Lieblingsstücke / Andrea Schnidt Bd.5
Roman
Warum kann man nicht einfach zufrieden sein? Andrea Schnidt weiß auch nicht was los ist. Aber irgendwas muss sich ändern!
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Produktinformationen zu „Lieblingsstücke / Andrea Schnidt Bd.5 “
Warum kann man nicht einfach zufrieden sein? Andrea Schnidt weiß auch nicht was los ist. Aber irgendwas muss sich ändern!
Klappentext zu „Lieblingsstücke / Andrea Schnidt Bd.5 “
"Ich kann von zu Hause aus arbeiten. Ich bin jederzeit für die Kinder da und absolut flexibel. Außerdem verdiene ich was, und es macht mir Spaß." Andrea Schnidt ist mittlerweile Top-Sellerin im Internet und hat im Hobbykeller ihr Büro - aber das platzt schon fast aus allen Nähten. "Such dir doch lieber was Richtiges", hatte Christoph, ihr Mann, vorgeschlagen. Aber der hat ja gut reden, der Herr Junior-Partner und seit neuestem besessener Jogger. Als würde die internationale Geschäftswelt auf sie warten! Außerdem hat sie auch so schon alle Hände voll zu tun, das ganz normale Chaos zu meistern - jetzt, wo noch ihr Vater mit dem Rollköfferchen in der Hand vor der Tür steht und bei ihnen einzieht und ihre Freundin Annabelle davon überzeugt ist, dass sie, Andrea, Jesus aus der Mehrzweckhalle in Eschborn verscheucht hat. Aber dass es sich mal auszahlen wird, alle afrikanischen Hauptstädte zu kennen, davon ist Andrea überzeugt!
Lese-Probe zu „Lieblingsstücke / Andrea Schnidt Bd.5 “
Lieblingsstücke von Susanne Fröhlich »Jesus ist hier bei uns in Eschborn«, ruft die Stimme ekstatisch.
Jesus ist in Eschborn. Das wäre, wenn es tatsächlich stimmt, ein ziemlicher Knaller. Ich meine, ich möchte Jesus nicht zu nahe treten, aber warum um alles in der Welt sollte er nach Eschborn kommen? Ein Mann wie Jesus hat doch wirklich andere Möglichkeiten. Wozu ist er schließlich Jesus? Was nützt einem so eine Funktion, Beruf wäre wohl die unpassende Bezeichnung, wenn man dann doch in Eschborn rumhängen muss? Und noch dazu bei diesem Schmuddelwetter. Da wäre es doch bestimmt auf den Malediven oder den Seychellen netter. Wärmer allemal. Die Strände, die Palmen, das türkisfarbene Wasser, nette Cocktails, all das sollte Jesus ja wohl bekannt sein. Und ansonsten, falls ihm das Rumliegen am Strand nicht so gefällt, viele Männer langweilen sich da ja schnell mal, und Jesus ist ja nun eindeutig ein Mann, gibt es auch noch Städte wie New York, Rom, Venedig oder Paris. Internationale Metropolen.
Und wenn es denn unbedingt Deutschland sein muss, würde ich an Jesus’ Stelle doch lieber mal nach Berlin. Für Jesus würde sich der Wowereit sicherlich einen Abend frei nehmen. Dass Jesus’ Wahl angeblich ausgerechnet auf Eschborn fällt, genauer gesagt aufs Gewerbegebiet Eschborn Süd, spricht entweder für seine Leidensfähigkeit (die ja weitreichend bekannt ist) oder auch nur dafür, dass er entweder keinen Geschmack oder keine Ahnung hat. Beides aber sollte man von Jesus doch erwarten können.
... mehr
»Jesus ist in Eschborn und sagt uns hallo«, wiederholt die Stimme noch aufgeregter die gewagte These, und weil das so dermaßen bekloppt ist und alle trotzdem so irrsinnig bewegt sind, nutze ich diesen Moment, nehme meine Tasche und meine Decke und verlasse so unauffällig wie möglich den zugigen kleinen Raum über der örtlichen Mehrzweckhalle. Vielleicht hat Jesus ja Lust mitzukommen. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass er an dieser Veranstaltung hier Spaß hat. Ich jedenfalls nicht. Überhaupt nicht, und deshalb muss ich hier weg. Annabelle kommt mir hinterher.
