Lexikon der Erziehungsirrtümer
Ein Wegweiser durch die zahllosen Erziehungsregeln und -ratschläge, die viele Eltern verunsichern. Dieses Lexikon bringt Licht ins Dunkel und zeigt, was richtig und was falsch ist von der Geburt bis zur Pubertät. Wenn...
Ein Wegweiser durch die zahllosen Erziehungsregeln und -ratschläge, die viele Eltern verunsichern. Dieses Lexikon bringt Licht ins Dunkel und zeigt, was richtig und was falsch ist von der Geburt bis zur Pubertät. Wenn Kinder im Haushalt helfen, muss man sie belohnen. Beim Laufenlernen helfen stützende Schuhe. Kinder müssen schon früh teilen lernen. Ein kleiner Klaps schadet nicht. Dies alles sind Weisheiten, die durch Elternköpfe schwirren und alle sind sie falsch. Andrea Bischhoff untersucht mit Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein, auf welche vermeintlichen Wahrheiten sich Eltern lieber nicht stützen sollten. Und sie ermuntert ihre Leser, selbstbewusst zu sein und ein eigenes Gefühl dafür zu entwickeln, was gut und richtig ist für ihre Kinder, anstatt starren Regeln zu folgen.
Wenn Kinder im Haushalt helfen, muß man sie belohnen. Beim Laufenlernen helfen stützende Schuhe. Kinder müssen schon früh teilen lernen. Ein kleiner Klaps schadet nicht. Kinder von Alleinerziehenden haben schlechtere Karten. Der Teller muss leer gegessen werden. Eis ist ungesund. Spielzeugwaffen soll man verbieten. Trocken werden ist Übungssache. Musik lenkt vom Lernen ab. Pubertierende Kinder brauchen vor allem Verständnis.
Dies alles sind Weisheiten, die durch Elternköpfe schwirren - und alle sind sie falsch. Andrea Bischhoff untersucht mit Kompetenz und Verantwortungsbewußtsein, auf welche vermeintlichen Wahrheiten sich Eltern lieber nicht stützen sollten. Und sie ermuntert ihre Leser, selbstbewußt zu sein und ein eigenes Gefühl dafür zu entwickeln, was gut und richtig ist für ihre Kinder, anstatt starren Regeln zu folgen.
Lexikon der Erziehungsirrtümer von Andrea Bischhoff
LESEPROBE
Ähnlichkeit
Irrtum: Babys sind meist ganz der Papa
Wird ein Baby geboren, neigen die Menschen überall auf derWelt dazu, entzückt die Ähnlichkeit mit dem Vater zu betonen. Forschungen der italienischenPsychologin Paola Bressan von der Universität Padua belegen klar: DieseÄhnlichkeit ist meist Wunschdenken. Im Laufe der Evolutionsgeschichte habensich bei allen Lebewesen dieser Erde jene Eigenschaften durchgesetzt, die fürsie am erfolgreichsten sind. Stammesgeschichtlich wäre es für Mütter und Kindervon Nachteil, wenn Väter »Kuckuckskinder« leicht erkennen könnten und dann womöglichdas Weite suchten. Schließlich bleibt bei Männern immer ein gewisser Zweifel,während Mütter hundertprozentig wissen, dass ihr Kind ihr eigen Fleisch undBlut ist. Britische Forscher stellten in einer Untersuchung fest, dass 9 Prozentder Kinder nicht von ihrem vermeintlichen Vater stammten. In manchen Gegendenbetrug der Anteil sogar 30 Prozent! Deshalb hat die Natur dafür gesorgt,dass Neugeborene meist »anonym« bleiben, indem sie ihren Vätern äußerlich nichtsonderlich ähneln.
Für die Mütter hingegen ist es sinnvoll, ihren Partner inSicherheit zu wiegen und seine stolzen Vatergefühle zu stimulieren. Das dürfteder Grund sein, warum sich überall auf der Welt der Brauch durchgesetzt hat,Ähnlichkeiten zwischen Vater und Kind zu suchen und ausdrücklich zu betonen.
Paola Bressau ging auch der Frage nach, mit welcherTrefferquote neutrale Testpersonen eine leibliche Verwandtschaft zwischenKindern und ihren Eltern erkennen. Bei unbeschrifteten Fotos von Männern mit Babyslag die Trefferquote kaum über dem Zufallsniveau. Wurde jedoch suggeriert, dasses sich um Vater und Kind handele, interpretierten die männlichen Teilnehmerplötzlich eine große Familienähnlichkeit in die Fotos hinein.
