Kollegialität
Eine Ethnografie der Belegschaftskultur im Kaufhaus. Dissertationsschrift
Arbeit und Alltag
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Produktinformationen zu „Kollegialität “
Arbeit und Alltag
Klappentext zu „Kollegialität “
Angestellte im Einzelhandel stehen unter starkem Einsparungs- und Konkurrenzdruck. Welche Formen kollegialen Miteinanders können sich hier behaupten? Götz Bachmann beschreibt in seiner Ethnographie den Arbeits- und Pausenalltag weiblicher Kaufhausangestellter. In ihrem alltäglichen Kampf um gemeinsame Pausen und ihrem Umgang miteinander geraten die Frauen in Konflikte. Zugleich gelingt es ihnen, auch unter widrigen Umständen Achtsamkeit zu leben und Herrschaftsverhältnisse neu auszuformen.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Kollegialität “
EinleitungDie Schwelle, die du siehst, ist ein Plastikteppich aus schwarzen Borsten. Über ihm eine Wand aus heißer Luft. Unter dem Teppich pustet ein Gebläse nach verbranntem Staub riechende Heizungsluft nach oben. Dahinter das Kaufhaus. Davor eine Fußgängerzone, die du aus westdeutschen Innenstädten kennst: Pflastersteine aus den 1970er Jahren, Nachkriegsarchitektur, Blumenstelen aus Beton, Bänke, auf denen Schüler und Rentner lungern und Junkies auf Dealer warten, die weißen Plastikstühle einer Eisdiele, ein Crêpe-Stand. Nebenan liegt Karstadt, der größte Konkurrent am Ort und im Gegensatz zum vor uns liegenden Kaufhaus auf kleinbürgerliche Eleganz bedacht. Ansonsten ist es hier alles aber ein wenig, als läge Bochum in Baden-Württemberg.
Unser Kaufhaus ist das "Werti". Wenn du über die Schwelle trittst, siehst du zur Linken Wühltische einer "99 Pfennig Aktion" und zur Rechten einen Schmuckstand, der fein ziselierten Goldschmuck und Männerarmbanduhren mit Dutzenden nutzlosen Funktionen im Angebot hat. Dahinter steht eine Frau, von der du später wissen wirst, dass sie Petra heißt und, dass sie früher, als es die DDR noch gab, Psychiatriekrankenschwester war. Doch noch weißt du das nicht und wendest deinen Blick geradeaus. Zwei Kassiererinnen mittleren Alters sitzen an einer Doppelkasse. Muzak klingt aus versteckten Lautsprechern, die Luft ist trocken, Neonröhren beleuchten Damenunterwäsche und Gardinenstoffe. Rechts neben der in blasslila Furnierholz gekleideten "Information" führt dich eine Rolltreppe in das Kellergeschoss, zur Spielwaren- und der Schuhabteilung. Im hinteren Eck liegt die abgedunkelte Welt des Kaufhausrestaurants "Le Buffet." Du wirst sie wohl nicht betreten, zu eindeutig ist, dass hier vor allem Arbeitslose und verarmte Rentner ihre Stunden vor Kaffee in fünfeckigen Kaffeebechern auf braunen Plastiktabletts verbringen.
Stattdessen durchquerst du das Untergeschoss und näherst dich einer zweiten Schwelle: Zwei Vorhänge
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aus dickem schwarzen Gummi, abgeschabt von vergitterten Absortierwagen. Dahinter ein Gang. Das Gebläse hängt nun frei von der Decke, der Beton liegt blank, und vielleicht wirst auch du, so wie ich damals, nicht umhin können, das Wort "Asbest" zu denken. Zwei Stahltüren öffnen sich, und ein Industrieaufzug nimmt dich rumpelnd nach oben, wo Lagerarbeiterinnen dabei sind, Kartons aufzureißen, Ware auszupreisen und auf Regale zu stapeln. Wir sind nun also im zweiten Stock, dem Lager. Aus diesem heraus führen zwei weitere Ausgänge - einer zur Rampe der LKWs, der andere in eine weitere Welt des Neonlichts.