»Wo willst du denn hin? «, fragt sie entsetzt,
»das Seminar geht doch noch den ganzen Tag! «
»Ich bitte dich«, sage ich,
»was soll denn nach Jesus noch kommen? «, und hoffe, dass sie den Scherz kapiert. Tut sie aber nicht. »Hast du ihn auch gesehen? «, will sie ernsthaft wissen, und ich weiß wirklich nicht, wie diese Frau meine Freundin sein kann. So viel habe selbst ich verstanden. Beim Channeling spricht man durch andere. Also Jesus durch unsere Seminarleiterin Asmara. Deshalb kann man ihn auch definitiv nicht sehen, höchstens hören. Annabelle, meine Freundin, ist, unter uns gesagt, nicht das hellste Licht, aber dafür eine absolut hartnäckige Person. Immerhin hat sie mich zu diesem bescheuerten Seminar überredet. »Channeling mit Asmara« nennt sich diese dubiose Veranstaltung, zu der man nur eine warme Decke, etwas zu essen und die Teilnahmegebühr von zweihundertneunzig Euro mitbringen muss. Natürlich auch eine gewisse Empfangsbereitschaft. Um die geht es Asmara, der Channeling-Fachkraft, die nun ebenfalls vor die Halle tritt, wohl weniger.
»Hey Moment mal«, keift sie mich an, »was ist denn mit dir los? Wo willst du denn hin? Du hast deine Teilnahmegebühr noch gar nicht bezahlt! «
Wie profan. Da hat sie gerade Jesus in sich selbst entdeckt, und anstatt mit ihm ein wenig zu plaudern – da gäbe es doch sicherlich Interessantes zu erfahren und, unter uns, auch jede Menge offene Fragen –, rennt sie mir hinterher und grämt sich um ihre zweihundertneunzig Euro. Als ob Jesus nicht wesentlich mehr wert ist. Wenn sie clever wäre, hätte sie die Zeitung angerufen. Die Taunuszeitung. Für Jesus wäre vielleicht sogar jemand von der Bildzeitung erschienen.
»Jetzt ist mir Jesus wegen dir entwischt! «, klagt sie mich nun auch noch an und macht ein bekümmertes Gesicht.
»Jesus braucht absolute Aufmerksamkeit! «
Was soll man dagegen bloß sagen? Dass alle Männer absolute Aufmerksamkeit brauchen? Dass ich dachte, dass Jesus da drüber stehen würde und nicht so kleinlich wäre? Bevor ich anfange, mich zu rechtfertigen, gebe ich auf, stammle was von: »Ich war so überwältigt, musste nur mal eben an die frische Luft«, und fühle mich wie ein flüchtender Häftling, der kurz vor der ersehnten Freiheit von seinen Gefängniswärtern wieder aufgegriffen und hinter die Mauern zurückgeführt wird. Wie ein Rind zur Schlachtbank lasse ich mich zurück in die Halle eskortieren. Mich empfängt allgemeines Schweigen. Es gibt freundliches Schweigen und böses Schweigen. Das hier ist eindeutig kein freundliches Schweigen. So viel ist sofort klar. Alle sind offensichtlich total sauer auf mich. Eine kleine Frau mit wirrem Haar, die ein ganz klein wenig schielt, unterbricht die Stille.
»Du, Andrea, das war richtig mies von dir. Nur weil du noch nicht bereit bist zum Empfang. Jetzt hast du Jesus vertrieben. «
Zur Unterstützung ihrer Worte rollen ihre Augen noch mehr als sonst. Wie bei einem Flipper- Automaten. Sieht schlimm aus, hat aber durchaus etwas Faszinierendes. Ich kann meinen Blick kaum von ihren Augen lösen. Schon weil man krampfhaft versucht, nicht so auffällig hinzuschauen, glotzt man oft umso mehr. Zustimmendes Gemurmel in der Halle und wie immer, wenn einer den Mut hatte, etwas zu sagen, kommt der Rest auch gleich begeistert aus der Deckung.
»Genau« und »Du tust mir irgendwie so was von leid«
sind noch die harmlosen Kommentare. Ich werde also von nun an die Frau sein, die Jesus vertrieben hat. Die Frau, die Jesus zum Schweigen gebracht hat. Ich bin der Judas der Gruppe.
»Soll ich gehen? «, biete ich reumütig an und hoffe inständig auf ein Ja. Scheiß auf die zweihundertneunzig Euro. Alle schauen auf unsere Channeling-Meisterin Asmara und sind gespannt auf ihre Entscheidung.