> Geschwister 7> Vererbung
Eis
Irrtum: Eis ist ungesund
Im Schnitt verspeist jeder Deutsche jährlich rund acht LiterEis. Wer seinem Kind ein Eis spendiert, darf das mit gutem Gewissen tun:Milcheis enthält immer auch Gutes wie Vitamine und Kalzium. Außerdem dürfenauch Erwachsene ruhig mitnaschen: 100 Gramm Eiscreme haben 200 Kalorien, beiFruchteis und bei Milchspeiseeis sind es sogar nur um die 130 Kalorien.
>Diät >Essen >Naschen >Pickel
Quelle:Eltern for family 7/2001
Eltern
Irrtum: Schlechte Eltern sind Rabeneltern
Wer eine nachlässige Kindererziehung mit dem Brutverhaltenvon Raben gleichsetzt, tut der intelligentesten Vogelart Unrecht. Erwachsene Rabenschließen lebenslange Ehen, Jahr für Jahr nisten die Pärchen am selben Platz.Wenn das Weibchen im Frühling in einer Felswand brütet, bringt ihm das MännchenFutter. Nach dem Schlüpfen der Jungen schlafen die Alten vom Nest entfernt undkommen nur zum Füttern vorbei. Aus dem Irrglauben, sie würden ihre Jungenvernachlässigen, ist der Begriff »Rabeneltern« entstanden. In Wahrheit bewachendie Alten ihre Brut aber mit Argusaugen und setzen ihr Leben aufs Spiel, um siegegen Feinde zu verteidigen. Auch nach dem Flüggewerden werden Rabenkinder vonihren Eltern so lange weiter versorgt, bis sie sich ihr Futter selbst suchen.Fällt ein Junges aus dem Nest, verstoßen sie es nicht, sondern füttern esweiter und passen auf, damit ihm nichts passiert.
Quelle: Bernd Heinrich: Die Seele der Raben. List Verlag,Berlin 1994
© Eichborn AG, Frankfurt am Main, März 2005
Interview mit Andrea Bischoff
Ein kleiner Klaps schadet nicht", Spielzeugwaffen gehörenverboten", Der Teller muss leer gegessen werden" - Viele Eltern sindverunsichert, wenn sie von Schwiegermüttern, Omas oder Erziehungsratgebern mit hilfreichen" Tipps überschüttet werden. Doch welche Ratschläge sind wirklichsinnvoll? Antworten finden Leid geplagte Eltern im Lexikon derErziehungsirrtümer" von Andrea Bischoff.
Für ihr Buch Lexikon der Erziehungsirrtümer" haben Siezahllose Erziehungsregeln und Ratschläge zusammengesucht. Was denken Sie: Woherkommen Erziehungsmythen" wie Gute Mütter müssen stillen" oder SeineHausaufgaben muss ein Kind ganz alleine machen"?
Einige Ammenmärchen halten sich hartnäckig, wie"Viele Mütter können nicht stillen". Dabei sind 95 - 98 Prozent derFrauen körperlich in der Lage, voll zu stillen. Zum Glück ist der Zeitgeistheute nicht mehr so stillfeindlich wie vor 40 Jahren. Aber jetzt wird Mütternein schlechtes Gewissen gemacht, wenn sie ihrem Kind statt der Brust die Flaschegeben. Einige Irrtümer kamen auf, weil die Wissenschaft früher auf einemanderen Stand war. Manche Mythen liegen an der Medienwahrnehmung: So ist heutedie Umweltverschmutzung in aller Munde -früher war sie kein Thema. So entsteht der Eindruck, damals sei alles gesündergewesen. Das Gegenteil ist wahr: Die Umwelt, in der unsere Kinder aufwachsen,ist weitaus unbelasteter und schadstoffärmer, als in
unserer Kindheit.
Sollten sich Eltern angesichts vieler falscherErziehungstipps bei der Kindererziehung wieder mehr auf ihr Gefühl verlassen?
Auf jeden Fall sollten sie nicht starrirgendwelchen Regeln folgen, von denen sie nicht überzeugt sind. Seinem Gefühlzu folgen ist oft richtig - aber nicht immer. Darum stellt mein Buch jagrundsätzlich die Frage: Stimmt das überhaupt? Von Lesern höre ich oft:"Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich manche Erziehungsweisheitennicht befolge. Jetzt weiß ich, dass ich' s aus dem Bauch heraus richtig
gemacht habe, und bin erleichtert." So wasfreut mich riesig. Mit meinem Lexikon Familien dasLeben leichter zu machen - genau das will ich erreichen!Darum habe ich aus verschiedensten Gebieten das Wissen von Fachleuten zusammengetragen und berichte, was sie raten. Steckt das Kind zum Beispielgerade in der Trotzphase, blättert man einfach unter "T" nach, und erfährt dort das Wichtigste.Wer sich detaillierter informieren will, kann dieQuellenangaben als Tipps zum Weiterlesen nutzen.
