Im Jahr des Elefanten
Dort taucht eines Tages Coop auf, der ihr anbietet, die Leitung eines Krankenhauses für Flüchtlinge an der Landesgrenze zu übernehmen....
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Dort taucht eines Tages Coop auf, der ihr anbietet, die Leitung eines Krankenhauses für Flüchtlinge an der Landesgrenze zu übernehmen.
Courtney verliebt sich Hals über Kopf in den verheirateten Coop und lässt sich auf das Abenteuer ihres Lebens ein.
Mit großen Frauensagas hat sich Barbara Bickmore ein treues Publikum auf der ganzen Welt erobert.
Im Jahr des Elefanten von Barbara Bickmore
LESEPROBE
13
Der kleineElefant bebte auf dem ganzen Rückweg ins Flüchtlingslager, wo Courtney - andersals in ihrer alten Klinik - nicht zu Hause war. Ihr fehlte das Gefühl des Verwurzeltseins, und sie vermutete, dass Frauen wahrscheinlicheinen natürlichen Nestbauinstinkt hatten.
»Halten Siedurch«, rief Josh, »gleich landen wir.«
Gott seiDank. Courtney hatte während des gesamten Flugs gekniet und die Arme um dasElefantenbaby gelegt, das sie aus traurigen Augen betrachtete. Sie fragte sich,wie sie sich so rasch in den Kleinen hatte verlieben können. Ob es wohl daranlag, dass er völlig hilflos war?
Joshlandete auf der Piste, und der Motor des Helikopters verstummte. Sichtlichverdattert blickte der kleine Elefant sich um. Offenbar vermisste er den Lärm,das Surren und das Brummen.
Josh standauf und ging in den Frachtraum. »Wir haben ihn zwar in die Maschine gehievt,aber wie sollen wir ihn wieder rauskriegen?«, fragte er grinsend. »Wenn wir ihneinfach schubsen, fällt er uns auf die Nase.«
Courtneyhatte keine Antwort darauf.
»Geht esnoch ein bisschen?«, erkundigte er sich.
»Klar.«
»Mein Jeepsteht da drüben.« Er wies mit dem Kopf darauf. »Am besten fahre ich los undhole Ihren Vater und noch ein paar Männer. Dann schaffen wir es vielleicht, denKleinen durch bloße Muskelkraft aus der Maschine zu heben.«
»GuteIdee.« Courtney erhob sich und streckte die steifen Knie. »Hoffentlich istIhnen schon eingefallen, womit wir den kleinen Kerl füttern sollen.«
Joshbetrachtete sie und kratzte sich am Kopf. »Ich habe ein paar Bücher zu demThema, die uns weiterhelfen könnten. Aber zuerst müssen wir ihn hier rausholen.Dann braucht er dringend Wasser. Ich laufe rasch nach Hause, besorge Nährlösungund sehe nach, was wir sonst noch benötigen. Okay?«
»Okay.« AlsJosh die Tür öffnete, sagte Courtney: »Ich muss zugeben, dass es ein sehrinteressanter Ausflug war.«
Joshkletterte hinaus. »Ja, da stimme ich Ihnen zu. Abenteuerlich, aufwühlend,spannend, und was sonst noch alles so dazugehört.«
Sielächelte ihm zu und wusste, dass er sie für übergeschnappt hielt, weil siedarauf bestanden hatte, den Elefanten mitzunehmen und zu retten, ohne zuwissen, ob sie ihn überhaupt durchbringen würden. Allerdings war ihr klar, dassauch er es nicht übers Herz gebracht hätte, das Tier allein in der Wildnis demsicheren Tod zu überlassen.
»Bitten SieMara, mitzukommen und Ihnen zu helfen. Sie hat eineSchwäche für Elefanten und wird wegen eines Elefantenbabys ganz aus demHäuschen sein.«
Kaum warJosh verschwunden, als der Elefant beschloss, dass es nun ungefährlich sei,sich hinzulegen. Der Helikopter erbebte, und Courtney hoffte, dass das Tiersich nicht mehr von der Stelle rühren würde, bis Hilfe kam. Der Elefant schlossdie Augen, sie setzte sich und lehnte den Rücken an ihn. Mit dem ruhigen Lebenwar es nun endgültig vorbei, aber dafür würde ihr sicher nie wieder langweiligwerden.
