Sabotage / Isaac Bell Bd.2
Roman. Deutsche Erstausgabe
Zerstörte Züge, gesprengte Brücken - ein Saboteur hat der Southern Pacific Railroad Company den Krieg erklärt.
Die Erschließung des Westens der USA steht auf dem Spiel, falls der Saboteur nicht bald gefasst...
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Produktinformationen zu „Sabotage / Isaac Bell Bd.2 “
Zerstörte Züge, gesprengte Brücken - ein Saboteur hat der Southern Pacific Railroad Company den Krieg erklärt.
Die Erschließung des Westens der USA steht auf dem Spiel, falls der Saboteur nicht bald gefasst werden kann. Isaac Bell von der Van-Dorn-Detektivagentur heftet sich an die Fersen des Attentäters. Was er bei seiner Verfolgung herausfindet, erschüttert selbst einen harten Mann wie Isaac Bell.
Klappentext zu „Sabotage / Isaac Bell Bd.2 “
Offenbar grundlos zerstört der »Saboteur« Züge und Schienenwege der Southern Pacific Railroad Company. Sollte er nicht bis zum Winter gefasst werden, bedeutet dies das Aus für die Eisenbahngesellschaft und damit das Ende der Eroberung des Westens der USA. Isaac Bell von der Van-Dorn-Detektivagentur ist der Einzige, der den Verbrecher noch stoppen kann. Kompromisslos heftet er sich an die Fersen des Saboteurs, doch was Bell während der Jagd herausfindet, erschüttert selbst diesen harten Mann.Die besten historischen Actionromane! Verpassen Sie keinen Fall des brillanten Ermittlers Isaac Bell. Jeder Roman ist einzeln lesbar.
Lese-Probe zu „Sabotage / Isaac Bell Bd.2 “
Sabotage von Clive CusslerUNERLEDIGTE ANGELEGENHEITEN
12. Dezember 1934
Garmisch-Partenkirchen
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Oberhalb der Schneegrenze nagten die Alpen wie die Zähne eines vorsintflutlichen Fleischfressers am Himmel. Sturmwolken streiften die sturmumtosten Bergspitzen, während sich der zerklüftete Fels zu bewegen schien. Es war, als erwache die Bestie. Zwei Männer - keiner von ihnen mehr jung, aber beide stark - beobachteten die Entwicklung vom Balkon eines Skihotels aus mit wachsender Vorfreude.
Hans Grandzau war ein Bergführer, dessen wettergegerbtes Gesicht genauso rissig aussah wie die Berggipfel. In seinem Kopf trug er das Wissen, das man anhäuft, wenn man sein Leben sechzig Jahre lang vorwiegend auf den winterlichen Berghängen zubringt. Am Vorabend hatte er versprochen, dass der Wind nach Ost drehen werde. Eine eisige sibirische Kälte werde die feuchte Luft, die vom Mittelmeer herüberkam, in dichten, wirbelnden Schnee verwandeln.
Der Mann, dem Hans diesen Schnee versprochen hatte, war ein hochgewachsener Amerikaner, dessen blondes Haar und Schnurrbart mit silbernen Fäden durchzogen war. Er trug einen Anzug aus Norfolk-Tweed, auf dem Kopf einen wärmenden Filzhut und einen Schal der Yale University mit dem Emblem des Branford College. Seine Kleidung war typisch für einen gut situierten Touristen, der die Alpen besuchte, um Wintersport zu treiben. Aber seine Augen richteten
sich mit eisblauer Intensität auf eine einsame Felsenburg, die fünfzehn Kilometer entfernt auf der anderen Seite des unwegsamen Tales lag.
Seit eintausend Jahren überragte diese Burg die abgelegene Schlucht. Im Winter wurde sie nahezu vollständig von Schnee begraben und versteckte sich sonst im Schatten der Berge, die majestätisch auf sie herabblickten. Einige Kilometer unterhalb der Burg und nur durch eine Kletterpartie zu erreichen, die zu lang und steil war, um auf die leichte Schulter genommen werden zu können, lag ein Dorf. Der Amerikaner beobachtete eine Rauchsäule, die sich ihm langsam näherte. Er war zwar zu weit entfernt, um auch die Lokomotive sehen zu können, die jenen Rauch erzeugte, doch er wusste, dass sie den Verlauf des Gleises markierte, das über die Grenze bis nach Innsbruck führte. Der Kreis hat sich geschlossen, dachte er grimmig. Vor siebenundzwanzig Jahren hatte das Verbrechen mit einer Eisenbahn in den Bergen begonnen. Und heute würde es in jedem Fall sein Ende finden, und zwar wieder durch eine Eisenbahn in den Bergen.