Wie ist es Ihnen gelungen, die unzähligenMissverständnisse in der Kindererziehung zu überprüfen und zu widerlegen?
Indem ich zahllose Ratgeber- und Fachbüchergewälzt, sowie verschiedensten Experten, Wissenschaftlern, Pädagogen, Ärztenund auch etlichen Eltern und Kindern Löcher in den Bauch gefragt habe. Außerdemhabe ich jahrelang aus Zeitungen undZeitschriften alles heraus
geschnippelt, was mirneu, wissenswert und seriös erschein.
Was denken Sie: Was sind die häufigsten Fehler in derKindererziehung? Wie kann man sie vermeiden?
Viele Eltern richten ihr Augenmerk zu stark aufFehler und Schwächen ihrer Kinder. Ein Tadel kommt schnell über die Lippen,während richtiges Verhalten kaum weiter erwähnt wird. Viele Fehler schleifen
sich gerade dadurch ein, dass sie dauernd Themasind: Das Kind wird unsicher und macht es erst recht falsch. Wenn wir richtigesVerhalten betonen und durch Loben positiv verstärken, spürt das Kind: Wirnehmen es mit seinen Stärken und Schwächen an, und trauen ihm jede Menge Guteszu. So wird sein Selbstbewusstsein gestärkt und die Motivation, mit uns an einemStrang zu ziehen. Kinder sind oft anstrengend. Aber damit wollen sie uns nichtdas Leben schwer machen, sondern sich selbst und
ihre Grenzen austesten. Der tiefste Wunsch einesjeden Kindes ist, es seinen Eltern recht zumachen und von ihnen anerkannt zu werden.
Die Palette der Erziehungsstile reicht von streng bisantiautoritär. Gibt es einen aktuellen Trend in der Kindererziehung von heute?
Dass antiautoritäre Erziehung nichtfunktioniert, hat die Erfahrung aus den Kinderläden, die in den 60er in Mode kamen, gezeigt. Damit Kindersich bei ihren Eltern geborgen fühlen, müssen sie diese als stark erleben. UmAutorität auszustrahlen soll man nicht hart und streng, sondern souverän sein. Pädagogen sind sich heute einig:Kinder brauchen außer Liebe auch sinnvolle Regeln und Grenzen. Wenn sie dieseaustesten und durchbrechen, bewirken willkürliche Strafen wie Fernsehverbot,
Taschengeld-Entzug, Hausarrest oder gar Schlägekeine Einsicht, sondern auf Dauer eher das Gegenteil.Viel wirkungsvoller lässt sich das Einhaltender Regeln mit logischen und sinnvollen Konsequenzen durchsetzen. Wenn ein Kind abends vor dem Zubettgehengezielt trödelt, würde es durch Antreiben undStandpauken mit negativer Aufmerksamkeit "belohnt". Fällt hingegendas abendliche Vorlesen aus, damit das Kind nochpünktlich ins Bett kommt, merkt es: Das Trödeln gereicht mir zum Nachteil, also mache ich lieber mit und bekommemeine Gute-Nacht-Geschichte.
Sie selbst sind Buchautorin, Journalistin und zweifache Mutter.Welchen Tipp geben Sie berufstätigen Müttern?
Kein schlechtes Gewissen haben, weil manarbeitet. Untersuchungen aus den USA zeigen: Eine berufstätige Mutter widmetihrem Kind heute mehr Zeit, als eine nicht-berufstätige vor zwanzig Jahren. Diegemeinsame Zeit wird umso intensiver genutzt und ausgekostet. Trotzdem brauchtman sich nicht für die eigene Berufstätigkeit zu "entschuldigen",indem man sich nach Feierabend wie ein Kreisel um sein Kind dreht und es völligverwöhnt. Zahlreiche Studien zeigen: Eine gute Fremdbetreuung schadet
nicht; sogar sehr kleine Kinder können davondurchaus profitieren. Eltern sollten ihr Leben so gestalten, dass nicht nur dieKinder, sondern auch sie selbst auf ihre Kosten kommen. Zufriedenheit, auch dieberufliche, der Eltern überträgt sich automatisch auf die Kinder. GrößereKinder von berufstätigen Müttern müssen im Haushalt mehr mithelfen. Auch wennsie darüber manchmal maulen: Im Team Familie eine - dem Alter angemessene -Aufgabe zu haben, macht stolz und fördert die Kinder in Selbstbewusstsein,Selbständigkeit, und sozialer Kompetenz.Die Fragen stellte Natalie Stowasser /lorenzspringer medien
- Autor: Andrea Bischhoff
- 2005, 415 Seiten, Maße: 15 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Eichborn
- ISBN-10: 3821839155
- ISBN-13: 9783821839158
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