Courtneymachte die Augen zu und erinnerte sich an die letzten zehn Jahre. Sie vermissteihre Großmutter immer noch, denn sie war einer der interessantesten Menschengewesen, die Courtney je gekannt hatte. Als sie sich gerade das Gesicht ihrerGroßmutter ins Gedächtnis rief, hörte sie MarasStimme: »Ach du meine Güte, schaut euch das an!«
Courtneyfuhr hoch. »Oh«, murmelte sie und rieb sich die Augen. »Ich muss eingeschlafensein.«
In deroffenen Tür standen Mara, ihr Vater und drei im Lagerangeworbene Eingeborene. Dahinter parkte Andrews Landrover.
»DasSchönste daran, dein Vater zu sein, ist, nie zu wissen, was du als Nächstesausheckst«, sagte Andrew.
»Es warkeine Absicht«, erwiderte sie grinsend.
Marakletterte in die Maschine. »Ist der süß! Einen so jungen Elefanten habe ichnoch nie gesehen. Ach, bist du niedlich.«
Andrewlachte. »Wenn er ein Hund wäre, würde er jetzt mit dem Schwanz wedeln. Schaunur, wie er sich über dein Liebesgeflüster freut.«
DasElefantenbaby hatte wohlig die Augen aufgerissen. Maraschlang ihm die Arme um den Hals.
»Offenbarhaben wir uns richtig entschieden«, sagte Josh.
»Haben Sieje daran gezweifelt?«
»Währenddes gesamten Flugs.«
»Wiekriegen wir ihn hier raus?«, fragte Mara.
»Ichschlage vor, wir machen es wie Sargträger«, erwiderte Andrew. »Wir stellen unsin zwei Reihen auf, heben ihn hoch und lassen ihn langsam runter.«
Gesagt,getan. Es funktionierte so reibungslos, als ob sie es geübt hätten. Andrewhatte ein Seil mitgebracht. Das eine Ende band er locker um den Hals des Tiers,das andere befestigte er am Heck seines Landrovers.
WährendAndrew in Schrittgeschwindigkeit fuhr, gingen Courtney und Marazu Fuß neben dem Elefanten her. »Andrew«, rief Mara,»du musst etwas für uns bauen.«
Er nickte,drehte sich um und ließ den Wagen langsam weiterrollen. »Sucht euch einen Platzaus, dann fange ich noch heute Abend an.«
»Das istauch nötig«, meinte Courtney, sonst ist unser Elefantenbaby nämlich morgenverschwunden.«
»Morgenzimmern wir einen richtigen Pferch. Wenigstens wird einem das Leben mit dir nielangweilig.«
»Das liegtnicht an mir«, entgegnete Courtney, sondern an Afrika. Eintönigkeit gibt eshier nicht.«
»Bist dunicht froh, dass wir hier sind?«, sagte Mara grinsendund tätschelte den Elefanten, der ruhig zwischen den beiden Frauen herging.
»Ichvermisse die Ruhe«, erwiderte Courtney.
»Ich nicht.Ich liebe die Aufregung, auch wenn ich deshalb nie genug Schlaf bekomme.«
»Undaußerdem«, fügte Andrew hinzu, »bin ich ja auch noch da. Wegen der Klinik hätteich mich nie zur Ruhe gesetzt. Dort habt ihr mich nicht gebraucht.«
»Wir sindfroh, dass wir dich haben«, rief Mara ihm zu. »Sonstwäre alles nur halb so schön.« Erschrocken über ihre eigene Kühnheit, zucktesie zusammen.
Courtneystarrte ihre Freundin an. Dann betrachtete sie ihren Vater und stellte fest,dass sein Nacken sich langsam scharlachrot verfärbte. Ach du meine Güte, dachtesie, das kann ja noch heiter werden.
Einelfjähriger Junge namens George wurde der Pfleger und Begleiter des Elefanten.
Maranannte das Elefantenbaby Sabu, nach einem Film, densie als kleines Mädchen gesehen hatte.
George gehörtezu den Waisenkindern, die vor einem Monat von einer Gruppe von Männern im Stichgelassen worden waren. Die Männer waren nur zwei Nächte geblieben und am Morgendes dritten Tages in aller Früh aufgebrochen.
George warallein zurückgeblieben. Im Lager gab es dutzende von Waisen, die herumzogen undum Lebensmittelreste bettelten. Sie waren halb verhungert, ihre Bäuche vorUnterernährung aufgequollen.
Courtneyund Mara hatten nicht genug zu essen für die vielenverlassenen Kinder. Die Köchin verteilte zwar Reisbrei an die Waisen, aber esreichte nur für eine Portion am Tag.
