Im Netz der Pflegemafia
Wie mit menschenunwürdiger Pflege Geschäfte gemacht werden
Die beiden Experten und Pflegekritiker Claus Fussek und Gottlob Schober bringen hier eine These zur Sprache, die erschüttert:
Das deutsche Pflegesystem ist ein Millionengeschäft, das die Beteiligten nicht im geringsten verändern wollen....
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Im Netz der Pflegemafia “
Die beiden Experten und Pflegekritiker Claus Fussek und Gottlob Schober bringen hier eine These zur Sprache, die erschüttert:
Das deutsche Pflegesystem ist ein Millionengeschäft, das die Beteiligten nicht im geringsten verändern wollen.
In ihrem alarmierenden Report decken sie Skandale und unheilige Allianzen auf, bringen Insider zum Reden, analysieren die wirtschaftlichen Interessen einer boomenden Pflegebranche - und zeigen so die mafiösen Strukturen eines maroden Systems, das um des Profits willen an wichtigem Personal spart und eklatante Menschenrechtsverletzungen in Kauf nimmt.
Klappentext zu „Im Netz der Pflegemafia “
Dass wir immer älter werden und häufiger der Pflege bedürfen, gibt Anlass zu medienwirksamer Klage. Doch in Wahrheit ist das schwer durchschaubare Pflegesystem in Deutschland ein Millionengeschäft, das die Beteiligten gar nicht verändern wollen. Diese These untermauern die erfahrenen Pflegekritiker Claus Fussek und Gottlob Schober. Sie decken unheilige Allianzen auf, bringen Insider zum Reden und analysieren die harten wirtschaftlichen Interessen einer boomenden Pflegebranche. Erstmals werden die mafiösen Strukturen eines Systems sichtbar, in dem man um des Profits willen am Personal spart, Präventionsprogramme behindert und über eklatante Menschenrechtsverletzungen hinwegsieht.Enthüllt die mafiösen Strukturen unseres maroden Pflegesystems.
Lese-Probe zu „Im Netz der Pflegemafia “
Im Netz der Pflegemafia von Claus Fussek LESEPROBE 1. Daheim oder im Heim? Ist häuslicher Obhut: Pflege mit der StoppuhrDie Ökumenische Sozialstation in Ludwigshafen. Es ist 6.45 Uhr am Morgen — Arbeitsbeginn für Schwester Christel. Die einundsechzigjährige Altenpflegerin ist zwar noch etwas verschlafen, aber das lässt sie sich nicht anmerken. »Guten Morgen!«, ruft sie laut in die Runde. Vielen jüngeren Kolleginnen gilt Schwester Christel als Vorbild, denn in ihrem Alter schafft fast niemand mehr den anstrengenden Job. Seit 15 Jahren ist sie Akkordarbeiterin in Sachen ambulanter Pflege. Ein Taschencomputer gibt ihr das Arbeitspensum vor. Allein heute muss sie z5 alte Menschen versorgen — unter permanentem Zeitdruck. Schon am frühen Morgen ist ihr klar, dass auch heute für persönliche Zuwendungen und nette Worte kaum Zeit sein wird. »Für eine Insulinspritze habe ich drei oder vier Minuten. Für >Hilfe zur Ausscheidung< sieben Minuten«, sagt sie etwas frustriert. Dabei überlegt sie sich, wie es wäre, wenn sie selbst einmal pflegebedürftig würde und ihre »ganzen Dinge in sieben Minuten erledigt haben« müsste.