»Sind Sie auch sicher, dass Sie das schaffen?«, fragte der Bergführer. »Die Aufstiege sind steil, und der Wind schneidet wie mit Messern.«
»Ich bin genauso frisch wie Sie, alter Freund.«
Um Hans zu beruhigen, erklärte er, dass er sich entsprechend vorbereitet habe, indem er als nicht formeller Angehöriger einer Einheit der United States Army, die zur Teilnahme an einer Übung zur Verfeinerung ihrer Gebirgskampftechniken abkommandiert worden war, einen ganzen Monat mit einer auf Skiern operierenden Truppe des norwegischen Militärs unter winterlichen Verhältnissen im Biwak verbrachte.
»Ich hatte gar keine Ahnung, dass amerikanische Soldaten in Norwegen ausgebildet werden«, gab der Deutsche pikiert zurück.
Die blauen Augen des Amerikaners bekamen einen violetten Schimmer, während der Anflug eines Lächelns um seine Lippen spielte. »Nur für den Fall, dass wir irgendwann mal wieder zurückkommen müssen, um einen weiteren Krieg zu beenden.«
Dafür hatte Hans nur ein mattes Grinsen übrig. Der Amerikaner wusste, dass er ein stolzer Veteran des Alpenkorps war, jener deutschen Elite-Gebirgsdivision, die Kaiser Wilhelm im Ersten Weltkrieg 1914-1918 hatte aufstellen lassen. Aber er war kein Freund der Nazis, die soeben die deutsche Regierung unter ihre Kontrolle gebracht hatten und nun drohten, Europa in einen neuen Krieg zu stürzen.
Der Amerikaner ließ den Blick wachsam in die Runde schweifen, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. Ein älteres Zimmermädchen in schwarzem Kleid und weißer Schürze schob auf der anderen Seite der Balkontüren einen Teppichreiniger vor sich her. Er wartete, bis sich die Frau entfernt hatte, dann versteckte er ein Lederetui mit Schweizer Zwanzig-Franken-Münzen in Gold in seiner großen Hand und steckte es dem Bergführer zu.
»Das gesamte Honorar im Voraus. Die Abmachung lautet: Wenn ich nicht mithalten kann, überlassen Sie mich meinem Schicksal und kehren nach Hause zurück. Sie besorgen die Skier. Ich erwarte Sie am Skilift.«
Dann begab er sich eilig in sein luxuriöses holzgetäfeltes Zimmer, wo dicke Teppiche und ein knisterndes Feuer die Szenerie jenseits der Fenster noch kälter erscheinen ließen. Schnell schlüpfte er in eine wasserabweisende Gabardine-Hose, deren Beine er in dicke Wollsocken stopfte, dann in Schnürstiefel, zog zwei dünne Wollpullover, eine winddichte Lederweste und eine hüftlange Gabardine-Jacke an, deren Reißverschluss er aber offen ließ.
Jeffrey Dennis klopfte an die Tür und trat ein. Er war ein glatter junger Agent aus dem Berliner Büro und trug einen Tirolerhut, wie er bei Touristen beliebt war. Jeffrey war aufgeweckt, diensteifrig und bestens organisiert. Doch ein Frischluftfanatiker und Naturfreund war er nicht.
»Noch immer kein Schnee:«
»Geben Sie allen das Startzeichen«, sagte der ältere Mann zu ihm. »In einer Stunde können Sie die eigene Hand nicht mehr vor Augen sehen.«
Dennis reichte ihm einen kleinen Rucksack. »Papiere für Sie und Ihr, äh, Gepäck. Der Zug fährt um Mitternacht über die österreichische Grenze. Sie werden in Innsbruck erwartet. Bis morgen sollte der Pass jeder Kontrolle standhalten.«
Der ältere Mann blickte aus dem Fenster zu der fernen Burg hinüber. »Meine Frau:«
»In Paris in Sicherheit. Im George V.«
»Welche Nachricht?«
Der junge Mann holte einen Briefumschlag hervor. »Lesen Sie vor.«
Dennis las mit monotoner Stimme: »Vielen Dank, mein Liebling, für den schönsten fünfundzwanzigsten Hochzeitstag, den man sich vorstellen kann.«
Der ältere Mann entspannte sich sichtlich. Das war der Code, den sie vor zwei Tagen mit einem Augenzwinkern ausgemacht hatten. Sie hatte die Tarnung geliefert, romantische zweite Flitterwochen - für den Fall, dass ihn irgendjemand erkannte und fragte, ob er dienstlich hier war. Nun befand sie sich also in Sicherheit. Die Zeit für jegliche Tarnung war vorüber. Der Sturm baute sich langsam auf. Er nahm den Briefumschlag und hielt ihn in die Flammen im Kamin. Dann inspizierte er sorgfältig den Reisepass, die Visa und die Passierscheine für den Grenzübergang.