»DasProblem mit uns Katholiken ist«, jammerte Mara, »dasswir so leicht ein schlechtes Gewissen kriegen.« Wenn sie an die hungerndenKinder dachte, die hinter ihrem Haus lagerten, bekam sie kaum ihr Abendessenherunter.
Am erstenAbend bastelte Andrew einen provisorischen Pferch für Sabu.Doch Josh warnte sie, dass man den Kleinen nicht allein lassen dürfe.»Elefanten unterscheiden sich von anderen Säugetieren. Sie sind so sensibel, dassdie ganze Familie ein Jungtier tröstet, wenn es bedrückt wirkt.«
Mara undCourtney hörten aufmerksam zu.
»Sietrauern, wenn ein Baby tot geboren wird oder wenn ein Familienmitglied stirbt.Elefanten können vor Einsamkeit eingehen. Heute Nacht muss jemand bei Sabu bleiben und ihm Gesellschaft leisten. Ich übernehmedas«, bot Josh an.
»Danke«,sagte Andrew. »Und ich sorge dafür, dass ein paar Männer morgen einen richtigenPferch bauen.«
Als Josh amMorgen aufwachte, sah er einen mageren dunkelhäutigen Jungen, der dalag und denKopf an Sabus runzlige Haut schmiegte. Nachdem er denJungen eine Weile beobachtet hatte, kroch er langsam aus seinem Schlafsack undzog die Schuhe an. Während er auf Zehenspitzen zu dem kleinen Jungen hinüberschlich, stellte er fest, dass dieser nur einLendentuch trug. Josh kauerte sich neben ihn.
Der Jungefuhr erschrocken hoch, doch bei Joshs Anblick breitete sich ein Grinsen aufseinem Gesicht aus.
»Ich heißeGeorge«, stellte er sich vor.
Joshnickte. Allerdings vermutete er, dass das nicht der Geburtsname des Jungen war.Auf Portugiesisch fand er heraus, dass George keine Eltern mehr hatte,Elefanten liebte und sich mit diesem hier anfreunden wollte. »Ich bin ganzallein«, erklärte George. »Ich brauche einen Freund.« Josh hatte den Verdacht,dass er in Wirklichkeit etwas zu essen brauchte.
Er nahm ihnmit ins Esszimmer, wo Mara und Andrew schon ihren Teetranken.
Eine Handauf Georges Schulter gelegt, machte Josh sie mit dem Jungen bekannt. »Das istGeorge. Er will sich um Sabu kümmern.« Er zwinkerteden anderen zu. »Aber ich glaube, zuerst muss er frühstücken.«
Und sowurde George zum Familienmitglied. Er lebte in dem Pferch, den Andrew gemeinsammit vier kräftigen Stammesmitgliedern baute. Wenn er Hilfe brauchte, fandensich stets Freiwillige, denn jede Art von Arbeit war willkommen, um dieEintönigkeit der Tage zu bekämpfen. Ansonsten saßen die Leute nur herum,warteten auf das Ende des Kriegs, fragten sich, woher die nächste Mahlzeitkommen sollte, oder hatten Angst um das Leben eines Angehörigen, der imKrankenhaus lag.
Georgeschlief nicht nur bei Sabu, sondern spielte auch mitihm, fütterte ihn und führte ihn an einem langen Seil spazieren.
Marahatte den Jungen in die Wanne gesteckt und ihm eine kurze Hose geschenkt, dienicht rutschte. Nun sorgte sie dafür, dass er zum Abendessen Gemüse aß undjeden Morgen Frühstücksflocken mit Milch und eine Tasse Tee bekam. Wenn sie ihnabends nach dem Essen hinaus zum Pferch begleitete, tätschelte sie ihm denScheitel und küsste ihn auf die Stirn. SabusWohlbefinden war ihr sehr wichtig, und sie sagte George, sie alle seien frohdarüber, dass er sich um den Elefanten kümmerte.
Marabemutterte George, wie er es in seinen elf oder zwölf Lebensjahren noch nieerfahren hatte. Nach einer Weile begann er sie Mumuzu nennen.