»Nein«, sagt sie mit großmütigem Unterton.
»Gerade du, Andrea, brauchst dieses Seminar. Vielleicht solltest du sogar überlegen, noch ein Weiteres zu belegen. Dein Empfang ist total blockiert. Da wartet wahnsinnig viel Arbeit auf dich. «
Was für eine wunderbare Mitteilung. Mein Empfang ist blockiert, und es wartet Arbeit auf mich. Deswegen bin ich nun wirklich nicht hier. Arbeit habe ich zu Hause ausreichend. Christoph, mein Mann, wird sich kaputtlachen. Verhaltensauffällig geworden im Channeling-Seminar. Betragen mangelhaft. Na bravo. Das muss man erst mal schaffen. Vor allem war diese kleine persönliche Ansprache nur der Anfang. Den gesamten Nachmittag über bekomme ich immer wieder Hinweise, wie ich meinen Geist auf Empfang schalten kann.
Wir machen diverse Übungen und versuchen, mit unseren spirituellen Führern zu kommunizieren. Es wird irre viel geatmet, und wir wälzen uns auf dem leicht staubigen Boden durch den muffigen Raum. Außerdem fassen wir uns ständig an den Händen, und die meisten Übungen werden bei geschlossenen Augen absolviert. Generell liegt mir Kommunikation sehr, hier habe ich arge Probleme. Aus mir will überhaupt niemand sprechen. Wahrscheinlich liegt es an meinen Vorbehalten. Oder meinem mangelnden Ego. Insgeheim frage ich mich selbst, warum jemand ausgerechnet mich als Medium wählen sollte.
ISBN 978-3-596-17493-5
Fischer Taschenbuch Verlag
Alle Rechte vorbehalten.
Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise,
ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar.
Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung,
Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2009
»Wo willst du denn hin? «, fragt sie entsetzt,
»das Seminar geht doch noch den ganzen Tag! «
»Ich bitte dich«, sage ich,
»was soll denn nach Jesus noch kommen? «, und hoffe, dass sie den Scherz kapiert. Tut sie aber nicht. »Hast du ihn auch gesehen? «, will sie ernsthaft wissen, und ich weiß wirklich nicht, wie diese Frau meine Freundin sein kann. So viel habe selbst ich verstanden. Beim Channeling spricht man durch andere. Also Jesus durch unsere Seminarleiterin Asmara. Deshalb kann man ihn auch definitiv nicht sehen, höchstens hören. Annabelle, meine Freundin, ist, unter uns gesagt, nicht das hellste Licht, aber dafür eine absolut hartnäckige Person. Immerhin hat sie mich zu diesem bescheuerten Seminar überredet. »Channeling mit Asmara« nennt sich diese dubiose Veranstaltung, zu der man nur eine warme Decke, etwas zu essen und die Teilnahmegebühr von zweihundertneunzig Euro mitbringen muss. Natürlich auch eine gewisse Empfangsbereitschaft. Um die geht es Asmara, der Channeling-Fachkraft, die nun ebenfalls vor die Halle tritt, wohl weniger.
»Hey Moment mal«, keift sie mich an, »was ist denn mit dir los? Wo willst du denn hin? Du hast deine Teilnahmegebühr noch gar nicht bezahlt! «
Wie profan. Da hat sie gerade Jesus in sich selbst entdeckt, und anstatt mit ihm ein wenig zu plaudern – da gäbe es doch sicherlich Interessantes zu erfahren und, unter uns, auch jede Menge offene Fragen –, rennt sie mir hinterher und grämt sich um ihre zweihundertneunzig Euro. Als ob Jesus nicht wesentlich mehr wert ist. Wenn sie clever wäre, hätte sie die Zeitung angerufen. Die Taunuszeitung. Für Jesus wäre vielleicht sogar jemand von der Bildzeitung erschienen.
»Jetzt ist mir Jesus wegen dir entwischt! «, klagt sie mich nun auch noch an und macht ein bekümmertes Gesicht.
