Instinkt
Thriller. Deutsche Erstausgabe
Undercover-Cop Sean Egan muss einen mutmaßlichen Serienkiller, der fünf Frauen ermordet haben soll, aus Polizeigewahrsam befreien. Der Verdächtige behauptet, ein wasserdichtes Alibi und hochbrisante Informationen zu besitzen. Für die...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Instinkt “
Undercover-Cop Sean Egan muss einen mutmaßlichen Serienkiller, der fünf Frauen ermordet haben soll, aus Polizeigewahrsam befreien. Der Verdächtige behauptet, ein wasserdichtes Alibi und hochbrisante Informationen zu besitzen. Für die ermittelnde Polizistin Tina Boyd beginnt eine Odyssee.
Klappentext zu „Instinkt “
Auge in Auge mit dem KillerUndercover-Cop Sean Egan soll für eine berüchtigte Londoner Gang einen Serienkiller aus der Polizeiverwahrung befreien. Bei dem Killer handelt es sich um den Night Creeper, einen besonders intelligenten Psychopathen, der fünf junge Frauen grausam ermordet haben soll. Er behauptet, ein wasserdichtes Alibi und hochbrisante Informationen zu besitzen. Für die ermittelnde Polizistin Tina Boyd beginnt eine alptraumhafte Odyssee, als der Night Creeper verschwindet.
Lese-Probe zu „Instinkt “
Instinkt von Simon KernickAus dem Englischen von Gunter Blank
Heute
8:05 Uhr
Ein leerer Rohbau tief im Herzen der City. Es ist früh, die
ersten Sonnenstrahlen dringen durch die Fensterlöcher
in den Wänden. Ich sitze in dem höhlenartigen Gewölbe
und sehe zu, wie mein Blut auf den staubigen Zement boden
tropft.
Ich rutsche ein Stück näher zur Wand, die Pistole baumelt
noch an meinem Zeigefinger, ich muss mich konzentrieren,
die Augen offen zu halten, und zwinge mich,
meinen Blick auf das Blutbad vor mir zu fokussieren.
Drei Männer sind tot. Zwei liegen mit theatralisch ausgestreckten
Armen auf dem Bauch, vielleicht vier Meter
auseinander, aber Welten voneinander getrennt. Der dritte,
ein großer Bursche in einem blutgetränkten himmel blauen
Polohemd und Jeans, sitzt mit Kabelbinder gefesselt
auf einem Stuhl. Er ist jünger als die anderen, der
Kopf ist auf die Brust gesunken, und in seinem dichten
blonden Haarschopf klafft dort, wo die Kugel ausgetreten
ist, ein blutiges Loch.
Von draußen kann ich das schwache, gleichmäßige
Rauschen des Verkehrs hören. Doch das scheint alles sehr
weit weg zu sein, und je mehr ich lausche, desto schwä cher
wird es in der bleiernen Stille des Gewölbes - einer
Stille, die wie eine dunkle, böse Macht vom Boden aufzusteigen
scheint und alles Leben ringsum auslöscht.
Gefangen im zweiten Stock dieses verlassenen Ortes verblute
ich mit einer Kugel im Bauch und einer zweiten im
Oberschenkel, die verhindert, dass ich mein Bein bewegen
kann. Eine steife Kälte kriecht langsam an mir herauf
und hüllt mich ein.
Ich habe oft über den Tod nachgedacht, allerdings
immer auf eine eher abstrakte Art und nie angemessen
respektvoll, obwohl er mich schon einige Male gestreift
hat.
... mehr
Doch jetzt sitze ich hier waidwund und hilflos. Wie bin
ich nur in dieser elenden Gruft gelandet. Ich fühle den
Tod unaufhaltsam näher kommen und weiß, es gibt keinen
Ausweg mehr. Das ist am schwersten zu akzeptieren:
die blanke Tatsache, dass mein Leben gleich zu Ende sein
wird. Während Schock und Schmerz mein Inneres verkrampfen,
frage ich mich flüchtig, ob es wohl noch jemanden
gibt, der meinen Tod betrauert. Und ob sich in
zehn Jahren irgendwer an mich erinnern wird.
Da höre ich es. Ein Geräusch. Direkt vor der Tür. Das
Scharren eines Schuhs.
Himmel, ist der Alptraum immer noch nicht vorüber?
Kommt jetzt erst der letzte Akt?
Ich beiße die Zähne zusammen und hebe mühsam
meinen Revolver. Die Anstrengung ist fast zu viel für
mich. Ich habe, glaube ich, fünf Schüsse abgefeuert, das
heißt, eine Kugel müsste ich übrig haben.
Ein Schatten fällt in den Raum, und gleich darauf erscheint
eine dunkelhaarige Frau in Jeans und Sweatshirt.
Mit der einen Hand hält sie eine Dienstmarke hoch, in
der anderen hat sie etwas, das aussieht wie ein Pfefferspray.
»Polizei!« Ihre nervös angespannte Stimme hallt in
dem Gewölbe wider. Sie will noch etwas sagen, aber da
erst realisiert sie das Gemetzel und hält mit offenem
Mund und schreckgeweiteten Augen inne, bis ihr Blick
schließlich auf mich fällt.
Sie runzelt die Stirn: »Sean?«
Selbst in meinem kaputten Zustand bringe ich ein Lächeln
zustande. »Hallo, Tina.«
»Was zum Teufel ist hier passiert?« Sie ignoriert es,
dass ich noch immer meine Pistole auf sie richte, und
kommt einen Schritt näher.
In diesem Moment geht die Ballerei los.
Teil Eins
Donnerstag, 7:00 Uhr
Vor 36 Stunden
Eins
Er war klein, unter einsfünfundsiebzig, und mit einer
Statur, die man entweder schlank oder schmächtig nennen
konnte, je nachdem, ob man es gut mit ihm meinte.
Er trug eine billige graue Polyesterhose, ein gebügeltes
weißes Hemd und eine schwarze Krawatte, die er mit
einem spießigen, eng sitzenden Knoten gebunden hatte.
Das einzig Auffällige an ihm waren seine Haare, die ihm
glatt und überraschend dick wie bei Prinz Eisenherz bis
auf die Schultern fielen. Ansonsten wirkte er geradezu
ungewöhnlich gewöhnlich, ein blasser, vielleicht ein wenig
nerdiger junger Mann. Aber, und das wusste die
frisch zum Detective Inspector beförderte Tina Boyd aus
Erfahrung, die brutalsten Killer sahen oft aus wie der
nette Nachbar von nebenan.
Vom Rücksitz des KIA Sorento, dessen dunkel getönte
Scheiben sie gegen Blicke abschirmten, beobachtete sie,
wie der zweiunddreißigjährige Alarmanlageningenieur
Andrew Kent eine schwangere Frau passierte und sie dabei
fast unmerklich musterte.
Andrew Kent. Sogar der Name war gewöhnlich.