© Droemer Knaur
Übersetzung:Karin Dufner
„Mein Bleistift, mein Papier und ich sind schon ein ganzes Leben lang unzertrennlich“, verrät Barbara Bickmore, wenn sie ihre Freude am Geschichtenschreiben erläutern soll. Sie hat bereits mit sieben Jahren angefangen zu schreiben, sich aber lange nicht getraut, ihre Aufzeichnungen jemandem zu zeigen oder sie gar zu veröffentlichen. Sie unterrichtete 20 Jahre lang als Universitätsprofessorin Literatur und ließ sich von den hervorragenden schriftstellerischen Leistungen der Studenten entmutigen. 1985 wagte sie endlich, ihr Manuskript von „Jenseits der Sonne“ einem Verleger zu zeigen – es wurde angenommen. Um auf Nummer sicher zu gehen, hatte die Autorin vorher gründlich in Bibliotheken gestöbert, um alles über die Vorlieben der Leser und die Anforderungsprofile von Verlagen in Erfahrung zu bringen. Sie wurde belohnt, ihre großartigen Frauensagas erscheinen inzwischen in 16 Sprachen und in mehr als 20 Ländern. Barbara Bickmore sieht sich seitdem selbst als „Cinderella in einem Märchenland“.
Die Autorin findet ihre heroischen Frauengestalten in der ganzen Welt: Die erfolgreiche Geschäftsfrau Carly in „Wem die Macht gegeben“ lebt in Texas, die Anwältin Cat aus „Jenseits aller Versprechen“ in Oregon, Chloe Cavanaugh ist die Heldin in „Ein ferner Stern in China“. Die erste Ärztin unter den Flying Doctors ist die Australierin Cassandra Clarke, deren Leben in „Wer den Himmel berührt“ beschrieben wird. Der Roman „Wer nach den Sternen greift“ schließlich erzählt, wie die schöne, reiche Amerikanerin Alex in England nach der großen Liebe sucht. Doch dann soll sie gegen ihren Willen einen Adeligen heiratet, den sie nicht liebt. Wird sie die wahre Liebe dennoch finden? Die Leserin kann sich beruhigt zurücklehnen, denn „Cinderella“ Bickmore wird schon den Richtigen für ihre Heldin finden...
Interview mit Barbara Bickmore
Ihr Roman "Jenseits der Sonne"spielt größtenteils im Kongo. Warum haben Sie diesen Schauplatz gewählt -immerhin befanden Sie selbst sich, als Sie zu schreiben begannen, gerade inChina?
Als ich in Chinawar, habe ich ein junges Paar getroffen - beide Ärzte - , die aus Südafrikakamen. Meine Tochter und ich reisten für mehrere Wochen mit ihnen und hörtenihre Geschichten. Als sie uns verließen, sagte ich zu meiner Tochter: "Ichwerde über ihr Afrika schreiben." Ich weiß nicht warum. Ich war schonimmer von Afrika fasziniert. Als ich etwa 12 Jahre alt war, las ich das Buch"I married adventure"von Osa Johnson, das von den Entdeckungen erzählt,die sie und ihr Mann im frühen 19. Jahrhundert machten, als Afrika noch unerschlossenund für den Rest der Welt unbekannt war. Ich war schon immer fasziniert vonDrittwelt-Ländern und Zivilisationen, die anders als meine eigene sind. DieLeute fragen mich, ob ich in Afrika war. Ich bin versucht mit Ja zu antworten,bin aber tatsächlich noch nie dort gewesen. Aber ich habe dort jahrelanggedanklich gelebt, durch all die Bücher, die ich gelesen und Filme, die ichgesehen habe. Als ich aus China zurückkam, begann ich mit intensivenNachforschungen über Afrika, kann aber nicht sagen, wie und warum ich zu derGeschichte kam über drei Generationen von Frauen im Kongo, in Zimbabwe und inSüdafrika.
"Werden Himmel berührt" spielt dagegen in Australien. Welche besondereBeziehung haben Sie zu diesem Kontinent?
Ich war drei Mal in Australien. Ich liebe dieses Land. Die freundlichstenMenschen der Welt leben dort. Ich habe mich wahrscheinlich dort zu Hausegefühlt, da es Amerika zu seinen unschuldigeren Zeiten sehr ähnelt. Es ist vielschöner, als ich es mir vorstellte. Ich dachte, es sei nur Wüste, umringt vonKüstenstädten. Aber im Gegenteil, es ist ein fantastisches Land mit einergroßer Vielfalt, freundlichen Menschen, einer wundervollen Vergangenheit undschönen Geschichten. Es ist einmalig. Es ist die älteste Landmasse der Erde,und Menschen außerhalb Ihrer Grenzen wussten bis ca. 1800 nicht einmal, dassAustralien existierte! Es wurde hauptsächlich von Gefangenen gegründet, diegezeigt haben, dass sie Fehler wiedergutmachen und im Leben erfolgreich seinkönnen - wenn man ihnen nur eine Chance gibt. Die Geschichte der EntwicklungAustraliens ist eine Geschichte von Sühne und von zweiten Chancen.