»Pistole?«
Sie war kompakt und leicht. Dennis sagte: »Es ist diese neue automatische Pistole, die die deutschen Polizisten bei verdeckten Einsätzen benutzen. Aber ich kann Ihnen auch einen Dienstrevolver besorgen, wenn Sie sich mit einer älteren Waffe wohler fühlen.«
Die blauen Augen, die die Burg auf der anderen Seite des düsteren Tals erneut betrachtet hatten, kehrten zu dem jungen Mann zurück. Ohne auf seine Hände zu schauen, nahm der Amerikaner das Magazin heraus, vergewisserte sich, dass die Kammer leer war, und fuhr fort, die Walther PPK auseinanderzunehmen, indem er den Abzugbügel öffnete und den Schlitten und die Rückholfeder vom Lauf trennte. Dafür brauchte er zwölf Sekunden. Noch immer den Kurier fixierend, setzte er die Pistole wieder zusammen.
»Das sollte doch ausreichen.«
Allmählich wurde dem jungen Mann klar, dass er hier Zeuge von etwas ganz Besonderem wurde. Ehe er sich bremsen konnte, stellte er eine eigentlich läppische Frage. »Wie lange muss man das üben, um so schnell zu werden:«
Ein überraschend warmes Lächeln erschien in dem ernsten Gesicht, und der ältere Mann sagte weder unfreundlich noch allzu ernst: »Üben Sie bei Nacht, Jeff, bei strömendem Regen und wenn gerade jemand auf Sie schießt, und Sie werden es schnell genug lernen.«
Dichtes Schneetreiben herrschte, als er zum Skilift kam. Er konnte kaum den Berggrat erkennen, der das obere Ende des Skilifts markierte. Die Felsbastionen, die dahinter aufragten, waren unsichtbar. Die anderen Skiläufer waren begeistert und
drängelten, um das Zugseil für eine weitere Abfahrt zu ergreifen, ehe der drohende Schneesturm die Bergführer zwang, den Hang aus Sicherheitsgründen zu sperren. Hans hatte neue Skier mitgebracht. Sie waren mit ihren ins Holz eingelassenen Stahlkanten auf dem aktuellen technischen Stand. »Der Wind nimmt zu«, sagte er und deutete auf die Stahlkanten. »Weiter oben dürfte alles vereist sein.«
Sie stiegen in die flexiblen Bindungen, fixierten sie um ihre Fersen, zogen die Handschuhe an und ergriffen die Skistöcke. Dann schoben sie sich durch die schwindende Schar der Skiläufer bis zum Seil, das um eine Tonne herumlief und von einem laut knatternden Treckermotor in Bewegung gehalten wurde. Sie ergriffen das Seil. Ein Ruck ging durch ihre Arme, und die beiden Männer kamen ins Gleiten und boten damit genau den Anblick, der in diesem eleganten Skiort so typisch war: ein reicher Amerikaner in vorgerückt mittlerem Alter auf Abenteuersuche und sein Privatlehrer, der alt und weise genug war, um ihn sicher und so rechtzeitig ins Hotel zurückzubringen, dass er sich ohne Eile zum Abendessen umziehen konnte.
Der Wind auf dem Grat war heftig und drehte ständig. Böen wirbelten den Schnee mal in dichten, mal in dünnen Schwaden durcheinander. Waren in dem einen Augenblick nur die Skiläufer zu sehen, die sich anschickten, den Steilhang hinunterzufahren, so klarte es im nächsten Moment wieder auf. Am Fuß des Steilhangs war das Hotel zu erkennen, klein wie ein Puppenhaus und von hohen Berggipfeln überragt. Der Amerikaner und Hans entfernten sich auf dem Berggrat von den anderen Skiläufern. Und plötzlich, als niemand auf sie achtete, verließen sie den Grat und glitten auf der anderen Seite abwärts.