Er trug einen kleinen Rucksack locker über einer
Schulter, und Tina fragte sich, ob er darin die Werkzeuge
seiner perversen Leidenschaft aufbewahrte. Vor zehn
Jahren noch hätte allein der Gedanke sie erschauern lassen,
doch nun betrachtete sie ihn unbeeindruckt, während
er in die ruhige Wohnstraße einbog, in der er seit
viereinhalb Jahren lebte. Schlurfend wie ein weltab gewandter
Teenager näherte er sich seinem Haus, das
etwa dreißig Meter entfernt lag. Er sah aus, als könnte er
kein Wässerchen trüben, und Tina musste innerlich grinsen.
Nach fast zweijährigen Ermittlungen schienen sie
ihn endlich am Haken zu haben. Und der Gedanke gefiel
ihr außerordentlich.
Sie nahm ihr Funkgerät und genoss die Vorfreude auf
die wohlverdiente Überraschung, die Kent gleich erwartete.
»Wagen Drei an alle Einheiten, der Verdächtige
kommt aus nördlicher Richtung durch die Wisbey Crescent.
Ihr müsstet jeden Augenblick Sichtkontakt haben.«
»Wagen Eins an alle: Wir sind bereit«, bellte Tinas
unmittelbarer Vorgesetzter, Detective Chief Inspector
Dougie MacLeod zurück. MacLeod war der Chef des
Camden Murder Investigation Teams oder des CMIT, wie
die meisten Leute zu sagen pflegten.
Wagen Zwei, Vier und Fünf gaben dieselbe Meldung
durch. Heute waren sie in Sturmtruppenstärke ausgeschwärmt;
allein in der Wisbey Crescent lauerten fünfzehn
Zivilbeamte, und zwei Dutzend Uniformierte waren an
vier strategischen Punkten in der Nähe platziert, um alle
möglichen Fluchtwege abzuschneiden. Die Festnahme
von Kent war eine hochrangige Angelegenheit, und die
Met konnte sich keine Fehler erlauben.
Doch als Kent gemächlich schlendernd fast das herun-
tergekommene Haus erreicht hatte, in dessen Erdgeschoss
seine Wohnung lag, geschah etwas. Er schlurfte plötzlich
noch langsamer, blieb schließlich keine zehn Meter von
der Haustür entfernt stehen und musterte eines der dort
parkenden Fahrzeuge. Es war ein weißer Ford Transit,
auf dessen Seiten in großen Druckbuchstaben Tischlerei
Renham & Son stand. Wagen Drei.
In diesem Augenblick begriff Andrew Kent auf nicht
erklärliche Weise, dass sie hinter ihm her waren.
Er fuhr herum und lief los, gerade als MacLeods hektische
Stimme ertönte: »Zugriff, los, los los!« Und in einer
Kakophonie aus Schreien und Befehlen spuckten die vier
Wagen die darin verborgenen Cops aus, die den Flüch tigen
zu erwischen versuchten.
Der Erste, der aus dem Transit sprang, war Detective
Constable Dan Grier, der einsfünfundneunzig große
blonde Polizeischulabsolvent, dem alle eine schnelle Karriere
prophezeiten. Seine schlanken muskulösen Beine
fraßen die Distanz zwischen ihm und Kent förmlich auf.
Doch als Grier den Arm ausstreckte und nach seiner
Beute schnappte, wandte sich Kent abrupt um, schlug
Griers Arm mit der einen Hand weg und landete mit der
anderen einen chirurgisch präzisen Karateschlag an der
Gurgel des jungen Detectives. Fassungslos sah Tina Grier
wie einen Sack Kartoffeln zu Boden gehen, während
Kent, der mickrige, schlurfige Nerd, mit einem überraschenden
Sidestep DC Anji Rodriguez auf dem falschen
Fuß erwischte. Die drahtige Polizistin, die gerne herumposaunte,
dass sie der Basketball-Jugendnationalmannschaft
angehört hatte, stolperte wie eine unerfahrene
Amateurin, als sie Kent packen wollte. Sie knickte um,
knallte heftig auf das Pflaster und verwandelte sich in ein
Hindernis für die hinter ihr heranstürmenden Kollegen.
Prompt verhakte sich Detective Sergeant Simon Tilley
beim Versuch, über sie hinwegzuspringen, und stürzte
ebenfalls.
Die ganze Szenerie wirkte surreal, wie eine Szene aus
einer Stummfilmklamotte. Der Anblick des flüchtenden
Kent, der sich wieder in die Richtung wandte, aus der
er gekommen war, während mehr als ein Dutzend Cops,
angeführt von einem keuchenden, hochroten DCI
MacLeod, bei der Verfolgung übereinanderpurzelte, hätte
lustig sein können, wäre der Mann nicht zu gefährlich
gewesen, um ihn entwischen zu lassen.
Tina wollte unbedingt bei der Festnahme dabei sein,
sie hätte Kent am liebsten selbst die Handschellen angelegt,
doch aufgrund einer Schussverletzung im Fuß, die
sie sich letztes Jahr zugezogen hatte, humpelte sie, und
zu ihrem Überdruss hatten die Ärzte sie noch immer
nicht voll diensttauglich geschrieben. Deshalb musste
sie die Aktion ihren Kollegen überlassen, was sie, während
sie durch die Heckscheibe beobachtete, wie Kent
sich schnell näherte, als bittere Ironie des Schicksals
empfand.
Widerwillig bewunderte sie sein Tempo und die Cool ness,
die er unter Druck bewies. Er kam näher und näher
und wechselte dabei die Straßenseite, so dass er jetzt auf
ihrer Seite war und sie sein Gesicht erkennen konnte, das
unbedingte Konzentration ausstrahlte.
Zehn Meter, acht, sechs ...
Sie packte den Griff der Fahrertür und stemmte sich
mit ihrem gesunden Fuß gegen den Rahmen.
Vier Meter. Sie konnte sein Keuchen hören.
Noch zwei Meter. Jetzt. Mit einer fließenden Bewegung
trat sie die Tür auf, schloss kurz die Augen und hoffte,
sein Tempo richtig eingeschätzt zu haben.
Sie hatte. Unfähig abzubremsen, prallte Kent genau in
dem Moment gegen die Innenseite der Tür, als sie ihren
Scheitelpunkt erreicht hatte und zurückfederte. Die
Wucht des Aufpralls schleuderte ihn über den Rahmen,
er schlug einen Salto und knallte auf den Asphalt.
Das Adrenalin schoss Tina ins Blut, als sie aus dem
Wagen stürzte. Fast wäre sie mit ihrem verletzten Fuß
eingeknickt, doch die lange angestaute Anspannung und
Wut explodierten in ihrem Kopf, und mit ungeheurer
Willenskraft richtete sie sich auf und hechtete mit nichts
als einer Dose CS-Gas bewaffnet auf Kent zu.
Kent war durch die Kollision zwar einigermaßen benommen,
wälzte sich aber bereits wieder herum und
stützte sich mit einer Hand ab, um hochzuspringen.
Dann weiteten sich seine Augen vor Schreck, als er Tina
auf sich herunterkommen sah.