Siehaben zwanzig Jahre als Universitätsprofessorin gearbeitet, aber auch als"executive secretary"in einer medizinischen Einrichtung. Sind diese Tätigkeiten eine ArtInspirationsquelle für Sie gewesen - in "Wer den Himmel berührt" gehtes ja auch um die "Fliegenden Ärzte"?
Nein, der Job in der medizinischen Einrichtung war langweilig. Ich machteihn nur aus finanziellen Gründen, ich mochte ihn nicht. Unterrichten warwundervoll. Ich habe Schreiben unterrichtet und es immer geliebt, genauso wiedas Lesen inspirierender Bücher. Durch das Unterrichten habe ich Einblicke indie Herzen der Menschen bekommen, und das war von unschätzbarem Wert. MeineSchüler haben mein Leben erfüllter und reicher gemacht und meine Menschenkenntnisgeschult, was mir sicherlich beim Schreiben geholfen hat. Ich hätte niegleichzeitig unterrichten und schreiben können, da beides viel Kreativität undKonzentration fordert. Wenn ich ein Buch mache, dann lebe ich mit den Menschen,die ich erfinde. Ich lerne sie besser kennen als meine engsten Freunde, sogarbesser als meine eigenen Kinder. Fragt man mich, wie viele Stunden ich täglichschreibe, antworte ich "24". Ich weiß, dass sie die Stunden vor demComputer meinen, aber die sind nur ein Teil des Schreibens. Ich denke die ganzeZeit an meine Charaktere, wenn ich koche oder fernsehe oder einschlafe. Als ichunterrichtete, habe ich an meine Schüler gedacht und ihre Probleme und wie ich esschaffen könnte, ihnen Ideen und Bücher näher zu bringen. Ich hätte niemalsbeides gleichzeitig tun können, da jede Tätigkeit für sich meine ganze Energieund meine Gedanken beansprucht.
IhreBücher wurden bislang in 16 Sprachen übersetzt und in insgesamt 22 Ländernveröffentlicht. Haben Sie einen solchen Erfolg zu Beginn Ihrer Karriere alsSchriftstellerin für möglich gehalten? Wie entstand die Idee zu Ihrem erstenRoman?
Nein, ich habe nie vom Erfolg geträumt, und sicher nicht von so einem.Wenn ich im Fernsehen interviewt werde oder in Buchklubs zu Gast bin, sage ichden Lesern, dass Sie nicht Barbara Bickmore zuhören,sondern Cinderella. Ich wollte schon mit sieben Jahren schreiben, aber ich habewirklich nie damit gerechnet, dass etwas von mir veröffentlicht wird, und schongar nicht in 22 Ländern! Wenn jemand zu mir gesagt hätte, dass mein erster Romanversuch("Simbayo, Jenseits der Sonne") eininternationaler Bestseller würde, hätte ich das nie geglaubt. Ich bin dankbarund sehr glücklich, aber ich schaue in den Spiegel und sage: " Das binnicht ich, das ist jemand anderes." Ich kann es immer noch nicht glauben,aber es geht schon seit 16 Jahren so. Vielleicht werde ich eines Tagesakzeptieren, dass es wirklich wahr ist. Ich fühle mich nicht, wie sich meinerMeinung nach ein internationaler Autor fühlen sollte. Ich glaube, ich bin immernoch die gleiche Person, die ich war, bevor ich berühmt wurde. Ich habe diegleichen Freunde. Ich bin sicherlich glücklicher als vorher, da ich jetztfinanziell abgesichert bin und das tue, was mir gefällt.
Ich weiß nicht, woher die Ideen für meine Bücher kommen: Manchmal voneiner Unterhaltung, die ich zufällig mitbekomme, manchmal aus einem Artikeleiner Zeitschrift, manchmal, indem ich jemanden treffe, der ein außergewöhnlichesLeben geführt hat. Ich ringe um Ideen. Bücher zu schreiben ist für michwirklich schwierig, obwohl ich oft sage, dass das Schreiben einfach ist und dasAusdenken der schwierigere Teil.
Siehaben einmal gesagt, dass Sie einen Teil Ihres Wissens alsLiteraturwissenschaftlerin über Bord werfen mussten, um sich beim Schreiben denWünschen und Sehnsüchten Ihrer Leser anzunähern. Wenn Sie heute noch einmal vorIhren Studenten stünden, würden Sie nach den Erfahrungen als SchriftstellerinLiteratur heute anders lehren als früher?