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Ihren Arbeitgeber gibt es seit rund 3o Jahren. Die Zentrale liegt in Fußnähe zum Hauptbahnhof. Früher waren hier vor allem Ordensschwestern beschäftigt. Aber in den 1960er- und 1970er-Jahren war abzusehen, dass der Bedarf an Pflegepersonal durch die Orden bei Weitem nicht mehr abgedeckt werden konnte. Aus diesem Grund waren in Rheinland-Pfalz die Sozialstationen gegründet worden. Die Kirchengemeinden und Krankenvereine hatten sich zu eingetragenen Vereinen zusammengeschlossen, den »Ökumenischen Sozialstationen e.V.«, und die Ordensschwestern bekamen Verstärkung durch weltliche Krankenschwestern. Die Tatsache, dass es in der Pfalz keine Diakonie- oder Caritas-Stationen gibt, beruht auf der — in Deutschland einmaligen — Besonderheit, dass die Gebiete der evangelischen Landeskirche in der Pfalz und der Diözese Speyer deckungsgleich sind und der damalige rheinland-pfälzische Sozialminister Heiner Geißler auf große, leistungsstarke Stationen Wert legte. Zusammen mit den Kirchenverantwortlichen gelang es so, sozial engagierte Einrichtungen zu gründen, die seit Jahren als gelebte Ökumene Vorbildcharakter haben.Kurz nach 7 Uhr sitzt Schwester Christel in ihrem Kleinwagen und startet zu ihrer »Insulin-Rallye«. Zuckerkranke brauchen möglichst früh eine Spritze, um den Tag zu überstehen. Schon der Weg zu ihrem ersten Patienten dauert zu lange. Schwester Christel steckt im Berufsverkehr fest. Verspätet kommt sie bei dem Diabetiker Adolf J. an. Sie soll ihm Insulin spritzen. Dafür hat sie gerade mal drei Minuten Zeit. Mehr zahlt die Kasse nicht. Adolf Js. Ehefrau aber bittet die Altenpflegerin auch noch in einer anderen Sache um Hilfe. Die Beine ihres Gatten sind über Nacht dick angeschwollen. Schwester Christel kümmert sich um ihn, obwohl sie das nicht vergütet bekommt. Das ist zwar menschlich, dafür aber ist sie schon nach ihrem ersten Patienten im Zeitverzug.Jetzt ist Tempo gefordert. Schwester Christel fährt zu ihrer nächsten Patientin im Ludwigshafener Stadtteil Hemshof, einem sozialen Brennpunkt. Hier ist die Pflegerin zu Hause, hier ist sie aufgewachsen, hier betreut sie heute Pflegebedürftige. Sie wird schon ungeduldig erwartet. Frau 0. sitzt in der Küche. »Welchen Finger wollen Sie heute Morgen? Sie haben die freie Auswahl«, fragt Schwester Christel die alte Frau. Frau 0. ist fast blind und wie viele andere alte Menschen nicht in der Lage, ihr Insulin selbst zu spritzen. Schwester Christel sticht in den Finger und tupft einen Blutstropfen ab. Die Überprüfung des Blutzuckerstandes mittels der BZ-Kontrolle ergibt ein zufriedenstellendes Resultat. T 2.9, das ist ein guter Wert. Der Haken dabei: Die Kasse zahlt Schwester Christel zwar das Spritzen von Insulin, verweigert jedoch das Geld für die notwendige Blutzuckermessung. Eine absurde Situation. »Was hei ihr das Problem ist: Die BZ-Kontrolle wird immer abgelehnt bei ihr, generell. Jedes Mal ist das ein Zirkus, bis wir das genehmigt haben. Jetzt im Moment ist es auch wieder abgelehnt. Sie hat Einspruch erhoben, weil ich ja kein Insulin spritzen kann, wenn ich keinen Wert habe«, schimpft die Altenpflegerin. Auch die völlig zugestellte Wohnung von Frau 0. macht ihr große Sorgen. Überall lagern Zeitungen und Gerümpel. Der Zugang zum Wohnzimmer ist kaum möglich. Obwohl sie es wieder nicht abrechnen kann, kann Schwester Christel über bestimmte Notlagen nicht hinwegsehen. Sie packt an, wo sie meint helfen zu müssen: »Wir haben die Sozialarbeiterin eingeschaltet!«, sagt sie. Wenn es in der Wohnung brennen würde, hätte Frau 0. nämlich keine Chance. Schwester Christel findet den Zustand der Unterkunft menschenunwürdig: »Sie war immer gepflegt und ordentlich, und jetzt kann sie halt nicht mehr. Es geht nicht mehr.