Zwar zählen die britischen Vorschriften zur Festnahme
eines Verdächtigen weltweit zu den rigidesten und erlauben
nur das absolute Minimum an Gewalt, doch Tina
hatte die Regeln schon immer flexibel ausgelegt. Sie
rammte ihm beide Knie in den Magen und versuchte, so
viel Gewicht wie möglich dahinterzubringen. Sie ignorierte
sein schmerzverzerrtes Stöhnen, brachte sich rittlings
auf seiner Brust in Position, lehnte sich etwas zu-
rück, damit sie nichts abbekam, und verpasste ihm eine
freizügige Dosis CS-Gas in den aufgerissenen Mund und
die weit geöffneten Augen.
Er hustete, würgte und schlug unter ihr wild um sich.
Er hatte trotz der atemraubenden Attacke noch mehr
Durchhaltevermögen, als sie erwartet hatte, und hätte sie
fast abgeworfen. Reflexartig hieb sie ihm mit voller
Wucht die Faust ins Gesicht. Sie kostete das schrecklichschöne
Hochgefühl aus, das ihr der Aufprall ihrer harten
Knöchel mit dem weichen Fleisch seiner Wange verschaffte,
und schlug noch einmal und noch einmal zu,
wütend und hart genug, dass sein Kopf bei jedem Treffer
auf den Asphalt knallte.
»Andrew Michael Kent«, bellte sie um Atem ringend,
während der Mann seine Gegenwehr aufgab und erschlaffte.
»Ich verhafte Sie unter dem Verdacht des Mordes.
Sie müssen nichts sagen, aber alles, was sie sagen,
kann Ihre Verteidigung schwächen, wenn sie bei der Vernehmung
etwas verschweigen, was sie später vor Gericht
vorbringen wollen. Alles was Sie sagen, kann als Beweismittel
verwendet werden.«
Noch während sie ihr Sprüchlein abspulte, eilten ihre
Kollegen herbei und drückten Kent auf den Asphalt.
»Ich bin unschuldig«, heulte er, ehe ihn ein Husten anfall
überwältigte.
»Genau wie alle anderen, die ich erwischt habe«,
brummte Tina, ehe sie sich erhob und es ihren Kollegen
überließ, die Festnahme zu Ende zu bringen. Sie war ein
wenig irritiert, aber keineswegs überrascht, wie sehr sie
es genossen hatte, ihn fertigzumachen.
Zwei
Die Medien hatten ihn Night Creeper getauft. Innerhalb
von dreiundzwanzig Monaten hatte er ganz London terrorisiert
und fünf Frauen in ihren Wohnungen vergewaltigt
und ermordet. Die Opfer hatte er scheinbar wahllos
ausgesucht, allerdings entsprachen sie doch einem bestimmten
Profil: weiß, ledig, beruflich erfolgreich und
attraktiv. Das jüngste war fünfundzwanzig, das älteste
siebenunddreißig. Darüber hinaus stürzten sich die
Medien besonders auf den Fakt, dass in keinem der Fälle
Spuren gewaltsamen Eindringens gefunden worden waren,
und das, obwohl alle Wohnungen als sicher gelten
durften und mit neuen Alarmanlagen ausgestattet waren.
Dies verlieh dem Night Creeper in den Medien quasi
mystische Dimensionen: ein Mann, der überall eindringen
konnte, lautlos und ohne Spuren zu hinterlassen.
Zwangsläufig steigerte dies die Ängste der alleinstehenden,
attraktiven Karrierefrauen und ihrer Angehörigen
im Großraum London.
Als Tina vier Monate zuvor zum CMIT gestoßen war,
nachdem sie sich erfolgreich auf eine freie DI-Stelle beworben
hatte, lastete bereits gewaltiger Druck auf den
Ermittlern. Nur verfügten sie über so gut wie keine hand-
festen Hinweise. Offenbar kannte sich der Killer in der
Forensik aus und hinterließ kaum Spuren, und es gab
keine Zeugen, die ihn gesehen hatten.
Am Ende war es die gute alte hartnäckige Polizeiarbeit,
die zu seiner Festnahme führte. Und niemand anderes als
Tina selbst hatte den entscheidenden Hinweis entdeckt.
Bei der Vernehmung eines engen Freundes des letzten
Opfers hatte Tina herausgefunden, dass Adrienne Menzies'
Alarmanlage erst wenige Wochen zuvor installiert
worden war, und der Techniker, der sie eingebaut hatte,
habe Adrienne, so der Freund, »einen eiskalten Schauer
über den Rücken gejagt«. Allerdings hatte Tina dieser
vagen Bemerkung zunächst keine große Bedeutung beigemessen,
und ihr Kollege, der junge aufstrebende DC
Dan Grier, der sie bei der Vernehmung begleitete, hatte
sie direkt wertlos gefunden. Doch dann hatte Tina noch
einmal darüber nachgedacht. Kaum jemand konnte einfacher
eine narrensichere Alarmanlage überwinden als
die Person, die sie installiert hatte. Deshalb rief sie die
Firmen an, die die Anlagen in den Wohnungen der anderen
Opfer eingebaut hatten, und fragte sie nach dem
Namen des Technikers, der die Arbeit ausgeführt hatte.
Das Hochgefühl, das sie überkam, als alle Firmen denselben
Namen zurückmeldeten, würde sie nie vergessen.
Andrew Kent. Selbstständiger Ingenieur. Der seine Kenntnisse
nutzte, um die Polizei in die Irre zu führen, und
seine unabhängige Position, um sich seine Opfer nach
Gutdünken auszusuchen. Der Killer.
Jetzt hatten sie ihn. Und das war zu einem Großteil
Tinas Verdienst.
Sie nahm einen letzten tiefen Zug aus ihrer Zigarette,
zertrat die Kippe und ignorierte den angewiderten Blick
einer Endvierzigerin, die in der ersten Reihe der Schaulustigen
stand, die sich an der rings um Kents Haus errichteten
Absperrung drängten. Inzwischen dämmerte
es, Kent war auf das Polizeirevier Holborn gebracht worden,
wo man ihm seine DNS abnehmen und ihn verhören
würde. Natürlich würde er zuvor die medizinische Versorgung
bekommen, die er nach Tinas unkonventioneller
Festnahme benötigte.
In der Zwischenzeit mussten die Ermittler seine Wohnung
nach Anhaltspunkten durchsuchen, die ihn mit den
Morden in Verbindung brachten. Vor zwei Tagen, unmittelbar
nachdem Kent zum Hauptverdächtigen avanciert
war, hatten sie einen Durchsuchungsbefehl erwirkt, doch
die Wohnung war so komplex gesichert, dass es trotz der
hochqualifizierten Techniker, die sie angefordert hatten,
unmöglich war, sein System zu umgehen, ohne ihn zu
alarmieren. Nun jedoch besaßen sie Kents Schlüssel; Tina
ignorierte den Schmerz in ihrem Fuß, streifte einen
Plastikoverall über und humpelte zur Haustür. Sie hoffte
inständig, in der Wohnung belastendes Material zu finden,
denn bislang hatten sie nichts, was ihn mit seinen
Opfern verband, außer der Tatsache, dass er deren
Alarmanlagen installiert hatte. Das mochte zu viel sein,
um es als Zufall zu erklären, aber bei weitem nicht genug,
um eine Verurteilung wegen mehrfachen Mordes zu
erreichen.
