Intersexualität - Intersex
Eine Intervention
Oft werden bei der Diagnose 'Intersex' im Säuglings- und frühen Kindesalter operative und hormonelle Eingriffe vorgenommen, um ein möglichst eindeutiges Erscheinungsbild der Genitalien zu erreichen. Von den Interessensvertretungen der Intersexe werden diese...
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Produktinformationen zu „Intersexualität - Intersex “
Klappentext zu „Intersexualität - Intersex “
Oft werden bei der Diagnose 'Intersex' im Säuglings- und frühen Kindesalter operative und hormonelle Eingriffe vorgenommen, um ein möglichst eindeutiges Erscheinungsbild der Genitalien zu erreichen. Von den Interessensvertretungen der Intersexe werden diese Eingriffe als gewaltsam und traumatisierend beschrieben. Neue wissenschaftliche Ergebnisse zeigen ebenfalls massive Probleme der Behandlungen auf - der Deutsche Ethikrat berücksichtigte sie nicht für seine Anfang 2012 veröffentlichte Stellungnahme zum Umgang mit Intersexualität. In diesem Band wird der aktuelle Forschungsstand vorgestellt und mit den Forderungen der Intersex-Verbände kontextualisiert. Voraus geht eine Analyse der gesellschaftlichen Umstände, die zur bisher üblichen medizinischen Praxis führten. Darin wird gezeigt dass die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern sowie die sozial strukturierte Angst vor geschlechtlicher Pluralität wichtige Ausgangspunkte dafür waren, Uneindeutigkeiten gesellschaftlich und medizinisch zu tilgen. Vor dem Hintergrund einer wachsenden gesellschaftlichen Anerkennung vielfältiger geschlechtlicher Identitäten wird herausgearbeitet, dass die Begründung der bisherigen medizinischen Behandlungspraxis - sie basierte eben darauf, Menschen Diskriminierungen und Gewalt in einer gegenüber geschlechtlicher Uneindeutigkeit intoleranten Gesellschaft ersparen zu wollen - nicht mehr gegeben ist.
Lese-Probe zu „Intersexualität - Intersex “
Einleitung"Etliche Betroffene sind aufgrund der früher erfolgten medizinischen Eingriffe so geschädigt, dass sie nicht in der Lage sind, einer normalen Erwerbstätigkeit nachzugehen, oder sie sind infolge der Eingriffe schwer behindert." (Deutscher Ethikrat 2012: S.165)"Intersexualität - Überleben zwischen den Geschlechtern" lautete im Sommer 2000 der Titel von Heft acht der GiGi - Zeitschrift für sexuelle Emanzipation. Um ein Überleben ging und geht es für die Intersexe in der aktuellen Gesellschaft tatsächlich. Bei ihnen treten weibliche und männliche Bestandteile des Genitaltraktes gemeinsam, also an ein und demselben Menschen, auf. Vom Überleben muss gesprochen werden, nicht etwa weil die körperliche Besonderheit lebens- oder gesundheitsbedrohlich wäre. Das ist sie nicht, und nur in wenigen Fällen liegen tatsächlich die Gesundheit bzw. das Leben bedrohende Begleiterscheinungen wie Salzverlust vor, die medizinisch behandelt werden müssen. Eine eindeutige Zuweisung zu weiblichem oder männlichem Geschlecht ist aber selbst dann medizinisch nicht notwendig. Dennoch wird sie, verbunden mit massiven chirurgischen und hormonellen Eingriffen, bei Intersexen weiterhin verbreitet im Säuglings- und frühen Kindesalter vorgenommen. Seit den 1990er Jahren gibt es gegen diese Praxis, die auf eine Angleichung an die gesellschaftliche Norm zielt, Widerstand der so behandelten Menschen. Sie beschreiben, dass und wie diese Behandlungen für sie gewaltvoll und traumatisierend waren. Vom Überleben von Intersexen muss also auf Grund zweigeschlechtlicher gesellschaftlicher Norm und der auf ihr basierenden medizinischen Interventionen gesprochen werden.Ende Februar 2012 veröffentlichte der Deutsche Ethikrat - ein vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung eingesetztes Gremium - seine Stellungnahme "Intersexualität". Darin kritisiert er die gesellschaftliche zweigeschlechtliche Normierung. Er empfiehlt der gesetzgebenden Gewalt, von der bisherigen Regelung zum Geschlechtseintrag im