«Der Zeitdruck bei der Insulin-Rallye wird immer größer. Ihren nächsten Termin hat Schwester Christel bei einem schier hoffnungslosen Fall, Frau K. wieder überprüft sie den Blutzuckerwert, obwohl sie für diese Tätigkeit keinen Cent bekommt. Diesmal ist die Altenpflegerin geschockt. Mit diesem hohen Blutzuckerwert balanciert Frau K. zwischen Leben und Tod. 448 ist lebensgefährlich. Schwester Christel muss die Insulindosis drastisch erhöhen — aber: »Das geht nicht. Sie haben jetzt 74 Einheiten Insulin gekriegt. Das ist Mord. Das hält keiner aus«, sagt sie. »Ich muss jetzt halt was essen«, entgegnet Frau K. Die alte Dame ist insulinresistent, war deshalb auch bereits im Krankenhaus. Sie wurde auch schon unter Aufsicht gestellt, weil man vermutete, sie esse unkontrolliert. »Und dann ist sie immer auf eigene Faust nach Hause. Ich kann das nicht verantworten. Ich bin auch kein Arzt«, sagt Schwester Christel verzweifelt. Sie verständigt den Mediziner. Dennoch wird Frau K. wenige Tage später sterben.Ihre nächste Patientin ist Anna K. Die sechsundachtzigjährige Frau leidet seit acht Jahren an Diabetes und leichter Demenz. Außerdem hatte sie einen Schlaganfall. Für ihre Pflege sind zehn Minuten vorgesehen. Als Schwester Christel an der Haustür klingelt, öffnet niemand. Zehn Minuten, ihre komplette geplante Zeit, ist sie gezwungen zu warten. Jetzt will sie den Rettungsdienst und die Feuerwehr rufen, um in die Wohnung zu gelangen. Sie vermutet, dass Frau K. etwas zugestoßen ist. Als sie schon ihr Handy in der Hand hält, öffnet zufällig eine Nachbarin die Tür, die auch einen Schlüssel für Frau K.s Wohnung hat. Beim Betreten des Schlafzimmers ist Schwester Christel erleichtert. Die alte Dame döst seelenruhig, das Klingeln hat sie heute einfach nicht gehört.Helmut G. wartet schon auf Schwester Christel. Zu ihm kommt sie wieder einmal später als geplant. Eigentlich wäre er ein Fall fürs Pflegeheim. Er hat mehrere Bypässe, einen Herzschrittmacher und leidet an schwerer Altersdemenz. Vor Kurzem hat er sich wieder einmal verirrt. Die Polizei fand ihn völlig orientierungslos auf dem Mannheimer Maimarktgelände. Nur weil ihn Schwester Christel über das normale Maß hinaus pflegt, kann er daheimbleiben. Über seine Pflegerin sagt er: » ja, die ist super. Wenn die nicht wäre, wäre ich schon längst gestorben.« Für Herrn G. zahlt die Pflegekasse unter anderem die sogenannte »kleine Körperpflege«. Binnen zwanzig Minuten soll ihn Schwester Christel waschen und ankleiden. Für das Wechseln der Kompressionsstrümpfe hat sie noch einmal drei Minuten Zeit, desgleichen für die Verabreichung seiner Medikamente. Der alte Mann will das so. »Ich geh nicht ins Heim, im Leben nicht. Hier bin ich groß geworden, und da sterbe ich auch«, sagt er bestimmt. Eine Träne kullert aus dem rechten Auge. »Und was haben wir gesagt? Sterben tun wir jetzt noch nicht. Ihnen geht es doch gut!«, tröstet ihn Schwester Christel.Danach hat sie Mittagspause. Schon jetzt ist sie völlig erschöpft und trinkt eine Flasche Apfelsaftschorle in einem Zug aus: »Fix und alle bin ich. Und in dem Auto sind mindestens 5o Grad. Es ist anstrengender als sonst, wegen der Hitze. Ich bin halb verdurstet. Gehen Sie mal den ganzen Tag Treppen hoch, Treppen runter. Ja, das reicht.«Wenige Minuten später ist sie wieder unterwegs — zu einer Patientin, die auf keinen Fall ihre Wohnung aufgeben möchte. Frau H. hat ihr einen Schlüssel überlassen. Jedes Mal, wenn die Schwester die Tür öffnet, erhöht sich ihr Puls. Um diese Patientin macht sie sich besonders große Sorgen. »Ist etwas passiert?