»Wie geht's deinem Nacken?«, fragte sie Dan Grier, als
sie sich an der Haustür begegneten.
»Er hat einen Glückstreffer gelandet«, antwortete er
mit einem Hauch Feindseligkeit in der Stimme und rieb
sich die Stelle durch das Plastik seines Overalls. »Außerdem
habe ich nicht damit gerechnet.«
»Ja, das habe ich gesehen. Fieser kleiner Drecksack,
was?«
»Er hat auf jeden Fall irgendeine Kampfsportausbildung
absolviert. Wir hätten ihn gründlicher durchleuchten sollen.«
Tina lächelte. Manchmal gebärdete Grier sich wie ein
aufgeblasener Wichser. Sie waren nie wirklich gut mit einander
ausgekommen. Sie hielt ihn für einen überkandidelten
Korinthenkacker, und er fand es offenkundig
unangemessen, dass sie sein Boss war. Nach der Vernehmung
von Adrienne Menzies' Freund hatte sich ihr Verhältnis
noch mehr eingetrübt. Tina glaubte, Grier werfe
ihr vor, sie habe ihre Spur auf eigene Faust verfolgt, um
ihn dumm dastehen zu lassen, was aber nicht der Fall
war. Sie arbeitete einfach lieber allein und folgte ihren eigenen
Instinkten. »Tja, du weißt doch, wie es ist, Dan«,
sagte sie zu ihm. »Man lernt nie aus. Und immerhin haben
wir ihn jetzt am Wickel.« Sie streckte ihre Hand vor.
»Nach dir.«
Grier erwiderte nichts, sondern betrat schweigend das
Haus.
Als Tina ihm folgen wollte, hörte sie jemanden nach
ihr rufen. Sie wandte sich um und erkannte DCI MacLeod,
der, sein Handy in der einen und den Overall in der anderen
Hand, auf sie zusteuerte. Auf seiner Stirn standen
noch immer die Schweißtropfen, obwohl Tina schätzte,
dass er höchstens dreißig Meter gerannt sein konnte.
Und auch unter seinen Achseln waren Flecken erkennbar.
Offenbar holte ihn schon das Alter ein, und mit seinem
ungesunden gräulichen Teint, der zur Farbe seiner
Haare passte, wirkte er, als könnte ihn jeden Augenblick
ein Herzinfarkt heimsuchen.
»Sir?« Sie hatte seit der Festnahme noch nicht mit ihm
gesprochen, da er ständig das Handy am Ohr gehabt
hatte. Sie fragte sich, was er von ihr wollte.
»Gute Arbeit, wie Sie Kent aufgehalten haben«, sagte
er, als er vor ihr stehenblieb. »Es wäre mehr als peinlich
gewesen, wenn er uns entkommen wäre.«
Das gefiel ihr an ihm. Dass er ganz im Gegensatz zu
vielen Vorgesetzten, mit denen sie über die Jahre zu tun
gehabt hatte, aufrichtig war und stets sagte, was er
dachte. »Kein Problem. Ich bin froh, dazu beigetragen zu
haben.«
MacLeod runzelte die Stirn. »Sie wissen, dass ich Sie
lieber heute als morgen zurück in den aktiven Dienst versetzen
würde, Tina. Aber Sie kennen die verdammten
Vorschriften. Die binden uns die Hände.«
»Trotzdem, wenn Sie irgendetwas tun können, würde
mir das sehr helfen. Ich habe mich ja nicht zu Ihnen versetzen
lassen, um zuzusehen, wie andere sich mit den
Top-Fällen schmücken.«
»Ich schau mal.« Er holte tief Luft und Tina spürte,
dass er nicht nur herübergekommen war, um ihr zu gratulieren.
»Ich nehme an, Kent wird nicht so schnell eine
Beschwerde wegen ungerechtfertigter Gewaltanwendung
einreichen ...«
»Ich denke, das ist im Augenblick sein geringstes Pro b
lem.«
»Aber Sie müssen aufpassen, Tina«, fuhr er fort und
trat einen Schritt näher. Sorgfältig wog er seine Worte
ab. »Sie können sich nicht von Ihrer Befriedigung über
die Festnahme eines Verdächtigen mitreißen lassen. Sie
haben Kent vorhin ziemlich hart angefasst.«
»Ich musste ihn aufhalten.«
»Das weiß ich, und ganz persönlich denke ich, hat er
verdient, was er bekommen hat, und eigentlich war das
noch zu wenig. Allerdings stehen Sie im Rampenlicht.«
Sie wollte widersprechen, doch er hob die Hand. »Ich
weiß, es ist nicht Ihr Fehler, dass Sie bekannt sind wie ein
bunter Hund, aber ob Ihnen das gefällt oder nicht, Sie
müssen damit leben. Ihr Handeln bleibt nicht unbeobachtet.
Wenn Sie über die Stränge schlagen, machen die Ihnen
die Hölle heiß. Ich sage das nur, weil Sie zu meiner Truppe
gehören und ich Sie schützen will. Zudem halte ich Sie
für eine außergewöhnlich gute Polizistin. Sie waren es, die
den entscheidenden Hinweis auf Kent entdeckte, und Sie
sollten dafür auch die Anerkennung bekommen. Gefährden
Sie das nicht, indem Sie unserem Verdächtigen am
helllichten Tag die Seele aus dem Leib prügeln.«
Tina wollte sich rechtfertigen, und ihr erster Gedanke
war, zu widersprechen, zu sagen, sie habe nur minimal
Gewalt angewendet, und wenn die Leute damit nicht
umgehen könnten, dann sei das deren Problem. Aber sie
unterließ es. Sie wollte keinen Streit mit ihrem Boss losbrechen,
und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte er
Recht. »Danke, Sir, ich werd's mir merken. Ist das alles?«
Er lächelte. »Das ist alles. Maßregelung beendet. Und
nochmal: Sie haben das ausgezeichnet gemacht.«
Sie wandte sich ab, ging hinein und stieg die ausgetretene
Treppe hinauf. Ihr Fuß schmerzte wieder. Zum
zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren war sie angeschossen
worden. Zudem hatte sie einen der Schützen
getötet, und zwei ihrer Kollegen, darunter ihr Verlobter,
wurden ermordet. Kein Wunder, dass sie bekannt war
wie ein bunter Hund.