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Personenstandsgesetz abzugehen, in der lediglich die Optionen "weiblich" oder "männlich" vorgesehen sind. Der Ethikrat plädiert dafür, eine dritte Option hinzuzufügen, die auf Intersexe angewendet werden könnte. Als Geschlecht könnte damit bei einem Kind "weiblich", "männlich" oder beispielsweise "anderes" vermerkt werden. Damit nimmt der Ethikrat eines der Anliegen der Intersex-Bewegung auf, wenn auch ihre Forderungen in dieser Frage weitergehen. Eine zu schaffende dritte Kategorie müsse diskriminierungsfrei sein und für sich allein als eigenes Geschlecht bestehen können, so die Intersex-Verbände. Begriffe wie "anderes" oder "dazwischen", die über die gesellschaftlich dominanten Geschlechter "Mann" und "Frau" bestimmt werden, scheiden damit als Möglichkeiten aus. Stattdessen könnte die dritte Kategorie beispielsweise "Zwitter" oder "Intersex" lauten. Aus anderen Positionen zum Geschlechtseintrag wird dafür argumentiert, diesen als überflüssig zu erkennen und vollständig entfallen zu lassen.Der zentralen Forderung der Intersex-Verbände nach dem Ende der chirurgischen und hormonellen medizinischen Eingriffe im frühen Kindesalter folgte der Ethikrat dagegen nicht. Zwar diskutierte auch er die unterschiedlichen Positionen in der Debatte. Auch beschrieb er das Leid und die Unzufriedenheit eines großen Teils der befragten Intersexe mit den Behandlungen. Zu einer grundsätzlichen Abkehr von den medizinisch nicht notwendigen Interventionen im frühen Kindesalter mochte er sich in seiner Empfehlung hingegen nicht durchringen. Auch bezog er die aktuellen internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die die medizinischen Behandlungen evaluierten (so genannte "Outcome-Studien"), in seine Stellungnahme nicht ein, sondern stützte sich lediglich auf zwei weiter zurückliegende deutschsprachige Arbeiten und eine kleinere eigene Online-Befragung. Aber auch diese Studien beschreiben Leid, Traumatisierungen und Behandlungsunzufriedenheit der behandelten Intersexe. Gleichzeitig b
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Inhaltsverzeichnis zu „Intersexualität - Intersex “
EinleitungEinführende ErläuterungenBegriffliche Erläuterungen: Hermaphroditismus - Intersexualität - DSD - IntersexDas medizinische BehandlungsprogrammDie Formierung der Intersex-Bewegung und ihr StreitenDie gesellschaftliche Eingebundenheit der Medizin und der Zwang zu geschlechtlicher EindeutigkeitAusgangspunkte für das Ziel eindeutiger Geschlechtsfeststellung in ZweifelsfällenAusweitung der zweigeschlechtlichen gesellschaftlichen Norm mit dem aufkommenden ChristentumZur Verwissenschaftlichung von Geschlecht und SexualitätDie Angleichung an die gesellschaftliche NormMedizinische Diagnostik: Die Kennzeichen des GeschlechtsZuweisung des GeschlechtsInteressen der Eltern, der betroffenen Menschen, der MedizinerDie aktuelle Praxis - Verfahren und Evaluation der Ergebnisse und der BehandlungszufriedenheitVerfahren"Outcome" - Evaluation der medizinischen BehandlungsergebnisseZusammenfassung der Ergebnisse der Evaluation der medizinischen Eingriffe und der BehandlungszufriedenheitAbleitungen aus den Ergebnissen zur Behandlungszufriedenheit vor dem Hintergrund einer sich pluralisierenden GesellschaftMedizinethische ErwägungSich pluralisierende Gesellschaft
Autoren-Porträt von Heinz-Jürgen Voß
Heinz-Jürgen Voß (Dr. phil., Dipl. Biol.) lebt in Halle und Hannover und arbeitet am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg. Forschungsschwerpunkte sind biologische und medizinische Geschlechtertheorien, Gender und Queer Theorien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Heinz-Jürgen Voß
- 2012, 80 Seiten, Maße: 10,8 x 18 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Unrast
- ISBN-10: 3897711192
- ISBN-13: 9783897711198
- Erscheinungsdatum: 31.08.2012
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