«, fragt sie heute. Frau H. liegt noch im Bett und sagt nichts. Schwester Christel ist erleichtert, als sie auf der Nachtkonsole zwei leere Piccolo-Fläschchen findet: Ihre Patientin kommt nach dem Konsum von Alkohol etwas schwerer in die Gänge als sonst. Frau H. ist zwar alt und zierlich, aber dennoch selbstbewusst und energisch. Sie weiß ganz genau, was sie will.Bevor Schwester Christel die Verantwortung für Frau H. übernahm, lebte die alte Dame völlig allein und verwahrlost. Schritt für Schritt organisierte sie ihr ein menschenwürdiges Leben. Frau H. musste trotz ihrer Not erst mühsam lernen, Hilfe anzunehmen — zum Beispiel beim Essen. Früher hat Schwester Christel für ihre Patientin Lebensmittel eingekauft. Der Cousine von Frau H. wurde diese Dienstleistung aber irgendwann zu teuer, woraufhin diese »Verwandte« die Aufgabe übernahm, für ausreichend Lebensmittel im Haushalt der alten Frau zu sorgen. Als die Altenpflegerin aber an diesem Morgen den Kühlschrank inspiziert, ist bis auf etwas Öl und Milch fast nichts da. Das sei immerhin »fett- und eiweißreich«, kommentiert Schwester Christel sarkastisch: »Da verhungern ja die Mäuse«, macht sie ihrem Zorn gegenüber Frau H. Luft. Denn die alte Dame ist unterernährt. »Ich ruf jetzt Ihre Cousine an und sag, dass nichts zu essen da ist«, sagt die Altenpflegerin bestimmt. »Nein, bitte nicht!«, fleht Frau H. Offensichtlich möchte sie es nicht zu einer Auseinandersetzung mit ihrer Angehörigen kommen lassen. Schwester Christel wird immer wütender: »Sie verhungern mir. Ich muss Ihnen doch etwas zum Essen machen können. Wir brauchen Bananen, wir brauchen ein paar Trauben, ein paar Erdbeeren, ein bisschen Wurst. Sie haben keine warme Mahlzeit — nur Ihren Kaffee und trockenes Brot! Irgendwann stecken sie mich ins Gefängnis, weil ich da zuschaue. Ja, und da sagen sie: Die Schwester Christel hat nicht aufgepasst bei der Frau H. Und dann?« — »Dann würde ich schon mein Veto einlegen«, entgegnet Frau H. lakonisch. Die beiden Frauen verstehen sich. Gerne würde Schwester Christel sich mehr Zeit für Frau H. nehmen.Auch Herr S. ist ein belastender Pflegefall für Schwester Christel. Der alte Mann wurde trotz einer riesigen offenen Wunde am Rücken aus dem Krankenhaus entlassen. Die Mediziner nennen dies ein Druckgeschwür, im Fachjargon »Dekubitus«. Das Geschwür ist mehr als einen Zentimeter tief und größer als ein Tennisball. Es riecht nach verfaultem Fleisch. Ein Dekubitus entsteht meistens durch Vernachlässigung und Nichtbefolgung der anerkannten Pflegestandards. Mit viel Einfühlungsvermögen versucht Schwester Christel, Herrn S.s Schmerzen so erträglich wie möglich zu machen. Die Ehefrau ist sich sicher, dass die Wunde im Krankenhaus entstanden ist. Ihr größter Wunsch: »Dass er bald stirbt, dass er es bald hinter sich hat. Denn es ist zu arg.« Tag und Nacht hat Herr S. Schmerzen. Aber er soll nicht mehr ins Krankenhaus, weil er nicht mehr dorthin will. Frau S. vertraut auf die sorgsame Pflege von Schwester Christel. Regelmäßig wechselt sie seine Verbände. Er soll zu Hause sterben. © Verlag C. Bertelsmann
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Autoren-Porträt von Claus Fussek, Gottlob Schober
Claus Fussek ist Gründungsmitglied der "Vereinigung Integrationsförderung e.V." Seit über 25 Jahren beschäftigt er sich mit den Missständen in der Altenpflege. Er ist Autor (zus. mit Sven Loerzer) von "Alt und abgeschoben" (2005).
Bibliographische Angaben
- Autoren: Claus Fussek , Gottlob Schober
- 2008, 4, 399 Seiten, Maße: 12,6 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570010090
- ISBN-13: 9783570010099
Rezension zu „Im Netz der Pflegemafia “
»Mit schlechter Pflege werden in Deutschland Milliarden verdient.«
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