Die schwarze Witwe hatten sie sie genannt. Taten es
vielleicht sogar immer noch, Tina wusste es nicht. Aber
so oder so hielten die Leute Abstand von ihr, als verbreite
sie Unheil. Vielleicht war sie deshalb zur einsamen
Wölfin geworden, die nirgends sesshaft werden konnte
und oft die Dienststellen wechselte. Sie hatte sogar schon
einmal den Dienst quittiert, ehe sie sich ein Jahr darauf
der SOCA anschloss, der Serious Organized Crime
Agency. Dort hatte sie es ein Jahr ausgehalten, ehe sie zur
Islington CID zurückkehrte, wo sie sich als Detective
Constable ihre ersten Sporen verdient hatte. Doch die
alltägliche Kripoarbeit konnte ihre Ambitionen nicht befriedigen,
deshalb hatte sie sich auf die frei werdende
Stelle beim CMIT beworben, die zudem noch eine Beförderung
beinhaltete. Und tatsächlich hatte ihr ihre Vergangenheit
nicht so geschadet wie befürchtet, denn sie
hatte die Stelle bekommen, auch wenn sie lieber selbst
ermittelt hätte, als vom Schreibtisch aus Verwaltungs arbeit
zu leisten.
Die verstärkte Tür zu Andrew Kents Wohnung wurde
durch ein Telefonbuch offen gehalten. Aus der Wohnung
Vollständige deutsche Erstausgabe 02/2011
Copyright © 2010 by Simon Kernick
Copyright © 2011 by Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Redaktion: Marcus Jensen
Printed in Germany 2011
Umschlagillustration: © Halfdark / Getty Images
Umschlaggestaltung: yellofwarm GmbH, S. Freischem
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-453-43544-5
www.heyne.de
Doch jetzt sitze ich hier waidwund und hilflos. Wie bin
ich nur in dieser elenden Gruft gelandet. Ich fühle den
Tod unaufhaltsam näher kommen und weiß, es gibt keinen
Ausweg mehr. Das ist am schwersten zu akzeptieren:
die blanke Tatsache, dass mein Leben gleich zu Ende sein
wird. Während Schock und Schmerz mein Inneres verkrampfen,
frage ich mich flüchtig, ob es wohl noch jemanden
gibt, der meinen Tod betrauert. Und ob sich in
zehn Jahren irgendwer an mich erinnern wird.
Da höre ich es. Ein Geräusch. Direkt vor der Tür. Das
Scharren eines Schuhs.
Himmel, ist der Alptraum immer noch nicht vorüber?
Kommt jetzt erst der letzte Akt?
Ich beiße die Zähne zusammen und hebe mühsam
meinen Revolver. Die Anstrengung ist fast zu viel für
mich. Ich habe, glaube ich, fünf Schüsse abgefeuert, das
heißt, eine Kugel müsste ich übrig haben.
Ein Schatten fällt in den Raum, und gleich darauf erscheint
eine dunkelhaarige Frau in Jeans und Sweatshirt.
Mit der einen Hand hält sie eine Dienstmarke hoch, in
der anderen hat sie etwas, das aussieht wie ein Pfefferspray.
»Polizei!« Ihre nervös angespannte Stimme hallt in
dem Gewölbe wider. Sie will noch etwas sagen, aber da
erst realisiert sie das Gemetzel und hält mit offenem
Mund und schreckgeweiteten Augen inne, bis ihr Blick
schließlich auf mich fällt.
Sie runzelt die Stirn: »Sean?«
Selbst in meinem kaputten Zustand bringe ich ein Lächeln
zustande. »Hallo, Tina.«
»Was zum Teufel ist hier passiert?« Sie ignoriert es,
dass ich noch immer meine Pistole auf sie richte, und
kommt einen Schritt näher.
In diesem Moment geht die Ballerei los.
Teil Eins
Donnerstag, 7:00 Uhr
Vor 36 Stunden
Eins
Er war klein, unter einsfünfundsiebzig, und mit einer
Statur, die man entweder schlank oder schmächtig nennen
konnte, je nachdem, ob man es gut mit ihm meinte.
Er trug eine billige graue Polyesterhose, ein gebügeltes
weißes Hemd und eine schwarze Krawatte, die er mit
einem spießigen, eng sitzenden Knoten gebunden hatte.
Das einzig Auffällige an ihm waren seine Haare, die ihm
glatt und überraschend dick wie bei Prinz Eisenherz bis
auf die Schultern fielen. Ansonsten wirkte er geradezu
ungewöhnlich gewöhnlich, ein blasser, vielleicht ein wenig
nerdiger junger Mann. Aber, und das wusste die
frisch zum Detective Inspector beförderte Tina Boyd aus
Erfahrung, die brutalsten Killer sahen oft aus wie der
nette Nachbar von nebenan.
Vom Rücksitz des KIA Sorento, dessen dunkel getönte
Scheiben sie gegen Blicke abschirmten, beobachtete sie,
wie der zweiunddreißigjährige Alarmanlageningenieur
Andrew Kent eine schwangere Frau passierte und sie dabei
fast unmerklich musterte.
Andrew Kent. Sogar der Name war gewöhnlich.
Er trug einen kleinen Rucksack locker über einer
Schulter, und Tina fragte sich, ob er darin die Werkzeuge
seiner perversen Leidenschaft aufbewahrte. Vor zehn
Jahren noch hätte allein der Gedanke sie erschauern lassen,
doch nun betrachtete sie ihn unbeeindruckt, während
er in die ruhige Wohnstraße einbog, in der er seit
viereinhalb Jahren lebte. Schlurfend wie ein weltab gewandter
Teenager näherte er sich seinem Haus, das
etwa dreißig Meter entfernt lag. Er sah aus, als könnte er
kein Wässerchen trüben, und Tina musste innerlich grinsen.
Nach fast zweijährigen Ermittlungen schienen sie
ihn endlich am Haken zu haben. Und der Gedanke gefiel
ihr außerordentlich.
Sie nahm ihr Funkgerät und genoss die Vorfreude auf
die wohlverdiente Überraschung, die Kent gleich erwartete.
»Wagen Drei an alle Einheiten, der Verdächtige
kommt aus nördlicher Richtung durch die Wisbey Crescent.
Ihr müsstet jeden Augenblick Sichtkontakt haben.«
»Wagen Eins an alle: Wir sind bereit«, bellte Tinas
unmittelbarer Vorgesetzter, Detective Chief Inspector
Dougie MacLeod zurück. MacLeod war der Chef des
Camden Murder Investigation Teams oder des CMIT, wie
die meisten Leute zu sagen pflegten.
Wagen Zwei, Vier und Fünf gaben dieselbe Meldung
durch. Heute waren sie in Sturmtruppenstärke ausgeschwärmt;
allein in der Wisbey Crescent lauerten fünfzehn
Zivilbeamte, und zwei Dutzend Uniformierte waren an
vier strategischen Punkten in der Nähe platziert, um alle
möglichen Fluchtwege abzuschneiden. Die Festnahme
von Kent war eine hochrangige Angelegenheit, und die
Met konnte sich keine Fehler erlauben.
Doch als Kent gemächlich schlendernd fast das herun-
tergekommene Haus erreicht hatte, in dessen Erdgeschoss
seine Wohnung lag, geschah etwas. Er schlurfte plötzlich
noch langsamer, blieb schließlich keine zehn Meter von
der Haustür entfernt stehen und musterte eines der dort
parkenden Fahrzeuge. Es war ein weißer Ford Transit,
auf dessen Seiten in großen Druckbuchstaben Tischlerei
Renham & Son stand. Wagen Drei.
