde, die mich fest in den Arm nehmen. Meine Familie, die mit mir weint. Mit nassen Augen schaue ich in den Spiegel und lasse die Frau mit meinen neuen Haaren spielen. Von meinen vollen Lippen ist nur noch ein bestürzter Strich übrig, quer durch mein Gesicht. Je länger die Frau an meinen Haaren herumzupft, desto dünner wird der Strich und desto verzweifelter werde ich. Ich sehe einfach unmöglich aus. Soeben bin ich mir im Spiegel abhandengekommen.
Endlich verlasse ich die Kabine, mit einem Muttchenkopf, der nicht meiner ist. Es sieht potthässlich aus, und es juckt. Das ist keine Sophie mehr, nicht mal annähernd, das ist eine steife, langweilige alte Jungfer aus einem steifen, langweiligen Ort wie Wassenaar.
Die Frau redet mir aufmunternd zu. Wir stehen im Aufzug und fahren hinunter, weg von der Kabine, zurück in die Eingangshalle.
»Du musst dich erst damit anfreunden. Das geht nicht von heute auf morgen. Spiel ein bisschen damit, probier es aus, und in zwei Wochen bist das ganz du.«
Jaja. Ganz ich. Ich - eine steife alte Jungfer? Ich - eine Stella?
Ich drehe mich nach meiner Mutter um und sehe, dass auch sie feuchte Augen hat.
Die Verkäuferin ist schon zwanzig Jahre im Geschäft, sagt sie, eine der wenigen, die mit den hippen Frisuren aus Japan und China arbeitet. »Von da kommen die hübschen, modernen Frisuren. Genau das Richtige ihr junge Mädchen wie dich.«
Im Aufzug schaue ich noch einmal in den Spiegel, suche das Hippe, Junge, kann es aber nirgends entdecken. Ich sehe nur eine graue Maus mit einer Perücke auf dem Kopf
Ich ging schon den zweiten Monat in der Klinik ein und aus, als ich in der Ambulanz von Doktor K. landete. An einen Donnerstag, Anfang Januar. Es war ein Tag wie jeder andere, denn ich wusste noch nicht, dass ich eine ganze Tumorfamilie in der Lunge sitzen hatte. Genauer gesagt, an der Haut, die meine Lunge umhüllt, auch Lungenfell oder Pleura genannt. Nach mehreren Terminen bei verschiedenen Ärzten und zwei Besuchen in der Notaufnahme, wartete ich nun in einer neuen Ambulanz. Auf einen neuen Arzt, neue Schwestern, eine neue Krankenakte.
Und da kam er, der x-te Weißkittel, der mich kurz untersuchen und mir später sein Beileid zu meiner schlimmen Prognose aussprechen sollte. Er trat an die Anmeldung seiner Ambulanz und öffnete meine Krankenakte, rief »Frau van der Stap«, blickte in den Raum und sah mich dann ruhig an. Eine ganz Junge, muss er gedacht haben. Und schon war es uni mich geschehen: ein schöner Kopf, ein weißer Kittel und knapp über vierzig. Alles in allem durfte ich eine ganze Woche auf seiner Station logieren, aber der erste Blick hat schon genügt.
Frisch belebt durch meinen neuen Arzt schlenderte ich in sein weißes Zimmer. Thank God A a man's world. Das Krankenhaus erwies sich als der ideale Ort, um meine sexuelle Einsamkeit zu vergessen. Dass auch dieser Weißkittel sehr angenehm war, wunderte mich nach all den Kitteln vorher überhaupt nicht. Ich lief nun schon zwei Monate mit schöner Regelmäßigkeit im Onze Lieve Vrouwe Gasthuis herum, von Ambulanz zu Ambulanz. Von oben nach unten, von vorn nach hinten. Hin und her. Acht Praktikanten, zwei Gynäkologen, ein Lungenarzt und drei Antibiotikabehandlungen, ohne Erfolg.
Meine Beschwerden waren noch genauso diffus wie am ersten Tag: ein komisches Stechen da und dort, eine verschleimte Lunge und ein paar Kilo weniger. Dazu ein extrem blasses Gesicht. Während meine Daten zum siebenhundertachtundsechzigstenmal erfasst wurden - eine zentrale EDV haben sie noch nicht in diesen Fabriken, in denen die größten Apparate die größten Wunder vollbringen -, sah ich mir meinen Arzt genauer an. Auf seinem Namensschild stand: DR. K., LUNGENHEILKUNDE. Auf Anfang vierzig schätzte ich ihn. Charmant, gutaussehend, gescheit: ein Schürzenjäger oder glücklich verheiratet? Oder vielleicht beides? Das googeln wir mal nach, dachte ich. Ein weißer Kittel verbirgt vieles, die Schuhe aber nicht. Schuhe mit Lochmuster, schwarzes Leder. Nicht schlecht, nicht gut - in seinem Alter eher gut als schlecht, lautete mein Urteil. Um den Hals ein Stethoskop.
Ich musste auf seiner Werkbank Platz nehmen und mein T-Shirt hochziehen; den schwarzen BH, den ich darunter trug, durfte ich anbehalten. Er setzte mir das kalte Stethoskop erst an die Brust, dann an den fröstelnden Rücken.Er horchte, ich seufzte.Ich seufzte, er horchte.Ich horchte, er seufzte.
Da stimme etwas nicht, meinte er. Richtig Angst machten mir diese zweifelnden Worte nicht. Ich war eher erleichtert, denn dass mit meinem Körper etwas nicht stimmte, hatte ich mir schon gedacht. Müdigkeit, Atembeschwerden, bleiche Wangen, das alles war neu. Die Lösung des Problems in der Tablettenpackung finden, dann weitermachen wie bisher - das war's, was ich wollte.
Ich wurde weggeschickt, durfte aber noch nicht nach Hause: erst zum Röntgen in die Radiologie im ersten Stock, dann noch mal wiederkommen. Mit meiner neuen Krankenakte unterm Arm zog ich brav ab. Noch war das Krankenhaus ein Abenteuer voller schöner, fürsorglicher und etwas autoritärer Männer. Wohin jetzt?
Zurück zu Doktor K., mit den Aufnahmen von meiner Lunge. Wieder nahm ich auf seiner Werkbank Platz. Diesmal in einem seiner Behandlungszimmer in einem Nebengebäude. ENDOSKOPIE UND LUNGENFUNKTIONSUNTERSUCHUNG lauteten die Wörter, die hier über meinem Kopf hingen.
»Die Bilder sehen nicht gut aus«, sagte Doktor K. »Da ist Flüssigkeit in deiner rechten Lunge, und die muss raus.« »Raus?« (…)
© Droemer Knaur Verlag Übersetzung: Barbara Heller
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Autoren-Porträt von Sophie Van Der Stap
Sophie van der Stap, geboren am 11. Juni 1983 in Amsterdam, studierte Politologie, als bei ihr Anfang 2005 Krebs diagnostiziert wurde. Ihre Erfahrungen mit der Krankheit hat sie in ihrem Bestseller "Heute bin ich blond" verarbeitet. Ihr zweites Buch "Morgen bin ich wieder da" wurde in den Niederlanden von Presse und Lesern gleichermaßen gefeiert.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sophie Van Der Stap
- 2008, 239 Seiten, Maße: 12,4 x 20,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Aus d. Niederländ. v. Barbara Heller
- Übersetzer: Barbara Heller
- Verlag: DROEMER KNAUR
- ISBN-10: 3426274434
- ISBN-13: 9783426274439
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