Ein langer Gang, ausgelegt mit grauem Linoleum, zur Linken gesäumt von Plastikschildern mit Slogans wie "Zehn Stunden ist der Dieb Aktivist, wenn du nicht immer wachsam bist - beobachte deine Umgebung!" ("Aktivist war ich auch früher", murmelte Frau Hebbel, eine ebenfalls aus der DDR stammende Verkäuferin, einmal im Vorbeigehen neben mir). Auf der rechten Seite des Gangs siehst du Türen zu Toiletten, Umkleideräumen, dem Betriebsratsbüro und einem weiteren Lager. Dann, kurz vor dem Verwaltungs- und Chefbüro und Personaleingang, eine letzte Schwelle. Über ihr befindet sich eine Holztür. Sie ist ge-, aber nicht verschlossen und versehen mit einem Fenster, vor dem zwei kleine Vorhänge hängen. Durch deren Schlitz siehst du Schwaden von Zigarettenqualm und dahinter einen mit einer geblümten Plastikdecke bedeckten Tisch, an dem 20 Personen Platz finden, und je nach Tageszeit auch eine mehr oder weniger große Gruppe von Frauen beieinandersitzt.
Zumindest war das damals so.
Was ich fand und was mir widerfuhr, nachdem ich diesen Raum betrat, ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.
Die beiden Kaufhäuser
Dies ist eine Ethnographie des kollegialen Miteinanders in zwei Filialen einer Kaufhauskette. Der empirische Schwerpunkt liegt dabei auf gemeinsam verbrachten Arbeitspausen der dort arbeitenden Kassiererinnen, Lagerarbeiterinnen und Verkäuferinnen. In den zwei Filialen verbrachte ic
Ein langer Gang, ausgelegt mit grauem Linoleum, zur Linken gesäumt von Plastikschildern mit Slogans wie "Zehn Stunden ist der Dieb Aktivist, wenn du nicht immer wachsam bist - beobachte deine Umgebung!" ("Aktivist war ich auch früher", murmelte Frau Hebbel, eine ebenfalls aus der DDR stammende Verkäuferin, einmal im Vorbeigehen neben mir). Auf der rechten Seite des Gangs siehst du Türen zu Toiletten, Umkleideräumen, dem Betriebsratsbüro und einem weiteren Lager. Dann, kurz vor dem Verwaltungs- und Chefbüro und Personaleingang, eine letzte Schwelle. Über ihr befindet sich eine Holztür. Sie ist ge-, aber nicht verschlossen und versehen mit einem Fenster, vor dem zwei kleine Vorhänge hängen. Durch deren Schlitz siehst du Schwaden von Zigarettenqualm und dahinter einen mit einer geblümten Plastikdecke bedeckten Tisch, an dem 20 Personen Platz finden, und je nach Tageszeit auch eine mehr oder weniger große Gruppe von Frauen beieinandersitzt.
Zumindest war das damals so.
Was ich fand und was mir widerfuhr, nachdem ich diesen Raum betrat, ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit.
Die beiden Kaufhäuser
Dies ist eine Ethnographie des kollegialen Miteinanders in zwei Filialen einer Kaufhauskette. Der empirische Schwerpunkt liegt dabei auf gemeinsam verbrachten Arbeitspausen der dort arbeitenden Kassiererinnen, Lagerarbeiterinnen und Verkäuferinnen. In den zwei Filialen verbrachte ic
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Inhaltsverzeichnis zu „Kollegialität “
InhaltEinleitung
Teil I
Die Empirie. 21
Der Geist der Gemeinschaft. 34
Zusammen arbeiten. 51
Der Chef als Patron . 66
Des Abends . 72
Integrierte Führerinnen. 83
Rosie. 91
Teil II
Selbst- versus Fremdzwang?. 103
Quasi-Pausen. 111
Gesetze. 118
Pausen machen. 131
Bauchgefühle und Anstands-Prestige. 148
Beginnen und Beenden. 159
Gerechtigkeiten und Summenspiele. 169
Teil III
Kaffee kaufen. 187
Verknüpfungen. 195
Zuckerdiebe. 209
Miteinander I. 221
Die Spannungen steigen. 239
Miteinander II . 258
Implosion. 269
Gewebe. 280
Danach und davor und danach. 302
Teil IV
Das Knäuel: Zum Kulturellen und zum Ethos . 315
Gemeinschaftslöffel. 323
Herrschaftsstruktur I. 341
Plaudern. 357
Herrschaftsstruktur II. 374
Das erste Mal. 381
Herrschaftsstruktur III . 388
Schluss. 411
Literatur. 427
Autoren-Porträt von Götz Bachmann
Götz Bachmann, Dr. phil., arbeitet als Wissenschaftlicher Leiter am Digital Cultures Research Lab an der Leuphana Universität Lüneburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Götz Bachmann
- 2014, 449 Seiten, Maße: 14,4 x 21,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593393778
- ISBN-13: 9783593393773
- Erscheinungsdatum: 07.02.2014
Pressezitat
"Diese Buch [fordert] den/die Leser nicht nur permanent, sondern [erfreut] zugleich durch seine literarischen Qualitäten."Barbara Lemberger, Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde
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