In diesem Augenblick begriff Andrew Kent auf nicht
erklärliche Weise, dass sie hinter ihm her waren.
Er fuhr herum und lief los, gerade als MacLeods hektische
Stimme ertönte: »Zugriff, los, los los!« Und in einer
Kakophonie aus Schreien und Befehlen spuckten die vier
Wagen die darin verborgenen Cops aus, die den Flüch tigen
zu erwischen versuchten.
Der Erste, der aus dem Transit sprang, war Detective
Constable Dan Grier, der einsfünfundneunzig große
blonde Polizeischulabsolvent, dem alle eine schnelle Karriere
prophezeiten. Seine schlanken muskulösen Beine
fraßen die Distanz zwischen ihm und Kent förmlich auf.
Doch als Grier den Arm ausstreckte und nach seiner
Beute schnappte, wandte sich Kent abrupt um, schlug
Griers Arm mit der einen Hand weg und landete mit der
anderen einen chirurgisch präzisen Karateschlag an der
Gurgel des jungen Detectives. Fassungslos sah Tina Grier
wie einen Sack Kartoffeln zu Boden gehen, während
Kent, der mickrige, schlurfige Nerd, mit einem überraschenden
Sidestep DC Anji Rodriguez auf dem falschen
Fuß erwischte. Die drahtige Polizistin, die gerne herumposaunte,
dass sie der Basketball-Jugendnationalmannschaft
angehört hatte, stolperte wie eine unerfahrene
Amateurin, als sie Kent packen wollte. Sie knickte um,
knallte heftig auf das Pflaster und verwandelte sich in ein
Hindernis für die hinter ihr heranstürmenden Kollegen.
Prompt verhakte sich Detective Sergeant Simon Tilley
beim Versuch, über sie hinwegzuspringen, und stürzte
ebenfalls.
Die ganze Szenerie wirkte surreal, wie eine Szene aus
einer Stummfilmklamotte. Der Anblick des flüchtenden
Kent, der sich wieder in die Richtung wandte, aus der
er gekommen war, während mehr als ein Dutzend Cops,
angeführt von einem keuchenden, hochroten DCI
MacLeod, bei der Verfolgung übereinanderpurzelte, hätte
lustig sein können, wäre der Mann nicht zu gefährlich
gewesen, um ihn entwischen zu lassen.
Tina wollte unbedingt bei der Festnahme dabei sein,
sie hätte Kent am liebsten selbst die Handschellen angelegt,
doch aufgrund einer Schussverletzung im Fuß, die
sie sich letztes Jahr zugezogen hatte, humpelte sie, und
zu ihrem Überdruss hatten die Ärzte sie noch immer
nicht voll diensttauglich geschrieben. Deshalb musste
sie die Aktion ihren Kollegen überlassen, was sie, während
sie durch die Heckscheibe beobachtete, wie Kent
sich schnell näherte, als bittere Ironie des Schicksals
empfand.
Widerwillig bewunderte sie sein Tempo und die Cool ness,
die er unter Druck bewies. Er kam näher und näher
und wechselte dabei die Straßenseite, so dass er jetzt auf
ihrer Seite war und sie sein Gesicht erkennen konnte, das
unbedingte Konzentration ausstrahlte.
Zehn Meter, acht, sechs ...
Sie packte den Griff der Fahrertür und stemmte sich
mit ihrem gesunden Fuß gegen den Rahmen.
Vier Meter. Sie konnte sein Keuchen hören.
Noch zwei Meter. Jetzt. Mit einer fließenden Bewegung
trat sie die Tür auf, schloss kurz die Augen und hoffte,
sein Tempo richtig eingeschätzt zu haben.
Sie hatte. Unfähig abzubremsen, prallte Kent genau in
dem Moment gegen die Innenseite der Tür, als sie ihren
Scheitelpunkt erreicht hatte und zurückfederte. Die
Wucht des Aufpralls schleuderte ihn über den Rahmen,
er schlug einen Salto und knallte auf den Asphalt.
Das Adrenalin schoss Tina ins Blut, als sie aus dem
Wagen stürzte. Fast wäre sie mit ihrem verletzten Fuß
eingeknickt, doch die lange angestaute Anspannung und
Wut explodierten in ihrem Kopf, und mit ungeheurer
Willenskraft richtete sie sich auf und hechtete mit nichts
als einer Dose CS-Gas bewaffnet auf Kent zu.
Kent war durch die Kollision zwar einigermaßen benommen,
wälzte sich aber bereits wieder herum und
stützte sich mit einer Hand ab, um hochzuspringen.
Dann weiteten sich seine Augen vor Schreck, als er Tina
auf sich herunterkommen sah.
Zwar zählen die britischen Vorschriften zur Festnahme
eines Verdächtigen weltweit zu den rigidesten und erlauben
nur das absolute Minimum an Gewalt, doch Tina
hatte die Regeln schon immer flexibel ausgelegt. Sie
rammte ihm beide Knie in den Magen und versuchte, so
viel Gewicht wie möglich dahinterzubringen. Sie ignorierte
sein schmerzverzerrtes Stöhnen, brachte sich rittlings
auf seiner Brust in Position, lehnte sich etwas zu-
rück, damit sie nichts abbekam, und verpasste ihm eine
freizügige Dosis CS-Gas in den aufgerissenen Mund und
die weit geöffneten Augen.
Er hustete, würgte und schlug unter ihr wild um sich.
Er hatte trotz der atemraubenden Attacke noch mehr
Durchhaltevermögen, als sie erwartet hatte, und hätte sie
fast abgeworfen. Reflexartig hieb sie ihm mit voller
Wucht die Faust ins Gesicht. Sie kostete das schrecklichschöne
Hochgefühl aus, das ihr der Aufprall ihrer harten
Knöchel mit dem weichen Fleisch seiner Wange verschaffte,
und schlug noch einmal und noch einmal zu,
wütend und hart genug, dass sein Kopf bei jedem Treffer
auf den Asphalt knallte.
»Andrew Michael Kent«, bellte sie um Atem ringend,
während der Mann seine Gegenwehr aufgab und erschlaffte.
»Ich verhafte Sie unter dem Verdacht des Mordes.
Sie müssen nichts sagen, aber alles, was sie sagen,
kann Ihre Verteidigung schwächen, wenn sie bei der Vernehmung
etwas verschweigen, was sie später vor Gericht
vorbringen wollen. Alles was Sie sagen, kann als Beweismittel
verwendet werden.«
Noch während sie ihr Sprüchlein abspulte, eilten ihre
Kollegen herbei und drückten Kent auf den Asphalt.
»Ich bin unschuldig«, heulte er, ehe ihn ein Husten anfall
überwältigte.
»Genau wie alle anderen, die ich erwischt habe«,
brummte Tina, ehe sie sich erhob und es ihren Kollegen
überließ, die Festnahme zu Ende zu bringen. Sie war ein
wenig irritiert, aber keineswegs überrascht, wie sehr sie
es genossen hatte, ihn fertigzumachen.