»Jesus braucht absolute Aufmerksamkeit! «
Was soll man dagegen bloß sagen? Dass alle Männer absolute Aufmerksamkeit brauchen? Dass ich dachte, dass Jesus da drüber stehen würde und nicht so kleinlich wäre? Bevor ich anfange, mich zu rechtfertigen, gebe ich auf, stammle was von: »Ich war so überwältigt, musste nur mal eben an die frische Luft«, und fühle mich wie ein flüchtender Häftling, der kurz vor der ersehnten Freiheit von seinen Gefängniswärtern wieder aufgegriffen und hinter die Mauern zurückgeführt wird. Wie ein Rind zur Schlachtbank lasse ich mich zurück in die Halle eskortieren. Mich empfängt allgemeines Schweigen. Es gibt freundliches Schweigen und böses Schweigen. Das hier ist eindeutig kein freundliches Schweigen. So viel ist sofort klar. Alle sind offensichtlich total sauer auf mich. Eine kleine Frau mit wirrem Haar, die ein ganz klein wenig schielt, unterbricht die Stille.
»Du, Andrea, das war richtig mies von dir. Nur weil du noch nicht bereit bist zum Empfang. Jetzt hast du Jesus vertrieben. «
Zur Unterstützung ihrer Worte rollen ihre Augen noch mehr als sonst. Wie bei einem Flipper- Automaten. Sieht schlimm aus, hat aber durchaus etwas Faszinierendes. Ich kann meinen Blick kaum von ihren Augen lösen. Schon weil man krampfhaft versucht, nicht so auffällig hinzuschauen, glotzt man oft umso mehr. Zustimmendes Gemurmel in der Halle und wie immer, wenn einer den Mut hatte, etwas zu sagen, kommt der Rest auch gleich begeistert aus der Deckung.
»Genau« und »Du tust mir irgendwie so was von leid«
sind noch die harmlosen Kommentare. Ich werde also von nun an die Frau sein, die Jesus vertrieben hat. Die Frau, die Jesus zum Schweigen gebracht hat. Ich bin der Judas der Gruppe.
»Soll ich gehen? «, biete ich reumütig an und hoffe inständig auf ein Ja. Scheiß auf die zweihundertneunzig Euro. Alle schauen auf unsere Channeling-Meisterin Asmara und sind gespannt auf ihre Entscheidung.
»Nein«, sagt sie mit großmütigem Unterton.
»Gerade du, Andrea, brauchst dieses Seminar. Vielleicht solltest du sogar überlegen, noch ein Weiteres zu belegen. Dein Empfang ist total blockiert. Da wartet wahnsinnig viel Arbeit auf dich. «
Was für eine wunderbare Mitteilung. Mein Empfang ist blockiert, und es wartet Arbeit auf mich. Deswegen bin ich nun wirklich nicht hier. Arbeit habe ich zu Hause ausreichend. Christoph, mein Mann, wird sich kaputtlachen. Verhaltensauffällig geworden im Channeling-Seminar. Betragen mangelhaft. Na bravo. Das muss man erst mal schaffen. Vor allem war diese kleine persönliche Ansprache nur der Anfang. Den gesamten Nachmittag über bekomme ich immer wieder Hinweise, wie ich meinen Geist auf Empfang schalten kann.
Wir machen diverse Übungen und versuchen, mit unseren spirituellen Führern zu kommunizieren. Es wird irre viel geatmet, und wir wälzen uns auf dem leicht staubigen Boden durch den muffigen Raum. Außerdem fassen wir uns ständig an den Händen, und die meisten Übungen werden bei geschlossenen Augen absolviert. Generell liegt mir Kommunikation sehr, hier habe ich arge Probleme. Aus mir will überhaupt niemand sprechen. Wahrscheinlich liegt es an meinen Vorbehalten. Oder meinem mangelnden Ego. Insgeheim frage ich mich selbst, warum jemand ausgerechnet mich als Medium wählen sollte.
ISBN 978-3-596-17493-5
Fischer Taschenbuch Verlag
Alle Rechte vorbehalten.
Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise,
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Autoren-Porträt von Susanne Fröhlich
Susanne Fröhlich ist erfolgreiche Moderatorin, Journalistin und Bestsellerautorin. Sie lebt in der Nähe von Frankfurt am Main. Sowohl ihre Sachbücher als auch ihre Romane - »Familienpackung«, »Treuepunkte«, »Lieblingsstücke«, »Lackschaden«, »Aufgebügelt«, »Wundertüte«, »Feuerprobe« und zuletzt »Verzogen« - wurden alle zu riesigen Erfolgen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Susanne Fröhlich
- 2009, 5. Aufl., 288 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596174937
- ISBN-13: 9783596174935
- Erscheinungsdatum: 04.09.2009
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