Nein, würde ich nicht. Ich habe großartige Literaturunterrichtet, aber großartige Literatur würde sich heute nicht verkaufen. GroßeLiteratur geht einher mit Entdeckungen des menschlichen Geistes, mit dem Gutengegen das Böse, mit innerlichen Entdeckungen, und moderne Leser sind zuungeduldig für so etwas. Wie würden sich Goethe und Hesse heute verkaufen, wennnicht als Schullektüre? Ich würde genauso unterrichten, wie ich das getan habe.Ich glaube, ich war eine wirklich gute Lehrerin, denn ich habe mit Liebeunterrichtet. Das Unterrichten hat mir in vieler Hinsicht viel mehr gegeben alsdas Schreiben. Denn dort spürte ich eine freudige Erregung, wenn ich dieblitzenden Augen eines Schülers sah, der von einer neuen Idee hörte, oder wenneine Fragestellung verriet, dass sie mitgedacht hatten. Schreiben macht einsam,auch wenn es besser bezahlt wird als das Unterrichten. Da ist niemand, der mirsagt, dass ich an dem Tag gut gearbeitet habe. Es gibt niemanden um mich, dermir sagt, ob das Buch, an dem ich arbeite, etwas taugt oder nicht. Ich binnicht imstande, große Literatur zu schreiben, aber ich hoffe, dass ich dieuniversellen menschlichen Themen zumindest berühren kann. Mich interessierenCharaktere, die auf der Suche sind, und Heldinnen, die etwas bewegen. Vor 20oder 30 Jahren mussten Frauen Romantik durch Männer kennen lernen. Es gab keineandere Möglichkeit, Romantik zu erleben. Und natürlich ist Romantik nichtbeständig. Romantische Liebe endet in einer sehr anständigen, hoffentlichbefriedigenden Beziehung. Doch immer noch verlangt die Frau nach Romantik, nach"etwas mehr im Leben". Sie weiß selbst nicht genau, was ihr fehlt,aber weil sie es nicht bekommen kann, denkt sie an andere Männer.
Die große Romantik des Lebens war den Männern vorbehalten.Sie bezwangen Berge, sie befuhren Meere, sie entdeckten neue Kontinente, siedurchquerten diese Kontinente, sie entwarfen Kathedralen, sie regierten Länder,sie dachten über die physikalische Quantentheorie nach und über neue Religionen.Sie malten Bilder und schrieben Bücher, sie entwickelten Impfungen gegenKrankheiten, sie erfanden die elektrische Glühbirne, das Telefon, den Computerund Penicillin. Sie fuhren den Kongo runter und den Amazonas bis hin zumMississippi. Sie träumten von Maschinen, die fliegen könnten und flogen sie.Sie erfanden Disneyland und Polyester und Schießpulver. Frauen war es nichteinmal gestattet, in diese Richtungen zu denken. Ich glaube, dass meine Bücherso erfolgreich sind, weil meine Heldinnen außer Sex und romantischer Liebe nochviel mehr finden. Auch sie fahren auf dem Kongo. Sie kämpfen für Gerechtigkeit,sie verlassen das Gewohnte und brechen auf in dunkle Kontinente ("Simbayo, Jenseits der Sonne") odergoldene Länder ("Im Jahr des Elefanten"), um Menschen zu helfen, fürdie sie die einzige Hilfe und Hoffnung sind. Sie helfen, neue Nationen zugründen, sie besiegen die Männer in ihren Finanzspielen, sie schlagen ihreSchlachten nicht in Kriegen, sie tun viele der Dinge, die den Männern vorbehaltenwaren, aber sie verlieren nie ihre Sicht auf die Menschlichkeit, dieBeziehungen und das Umsorgen, wofür Frauen schon immer bekannt waren. Icherschaffe Superfrauen, Frauen, die wir alle gerne sein würden, wenn wir dieCourage dazu hätten. Ich schaffe Frauen, für die die ganze Welt Romantik istund nicht nur der Mann. Aber das schließt niemals einen Mann oder Sex oderLiebe aus. Ich schaffe Frauen, die Frauen sein können. Ich zeige dieMöglichkeiten.
Die Fragen stellte Roland GroßeHoltforth, literaturtest.de.
- Autor: Barbara Bickmore
- 2004, 458 Seiten, Maße: 11,3 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Karin Dufner
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426626659
- ISBN-13: 9783426626658
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