Zwei
Die Medien hatten ihn Night Creeper getauft. Innerhalb
von dreiundzwanzig Monaten hatte er ganz London terrorisiert
und fünf Frauen in ihren Wohnungen vergewaltigt
und ermordet. Die Opfer hatte er scheinbar wahllos
ausgesucht, allerdings entsprachen sie doch einem bestimmten
Profil: weiß, ledig, beruflich erfolgreich und
attraktiv. Das jüngste war fünfundzwanzig, das älteste
siebenunddreißig. Darüber hinaus stürzten sich die
Medien besonders auf den Fakt, dass in keinem der Fälle
Spuren gewaltsamen Eindringens gefunden worden waren,
und das, obwohl alle Wohnungen als sicher gelten
durften und mit neuen Alarmanlagen ausgestattet waren.
Dies verlieh dem Night Creeper in den Medien quasi
mystische Dimensionen: ein Mann, der überall eindringen
konnte, lautlos und ohne Spuren zu hinterlassen.
Zwangsläufig steigerte dies die Ängste der alleinstehenden,
attraktiven Karrierefrauen und ihrer Angehörigen
im Großraum London.
Als Tina vier Monate zuvor zum CMIT gestoßen war,
nachdem sie sich erfolgreich auf eine freie DI-Stelle beworben
hatte, lastete bereits gewaltiger Druck auf den
Ermittlern. Nur verfügten sie über so gut wie keine hand-
festen Hinweise. Offenbar kannte sich der Killer in der
Forensik aus und hinterließ kaum Spuren, und es gab
keine Zeugen, die ihn gesehen hatten.
Am Ende war es die gute alte hartnäckige Polizeiarbeit,
die zu seiner Festnahme führte. Und niemand anderes als
Tina selbst hatte den entscheidenden Hinweis entdeckt.
Bei der Vernehmung eines engen Freundes des letzten
Opfers hatte Tina herausgefunden, dass Adrienne Menzies'
Alarmanlage erst wenige Wochen zuvor installiert
worden war, und der Techniker, der sie eingebaut hatte,
habe Adrienne, so der Freund, »einen eiskalten Schauer
über den Rücken gejagt«. Allerdings hatte Tina dieser
vagen Bemerkung zunächst keine große Bedeutung beigemessen,
und ihr Kollege, der junge aufstrebende DC
Dan Grier, der sie bei der Vernehmung begleitete, hatte
sie direkt wertlos gefunden. Doch dann hatte Tina noch
einmal darüber nachgedacht. Kaum jemand konnte einfacher
eine narrensichere Alarmanlage überwinden als
die Person, die sie installiert hatte. Deshalb rief sie die
Firmen an, die die Anlagen in den Wohnungen der anderen
Opfer eingebaut hatten, und fragte sie nach dem
Namen des Technikers, der die Arbeit ausgeführt hatte.
Das Hochgefühl, das sie überkam, als alle Firmen denselben
Namen zurückmeldeten, würde sie nie vergessen.
Andrew Kent. Selbstständiger Ingenieur. Der seine Kenntnisse
nutzte, um die Polizei in die Irre zu führen, und
seine unabhängige Position, um sich seine Opfer nach
Gutdünken auszusuchen. Der Killer.
Jetzt hatten sie ihn. Und das war zu einem Großteil
Tinas Verdienst.
Sie nahm einen letzten tiefen Zug aus ihrer Zigarette,
zertrat die Kippe und ignorierte den angewiderten Blick
einer Endvierzigerin, die in der ersten Reihe der Schaulustigen
stand, die sich an der rings um Kents Haus errichteten
Absperrung drängten. Inzwischen dämmerte
es, Kent war auf das Polizeirevier Holborn gebracht worden,
wo man ihm seine DNS abnehmen und ihn verhören
würde. Natürlich würde er zuvor die medizinische Versorgung
bekommen, die er nach Tinas unkonventioneller
Festnahme benötigte.
In der Zwischenzeit mussten die Ermittler seine Wohnung
nach Anhaltspunkten durchsuchen, die ihn mit den
Morden in Verbindung brachten. Vor zwei Tagen, unmittelbar
nachdem Kent zum Hauptverdächtigen avanciert
war, hatten sie einen Durchsuchungsbefehl erwirkt, doch
die Wohnung war so komplex gesichert, dass es trotz der
hochqualifizierten Techniker, die sie angefordert hatten,
unmöglich war, sein System zu umgehen, ohne ihn zu
alarmieren. Nun jedoch besaßen sie Kents Schlüssel; Tina
ignorierte den Schmerz in ihrem Fuß, streifte einen
Plastikoverall über und humpelte zur Haustür. Sie hoffte
inständig, in der Wohnung belastendes Material zu finden,
denn bislang hatten sie nichts, was ihn mit seinen
Opfern verband, außer der Tatsache, dass er deren
Alarmanlagen installiert hatte. Das mochte zu viel sein,
um es als Zufall zu erklären, aber bei weitem nicht genug,
um eine Verurteilung wegen mehrfachen Mordes zu
erreichen.
»Wie geht's deinem Nacken?«, fragte sie Dan Grier, als
sie sich an der Haustür begegneten.
»Er hat einen Glückstreffer gelandet«, antwortete er
mit einem Hauch Feindseligkeit in der Stimme und rieb
sich die Stelle durch das Plastik seines Overalls. »Außerdem
habe ich nicht damit gerechnet.«
»Ja, das habe ich gesehen. Fieser kleiner Drecksack,
was?«
»Er hat auf jeden Fall irgendeine Kampfsportausbildung
absolviert. Wir hätten ihn gründlicher durchleuchten sollen.«
Tina lächelte. Manchmal gebärdete Grier sich wie ein
aufgeblasener Wichser. Sie waren nie wirklich gut mit einander
ausgekommen. Sie hielt ihn für einen überkandidelten
Korinthenkacker, und er fand es offenkundig
unangemessen, dass sie sein Boss war. Nach der Vernehmung
von Adrienne Menzies' Freund hatte sich ihr Verhältnis
noch mehr eingetrübt. Tina glaubte, Grier werfe
ihr vor, sie habe ihre Spur auf eigene Faust verfolgt, um
ihn dumm dastehen zu lassen, was aber nicht der Fall
war. Sie arbeitete einfach lieber allein und folgte ihren eigenen
Instinkten. »Tja, du weißt doch, wie es ist, Dan«,
sagte sie zu ihm. »Man lernt nie aus. Und immerhin haben
wir ihn jetzt am Wickel.« Sie streckte ihre Hand vor.
»Nach dir.«
Grier erwiderte nichts, sondern betrat schweigend das
Haus.
Als Tina ihm folgen wollte, hörte sie jemanden nach
ihr rufen. Sie wandte sich um und erkannte DCI MacLeod,
der, sein Handy in der einen und den Overall in der anderen
Hand, auf sie zusteuerte. Auf seiner Stirn standen
noch immer die Schweißtropfen, obwohl Tina schätzte,
dass er höchstens dreißig Meter gerannt sein konnte.