Ihre Skier schnitten frische Spuren in den unberührten Pulverschnee.
...
Übersetzung: Michael Kubiak
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet Verlag,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Oberhalb der Schneegrenze nagten die Alpen wie die Zähne eines vorsintflutlichen Fleischfressers am Himmel. Sturmwolken streiften die sturmumtosten Bergspitzen, während sich der zerklüftete Fels zu bewegen schien. Es war, als erwache die Bestie. Zwei Männer - keiner von ihnen mehr jung, aber beide stark - beobachteten die Entwicklung vom Balkon eines Skihotels aus mit wachsender Vorfreude.
Hans Grandzau war ein Bergführer, dessen wettergegerbtes Gesicht genauso rissig aussah wie die Berggipfel. In seinem Kopf trug er das Wissen, das man anhäuft, wenn man sein Leben sechzig Jahre lang vorwiegend auf den winterlichen Berghängen zubringt. Am Vorabend hatte er versprochen, dass der Wind nach Ost drehen werde. Eine eisige sibirische Kälte werde die feuchte Luft, die vom Mittelmeer herüberkam, in dichten, wirbelnden Schnee verwandeln.
Der Mann, dem Hans diesen Schnee versprochen hatte, war ein hochgewachsener Amerikaner, dessen blondes Haar und Schnurrbart mit silbernen Fäden durchzogen war. Er trug einen Anzug aus Norfolk-Tweed, auf dem Kopf einen wärmenden Filzhut und einen Schal der Yale University mit dem Emblem des Branford College. Seine Kleidung war typisch für einen gut situierten Touristen, der die Alpen besuchte, um Wintersport zu treiben. Aber seine Augen richteten
sich mit eisblauer Intensität auf eine einsame Felsenburg, die fünfzehn Kilometer entfernt auf der anderen Seite des unwegsamen Tales lag.
Seit eintausend Jahren überragte diese Burg die abgelegene Schlucht. Im Winter wurde sie nahezu vollständig von Schnee begraben und versteckte sich sonst im Schatten der Berge, die majestätisch auf sie herabblickten. Einige Kilometer unterhalb der Burg und nur durch eine Kletterpartie zu erreichen, die zu lang und steil war, um auf die leichte Schulter genommen werden zu können, lag ein Dorf. Der Amerikaner beobachtete eine Rauchsäule, die sich ihm langsam näherte. Er war zwar zu weit entfernt, um auch die Lokomotive sehen zu können, die jenen Rauch erzeugte, doch er wusste, dass sie den Verlauf des Gleises markierte, das über die Grenze bis nach Innsbruck führte. Der Kreis hat sich geschlossen, dachte er grimmig. Vor siebenundzwanzig Jahren hatte das Verbrechen mit einer Eisenbahn in den Bergen begonnen. Und heute würde es in jedem Fall sein Ende finden, und zwar wieder durch eine Eisenbahn in den Bergen.
»Sind Sie auch sicher, dass Sie das schaffen?«, fragte der Bergführer. »Die Aufstiege sind steil, und der Wind schneidet wie mit Messern.«
»Ich bin genauso frisch wie Sie, alter Freund.«
Um Hans zu beruhigen, erklärte er, dass er sich entsprechend vorbereitet habe, indem er als nicht formeller Angehöriger einer Einheit der United States Army, die zur Teilnahme an einer Übung zur Verfeinerung ihrer Gebirgskampftechniken abkommandiert worden war, einen ganzen Monat mit einer auf Skiern operierenden Truppe des norwegischen Militärs unter winterlichen Verhältnissen im Biwak verbrachte.
»Ich hatte gar keine Ahnung, dass amerikanische Soldaten in Norwegen ausgebildet werden«, gab der Deutsche pikiert zurück.
Die blauen Augen des Amerikaners bekamen einen violetten Schimmer, während der Anflug eines Lächelns um seine Lippen spielte. »Nur für den Fall, dass wir irgendwann mal wieder zurückkommen müssen, um einen weiteren Krieg zu beenden.«
Dafür hatte Hans nur ein mattes Grinsen übrig. Der Amerikaner wusste, dass er ein stolzer Veteran des Alpenkorps war, jener deutschen Elite-Gebirgsdivision, die Kaiser Wilhelm im Ersten Weltkrieg 1914-1918 hatte aufstellen lassen. Aber er war kein Freund der Nazis, die soeben die deutsche Regierung unter ihre Kontrolle gebracht hatten und nun drohten, Europa in einen neuen Krieg zu stürzen.