Und auch unter seinen Achseln waren Flecken erkennbar.
Offenbar holte ihn schon das Alter ein, und mit seinem
ungesunden gräulichen Teint, der zur Farbe seiner
Haare passte, wirkte er, als könnte ihn jeden Augenblick
ein Herzinfarkt heimsuchen.
»Sir?« Sie hatte seit der Festnahme noch nicht mit ihm
gesprochen, da er ständig das Handy am Ohr gehabt
hatte. Sie fragte sich, was er von ihr wollte.
»Gute Arbeit, wie Sie Kent aufgehalten haben«, sagte
er, als er vor ihr stehenblieb. »Es wäre mehr als peinlich
gewesen, wenn er uns entkommen wäre.«
Das gefiel ihr an ihm. Dass er ganz im Gegensatz zu
vielen Vorgesetzten, mit denen sie über die Jahre zu tun
gehabt hatte, aufrichtig war und stets sagte, was er
dachte. »Kein Problem. Ich bin froh, dazu beigetragen zu
haben.«
MacLeod runzelte die Stirn. »Sie wissen, dass ich Sie
lieber heute als morgen zurück in den aktiven Dienst versetzen
würde, Tina. Aber Sie kennen die verdammten
Vorschriften. Die binden uns die Hände.«
»Trotzdem, wenn Sie irgendetwas tun können, würde
mir das sehr helfen. Ich habe mich ja nicht zu Ihnen versetzen
lassen, um zuzusehen, wie andere sich mit den
Top-Fällen schmücken.«
»Ich schau mal.« Er holte tief Luft und Tina spürte,
dass er nicht nur herübergekommen war, um ihr zu gratulieren.
»Ich nehme an, Kent wird nicht so schnell eine
Beschwerde wegen ungerechtfertigter Gewaltanwendung
einreichen ...«
»Ich denke, das ist im Augenblick sein geringstes Pro b
lem.«
»Aber Sie müssen aufpassen, Tina«, fuhr er fort und
trat einen Schritt näher. Sorgfältig wog er seine Worte
ab. »Sie können sich nicht von Ihrer Befriedigung über
die Festnahme eines Verdächtigen mitreißen lassen. Sie
haben Kent vorhin ziemlich hart angefasst.«
»Ich musste ihn aufhalten.«
»Das weiß ich, und ganz persönlich denke ich, hat er
verdient, was er bekommen hat, und eigentlich war das
noch zu wenig. Allerdings stehen Sie im Rampenlicht.«
Sie wollte widersprechen, doch er hob die Hand. »Ich
weiß, es ist nicht Ihr Fehler, dass Sie bekannt sind wie ein
bunter Hund, aber ob Ihnen das gefällt oder nicht, Sie
müssen damit leben. Ihr Handeln bleibt nicht unbeobachtet.
Wenn Sie über die Stränge schlagen, machen die Ihnen
die Hölle heiß. Ich sage das nur, weil Sie zu meiner Truppe
gehören und ich Sie schützen will. Zudem halte ich Sie
für eine außergewöhnlich gute Polizistin. Sie waren es, die
den entscheidenden Hinweis auf Kent entdeckte, und Sie
sollten dafür auch die Anerkennung bekommen. Gefährden
Sie das nicht, indem Sie unserem Verdächtigen am
helllichten Tag die Seele aus dem Leib prügeln.«
Tina wollte sich rechtfertigen, und ihr erster Gedanke
war, zu widersprechen, zu sagen, sie habe nur minimal
Gewalt angewendet, und wenn die Leute damit nicht
umgehen könnten, dann sei das deren Problem. Aber sie
unterließ es. Sie wollte keinen Streit mit ihrem Boss losbrechen,
und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte er
Recht. »Danke, Sir, ich werd's mir merken. Ist das alles?«
Er lächelte. »Das ist alles. Maßregelung beendet. Und
nochmal: Sie haben das ausgezeichnet gemacht.«
Sie wandte sich ab, ging hinein und stieg die ausgetretene
Treppe hinauf. Ihr Fuß schmerzte wieder. Zum
zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren war sie angeschossen
worden. Zudem hatte sie einen der Schützen
getötet, und zwei ihrer Kollegen, darunter ihr Verlobter,
wurden ermordet. Kein Wunder, dass sie bekannt war
wie ein bunter Hund.
Die schwarze Witwe hatten sie sie genannt. Taten es
vielleicht sogar immer noch, Tina wusste es nicht. Aber
so oder so hielten die Leute Abstand von ihr, als verbreite
sie Unheil. Vielleicht war sie deshalb zur einsamen
Wölfin geworden, die nirgends sesshaft werden konnte
und oft die Dienststellen wechselte. Sie hatte sogar schon
einmal den Dienst quittiert, ehe sie sich ein Jahr darauf
der SOCA anschloss, der Serious Organized Crime
Agency. Dort hatte sie es ein Jahr ausgehalten, ehe sie zur
Islington CID zurückkehrte, wo sie sich als Detective
Constable ihre ersten Sporen verdient hatte. Doch die
alltägliche Kripoarbeit konnte ihre Ambitionen nicht befriedigen,
deshalb hatte sie sich auf die frei werdende
Stelle beim CMIT beworben, die zudem noch eine Beförderung
beinhaltete. Und tatsächlich hatte ihr ihre Vergangenheit
nicht so geschadet wie befürchtet, denn sie
hatte die Stelle bekommen, auch wenn sie lieber selbst
ermittelt hätte, als vom Schreibtisch aus Verwaltungs arbeit
zu leisten.
Die verstärkte Tür zu Andrew Kents Wohnung wurde
durch ein Telefonbuch offen gehalten. Aus der Wohnung
Vollständige deutsche Erstausgabe 02/2011
Copyright © 2010 by Simon Kernick
Copyright © 2011 by Wilhelm Heyne Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Redaktion: Marcus Jensen
Printed in Germany 2011
Umschlagillustration: © Halfdark / Getty Images
Umschlaggestaltung: yellofwarm GmbH, S. Freischem
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-453-43544-5
www.heyne.de
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Autoren-Porträt von Simon Kernick
Simon Kernick, 1966 geboren, lebt in der Nähe von London und hat zwei Kinder. Die Authentizität seiner Romane ist seiner intensiven Recherche zu verdanken. Im Laufe der Jahre hat er eine außergewöhnlich lange Liste von Kontakten zur Polizei aufgebaut. Sie umfasst erfahrene Beamte der Special Branch, der National Crime Squad (heute SOCA) und der Anti-Terror-Abteilung. Mit Gnadenlos (Relentless) gelang ihm international der Durchbruch, mittlerweile zählt er in Großbritannien zu den erfolgreichsten Thrillerautoren und wurde für mehrere Awards nominiert. Seine Bücher sind in dreizehn Sprachen erschienen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Simon Kernick
- 2011, Deutsche Erstausgabe, 445 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Blank, Gunter
- Übersetzer: Gunter Blank
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453435443
- ISBN-13: 9783453435445
- Erscheinungsdatum: 04.01.2011
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