Der Amerikaner ließ den Blick wachsam in die Runde schweifen, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. Ein älteres Zimmermädchen in schwarzem Kleid und weißer Schürze schob auf der anderen Seite der Balkontüren einen Teppichreiniger vor sich her. Er wartete, bis sich die Frau entfernt hatte, dann versteckte er ein Lederetui mit Schweizer Zwanzig-Franken-Münzen in Gold in seiner großen Hand und steckte es dem Bergführer zu.
»Das gesamte Honorar im Voraus. Die Abmachung lautet: Wenn ich nicht mithalten kann, überlassen Sie mich meinem Schicksal und kehren nach Hause zurück. Sie besorgen die Skier. Ich erwarte Sie am Skilift.«
Dann begab er sich eilig in sein luxuriöses holzgetäfeltes Zimmer, wo dicke Teppiche und ein knisterndes Feuer die Szenerie jenseits der Fenster noch kälter erscheinen ließen. Schnell schlüpfte er in eine wasserabweisende Gabardine-Hose, deren Beine er in dicke Wollsocken stopfte, dann in Schnürstiefel, zog zwei dünne Wollpullover, eine winddichte Lederweste und eine hüftlange Gabardine-Jacke an, deren Reißverschluss er aber offen ließ.
Jeffrey Dennis klopfte an die Tür und trat ein. Er war ein glatter junger Agent aus dem Berliner Büro und trug einen Tirolerhut, wie er bei Touristen beliebt war. Jeffrey war aufgeweckt, diensteifrig und bestens organisiert. Doch ein Frischluftfanatiker und Naturfreund war er nicht.
»Noch immer kein Schnee:«
»Geben Sie allen das Startzeichen«, sagte der ältere Mann zu ihm. »In einer Stunde können Sie die eigene Hand nicht mehr vor Augen sehen.«
Dennis reichte ihm einen kleinen Rucksack. »Papiere für Sie und Ihr, äh, Gepäck. Der Zug fährt um Mitternacht über die österreichische Grenze. Sie werden in Innsbruck erwartet. Bis morgen sollte der Pass jeder Kontrolle standhalten.«
Der ältere Mann blickte aus dem Fenster zu der fernen Burg hinüber. »Meine Frau:«
»In Paris in Sicherheit. Im George V.«
»Welche Nachricht?«
Der junge Mann holte einen Briefumschlag hervor. »Lesen Sie vor.«
Dennis las mit monotoner Stimme: »Vielen Dank, mein Liebling, für den schönsten fünfundzwanzigsten Hochzeitstag, den man sich vorstellen kann.«
Der ältere Mann entspannte sich sichtlich. Das war der Code, den sie vor zwei Tagen mit einem Augenzwinkern ausgemacht hatten. Sie hatte die Tarnung geliefert, romantische zweite Flitterwochen - für den Fall, dass ihn irgendjemand erkannte und fragte, ob er dienstlich hier war. Nun befand sie sich also in Sicherheit. Die Zeit für jegliche Tarnung war vorüber. Der Sturm baute sich langsam auf. Er nahm den Briefumschlag und hielt ihn in die Flammen im Kamin. Dann inspizierte er sorgfältig den Reisepass, die Visa und die Passierscheine für den Grenzübergang.
»Pistole?«
Sie war kompakt und leicht. Dennis sagte: »Es ist diese neue automatische Pistole, die die deutschen Polizisten bei verdeckten Einsätzen benutzen. Aber ich kann Ihnen auch einen Dienstrevolver besorgen, wenn Sie sich mit einer älteren Waffe wohler fühlen.«
Die blauen Augen, die die Burg auf der anderen Seite des düsteren Tals erneut betrachtet hatten, kehrten zu dem jungen Mann zurück. Ohne auf seine Hände zu schauen, nahm der Amerikaner das Magazin heraus, vergewisserte sich, dass die Kammer leer war, und fuhr fort, die Walther PPK auseinanderzunehmen, indem er den Abzugbügel öffnete und den Schlitten und die Rückholfeder vom Lauf trennte. Dafür brauchte er zwölf Sekunden. Noch immer den Kurier fixierend, setzte er die Pistole wieder zusammen.
»Das sollte doch ausreichen.«
Allmählich wurde dem jungen Mann klar, dass er hier Zeuge von etwas ganz Besonderem wurde. Ehe er sich bremsen konnte, stellte er eine eigentlich läppische Frage. »Wie lange muss man das üben, um so schnell zu werden:«
Ein überraschend warmes Lächeln erschien in dem ernsten Gesicht, und der ältere Mann sagte weder unfreundlich noch allzu ernst: »Üben Sie bei Nacht, Jeff, bei strömendem Regen und wenn gerade jemand auf Sie schießt, und Sie werden es schnell genug lernen.«
Dichtes Schneetreiben herrschte, als er zum Skilift kam. Er konnte kaum den Berggrat erkennen, der das obere Ende des Skilifts markierte. Die Felsbastionen, die dahinter aufragten, waren unsichtbar. Die anderen Skiläufer waren begeistert und
drängelten, um das Zugseil für eine weitere Abfahrt zu ergreifen, ehe der drohende Schneesturm die Bergführer zwang, den Hang aus Sicherheitsgründen zu sperren. Hans hatte neue Skier mitgebracht. Sie waren mit ihren ins Holz eingelassenen Stahlkanten auf dem aktuellen technischen Stand. »Der Wind nimmt zu«, sagte er und deutete auf die Stahlkanten. »Weiter oben dürfte alles vereist sein.«
Sie stiegen in die flexiblen Bindungen, fixierten sie um ihre Fersen, zogen die Handschuhe an und ergriffen die Skistöcke. Dann schoben sie sich durch die schwindende Schar der Skiläufer bis zum Seil, das um eine Tonne herumlief und von einem laut knatternden Treckermotor in Bewegung gehalten wurde. Sie ergriffen das Seil. Ein Ruck ging durch ihre Arme, und die beiden Männer kamen ins Gleiten und boten damit genau den Anblick, der in diesem eleganten Skiort so typisch war: ein reicher Amerikaner in vorgerückt mittlerem Alter auf Abenteuersuche und sein Privatlehrer, der alt und weise genug war, um ihn sicher und so rechtzeitig ins Hotel zurückzubringen, dass er sich ohne Eile zum Abendessen umziehen konnte.
Der Wind auf dem Grat war heftig und drehte ständig. Böen wirbelten den Schnee mal in dichten, mal in dünnen Schwaden durcheinander. Waren in dem einen Augenblick nur die Skiläufer zu sehen, die sich anschickten, den Steilhang hinunterzufahren, so klarte es im nächsten Moment wieder auf. Am Fuß des Steilhangs war das Hotel zu erkennen, klein wie ein Puppenhaus und von hohen Berggipfeln überragt. Der Amerikaner und Hans entfernten sich auf dem Berggrat von den anderen Skiläufern. Und plötzlich, als niemand auf sie achtete, verließen sie den Grat und glitten auf der anderen Seite abwärts.
Ihre Skier schnitten frische Spuren in den unberührten Pulverschnee.
...
Übersetzung: Michael Kubiak
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Blanvalet Verlag,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Clive Cussler, Justin Scott
Seit er 1973 seinen ersten Helden Dirk Pitt erfand, ist jeder Roman von Clive Cussler ein »New York Times«-Bestseller. Auch auf der deutschen SPIEGEL-Bestsellerliste ist jeder seiner Romane vertreten. 1979 gründete er die reale NUMA, um das maritime Erbe durch die Entdeckung, Erforschung und Konservierung von Schiffswracks zu bewahren. Er lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2020 in der Wüste von Arizona und in den Bergen Colorados.Justin Scott ist ein Bestseller-Autor von Thrillern, Krimis und historischen Romanen. Er wurde für seine Krimis bereits mehrmals für den renommierten Edgar Allan Poe Preis nominiert. Er lebt mit seiner Frau Amber in Connecticut, USA. Justin Scott ist ein Bestseller-Autor von Thrillern, Krimis und historischen Romanen. Er wurde für seine Krimis bereits mehrmals für den renommierten Edgar Allan Poe Preis nominiert. Er lebt mit seiner Frau Amber in Connecticut, USA.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
- 2011, Deutsche Erstausgabe, 604 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Michael Kubiak
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 344237684X
- ISBN-13: 9783442376841
- Erscheinungsdatum: 16.12.2011
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